10
Mânios Dumitrescu wandte sich ab, hob zitternd eine Hand an den Kopf.
»Du denkst, ich zieh mich aus, nur weil du mich drum bittest? Ich sag dir, du bist irre.«
»Nein, Mânios, ich bitte Sie nicht. Ich befehle es Ihnen.«
»Ach, du und dein Spielzeugpistole? Natürlich sag ich Nein. Du kannst gehen und dich ficken. Ich hab jetzt genug von diesem Spiel. Ich will wissen, wo mein Mädchen sind, und ich will, dass du gehst. Genug von dieser Căcat . Sieh mal …«
Er griff in seine Tasche und zog ein Schnappmesser, öffnete es. »Wie soll’s laufen? Hä?«, fragte er, während er es locker wie jemand herumschwang, der im Messerkampf bewandert war. »Ich denk, echtes Messer ist besser als Spielzeugpistole, und du?«
Die junge Frau schob ihre Sonnenbrille hoch, platzierte sie auf ihren Korkenzieherlocken. Mit ihren hohen Wangenknochen und den weit auseinanderstehenden, braunen Augen sah sie auffallend ungewöhnlich aus. Sie hatte eine kurze, gerade Nase und ein kräftiges, ausgeprägtes Kinn, fast wie einen leichten Unterbiss. Obwohl sie so wütend war, erkannte Mânios Dumitrescu eine außergewöhnlich attraktive Frau, wenn er eine vor sich hatte.
»Hey …« Plötzlich stahl sich sein rattenartiges Grinsen auf sein Gesicht. »Warum vertragen wir uns nicht? Du gehst, du verschwindest und das war’s. Schwamm drüber. Wie wär’s?«
»Kommen Sie nicht näher«, warnte sie ihn.
»Ach ja? Und du wirst mich wirklich davon abhalten, mit deinem Erbsenknaller?«
Die junge Frau griff in die linke Westentasche und förderte eine schlanke schwarze Schrotpatrone zutage. Sie zeigte sie ihm. »Sie wissen bestimmt, was das ist.«
Mânios Dumitrescu sah sie wortlos an.
»Vielleicht haben Sie noch nie von diesen Pistolen gehört. Man bezeichnet sie als Selbstschutzwaffen und sie fassen nur eine dieser Schrotpatronen. Aber eine reicht völlig, wenn man ihr im Weg steht, was in Ihrem Fall zutrifft.«
Mânios Dumitrescu dachte darüber nach. Dann klappte er das Messer langsam zusammen und hielt es fest in der Hand.
»Werfen Sie es auf das Bett. Jetzt, dann ziehen Sie sich aus. Alles.«
Er warf das Schnappmesser auf die Steppdecke und sofort nahm sie es an sich, steckte es in die Gesäßtasche ihrer Jeans. Dann trat sie zurück und sah zu, wie er sein Hemd aufknöpfte, seinen bleichen, eingefallenen Brustkorb entblößte, und die langen grauen Haare, die aus seinen Brustwarzen sprossen. Er schob sich seine beigefarbenen Lederslipper von den Füßen, ließ dann seine zerknitterte graue Hose zu Boden rutschen und stieg aus ihr heraus. Er trug nichts weiter als mit gelben Flecken versehene Boxershorts mit schwarz-weißen Bildern von Felix the Cat darauf und ein paar weiße, wadenhohe Socken.
»Kommen Sie, alles.«
Mânios Dumitrescu ließ die Boxershorts zu den Knöcheln rutschen. Dann balancierte er abwechselnd auf einem Bein, um auch die Socken auszuziehen.
Er stand vollkommen nackt vor der jungen Frau, sein Schamhaar ein wilder Wust, sein Penis dunkel und klein, aber er hielt die Arme trotzig vor der Brust verschränkt und versuchte nicht einmal sich zu bedecken.
»Setzen Sie sich auf das Bett«, befahl ihm die junge Frau. »Nein, nicht hier – da drüben.«
Er ging um das Bett herum auf die gegenüberliegende Seite und setzte sich mit hängenden Schultern.
Mit spitzen Fingern sammelte die junge Frau seine Kleidung ein und warf sie durch die Tür auf den Treppenabsatz.
»Dafür verfluche ich dich bis in den Tod«, zischte Mânios Dumitrescu. »Trăsnite-ar moartea, să te trăsnească!«
Die junge Frau reagierte nicht darauf. Sie ging zum Schminktisch am Fenster, öffnete die linke Schublade und holte ein Paar Handschellen heraus.
