SIEBEN
Keiner von uns war überrascht, als die Originalserie abgesetzt wurde. Mit unserem verringerten Budget hatten wir uns durch die dritte Staffel gekämpft und gespürt, wie die Qualität nachließ. Ich erinnere mich nicht einmal an den letzten Drehtag. Er war bestimmt nicht spektakulär, und niemand von uns rechnete damit, dass wir je wieder als Besetzung zusammenkommen würden. Unsere größte Sorge war: Dieser Job ist vorbei, was kommt als Nächstes?
Als Leonard die Ohren zum – wie er glaubte – letzten Mal absetzte, hatte er keine richtigen Pläne. Er hing mehrere Monate zu Hause herum, holte den Schlaf nach, der ihm fehlte, nachdem er jeden Morgen um halb sieben in der Maske erschienen war. Die Serie hatte ihm Anerkennung und Ruhm gebracht. In jeder der drei Staffeln war er für einen Emmy als bester Nebendarsteller nominiert gewesen. Aber zu der Zeit, bevor große Filme wie Star Wars, Unheimliche Begegnung der dritten Art und auch unser Zorn des Khan erschienen, wurde Science-Fiction als eskapistisches Subgenre betrachtet. Die Auszeichnungen und Preise gingen an zeitgenössische Sozialdramen, bei denen die Leute sich gut fühlten, wenn sie dafür stimmten. Es schmeichelte Leonard, dass er von seinen Schauspielerkollegen nominiert wurde. Als man ihn über die erste Nominierung informierte, setzte er sich hin und weinte. Nach der langen, harten Arbeit hatte die Schauspielergemeinde ihn endlich anerkannt.
Geld war allerdings ein anderes Thema. Die Serie hatte zunächst keine langfristige finanzielle Sicherheit oder einen kontinuierlichen Fluss an Zusatzeinnahmen gebracht. Leonard hatte zugesagt, mit einer Kompanie mit dem Stück Tausend Clowns auf Tournee zu gehen, und befand sich in Verhandlungen über die Regie bei verschiedenen TV-Sendungen, als er das Angebot bekam, Martin Landaus Nachfolger in der erfolgreichen Serie Kobra, übernehmen Sie zu werden. In den Medien hatte es einige Berichte über die angebliche Konkurrenz zwischen Marty und Leonard gegeben, aber die waren komplett erfunden. Leonard hätte nie einem anderen Schauspieler den Job weggenommen, so war er einfach nicht. Erst als feststand, dass Landau die Serie verlassen würde, nahm Leonard die Rolle an.
Unsere Ängste, nun zu sehr auf einen Typ festgelegt zu sein, erschienen anfangs unbegründet. Ich bekam viele verschiedene Rollenangebote und hatte regelmäßig Engagements. Aber obwohl wir beide hart arbeiteten, wollten die Fans der Serie uns nicht so einfach ziehen lassen. Offensichtlich ahnte jedoch keiner von uns, was da auf uns zurollte. Leonard versuchte sogar, die Leute davon abzubringen, ihre Zeit zu verschwenden, und sagte zu einem Reporter: »Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Serie abgesetzt wurde, aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Die Crew hat sich aufgelöst. Jemand wurde zitiert, der behauptete, es könne einen Star-Trek-Film mit uns allen geben, aber ich finde es nicht gut, so etwas zu sagen. Das stachelt nur erneut emotionale Kampagnen für eine Wiederaufnahme der Serie an. Jedes Mal, wenn ich so etwas höre oder lese, versuche ich, es den Beteiligten auszureden. Die Serie wird nicht wieder aufgenommen.«
Leonard spielte also Paris, den Meister der Verkleidung, und ich trat in Fernsehfilmen wie The Andersonville Trial auf oder spielte John Adams in John Waynes Tribut an Amerika, Swing Out, Sweet Land, oder hatte Gastauftritte in Serien wie FBI oder The Name of the Game – aber die Trekkies ließen einfach nicht locker. Es gibt keine naheliegende Erklärung für die ungewöhnliche, andauernde Anziehungskraft von Star Trek. Viele Menschen haben viele unterschiedliche Gründe genannt, und sie treffen wahrscheinlich alle in gewisser Weise zu. Ich war immer der Meinung, dass es einen gemeinsamen Nenner gab: Es machte einfach Spaß. Aber das Konzept und die Ausführung schufen eine neue amerikanische Mythologie – und eine beträchtliche Anzahl von Menschen konnte davon nicht genug bekommen.
