„Entspann dich, Big Daddy. Es ist hart, hier im Büro zu sitzen, während dein Gefährte und deine Babys zu Hause sind, aber ich kann dir versprechen, dass ihnen nichts fehlt. Heute Morgen wollte Cindy zusammen mit Preston zu euch rüberfahren, um Cody zu helfen. Drei Erwachsene für drei Babys sind also keine schlechte Quote“, meinte Noah.
Ich schielte über den Tisch zu Bossboy und meine Finger klopften im Stakkato auf den Tisch. Ezra starrte auf meine Hand, während mir Zeke eine Tasse Kaffee vorsetzte. Auch Boomer leistete seinen Beitrag und rückte den Teller mit den Brownies ein Stück näher.
„Ich denke, was die Jungs versuchen, aber nicht schaffen, dir diskret zu sagen, ist, dass du mal chillen solltest. Ich würde zwar nicht zwingend Koffein und raffinierten Zucker zur Beruhigung empfehlen, aber hey – mach, was du denkst.“ Jonah sprach hastig, ohne von seinem Tablet aufzusehen.
„Ja, ja. Ich weiß, dass ich euch mit meiner Zappelei auf die Nerven gehe. Aber in den letzten drei Wochen, seit wir sie haben, war ich noch nie so lange von den Zwillingen getrennt. Was, wenn ich ihnen fehle?“ Ich trank einen großen Schluck Kaffee und setzte die Tasse etwas stärker als beabsichtigt wieder ab. „Was, wenn nicht?“
Bei dem lauten Klirren meiner Tasse auf dem Tisch hob Noah eine Augenbraue. „Du wirst nicht ewig hier sein, Levi. Glaub mir, ich verstehe, was du durchmachst. Aber mal ganz abgesehen von den Babys und deinem Gefährten, wissen wir beide, dass du mir den Arsch aufgerissen hättest, wenn ich dir nicht angeboten hätte, bei unserem Treffen wegen des Menschenhändlerrings, aus dem wir Cody gerettet haben, vorbeizukommen.“
„Tja, Scheiße. Damit hättest du nicht anfangen können?“ Ich biss in den Brownie und war auf einmal froh, hier zu sein.
„Jetzt, wo der große Mann wieder da ist, kann er uns wenigstens vor der neuesten Dessertrunde retten“, kommentierte Ezra trocken und starrte auf die Brownies, die Teller mit Cookies und eine Art Erdnussbutterbonbon. Das würde ich mir als Nächstes vornehmen, beschloss ich, während ich mir den restlichen Brownie in den Mund stopfte.
„Hör auf zu jammern“, sagte Boomer. „Ihr wisst genauso gut wie ich, dass sie den Scheiß nicht mehr liefern würden, wenn wir es nicht essen würden.“
Zeke gluckste zustimmend. „Und wenn sie es nicht mehr tun würden, säßen wir alle beleidigt hier und würden uns fragen, warum es ihnen gleichgültig geworden ist.“
Ich streckte meine Hand aus und griff nach einem der verlockenden Bonbons und ein paar Cookies vom Teller daneben. Alle Jungs warfen mir strenge Seitenblicke zu, aber ich zuckte nur ungerührt mit den Schultern.