»Füße auf das Bett.«
»Ich weiß, was du vorhast. Du willst mein Mädchen herholen und mich dann vor ihnen beschämen! Seht, hier ist euer Boss, kein Kleider, gefesselt wie ein Huhn!«
»Füße auf das Bett«, wiederholte sie.
»Okay, was immer du willst. Aber ich sag dir, das wird nichts ändern! Diese Mädchen, sie respektieren mich! Egal was du mit mir machst, sie werden mich weiter respektieren!«
»Ich weiß.« Sie packte seinen haarigen linken Knöchel und schloss eine Handschelle darum. »Denn wenn nicht, prügeln Sie sie blutig, bis sie es wieder tun.«
Sie kettete seine Knöchel zusammen und dann betrachtete sie ihn einen Moment lang. »Sehen Sie sich an«, sagte sie kopfschüttelnd. »Sehen Sie sich nur an.«
»Na fein, ich seh aus wie Trottel!«, blaffte Mânios Dumitrescu. »Gut gemacht! Du lässt großen Boss wie Tâmpit aussehen!«
»Aber Sie sehen nicht hin!«, beharrte die junge Frau.
»Ich muss nicht hinsehen. Ich will nicht hinsehen!«
»Sie sehen nicht hin!«
Mit diesen Worten drückte sie ihm mit dem Handballen kräftig mitten auf seine knochige Brust. Er sackte auf die Steppdecke zurück und sah sich unvermittelt seiner Reflexion im Spiegel über dem Bett gegenüber. Fast fünf Sekunden lang starrte er sie wie gebannt an, als könnte er nicht glauben, was er sah.
»Das sind Sie, da oben! Das ist Mânios, der große Macker. Mânios, der gerne Frauen schlägt und Leuten, die ihn ärgern, die Kehle durchschneidet und kleine Kinder wie Sklaven behandelt. Sehen Sie sich an! Sie haben gesagt, Sie sehen wie ein Huhn aus! Nein, Sie sehen nicht wie ein Huhn aus! Sie sehen wie eine Spinne aus!«
Mânios Dumitrescu kniff die Augen zusammen. Nach einer Weile zischte er durch zusammengebissene Zähne: »War’s das? Bist du jetzt mit mir fertig? Was hast du jetzt vor? Fotos machen, ja, damit du sie allen mein Mädchen zeigen kannst? Na dann los. Mir egal. Du bist mir scheißegal und alle anderen sind mir auch scheißegal.«
Die junge Frau setzte sich neben ihm auf das Bett. »Genau darum bin ich hier, Mânios. Wenn sich jemand für niemanden außer sich selbst interessiert, ist er eine Gefahr für die Welt. Dann muss der Racheengel erscheinen.«
»Ach, und du bist der Racheengel, nicht wahr? Ha! Der erste Negri -Engel, den ich sehe!«
»Sie können denken, was immer Sie wollen, aber der Racheengel muss zu Leuten wie Ihnen kommen, um sie für ihre Sünden zu bestrafen. Und noch wichtiger ist, der Racheengel muss belegen, dass er Sie bestraft hat.«
»Eşti nebun! Eşti complet nebun! Du bist völlig irre!«
»Ganz im Gegenteil. Wenn man dabei erwischt wurde, dass man etwas Böses getan hat, und dafür bestraft wurde, ist es in den meisten afrikanischen Ländern notwendig, den Machthabern einen Beweis dafür vorzulegen, dass die Bestrafung erfolgt ist.«
»Welche Bestrafung?«
»Das hängt natürlich von der Art des Vergehens ab. Vielleicht hat man seine Quote in der Gummi-Plantage nicht erfüllt. Aber es konnte auch etwas Schlimmeres sein, wie der Diebstahl einer Ziege oder Sex mit der eigenen Tochter. Oder vielleicht etwas noch Schlimmeres, so wie das, was Sie getan haben. Sie haben ein paar Männer getötet, nicht wahr, Mânios?«
»Wovon redest du? Ich muss mir diesen Schwachsinn nicht anhören!«
Die junge Frau griff unter ihre Weste und holte eine kleine Eisensäge mit einem Sägeblatt von ungefähr 15 Zentimetern Länge heraus.
»Ihre Hand wird mein Beweis dafür sein, dass Sie bestraft wurden.«
Mânios Dumitrescu sah die Eisensäge an, dann gab er ein scharfes Bellen von sich, als hätte er versucht zu lachen, um seine Verachtung zum Ausdruck zu bringen, aber seine Kehle hatte sich zugeschnürt, bevor der Laut vollends raus war.
