Kapitel 56

Z ünde die dritte an.« Lee zeigte nach oben, wo Cat unsicher auf einer Leiter in der Bäckerei Zur heulenden Katze stand. Sie hatte ein Streichholz in der Hand und beugte sich vor, um eine an der Wand befestigte Fackel anzuzünden.

»Ähm …«, begann Sophia, als sie die Bäckerei betrat und den verwirrenden Anblick sah, »was macht ihr da?«

Lees Augen weiteten sich, sie spurtete hinüber und versetzte der Leiter unter Cat einen Tritt. Die Bäckerin verlor das Gleichgewicht und stürzte herunter. Zum Glück landete sie in einem Mehlhaufen auf dem Boden und ließ eine riesige Wolke aufsteigen, die sie einhüllte.

»Nichts.« Lee stellte sich vor ihre Frau und versperrte ihr teilweise die Sicht. »Es ist kein Opferritual, das unser Geschäft am Laufen hält.«

Sophia verengte die Augen. »Dann ist es also definitiv so.«

Lee schüttelte den Kopf. »Nö. Es ist definitiv keine archaische Praxis, die unsere Backwaren mit Magie durchtränkt.«

Sophia nickte. »Noch mal, das ist es dann auf jeden Fall.«

Lee schaute über ihre Schulter, als ihre Frau sich aufsetzte und von Kopf bis Fuß mit weißem Mehl bedeckt war. Ihre Augäpfel waren das Einzige, was nicht staubig war.

»Geht es dir gut, Liebes?«, fragte Lee.

Sie nickte und suchte nach Verletzungen. »Diesmal habe ich mir nicht die Hüfte gebrochen, das ist gut.«

»Nein, du kannst von einer Leiter fallen, ohne dass dir etwas passiert, aber wenn ich dich falsch ansehe, bricht dir plötzlich das Herz«, spuckte Lee. »Das kommt mir ein bisschen komisch vor, Schatz.«

»Das sollte dir eine Lehre sein, mich nicht falsch anzuschauen.« Cat schüttelte den Kopf und verteilte das Mehl überall.

»Im Moment möchte ich dich nicht ansehen, denn das erinnert mich daran, wie viel Mehl du verschwendest«, meinte Lee. »Warum gehst du dich nicht frisch machen?«

»Hast du die Dusche geputzt, wie ich es verlangt habe?«, fragte Cat.

»Ja und ich habe die Wanne extra gut eingefettet und die Handläufe, an denen du dich immer festhältst, entfernt«, antwortete Lee.

Mit einem süßen Lächeln nickte Cat. »Das ist sehr aufmerksam, meine Liebe. Wenn ich fertig bin, werde ich dir einen meiner Rattengift-Eintöpfe kochen.«

»Danke, aber ich bin nicht hungrig.« Lee setzte ein falsches Lächeln auf. »Ich erhole mich immer noch von der letzten Lebensmittelvergiftung, die du mir verpasst hast.«

»Oh, wenn das so ist«, begann Cat und machte sich auf den Weg nach hinten, »dann werde ich das Bett vorbereiten, damit du dich nachher ausruhen kannst. Ich weiß genau, wie du es magst, Liebes.«

Lee warf ihrer Frau einen Blick zu. »Ja, mit der Klapperschlange unter meinem Kopfkissen. Das Klappern bringt mich immer schnell zum Einschlafen.«

»Aber nicht lange genug.« Cat stieß die Tür auf und ging.

»Mit lange genug meint sie für immer.« Lee drehte sich um und konzentrierte sich auf Sophia. »Also, was willst du? Ich hoffe, du bist froh, dass du uns unterbrochen hast.«

Sophia deutete auf die Eingangstür und ihre Verärgerung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Du weißt, dass dir der Laden gehört und du die Tür einfach abschließen kannst, oder?«

»Ich könnte«, antwortete Lee. »Dann würdest du klopfen und das würde Cat erschrecken und dann wärst du der Grund, warum sie von der Leiter fällt.«

Sophia schüttelte den Kopf. Der Versuch, die Bäckerin zu verstehen, war die Mühe nicht wert. »Ich wollte dir nur die gute Nachricht überbringen.«

Sie hielt ihr das magische Katana hin.

»Du hast beschlossen, dem armen Jungen nicht länger das Herz zu brechen?« Lee hatte ihren Blick auf Sophia gerichtet, nicht auf das Schwert.

»Ja, aber das ist etwas Persönliches.« Sie hielt das Schwert in die Höhe, damit die Bäckerin es sehen konnte.

