Kapitel 64

S o gefühllos ich auch bin«, begann Trin Currante und führte mit Hiker ein echtes Gespräch über das Cyborg-Dasein, »im Kern bin ich immer noch ein Mensch und ich möchte auch als solcher gesehen werden.«

Er nickte. Er empfand eine eigenartige Sympathie für sie und die Männer um sie herum, was für ihn ungewöhnlich war. Vielleicht lag es an der goldenen Harfe, aber irgendetwas ergab … Sinn. Hiker war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel. Er hatte schon immer einen starken emotionalen Kompass gehabt, aber er wurde nie von den Gefühlen anderer beeinflusst. Als Anführer der Drachenelite musste er objektiv bleiben, aber irgendetwas hatte sich in ihm verändert.

»Wir wollen einfach wieder normal sein«, fuhr Trin fort, weil er schwieg. »Ich erwarte nicht, dass ich jemals wieder so sein werde, wie ich einmal war, aber es wäre schön, so gesehen zu werden, wie ich einmal war. Ich würde gerne wieder als Mensch geliebt werden und nicht als Maschine.«

Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Zum Glück brauchte er nicht zu antworten, denn sie wurden durch eine Nachricht auf Trins Handy unterbrochen.

Hiker war mit solchen Geräten für die Jungs nicht einverstanden und erlaubte es nur Sophia, weil sie aus der modernen Welt kam, aber er war froh, dass Sophia so komplikationslos mit Trin kommunizieren konnte. Das machte die Dinge einfacher. Sonst wäre es ein Nachrichtenaustausch zwischen Drachen geworden, was in Ordnung war, aber das hier war ein bisschen direkter.

Trin blickte auf, Rachedurst in ihren Augen. »Sie haben die Forschungsergebnisse. Jetzt sind wir dran! Zeit, Saverus zu stürmen!«

* * *

Wilder hatte Mühe, sein Gesicht neutral zu halten, während er so tat, als würde er im Tierlabor arbeiten. Die Kreaturen in den Käfigen waren nicht mehr natürlich. Man hatte etwas mit ihnen getan. Dinge, von denen er nicht glaubte, dass sie rückgängig gemacht werden konnten.

Zu seiner zusätzlichen Abscheu arbeiteten die anderen Wissenschaftler im Labor ganz gelassen, füllten Reagenzgläser oder zeichneten Informationen auf, als ob es völlig in Ordnung wäre, wenn mutierte Kreaturen mit gefletschten Reißzähnen und vor Wut geröteten Augen auf die Gitterstäbe ihrer Käfige einschlugen.

Er hatte keine Möglichkeit, mit Evan und Sophia zu kommunizieren und fragte sich verzweifelt, ob es ihnen gelungen war, die Unterlagen zu bekommen. Er sollte es schon bald herausfinden, wenn der Alarm losging oder er wegen Ungehorsam erwischt wurde.

Wilder wusste nicht, was er tun sollte und starrte untätig auf eine Wand. Das war einfacher, als auf die Reihe Käfige in seinem Rücken zu schauen.

Mehrmals hatte er Simi kontaktiert, um zu sehen, ob er indirekt mit den anderen kommunizieren konnte, aber irgendetwas verhinderte jedwede Kommunikation. Wahrscheinlich hatte es mit der Magitech im Saverus-Hauptquartier zu tun oder es war das Sicherheitssystem.

Ihm blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen, dass er bald von dieser Qual erlöst wurde. Er warf einen Blick über die Schulter und fragte sich, ob die Tiere ihm irgendwie helfen konnten, wenn die Aktion begann. Er kam zu dem Schluss, dass gerade sie sich an den Wissenschaftlern in diesem Labor rächen wollten. Er musste nur den Zauber und seinen weißen Kittel ablegen, damit sie ihn nicht für einen von ihnen hielten. Wilder durfte auf keinen Fall für etwas bestraft werden, das diese Tierquäler verursacht hatten.

* * *

»Natürlich, Sir«, sagte Sophia eilig und begegnete Mika Lennas eiskalten, dunklen Augen. Hinter ihm entdeckte sie Evan, der ihr einen entschuldigenden Blick zuwarf. Er hatte offensichtlich alles getan, was ihm einfiel, um den Mann hinzuhalten, aber es hatte nicht lange funktioniert. Allerdings hatte es gut genug funktioniert.

Sie ließ ihre Hand in ihre Tasche gleiten und versuchte, ihr Handy und den USB-Stick zu verbergen. Mika Lennas finsterer Blick war auf sie gerichtet, ohne sich abzuwenden. Es war eigenartig, wenn sie daran dachte, was sie über diesen Mann erfahren hatte. Er hatte einige dubiose genetische Veränderungen an sich selbst vorgenommen und sich in einen Werwolf verwandelt. Abgesehen davon, dass er einschüchternd und furchteinflößend war, verstand Sophia nicht, wie er ein Werwolf sein konnte, aber da sie mit ihm in dem kleinen Büro eingesperrt war, hoffte sie, dass sie es nicht erfahren musste, vor allem nicht ohne ihr Schwert.

Er hielt seine Hand vor ihr Gesicht und schnippte mit den Fingern, ein knackiges, lautes Geräusch. »Das Update! Raus damit!«

Sophia schluckte, nickte und versuchte zu lächeln.

»Das Projekt ist in vollem Gange«, antwortete sie mit ihrem schlechten australischen Akzent.

»Ich weiß, dass es im Gange ist«, schnauzte er. »Es ist kurz davor, zu einem weiteren Totalausfall zu werden. Wie wirken die Erreger bei der aktuellen Mutation?«

»Mutation«, wiederholte Sophia, nahm einen Aktenordner vom Schreibtisch und blätterte ihn durch. »Gute Frage.«

Mika Lenna riss ihr die Mappe aus den Händen und warf sie quer durch das Büro, wobei sie fast Evan traf. »Schau nicht in deine Notizen. Ich will den Bericht direkt von dir.«

Als Sophia den Blick in Evans Augen sah, wusste sie, was er dachte. Sie überlegten beide, Mika in diesem Moment zu töten. Sie hatten wahrscheinlich eine gute Chance, weil sie beide hier waren. Trin hatte jedoch deutlich gemacht, dass sie diesen Mann erledigen wollte und das hatte sie auch verdient.

Wenn die Lage noch angespannter wurde, hatte Sophia keine andere Wahl, als sich zu verteidigen. Sie war sich ziemlich sicher, dass Mika Lenna kurz davor war, sie anzugreifen. Sie spürte, wie er in ihren Gedanken herumstocherte und versuchte, sich Zugang zu verschaffen.

»Direkt von mir«, wiederholte Sophia seine Worte, um Zeit zu gewinnen. »Mein Bericht lautet also wie folgt: Alle Probanden zeigen …«

Noch nie war Sophia so dankbar, Sirenen zu hören. Sie vermutete, dass sie wegen dieser Unterbrechung lächelte.

Mika Lenna spannte sich an und seine Augen weiteten sich. Er drehte sich um und blickte durch das Büro, als ob er Eindringlinge erwartete.

»Evakuieren!«, forderte er. »Nehmt die Tunnel. Ihr wisst, wie es läuft. Wir werden angegriffen. Denkt daran, wenn ihr erwischt werdet, ist das, was sie euch antun, wenn ihr nicht redet, nichts im Vergleich zu dem, was ich mit euch anstellen werde, wenn ihr meine Geheimnisse verratet.«

Der Anführer der Saverus Corporation eilte an die Tür und verwandelte sich blitzschnell in einen Werwolf, der in jeder Hinsicht unnatürlich und widerlich war.