»Ist das dein Ernst? Du wirst mir die Hand abschneiden?«
»Nein, Mânios. Sie werden das tun.«
»Hab ich doch gesagt. Du bist irre! Wie kommst du darauf, dass ich mir mein Hand absäge?«
Die junge Frau zuckte kaum merklich mit den Schultern. »Die Wahl liegt ganz bei Ihnen.«
Sie hob die kleine, graue Pistole und richtete sie auf seinen Schritt. »Wenn Sie sich nicht die Hand absägen, schieße ich Ihnen zwischen die Beine und mache Sie zur Frau.«
»Du witzt. Das ist schlechter Witz, ja?«
»Ich finde, es ist ein sehr guter Witz, wenn man bedenkt, wie Sie Frauen Ihr ganzes Leben lang behandelt haben. Jetzt können Sie selbst erleben, wie das ist.«
»Du könntest mich töten, wenn du da schießt.«
»Ja. Aber das wäre schade. Was heißt ›Eunuch‹ auf Rumänisch?«
Mânios Dumitrescu versuchte sich aufzusetzen, aber die junge Frau drückte ihn wieder runter.
»Wenn du mich gehen lässt«, sagte er, »wirst du bis heute Nacht 100.000 Euro in bar haben. Versprochen.«
»Sie haben doch gesagt, Sie seien nicht reich.«
»Bin ich nicht, aber wenn ich brauch, kann ich Geld besorgen. Ich hab Freunde.«
»Ich habe es Ihnen doch gesagt. Ich bin nicht an Ihrem Geld interessiert.«
»150.000 Euro. 200.000!«
Die junge Frau stand auf und legte die Eisensäge behutsam neben seine rechte Hand auf die Steppdecke. »Sie sind doch Rechtshänder, oder?«
»250.000! Ich schwöre! Ich kann es dir bis Mitternacht besorgen, in bar! Eine Viertelmillion! Und danach kein Fragen!«
Die junge Frau nickte zu dem billigen, versilberten Reisewecker neben den Dildos auf dem Nachttisch. »Schauen Sie, es ist zwei vor drei. Um drei Uhr werde ich Sie erschießen.«
Nun atmete Mânios Dumitrescu tief durch. Er drehte sich zu ihr, zögerte einen Moment, dann warf er sich auf der anderen Seite vom Bett. Er fiel schwer auf den Teppich neben dem Bett, verfing sich aber in der Steppdecke und griff nach dem Nachttisch, um sich daran hochzuziehen. Der Wecker, die Lampe und die Dildos landeten auf dem Boden.
Er schaffte es aufzustehen, aber mit gefesselten Knöcheln konnte er nur in Richtung der Tür hüpfen und nach zwei ungeschickten Hopsern wurde ihm klar: Zu versuchen, auf diese Weise zu entkommen, war so sinnlos wie lächerlich und zudem schmerzhaft. Die Handschellen hatten ihm die Haut von den Knöcheln gerieben, sodass er nun blutete.
Unbeholfen rutschte er zum Bett zurück und setzte sich. Während seines ganzen Fluchtversuchs war die junge Frau unbeeindruckt geblieben, wo sie war, und hatte alles mit unnahbarer Miene beobachtet. Wie sie schon am Fuß von Summerhill gesagt hatte: Wäre es irgendjemand anderes als er, wäre es komisch.
»Ich glaube, Sie hatten jetzt Ihre zwei Minuten im Rampenlicht.« Sie kam um das Bett herum und drückte ihn wieder darauf, hob seine Beine auf die Steppdecke, dann trat sie einen Schritt zurück und zielte mit ihrer kleinen grauen Pistole auf seinen Schritt.
»Noch irgendwelche letzten Worte als Mann?«
Er schloss die Augen, dann schwoll sein Penis ein wenig an und eine kleine Urinfontäne ergoss sich auf ihn und das Bett. Es ging weiter und weiter, durchnässte die rosa Satinsteppdecke und lief über seine Oberschenkel. Die junge Frau wartete, bis er fertig war. »Ich wünschte, Ihre Mädchen und Kinder hätten das gesehen. Sie sind widerlich. Denen tun Sie die ganze Zeit weh und denken, sie verdienen es. Aber wenn man droht, Ihnen wehzutun, pissen Sie sich ein.«
Sie richtete die Waffe wieder auf ihn, er hob die Hände und flehte: »Nein. În numele Isus. Bitte.«
»Zu spät, Mânios. Die Zeit ist um!«
»Nein!«, schrie er. »Nein!«
Er riss die Knie hoch, machte sich klein. Gleichzeitig tastete er hektisch über das Bett und packte die Eisensäge. Steif hob er den linken Arm vor das Gesicht, als würde er auf die Uhr sehen, und dann zog er das Sägeblatt knapp oberhalb des Edelstahlarmbands seiner Rolex über sein Handgelenk. Mit dem Geräusch eines zerreißenden Taschentuchs rissen die winzigen Zähne durch seine Haut in sein Fleisch und sofort spritzte ihm Blut ins Gesicht.