Star-Trek-Conventions, die sich zu einem Millionen-Dollar-Geschäft entwickelten, entstanden aus kleinen Treffen der Science-Fiction-Gemeinde, die bis in die Dreißigerjahre zurückreichten und nun wieder populär wurden – vielleicht als Reaktion auf die Brutalität und den Wahnsinn des Vietnamkriegs in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren. Diese Conventions wurden vor allem deshalb abgehalten, um große Science-Fiction-Literatur zu feiern, und Autoren und Organisatoren sahen auf Star Trek hinab, weil es eine Fernsehserie war und kein Buch. Sie betrachteten es nicht einmal als echte Science-Fiction. Im Grunde drängten sie die Trekkies aus diesen Conventions hinaus und zwangen sie so, ihre eigenen Versammlungen zu organisieren.
Wie ich in meiner Autobiografie Durch das Universum bis hierher schrieb:
Star Trek wurde eine Sprache, die viele Menschen mit gemeinsamen Interessen verband. Es wurde zu einer Sonne, die alle möglichen Menschen anzog und auf der sie ihresgleichen treffen konnten. Im Kostüm.
Unter den bekanntesten Teilnehmern der ersten offiziellen Star-Trek-Convention 1972 waren Gene Roddenberry, Majel Barrett, Isaac Asimov und Hal Clement. Die NASA stellte einen Truck mit Bildtafeln zur Verfügung, um die Besucher für ihr Raumfahrtprogramm zu begeistern. Es gab eine Kunstausstellung, einen Verkaufsraum und einen Kostümwettbewerb. Die Organisatoren erwarteten die üblichen rund fünfhundert Besucher; stattdessen kamen über tausend. Viele Händler hatten ihre Fanartikel innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Im Zeitraum von drei Jahren wurden dreiundzwanzig Conventions überall in den USA abgehalten. Dreißigtausend Trekkies kamen zu einer Convention in Chicago. Bald wurde jedes Wochenende irgendwo im Land eine veranstaltet – und der Trend griff auch nach Europa über.
Als all das begann, wollte ich möglichst wenig damit zu tun haben. Star Trek war meine Vergangenheit, und ich wollte nicht, dass es mit meiner Zukunft in einen Topf geworfen wurde. Und irgendwie fühlte ich mich bei der ganzen Sache unwohl. Es hatte etwas Kultähnliches. In gewisser Weise machte mir die Leidenschaft dieser Leute für eine Fernsehserie Angst. Einmal, als ich während des Drehs der dritten Staffel die NBC-Studios im Rockefeller Center verließ, stürzten sich mehrere Fans buchstäblich auf mich und wollten mir die Jacke vom Leib reißen.
Die ersten Einladungen schlug ich aus, weil ich dachte, so etwas sei unter meiner Würde. Schauspieler gehen nicht auf Conventions. Das ist was für den Pöbel! Schauspieler arbeiten als Schauspieler! Leonard sah das anders, denn er nahm das Ganze nicht so ernst. Schon bevor der Trubel mit den Conventions begann, absolvierte er persönliche Auftritte auf Jahrmärkten überall in Amerika. Häufig brachte er seine Gitarre mit, sang einige Lieder, erzählte ein paar Star-Trek-Geschichten, gab jede Menge Autogramme. Adam Nimoy verglich diese Auftritte einmal mit denen eines fahrenden Medizinmannes. Leonard war immer wunderbar zu den Fans, geduldig und freundlich. Die zweite Convention in New York 1973 besuchte er bloß, weil er zufällig gerade in der Stadt war. Er wurde dafür nicht bezahlt, und sein Erscheinen wurde vorher nicht angekündigt, falls ihm etwas Wichtigeres dazwischenkommen sollte. Er schaute einfach nur mal so vorbei.
Als ich meine erste Convention besuchte, 1975 war das, bezahlten die Organisatoren ein anständiges Honorar. Ein ziemlich ordentliches sogar. Ich wusste nicht, was man von mir erwartete. Einer der Organisatoren sagte mir: »Machen Sie sich gefasst auf endlos viel Liebe und darauf, dass Leute Ihnen erzählen, wie sehr sie Ihre Arbeit schätzen.« Das kann doch nicht so einfach sein, dachte ich. Als ich auf die Bühne trat, hatte ich mir vorab keine Gedanken gemacht, ich wollte improvisieren. Als ich angekündigt wurde, bekam ich einen Riesenapplaus und fragte mich, womit ich den verdient hatte. Ich hatte mit einer netten kleinen Zusammenkunft gerechnet, doch der Raum war zum Bersten voll, und mehrere Tausend Fans sahen mich voller Zuneigung an. Da wurde mir klar, dass diese Menschen Erwartungen an mich hatten, auf die ich überhaupt nicht vorbereitet war. Ich wusste ja nicht einmal, was sie von mir wollten. Also machte ich ein paar linkische Bemerkungen und fragte dann vor allem aus Verzweiflung, ob irgendjemand eine Frage habe.