„Urteilt über mich, so viel ihr wollt. Versucht mal, mit neugeborenen Zwillingen zu leben. Das Einzige, was mich bei Verstand hält, sind Zucker und Koffein.“ Bevor ich sie ernsthaft anschaute, tunkte ich meinen Cookie in den Kaffee. „Aber hey, tut mir echt leid, dass ich die letzten paar Monate nicht da war. Cody hat mich gebraucht, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass ich euch im Stich gelassen habe.“
„Entschuldige, wenn ich diesen Scheiß gleich unterbinde“, sagte Noah. „Meine Väter hatten vollkommen recht. Du warst genau da, wo du sein musstest. Übrigens hatten wir keine einzige Mission, bei der wir einen Scharfschützen gebraucht hätten. Das ist wirklich nicht gelogen. Du hättest dich nur gelangweilt, weshalb der Zeitpunkt perfekt für eine Auszeit war, um deinem Gefährten beim Einleben zur Seite zu stehen.“
„Bitte, es gibt keine langweiligen Missionen. Erwartest du wirklich, dass ich dir diesen Scheiß abnehme?“ Ich rollte mit den Augen und schob mir das Bonbon in den Mund. Sobald sich der köstliche Geschmack auf meiner Zunge entfaltete, rollten meine Augen zurück in meinen Schädel und ich konnte Gott sehen – so lecker war es. „Fuck, von wem ist das Erdnussbutter– … Toffee, oder?“
Boomer blähte seine Brust vor Stolz auf. „Das wäre dann Mama Cs Verdienst, Kumpel. Unglaublich, dass du das überhaupt fragen musst.“
„Das sollte Papa P besser nicht hören.“ Ezra grinste. „Er war sich sicher, dass die Brownies dir den Tag versüßen würden.“
„Glaub mir, das werden sie. Und auch den Rest meiner Nacht, weil ich alles, was nach diesem Meeting übrig ist, mit nach Hause nehmen werde.“ Ich grinste. „Und jetzt erzählt mal von diesen angeblich langweiligen Missionen, denn ich kaufe euch das nicht ab.“
Zeke schüttelte den Kopf. „Willst du uns den Scheiß wirklich noch einmal aufwärmen lassen? Glaub mir, Bossboy hat dieses Mal nicht untertrieben.“
„Nein, wirklich nicht“, stimmte Noah lächelnd zu. „Die letzten Wochen haben wir in den Appalachen auf der Suche nach einem Omega verbracht, der beim Wandern verschwunden war. Es stellte sich allerdings heraus, dass er nur die Anrufe seiner Mutter ignoriert hatte, während er mit seinem Freund auf einem Trip auf Magic Mushrooms war. In den zwei Monaten davor lief es ähnlich beschissen.“
„Ja, alles war ein ziemlicher Hickhack“, stimmt Ezra zu. „Unser spannendster Fall in jüngster Zeit war ein prominenter Omega, dem nachgestellt wurde. Nachdem wir ihn geschnappt hatten, hatten Zeke und ich viel Spaß mit dem Kerl.“
„Kamen wenigstens die stumpfen Messer zum Einsatz?“, fragte ich halb im Scherz.
„Nope“, meinte Ezra und machte mit dem P ein ploppendes Geräusch. „Können wir jetzt endlich aufhören, den Elefanten im Raum zu ignorieren und über das hübsche kleine tealfarbene Spitzenstück reden, das deinen Arsch in der Nacht der Geburt bedeckt hat? Weil das ist interessanter als alles, was hier in deiner Abwesenheit passiert ist.“
„Nope“, sagte ich und betonte das P auf die gleiche Art und Weise, wie er es getan hatte. „Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Was immer ich unter meiner Hose trage – oder auch nicht – betrifft nur mich und meinen Gefährten.“
Boomer zwinkerte und streckte seine Hand für einen Fistbump aus. „Respekt, Alter. Steh zu deinem Kink, Levi. Das betrifft nur dich und deinen Master .“
Ezra schien deprimiert, dass dieses Thema ein No-Go war. „Können wir wenigstens erfahren, wer von euch den anderen Daddy nennt? Ich meine, du bist zwar älter … Aber er hat in eurem Haus definitiv die Hosen an – während du die Höschen anhast.“
Mit einem süffisanten Grinsen lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Tut mir leid, aber das ist auch etwas zwischen mir und meinem Gefährten.“ Mir kam ein weiterer Gedanke, als die Jungs über Ezras enttäuschten Gesichtsausdruck kicherten. „Hey, ich komme mir scheiße vor, weil ich das noch gar nicht gefragt habe, aber was ist eigentlich aus den beiden anderen Omegas geworden, die wir an diesem Tag gerettet haben? Ich habe nicht einmal ihre Namen erfahren.“
Jonah sah von seinem Tablet auf, was bei unserem Geek nur selten vorkam. „Dallas und Nathan. Ihnen geht es gut. Sie sind trocken und leben in Papa Ps Wohnheim, nachdem sie ihren Entzug hinter sich gebracht haben. Sie arbeiten in einer örtlichen Kindertagesstätte und fangen gerade an, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Aber darüber müsste Papa P dir mehr erzählen.“
„Habe ich da gerade meinen Namen gehört?“ Wir schauten alle auf, als Papa P und der Bossman hereinkamen. Papa P ging zu mir und beugte sich über meinen Stuhl, um mich kurz zu umarmen.