»Ah-ah-ah-ah-ah-ah-ah«, ächzte er abgehackt.
»Nur weiter«, ermutigte ihn die junge Frau. »Jetzt haben Sie schon angefangen, da können Sie es auch zu Ende bringen. Vielleicht ist es leichter, wenn Sie sich aufsetzen und die Armbanduhr abnehmen.«
Mânios Dumitrescu glotzte sie mit hervortretenden Augen an, antwortete aber nicht, und als sie ihm half, die Beine vom Bett zu schwingen und sich aufrecht hinzusetzen, wehrte er sich nicht und genauso wenig versuchte er, nach ihr zu schlagen. Der Schock ließ ihn zittern und er widersprach nicht einmal, als sie ihm die Uhr vom blutverschmierten Handgelenk zog.
»Na los. Bis jetzt – sehen Sie – haben Sie sich kaum gekratzt.«
Draußen hatten sich die Wolken wohl vor die Sonne geschoben, da es im Zimmer immer schummriger wurde. Mânios Dumitrescu platzierte die Eisensäge auf dem Schnitt in seinem Handgelenk, schloss einen Sekundenbruchteil lang die Augen und zog die Säge dann durch.
Als er mit Sägen anfing, gab er ein ungewöhnlich schrilles Heulen von sich, wie ein Straßenköter, den man überfuhr. Allerdings schien er schon bald zu erkennen, dass er nicht tief genug schnitt. Nach fünfmal Hin und Her hatte er gerade mal den Knorpel erreicht, der seine Unterarmknochen mit seiner Hand verband. Keuchend setzte er ab, als würde er versuchen, mehr Kraft zu sammeln.
»Weitermachen«, befahl ihm die junge Frau. »Wenn Sie das nicht zu Ende bringen, werde ich Sie erschießen, das verspreche ich Ihnen.«
Mânios Dumitrescu antwortete nicht. Noch immer keuchend zerrte er den Nachttisch heran, um seinen Unterarm darauf abzulegen. Aus dem Schnitt floss Blut, aber er schaffte es, die Säge wieder anzusetzen. Er biss sich auf die Zungenspitze und sägte weiter. Dieses Mal zeigte er kein Erbarmen, mit brutalen, schnellen Bewegungen durchtrennte er Fleisch, Sehnen und Knorpel und zwang die Knochen auseinander.
Rinnsale aus Blut liefen wie eine aufblühende rote Blume über den Nachttisch und dann seine Beine runter. Auch von seinem Kinn tropfte Blut, da ihm sein schiefer Schneidezahn fast die Zungenspitze abgetrennt hatte. Der Schmerz reichte fast aus, ihm das Bewusstsein zu nehmen, aber er hatte schon oft im Leben Schmerzen überstanden. In seinen frühen Jahren im Stadtteil Ferentari in Bukarest, wo er Drogen verkauft hatte, hatte man ihn mit Baseballschlägern verprügelt, niedergestochen und einmal hatte man ihn mit Stacheldraht ausgepeitscht. Aber egal was man mit einem machte, man zeigte seinen Feinden nie, wie sehr sie einem wehtaten, ansonsten hätten sie gewonnen, sie hätten einen erniedrigt. Was einem durch den Schmerz half, war der Gedanke daran, dass man bald Gelegenheit haben würde, es ihnen heimzuzahlen, nur schlimmer. Das dachte er gerade. Ich werde mich an dieser schwarzen Frau rächen, und was ich mit ihr machen werde, wird Satan selbst blass werden lassen.
Mânios Dumitrescu sägte weiter, bis er auch das letzte Stückchen Haut durchtrennte, und mit jeder Bewegung der Säge rutschte seine blutige Hand hin und her. Dann, ganz unerwartet, fiel sie vom Nachttisch auf den Teppich.