Achttausend Hände gingen in die Höhe. Halleluja! Ich war gerettet. Himmel hilf, dachte ich, das ist der Wahnsinn! Es war der Tag, an dem ich zum ersten Mal viele der Fragen hörte, die mir in den nächsten Jahrzehnten immer und immer wieder gestellt werden sollten. Überrascht war ich, wie spezifisch die Fragen waren und wie viel diese Leute über die Serie wussten. Ehrlich gesagt gibt es ganz schön viele Star- Trek-Folgen, die ich selbst noch nie gesehen habe. Ich sehe mich nicht gern auf dem Bildschirm und vermeide es daher nach Möglichkeit. (Ja, ich weiß, welcher Witz sich jetzt aufdrängt. Nein, ich werde ihn hier nicht aufschreiben!) Auch von den anderen Rollen, die ich gespielt habe, habe ich nicht viele gesehen. Was ich mir angeschaut habe, war Inkubo, der Film, den wir auf Esperanto gedreht hatten. Das war unmittelbar vor Star Trek, und als er in die Kinos kam, hatte ich meine Sprachkenntnisse schon wieder vergessen. Ich verstand also genauso wenig wie die Handvoll Zuschauer, die sich den Film angesehen haben.
Der Convention-Kreislauf wurde mit der Zeit eine wichtige Einnahmequelle für viele aus dem gesamten Star-Trek-Team. Jimmy Doohan kaufte sich ein großes Wohnmobil, fuhr damit durchs Land und trat auf Conventions auf. Mit dem Honorar für diese Auftritte und dem Geld, das er für Autogrammstunden bekam, verdiente er wahrscheinlich mehr, als wenn er als Schauspieler gearbeitet hätte. Manche Besatzungsmitglieder waren praktisch auf diese Conventions angewiesen, da sie so sehr mit ihren Rollen identifiziert wurden, dass sie kaum andere ernst zu nehmende Engagements fanden. Ging Jimmy zum Beispiel in ein Castingbüro, sagte man ihm: »Wir brauchen keinen Schotten.« Vermutlich musste er dann klarstellen, dass sie gar keinen Schotten vor sich hatten: Er ist halb Kanadier, halb Ire.
Schauspieler, Produzenten, Autoren – alle, die Star Trek miterschaffen hatten, waren willkommen. Hatte man drei Nägel in die Kulissen gehauen, war man ein gern gesehener Gast. Leonard und ich besuchten gemeinsam wahrscheinlich mindestens hundert Conventions, und das schweißte uns zusammen. Bei vielen gingen wir zu zweit auf die Bühne und erzählten etwas. Das gefiel mir am besten. Leonard machte sich unheimlich gern über mich lustig – wegen irgendetwas, das ich mal getan hatte, und das Publikum liebte diese Geschichten. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich Leonard vor mir, wie er auf mich deutet und zutiefst vorwurfsvoll sagt: »Dies ist der Mann, der mein Fahrrad gestohlen hat. Das war nicht nett. Wer bitte stiehlt das Fahrrad eines Außerirdischen?«
Am Anfang war Leonard das Phänomen wahrscheinlich genauso suspekt wie mir. Ich weiß, dass ich mich fragte, welche Leute ihre Zeit damit verbrachten, sich Kostüme anzuziehen und einer mäßig erfolgreichen Serie ihren Tribut zu zollen. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass es keine konventionellen Typen waren, die zu den Conventions kamen. Und wir begriffen schnell, wie viel diese Veranstaltungen den Trekkies gaben. Es waren größtenteils Menschen, die ihre Hemmungen überwanden und Alienohren aufsetzten. Sie scherten sich nicht darum, was andere über sie dachten. Sie hatten einfach ihren Spaß. Später im Leben wurde Leonard einmal gefragt, welchen Rat er jungen Leuten geben könne. Er antwortete nachdenklich: »Ich glaube daran, was Leute wie der [Mythologe] Joseph Campbell uns gesagt haben: ›Folgt eurer Freude.‹ Findet heraus, was euch am meisten berührt. Verfolgt es, lernt etwas darüber, erforscht es, erweitert euer Wissen. Lebt damit und nährt es. Findet euren eigenen Weg, und leistet euren eigenen Beitrag.«
Folgen Sie Ihrer Freude. Findet den Weg zu eurem Glück. Wenn der Besuch der Conventions diesen Menschen auf ihrem Weg half, wenn er ihnen ein klein wenig Freude machte, dann bin ich froh, dabei gewesen zu sein. Zugegeben, ich brauchte etwas, bis mir das klar wurde und ich es wirklich würdigen konnte. Und ich war auch ganz froh, dass ich für meine Auftritte bezahlt wurde.
