21.

Wenn Claude nicht seine 300 Francs im Geldautomaten der Société Générale vergessen hätte

Aber doch nicht so sehr vor der Zeit, denn Claude musste einen ungewöhnlichen Zwischenstopp einlegen und dafür leicht von seiner Route abweichen. Guy hat mir ein paar Wochen nach dem Unfall diese Anekdote berichtet, die ich nicht richtig einzuordnen wusste. Claude hatte Geld geholt, bevor er mit Guy im Tout Va Bien zu Mittag aß, einem Restaurant an der Ecke Cours Lafayette, das mittlerweile geschlossen ist, und hatte die 300 Francs im Automaten der Société Générale vergessen. Es war ihm in dem Moment aufgefallen, als er Tagesgericht und Kaffee bezahlen wollte, er hatte es Guy gesagt, der sich amüsierte, denn es war allgemein bekannt, dass Claude ständig etwas vergaß oder verlor, wie zum Beispiel die Schlüssel der Abteilung, das war der Running Gag, das mit den Schlüsseln für die Ausleihe, Kunden stauten sich dann ab und zu in der Halle und warteten darauf, dass die Türen sich endlich öffneten.

Claude hatte schließlich mit seiner Carte Bleue gezahlt, weil er gegen Ende des Monats seine Restaurantschecks aufgebraucht hatte, nachdem er alle Taschen seiner Jacke durchsucht hatte, die er nie ablegte, auch mitten im Sommer nicht, denn in dieser Jacke trug er eben alles mit sich, was ihm wichtig war: Brieftasche, Bargeld, die diversen Schlüsselbünde, seine Sonnenbrille und wer weiß was noch. Es gab noch einen weiteren Grund, warum er seine Lederjacke selten auszog, den hatte er mir eines Tages gestanden, als ich ihn halb damit aufzog. Da er nicht sehr kräftig gebaut war, fühlte er sich verletzlich und wahrscheinlich auch außerhalb des Kanons der Klischeevorstellungen, nach dem Männer einen kräftigen und muskulösen Oberkörper haben sollten. Dabei war es gerade das, was ich liebte, diese zierliche Figur, dieses scharfe Profil, diese kantige Schönheit.

Nach dem Verlassen des Tout Va Bien wollte er noch bei der Bank vorbei, aber das war zu knapp, also würde er gegen Ende des Nachmittags auf dem Rückweg auf einen Sprung dort vorbeischauen.

Es war vier Uhr, und Claude musste noch diesen Umweg machen, bevor er seinen Sohn von der Schule abholte. Das würde ihn ein paar Minuten kosten, die Société Générale befand sich in einer Querstraße, zwar als Einbahnstraße in Gegenrichtung, aber weniger als 300 Meter entfernt. Ich habe das gerade nachgeschaut.

Er parkte zwischen zwei Autos und achtete darauf, den Helm abzunehmen, bevor er an den Schalter trat, um den Angestellten nicht zu erschrecken, der nach seinem Klingeln die automatische Sicherheitstür öffnen musste. Ein junger Mann im kurzärmligen Hemd empfing ihn, die gleiche Art Mann, die auch Claude mit zwanzig gewesen war, woran er vermutlich mit Schrecken zurückdachte. Der junge Mann sah ihn mit einem Lächeln an, das umso verzerrter wurde, als Claude keine Witze machte, völlig offen, naiv und vertrauensvoll hoffte er, der Automat habe seine Scheine geschluckt, bevor irgendjemand anders sie sich nahm, und die Bank werde ihm sein Geld auf Treu und Glauben aushändigen. Er musste ein Formular ausfüllen, das ihn zwang, lange Minuten vor der Scheibe des Schalters auszuharren, seine Kontonummer, seine Bankleitzahl, seinen Filialcode zu finden, sein Scheckheft in seinen Taschen zu suchen, um all diese Zahlen, die er nicht auswendig kannte, vor Augen zu haben. Dann mit einem Kugelschreiber, der nicht funktionierte, aufschreiben, noch einmal neu beginnen, weil er sich in der Anzahl der Nullen vertan hatte, und dann warten, dass der Bankangestellte, der mittlerweile von einem Telefongespräch in Anspruch genommen war, sich ihm wieder widmete. Der Angestellte musste das Formular entgegennehmen, einen Stempel draufsetzen, einen Durchschlag für den Kunden abreißen und den Vorgang verbuchen. Das alles brauchte länger als vorgesehen, und verspätete Claude, der bis dahin gut in der Zeit gewesen war. Aber wegen dieser Formulargeschichte war er jetzt in Verzug und spürte dieses leichte Ziehen im Magen, das ihm deutlich machte, er müsse nun ohne weiteren Aufschub los, denn er besaß keinerlei Zeitpolster mehr.

Ich habe nie erfahren, ob Claude nun eigentlich dort direkt am Schalter sein Geld bekommen hat im Austausch für dieses Papier, das er ausgefüllt hatte und das auf Treu und Glauben bestätigte, er habe die 300 Francs, die der Automat ein paar Stunden zuvor ausgespuckt hatte, nicht erhalten, denn unter den Sachen, die mir von der Intensivstation des Krankenhauses zurückgegeben wurden, befand sich keine einzige Banknote. Und da ich damals von diesem Zwischenfall nichts ahnte, wäre ich nicht auf den Gedanken gekommen, etwas zu reklamieren, ebenso wenig wie ich mich getraut habe, nach seiner Uhr zu fragen. Aber selbst wenn ich etwas gewusst hätte, glaube ich nicht, dass ich die Energie aufgebracht und den Mund geöffnet hätte, um zu protestieren oder Zweifel anzumelden, an so viel erinnere ich mich.

Ich bin nicht sicher, ob Claude den Zwischenstopp bei der Bank gemacht hat, wie er es Guy angekündigt hatte, vielleicht war er auch der Ansicht, es sei bereits zu spät dafür. Ich habe keinen Beweis, und das Ganze hat auch keinerlei Wichtigkeit. Ich habe auch nie daran gedacht nachzuprüfen, ob die 300 Francs von seinem Konto abgebucht worden sind, dabei hatte ich die Pin, ich erinnere mich sogar noch, 2599, ich hätte die Information also sofort abrufen können. 2599. Ich hätte auch auf dem Kontoauszug nachsehen können, der in den ersten Julitagen im Briefkasten lag.