„Ich habe gerade nach Dallas und Nathan gefragt, jedenfalls meinte Jonah, dass sie so heißen? Ich fühlte mich schlecht, weil ich nicht daran gedacht hatte, vorher nach ihnen zu fragen“, erklärte ich.
Papa P tätschelte meine Schulter, dann setzte er sich wieder an das Ende des Tisches neben seinen Mann. Er schenkte mir ein sanftes Lächeln.
„Sei nicht so streng mit dir, Levi. Schließlich hattest du genug damit zu tun, Cody zu helfen und Vater zweier Kinder zu werden, nicht wahr? Aber Dallas und Nathan geht es gut. Ich erzähle dir später alles über sie. Sie sind noch nicht ganz so weit wie Cody, aber er hatte einen Vorteil, da er einen Gefährten hatte, der ihm half. Dennoch haben sie es geschafft, sich gegenseitig zu unterstützen.“
Als er in Gedanken versunken war, begann er „Lean on Me “ zu summen. Bossman lächelte ihm liebevoll entgegen, ehe er sich räusperte. „Okay, Jungs. Bringen wir dieses Meeting in Gang, damit unser Levi wieder nach Hause zu Cody und den Zwillingen fahren kann. Es ist immer schwer für frischgebackene Eltern, wenn sie das erste Mal von ihrer Familie getrennt sind. Deshalb übergebe ich jetzt das Wort an Jonah.“
Während Papa P leise vor sich hin summte, fuhr Jonah fort. „Also, ich bin bei diesem Sexhändlerring endlich ein Stück weitergekommen. Doch das Problem an der Sache ist, dass, je mehr ich grabe, es umso tiefer wird. Hinter jedem bösen Kerl, den ich aufspüre, verbirgt sich ein größerer.“
„Warum hören wir dann zum ersten Mal davon?“, fragte Noah mit scharfer Stimme. „Und warum haben wir sie noch nicht aufgehalten, wenn wir wissen, wer sie sind? Erzähl mir bloß nicht, dass ich einen bekifften Teenager im Gebirge verfolgt habe, während diese Kerle frei herumgelaufen sind.“
„Ihr seid bisher nicht involviert worden, da die Leute, die ich bislang entlarvt habe, allesamt Menschen waren und wir uns deshalb nicht um sie kümmern mussten. Ich habe stattdessen belastende Informationen und ein komplettes Dossier zu ihnen an die örtlichen Polizeibehörden weitergeleitet. In der Zwischenzeit wurden sie alle verhaftet. Die Menschen sollen sich um ihren Abschaum selbst kümmern. Wir konzentrieren uns auf die Shifter.“
„Wie kannst du so sicher sein, dass Shifter im Spiel sind?“, fragte Boomer.