Als die Conventions größer und größer wurden und die Honorare für die Auftritte wuchsen, besuchten Leonard und ich mehrere Veranstaltungen pro Jahr. Da wir überall an erster Stelle genannt wurden, konnten wir Forderungen stellen. Wie Rockstars! Ich bestand zum Beispiel auf heißem Tee. Und Leonard, Leonard war noch mal eine ganze Nummer härter als ich. Er verlangte einen halben Liter Häagen-Dazs-Kaffee-Eis in seiner Garderobe. Nicht Mokka, nicht Schokolade, nein, Kaffee. Und kalt musste es sein, und ein Löffel sollte auch nicht fehlen. So etwas passiert, wenn einem Schauspieler der Ruhm zu Kopf steigt! Häufig ging Leonard es folgendermaßen an: Er betrat den Pausenraum, näherte sich dem Cateringtisch, schnappte sich die Eiscreme, riss den Deckel ab und aß. Nach einigen Löffeln war er bereit loszulegen. Das Anstrengendste an der Conventions-Tour war vielleicht, dass wir dieselben Fragen immer und immer wieder beantworten mussten – und das mit möglichst großer Begeisterung. Nach einer Weile konnten wir sie alle auswendig. Die Frage, die uns am häufigsten gestellt wurde, war die nach unserer Lieblingsepisode. Niemand glaubte mir, dass mir die Antwort schwerfiel, aber ich hatte sie nicht alle gesehen und konnte sie nicht miteinander vergleichen. Meistens sagte ich, dass das zu schwierig zu beurteilen sei, aber in Wirklichkeit habe ich ein Faible für die wunderbare Geschichte von »Kennen Sie Tribbels?«. Leonard sagte, er möge besonders gern »Horta rettet ihre Kinder«, die »Weltraumfieber«-Folge, in der er den Vulkanischen Gruß eingeführt und zum ersten Mal die Worte »Lebe lang und in Frieden« ausgesprochen hatte, sowie eine Folge des legendären Autors Harlan Ellison: »Griff in die Geschichte«, in der Besatzungsmitglieder der Enterprise durch ein Zeitportal treten und in New York zur Zeit der Weltwirtschaftskrise landen. Die Folge, die Leonard am wenigsten mochte, war übrigens die erste der dritten Staffel, »Spocks Gehirn«. Darin kommt eine schöne Außerirdische an Bord der Enterprise und stiehlt Spocks Gehirn, um damit ein Volk zu retten, das das Gehirn benötigt, um sein Stromnetz zu kontrollieren. Leider wird Spock daraufhin zum Zombie, und das zwingt McCoy zum vielleicht schlechtesten Satz der gesamten Serie: »Jim. Man hat ihm das Gehirn entfernt.«
Die Ohren aufzusetzen war eine Sache, aber einen Zombie zu spielen? Mit diesem Teil seiner Karriere hatte Leonard eigentlich längst abgeschlossen.
Eines Abends bei einer Convention in Anaheim beantwortete Walter Koenig die üblichen Fragen. Inzwischen hatte er – wie wir alle – jede Antwort aus dem Effeff parat und erwiderte, ohne darüber nachdenken zu müssen, genau das Richtige. Aber plötzlich stand er auf der Bühne und starrte stumm ins Publikum. Kein Wort kam aus seinem Mund. Ihm wurde klar, dass er durch die Veranstaltung gerauscht war, ohne wirklich präsent zu sein. Er bat den Fan, die Frage zu wiederholen. Sie lautete: »Wenn Chekov nach Disneyland ginge, was wäre sein Lieblingsfahrgeschäft?«
Er überlegte schnell und antwortete dann: »Small World« – weil da alle Menschen der Erde vereint waren.