Sein Gesicht war aschfahl, abgesehen von dem roten Bart aus Blut, da er sich die Zungenspitze abgebissen hatte. Der Schock ließ ihn noch heftiger zittern – seine Haut schien fast Wellen zu schlagen. Dennoch schaffte er es, den linken Arm zu heben und der jungen Frau den Stumpf zu zeigen. Er hatte die beiden Hauptadern seines Handgelenks durchtrennt, aber weil sich die Gefäße zusammengezogen hatten, tropften sie im Moment nur wie ein Gartenschlauch mit einem kaputten Dichtungsring.
»Da!«, krächzte er, musste dann aber Blut husten, bevor er weitersprechen konnte. »Und du hast gedacht, ich hätte nicht die Eier, das zu machen! Futuţi crucea matii! «
»Ich muss Ihnen den Arm abbinden«, sagte die junge Frau leise. Hinter der Schlafzimmertür hing ein goldfarbener japanischer Hausmantel, von dem sie den Gürtel abzog. »Sonst verbluten Sie.«
»Was juckt dich das?« Er nickte zu seiner abgetrennten Hand auf dem Teppich. »Da! Das ist dein Beweis, dass du mich bestraft hast! Das hast du gewollt! Jetzt geh! Verschwinde aus mein Leben.«
»Legen Sie sich hin.«
Zuerst versuchte sich Mânios Dumitrescu zu widersetzen, aber der Schock saß zu tief und er war zu geschwächt. Er ließ sich flach auf die Steppdecke drücken, dann wickelte sie den goldfarbenen Gürtel immer fester um seinen Stumpf, bis die Blutung aufhörte.
»Drücken Sie mit dem Daumen da drauf und lassen Sie ihn dort«, wies sie ihn an. Sie ging in das winzige Badezimmer und kam mit einer Zahnbürste zurück, die sie in den Gürtel schob und dann wie den Schlüssel eines alten Weckers drehte.
Mânios Dumitrescu hob ihn, betrachtete den Stumpf. »Soll ich dir dafür auch noch dankbar sein?«
»Warten Sie, bis ich mit Ihnen fertig bin, bevor Sie darüber nachdenken, mir zu danken.«
»Mit mir fertig? « Zum ersten Mal diesen Nachmittag lag echte Furcht in seiner Stimme.
Die junge Frau ging um das Bett herum und benutzte eine zusammengelegte Ausgabe des Echo vom Vortag, um seine abgetrennte Hand aufzuheben. »Ja, gut. Diese Hand beweist, dass Sie bestraft wurden. Aber … wir brauchen zwei Beweise. Einen für Gott, den anderen für die Polizei.«
»Was?«, fragte er undeutlich. Für ein paar Sekunden verdrehte er die Augen und verlor das Bewusstsein. Die junge Frau legte seine abgetrennte Hand auf den Schminktisch und wartete geduldig darauf, dass er wieder zu sich kam. Als es so weit war, ungefähr drei oder vier Minuten später, sah er sie an, als wüsste er nicht, wer sie war. Dann hob er seinen blutigen Stumpf mit dem Zahnbürstendruckverband und sah sie entsetzt an.
Erst keuchte er nur, aber sie konnte ihm ansehen, was er dachte. O Gott, lass das nicht wahr sein. O Gott, bitte, lass das nicht zu. Mit der Rechten schaffte er es, sich zu bekreuzigen, und kurz darauf hörte sie ihn flüstern: »Oh Isus vă rog să mă salveţi.«
Sie ging ans Bett, sah auf ihn hinab. »Ich brauche noch einen Beweis für Ihre Bestrafung. Aber den können Sie mir nicht selbst geben. Ich muss ihn mir nehmen.«
Er ließ den Kopf zurück auf die Steppdecke sinken und sah sie benommen an.
»Ich verspreche Ihnen, nachdem ich fertig bin, gewähre ich Ihnen Frieden.«
Er schwieg nach wie vor. Sie war sich nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt hören konnte.
»Ich werde jetzt Ihre andere Hand abtrennen. Verstehen Sie mich? Es heißt, der Teufel findet immer Hände, die sein Werk verrichten. Aber wenn Sie keine Hände haben, Mânios, können Sie auch kein Unheil mehr anrichten, oder?«
Plötzlich wurde es wieder hell im Schlafzimmer. Mânios Dumitrescu schloss halb die Augen, versuchte sich einzureden, er wäre gestorben und im Himmel. Das Problem war nur, er konnte sich nicht vorstellen, dass der Himmel so roch, nach Blut, Urin und Estée-Lauder-Parfüm. Oder dass es im Himmel solche Schmerzen gab.
»Alo, salut, sunt eu, un haiduc …«, flüsterte er aus dem Lied Dragostea din tei . Hallo, ich bin’s, ein Gesetzloser …