„Ganz einfach, die Menschen wären nicht in der Lage, Shifter aufzuspüren, geschweige denn zu riechen, dass es sich bei den Jungs um Omegas handelt. Es müssen also irgendwo Shifter am Werk sein, aber wie es den Anschein hat, stehen sie weiter oben in der Hierarchie. Von einigen wenigen habe ich die Vornamen in Erfahrung bringen können, aber mehr auch nicht. Soviel ich weiß, handelt es sich sowieso nur um Decknamen, mit denen ich nicht viel anfangen kann.“
Jonah schob sein Tablet kopfschüttelnd zur Seite und griff nach seinem Kaffee, bevor er weitersprach. „Von den Omegas war uns keiner eine wirkliche Hilfe, um ihr Versteck zu finden oder herauszufinden, ob es eine Zentrale gibt, nach der wir suchen sollten. Die Drogen, die Nathan und Dallas verabreicht wurden, waren zu stark und Cody zufolge haben sie verhindert, dass er etwas Wichtiges sieht. An der ganzen Ostküste reiht sich ein preiswertes Hotel an das nächste, hauptsächlich in Jersey und New York. Wie zum Teufel sollen wir da etwas herausfinden? Genau deshalb bin ich ratlos – fürs Erste. Aber vertraut mir, ich werde weiter graben.“
Papa P biss sich gedankenverloren auf die Unterlippe. „Ein Jammer, dass Cody sich nicht an die Zeit seiner Entführung erinnern kann. Das wäre eine große Hilfe, um diese Bastarde aufzuspüren.“
Ich stieß einen Seufzer aus und gönnte mir noch einen Brownie. „Vielleicht wisst ihr es ja schon, aber ich bin mittlerweile bei einigen seiner Sitzungen dabei, um ihm bei der Aufarbeitung seiner Vergangenheit zu helfen. Er hat einiges verdrängt, besonders aus dem ersten Jahr. Wir vermuten, dass sie ihn mit Drogen vollgepumpt haben, nachdem sie ihn entführt haben. In einem Moment ging er noch die Straße entlang und das nächste, was er wusste, war, dass er sich an einem völlig unbekannten Ort befand, ohne zu wissen, wie viel Zeit zwischenzeitlich vergangen war.“
Bossman sah besorgt drein. „Es ist nicht gut, wenn er die Sache verdrängt, Levi. Nicht um unserer Sache willen, sondern für sein eigenes Wohlergehen. Haben sie etwas empfohlen, um seine verlorenen Erinnerungen zurückzuholen?“
„Die Therapeutin sprach von Hypnosetherapie, aber Cody weigert sich, derartig die Kontrolle abzugeben.“ Ich warf einen Blick in die Runde und forderte alle heraus, eine Bemerkung zu Codys Kontrollbedürfnis zu machen.
„Wenn du einverstanden bist, dass ich mit Cody über das Thema spreche, würde ich ihm nahelegen, dass es sich lohnen könnte, die Kontrolle aufzugeben. Er würde das Gefühl der Sicherheit genießen können, wenn seine einstigen Entführer gefasst und der Justiz übergeben werden“, erklärte Papa P.
Ich hob den Brownie hoch. „Papa P, du kannst jederzeit mit meinem Gefährten reden, das solltest du wissen. Aber ich hätte auch nichts dagegen, wenn du ein paar deiner leckeren Gebäckstücke mitbringst.“
Noah stöhnte auf. „Oh, zur Hölle. Das wars dann wohl … Wahrscheinlich plant Papa in diesem Moment seine Siegesnachricht an die Moms, um sie wissen zu lassen, dass seine Gebäcke bei mindestens einem von uns der Sieger sind.“
Noch bevor ich mich umdrehen konnte, spürte ich Boomers strengen Blick. Ich griff nach dem Teller mit Erdnussbutterfudge und drückte ihn schützend an meine Brust. „Papa P backt die besten Brownies, aber ich würde jederzeit einen großen Bissen von den süßen Teilen deiner Mama nehmen, Mann.“
Boomer machte den Eindruck, als würde er sich verschlucken, während die anderen im Team in lautes Gelächter ausbrachen. Noah verkniff sich ein Grinsen, als er sprach. „Alter, du solltest deinen letzten Satz vielleicht noch einmal überarbeiten. Ich mein ja nur.“