Was ich am wenigsten an den Conventions mochte, war das Schreiben von Aberhunderten von Autogrammen. Ich sah ein, wie wichtig das den Besuchern war, aber ich fand es so unpersönlich. Es gab nur ein einziges Ziel: möglichst viele Autogramme in möglichst kurzer Zeit zu geben. Uns wurde gesagt, die beste Methode sei die, niemals aufzusehen, keinen Blickkontakt aufzunehmen und uns auf keinen Fall in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Die Organisatoren der Conventions machten einen großen Teil ihrer Einnahmen mit Autogrammen und wollten, dass wir so viele wie möglich unterschrieben. Das ist straff durchorganisiert: ein Besucher nach dem anderen schiebt uns ein Buch oder ein Bild hin, wir unterschreiben, ohne aufzublicken, schieben es der Kollegin oder dem Kollegen neben uns zu, die es dem Fan zurückgeben, und dann heißt es, der Nächste, bitte.
Den Teil mit dem Nichthochschauen bekam ich nie so richtig gut hin. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach aufblicken und jeden Einzelnen grüßen. Worin ich wirklich gut wurde, war der Teil mit der schnellen Unterschrift, doch niemand toppte Leonard in dieser Hinsicht. Niemand. Bei einer Veranstaltung beeilte er sich unheimlich, weil er pünktlich zum Flughafen musste, um einen Flieger zu erwischen. Die Schlange bewegte sich aus seiner Sicht jedoch zu langsam vorwärts. Also stand er auf, ging zu jedem, der anstand, und unterschrieb, was die Leute dabeihatten, auf deren Rücken. Er schrieb sich bis zum Ende der Schlange, ging dann einfach weiter durch die Tür und machte sich auf den Weg zum Flughafen. Er leistete schätzungsweise 1700 Unterschriften in einer Stunde – eine absolute Rekordzeit.
Obwohl es mir allmählich Spaß machte, die Conventions zu besuchen, erschloss sich mir zugegebenermaßen trotzdem nicht ganz ihr Reiz. Es ist nicht leicht, etwas Falsches daran zu finden, mit Ehrfurcht und Respekt behandelt zu werden, aber andererseits fragte ich mich tief in meinem Innern, ob diese Leute etwas in mir sahen, das ich nicht sah. 1986 war ich eingeladen worden, Saturday Night Live zu moderieren. Damals war das Phänomen der Trekkies bereits durch die Anhänger der Band Grateful Dead bekannt, die »Deadheads« (etwa: Hohlköpfe) genannt wurden. Im Eröffnungssketch, den man mir schrieb, sprach ich die Trekkies an und sagte: »Bevor ich weitere Fragen beantworte, möchte ich etwas sagen. Nachdem ich über die Jahre alle eure Briefe bekommen habe, vor so vielen von euch gesprochen habe und einige Hundert Meilen weit gereist bin, um mit euch zusammen zu sein, möchte ich selbst einmal eine Frage stellen: Habt ihr kein Leben, Leute? Verdammt noch mal, es ist nur eine Fernsehserie … Wie alt seid ihr? … Verlasst die Keller eurer Eltern! Besorgt euch eigene Wohnungen und werdet verdammt noch mal erwachsen! Herrgott, es ist nur eine Fernsehserie! Nur eine Fernsehserie.«
Das war ein Scherz. Die meisten Trekkies verstanden ihn und begrüßten sich fortan mit den Worten: »Werd endlich erwachsen!« Aber nicht alle fanden meinen Gag lustig. Es dauerte nicht lange, bis mir klar wurde, was Leonard erlebt hatte, nachdem er seinem Buch den Titel Ich bin nicht Spock gegeben hatte. Manche nehmen den Star-Trek-Kosmos sehr ernst, vielleicht allzu ernst. Einige Jahre später setzte ich mir eine Maske auf und interviewte Besucher auf Conventions für ein Buch mit dem Titel Get a Life. Erst da begriff ich, dass Star Trek einfach eine Gelegenheit zur Realitätsflucht war und ein paar fantastische Augenblicke bot. Und Trekkies waren nicht die sozial unbeholfenen wandelnden Klischees, wie ich sie beschrieben habe, sondern im Gegenteil, wie Isaac Asimov es formulierte, »intelligente, interessierte, engagierte Menschen, und es ist eine Freude, Zeit mit ihnen zu verbringen, egal, wie viele es sind. Warum sonst würden sie sich für Star Trek begeistern, eine intelligente, interessierte und engagierte Serie?« Und dann fügte er hinzu: »Nur einmal wurde auf einer dieser Conventions gegen Ordnung und Anstand verstoßen, nämlich als Mr. Spock (okay, Leonard Nimoy) einen kurzen Auftritt hatte. Da gab es ein wenig Geschrei bei den jungen Damen.«