Während der nächsten Tage konzentriere ich mich wieder ganz auf meine Hausarbeit, aber es hat sich noch etwas anderes in meinen Kopf geschlichen, das mich einfach nicht mehr loslässt. Statt weiter zu recherchieren, durchsuche ich das Internet und die Bibliothek nach Traditionen und Bräuchen, die mit Allerheiligen und Halloween zu tun haben. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht mehr los, dass das seltsame Leuchten der Winters etwas mit diesen Feierlichkeiten zu tun haben könnte. Es ist, als hätte das Leben eine riesige Schachtel Puzzlestücke vor mir verstreut, und nun muss ich irgendwie versuchen, sie zu einem Bild zusammenzusetzen, ohne die Vorlage zu kennen.

Wieder versuche ich, mich an jede Begegnung mit Kilian zu erinnern, sei sie auch noch so flüchtig gewesen. An das Leuchten, das ihn umgeben hat, und an die Schatten, die während Allerheiligen davon fast wie magisch angezogen worden sind. Warum ist mir das nicht von Anfang an aufgefallen? Warum habe ich ihn nicht darauf angesprochen?

Vermutlich aus all den Gründen, aus denen ich jahrelang die Schattenmenschen und Schattensplitter in der Luft ignoriert habe. Weil mich jeder für verrückt gehalten hätte. So wie mein Stiefvater es getan hat.

 

Irgendwann schließe ich die Augen, weil sich die Kopfschmerzen zurückmelden. Vor mir tauchen sämtliche Momente auf, bei denen ich diese Gestalten gesehen habe, die genauso durchscheinend gewesen sind wie Kilian nach meinem Unfall. Es fällt mir schwer, mich daran zu erinnern, weil ich häufig mit Medikamenten ruhiggestellt worden bin, nicht nur wegen meiner angeblichen Wahnvorstellungen. Aber trotzdem habe ich noch einige verschwommene Erinnerungen daran. Ich schreibe sie auf, so gut es geht, da ich kein wichtiges Detail übersehen möchte.

Alicia und Mara sehen regelmäßig nach mir, bringen mir Essen oder etwas zu trinken. Sie versuchen, mich von meinem Laptop wegzubewegen, schaffen es manchmal, müssen aber dann feststellen, dass ich mein Notizbuch mitgenommen habe. Sie geben sich wirklich Mühe, und trotzdem gelingt es ihnen einfach nicht, mich aus diesem Wahn herauszuholen. Ich bin den beiden dankbar, dass sie sich so um mich kümmern, und es tut mir wirklich leid, dass ich

Ich weiß es nicht. Jegliches Zeitgefühl ist verschwunden. Wieder und wieder schreibe ich die Dinge auf, die keinen Sinn ergeben wollen und nur noch mehr Fragen aufwerfen. Aber was mache ich, wenn ich endlich Antworten gefunden habe?