»Du hast dich entschlossen, etwas Sinnvolles mit deinen Fähigkeiten zu tun, zum Beispiel die Gnomenpopulation auszurotten?«, bohrte Lee weiter nach, ohne auf das Schwert vor ihrem Gesicht zu schauen.

»Meine Aufgabe ist es, die Welt in Ordnung zu bringen, nicht unschuldige, magische Rassen zu ermorden«, widersprach Sophia.

»Ha!«, lachte Lee. »Gnome sind nicht unschuldig. Weißt du, wer mein größter Konkurrent als Attentäter ist?«

»Gnome«, vermutete Sophia.

»Nein, das waren zwei verschiedene Dinge. Gnome sind nicht unschuldig. Die zweite Frage ist eine, die ich wirklich beantwortet haben möchte«, verkündete Lee. »Wenn ich wüsste, wer mein größter Konkurrent ist, würde ich ihn ausschalten und das Geschäft übernehmen.«

Sophia blinzelte. »Noch mal, ich sollte das nicht hören. Ich sollte dir dieses Schwert nicht geben, aber ein Deal ist ein Deal.«

»Ein Schwert?«, fragte Lee erstaunt. »Welches Schwert?«

Sophia hielt es direkt vor Lees Nase. »Das hier.«

Ihre Augen weiteten sich. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Du hast das Katana!«

Sie nahm es und zog es aus der Scheide. Sofort fing Lee an, es wild zu schwingen, sodass Sophia zurücksprang, nachdem sie beinahe verletzt wurde.

»Würdest du mit dem Ding vorsichtig sein?«

Ein listiges Grinsen erhellte das Gesicht der Bäckerin. »Wo bliebe denn da der Spaß?« Sie testete das Gleichgewicht. »Ich kann nicht glauben, dass du es geschafft hast. Ich hätte nicht angenommen, dass du Erfolg haben würdest.« Sie drehte sich um und rief nach hinten: »Wir können den ›Beileidskuchen‹ streichen.«

»Du hast eine Torte für meine Beerdigung gebacken, weil du dachtest, dass es so laufen würde?«, fragte Sophia eher amüsiert als beleidigt.

Lee schüttelte den Kopf. »Nein. Wir wollten. Ich wollte aber, dass er frisch ist.«

»Nun, ich habe nicht vor in nächster Zeit zu sterben, also spar dir deine Zutaten für etwas anderes.«

Lee lächelte stolz auf das Katana. »Bemerkenswert, dass du das bekommen konntest. Ich habe versucht, dir die unmöglichste Aufgabe zu stellen, die ich mir vorstellen konnte und du hast es irgendwie geschafft.«

Sophia nickte. »Das glaube ich. Du wolltest doch das Schwert?«

»Aber sicher«, bestätigte Lee. »Keine Sorge, ich werde es nicht als Attentäterwaffe benutzen.«

»Moment, wie bitte?«, wunderte sie sich. »Warum nicht?«

Lee zuckte die Achseln. »Das klingt nach Betrug. Ich wäre mit Sicherheit der tödlichste Attentäter. Wer will schon einen leichten Sieg?«

»Ich«, antwortete Sophia. »Ich habe mein Leben riskiert, um dir das Schwert zu besorgen und du willst es nicht benutzen?«

Die Attentäterin schüttelte den Kopf und zeigte auf die Wand, an der sich die Fackeln befanden. »Wir könnten da oben etwas Dekoration gebrauchen. Ich denke, ich werde es an die Wand hängen.«

Sophia war irritiert. »Du willst ein sehr mächtiges Katana als Dekoration benutzen?«

»Natürlich«, betonte Lee, als wäre es selbstverständlich. »Warum sollte ich es sonst wollen?«

»Oh, ich weiß es nicht«, erwiderte Sophia. »Als Attentäterin, vielleicht als Waffe.«

Lee legte das Katana auf den Tresen hinter sich, bevor sie die Hände bewegte. »Was denkst du, was das ist?«

»Lass mich raten«, begann Sophia. »Tödliche Waffen.«

Lee zwinkerte ihr zu. »Ganz genau. Wer braucht schon ein magisches Katana, wenn man knochenzerfetzende Hände hat?«

Sophia schüttelte den Kopf, lachte aber trotzdem. »Nun, egal, was du mit dem Schwert machst, wir sind jetzt quitt.«

Lee nickte. »Ja, bis zum nächsten Mal. Bis dahin werde ich mir etwas Unmögliches einfallen lassen, wie du dich für den nächsten Gefallen revanchieren kannst.«