Nachdem Mark MacNeil über das Seil aus der unterirdischen Station ans Tageslicht geklettert war, warf er einen letzten Blick nach unten. Kein Mensch sollte auf diesem Weg jemals wieder nach unten steigen.
Er verließ den Krater und kümmerte sich nur kurz um die Hunde, denn er hatte es eilig, da er die Erlebnisse in der Ökosphäre am liebsten aus seinem Gedächtnis streichen würde und dies würde ihm aus der Ferne leichter gelingen. Er war des Kämpfens und der Strapazen müde und sehnte sich nach der Ruhe und dem Frieden im heimischen Alaska.
Als Erstes hieß es, die sowjetischen Kettenfahrzeuge verschwinden zu lassen. Von ihrem aktuellen Standort aus gab es keinen direkten Weg zum Krater. MacNeil erforschte die umliegende Gegend zu Fuß, bis er weiter oben am Berg eine Route lokalisiert hatte, auf der er die Charkowtschanki bis an den Kraterrand fahren konnte.
Am Steuer des ersten Schneemobils sitzend, drückte er den Startknopf. Der Motor sprang sofort an. Im Leerlauf betätigte MacNeil das Gaspedal und die Fünfhundertdreißig-PS-Maschine heulte laut auf. Er nahm den Fuß vom Pedal und die Drehzahl sackte wieder auf den ursprünglichen Wert ab. Mit eingelegtem Gang fuhr er vorsichtig los. Seine Erfahrung mit Baumaschinen kam ihm nun zugute, sodass er das Gefährt problemlos bis zum Rand des Kraters steuern konnte. Seine Fahreigenschaften waren exzellent. Es rumpelte einfach über Unebenheiten hinweg oder zermalmte im Weg liegende Eisbrocken.
Bevor MacNeil den letzten Schritt wagte, war ihm leicht mulmig zumute. Die Bagger seiner Baufirma wären bei dem Versuch, einen solch steilen Abhang zu bewältigen, mit Sicherheit umgekippt. Aber ihr Schwerpunkt lag wesentlich höher als bei einem Charkowtschanka, also sollte sein Vorhaben gelingen. Zunächst fuhr das Vorderteil des Kettenfahrzeugs einfach gerade über die Kante hinweg, bis es den Scheitelpunkt überquerte und mit einem Ruck aus der Schwebe nach unten kippte. Seine Ketten hafteten am eisigen Untergrund und sorgten für eine sichere Abfahrt im Schritttempo. MacNeil parkte es direkt über der Öffnung, die in die vergessene Welt unter der Erdoberfläche verband.
Das zweite Schneemobil stellte der Musher in Schräglage neben dem ersten ab, ehe er Myers Sprengstoffarsenal genauer inspizierte. Es reichte aus, um ein Hochhaus zum Einsturz zu bringen. Was der Colonel damit wohl bezweckt hatte? Leider konnte niemand mehr diese Frage beantworten.
Mit Hammer und Meißel brachte MacNeil rings um den Krater Löcher im Eis an, in denen er die einzelnen Ladungen platzierte. Dann verkabelte er sie mit dem Auslöser, der mit einem Zeitzündermechanismus versehen war. Dessen Einstellung war zum Glück selbsterklärend. Bevor er die Explosion auslöste, traf er einige Vorbereitungen für die Rückreise.
Das zerschossene Funkgerät taugt nicht als Beweis für ein Feuergefecht mit der Roten Armee, überlegte er. Die Army wird sofort erkennen, dass die Einschüsse von einer ihrer eigenen Waffen stammt. Aber ich kann ihnen die Maschinenpistole des armen Teufels, der hier unter dem Schnee liegt, präsentieren. Überhaupt sollte ich sichergehen, dass die Leiche bei einem Blizzard oder durch Tauwetter nicht wieder zum Vorschein kommt und möglicherweise von einem Flugzeug aus entdeckt wird.
MacNeil grub den Toten aus, schleppte ihn zum Krater und ließ ihn nach unten rutschen. Dann lud er das Funkgerät auf einen der Schlitten, spannte die Hunde an, beförderte es mit ihrer Hilfe ebenfalls an den Kraterrand und stieß es über die Kante, von wo aus der Apparat sich überschlagend hinabpurzelte.
Aus größerer Entfernung gab er einen Feuerstoß aus der Maschinenpistole auf den zweiten Schlitten ab. Dabei achtete er darauf, weder die Kufen noch die Haltestange für den Lenker zu treffen. Die Einschläge würden einen Überfall der Russen überzeugend simulieren.
Schließlich stellte der Hundeführer den Zeitzünder mittels dessen integrierter Drehscheibe auf eine halbe Stunde ein, ehe er den verbliebenen Schlitten bemannte und losfuhr. Er hatte das Gespann um Kenai und Tinkerbell gewählt. Die anderen Hunde liefen ohne Geschirr leicht nach hinten versetzt rechts und links neben dem Leitrüden her.
Als seine Uhr anzeigte, dass die halbe Stunde fast vorbei war, stoppte er den Schlitten, um die Explosion zu beobachten. Der Knall fiel, in Anbetracht der verwendeten Sprengstoffmenge, relativ dumpf und leise aus. Nur wenige Eisbrocken und loser Schnee wurden in die Luft katapultiert.
Um das Ergebnis der Detonation zu überprüfen, steuerte MacNeil den Schlitten zu seinem Ausgangspunkt zurück. Der Krater war nicht vollständig verschwunden, allerdings hatte sein Umfang zugenommen und die frei gesprengten und nach unten gerutschten Eismassen hatten seine Tiefe deutlich reduziert. Diese bedeckten in einer dicken, tonnenschweren Schicht die Schneemobile, den Schlitten und die Leiche – der Plan hatte bestens funktioniert.
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Auf der Rückreise nach Little America ging MacNeil gedanklich immer wieder die Deckgeschichte durch, die er Major Walker auftischen wollte. Hoffentlich würde sie ihm der Stationsleiter abkaufen. Die meiste Zeit genoss er die Ruhe und das Alleinsein, nur manchmal grübelte er über das bestandene Abenteuer nach. Insgesamt hatte er sich recht ordentlich aus der Affäre gezogen, wie er fand. Hauptsächlich sehnte er sich jedoch nach seinem Zuhause in Alaska.
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Das Zusammentreffen mit Walker verlief relativ unproblematisch. Natürlich war der Major vom Verlust so vieler Menschenleben enttäuscht. Er hatte sich von der Expedition das Auffinden von etwas, das den USA einen Vorteil gegenüber der Sowjetunion verschaffte, gewünscht. Trotz des Fehlschlags hakte er die Situation mit militärischer Disziplin ab. Den Rückflug für MacNeil und das Hunderudel arrangierte er innerhalb einer knappen Woche.