„Nichts trägt in gleichem Maß wie der Traum dazu bei, die Zukunft zu gestalten.” – Victor Hugo, Les Misérables
DIE TÜR schloss sich mit einem leisen Klicken, das in meinem Kopf widerhallte, als hätte man sie zugeschlagen. Ich lauschte den fröhlichen Stimmen an dem alten Holztisch und schaffte es sogar fast, zu lächeln, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass es keine gute Idee war. Ich musste meinen Instinkten vertrauen. Das war besser, als einfach zu nicken und mich der Mehrheit anzuschließen, weil das einfacher war, als darüber zu streiten, ob sie einen Fehler machten. Aber ich blieb still.
Für ungefähr zehn Sekunden.
„Das wird nicht funktionieren.”
Tim blickte zu der verfärbten, rissigen Zimmerdecke, bevor er die Stirn auf den Tisch schlug, um seine Meinung zu verdeutlichen, und sich ungläubig zu mir drehte. Ich wollte lachen, denn Tim war so leicht aus der Fassung zu bringen. Sein Gesichtsausdruck und seine überzogenen, Slapstick-artigen Reaktionen waren zu komisch. Er war davon überzeugt, dass ich nur dafür lebte, ihn zu quälen. Das tat ich auch. Meistens. Aber dieses Mal wollte ich nicht nörgeln oder jemanden ärgern. Ich wurde bloß das Gefühl nicht los, dass es nicht passte.
„Bitte sag mir, dass das ein Witz sein soll”, bettelte er, während er sich frustriert mit den Fingern durchs Haar fuhr. Er stützte seinen Kopf auf der Handfläche ab und blickte mich flehend von der Seite an.
„Nein. Ich–”
„Rand, du bist verrückt! Das war der fünfte Gitarrist, der vorgespielt hat. Er war bei Weitem der beste. Das weißt du auch! Er hat sehr gut zu uns gepasst. Hör dir die Aufnahme noch einmal an. Hör dir–”
Ich stand abrupt auf, dabei stieß ich aus Versehen meinen Stuhl um. Ich fühlte mich in die Ecke gedrängt wie ein gefangenes Tier. Der Raum war zu klein, zu voll, und ich würde gleich die Fassung verlieren. Hab Vertrauen in dich, dachte ich, bevor ich mich zu den beiden Männern umdrehte, die mich besorgt und ängstlich zugleich anschauten. Meine Bandkollegen, meine Kameraden. Ich konnte sie nicht im Stich lassen, indem ich meine Zustimmung gab, um den Frieden zu erhalten. Ich musste meinem Bauchgefühl vertrauen.
„Terry ist gut. Aber das war’s auch schon. Er ist nicht überdurchschnittlich gut. Er ist nichts Besonderes. Ich glaube nicht, dass er der Richtige ist.”
Cory seufzte schwer, aber er schaffte es, ein wenig ruhiger zu bleiben als Tim, der jetzt den Tisch anfunkelte. „Rand, wir brauchen einen Gitarristen. Wir haben schon das Studio gebucht und sei mir nicht böse, aber du spielst nicht gut genug. Du bist unser Frontmann mit der Wahnsinnsstimme und sexy Bewegungen, bei denen die Mädels feucht und die Kerle hart werden. Das ist deine Stärke. Du kannst hin und wieder die Rhythmusgitarre spielen, aber wir brauchen jemanden, der sich ganz auf die Leadgitarre konzentrieren kann. Das schaffst du nicht auch noch. Wir haben alle unsere Rollen. Ich spiele Bass, Tim das Schlagzeug und du singst. Und schreibst Lieder. Und buchst Konzerte. Das ist zu viel für einen allein. Du musst anfangen zu delegieren.”
„Delegieren?”
„Ja. Du willst zu viel, und im Moment schaffst du gar nichts.”
Cory hatte recht. Ich hatte mir mehr aufgehalst, als ich schaffen konnte. Nach New York zu ziehen, war ein großer Schritt gewesen. Aber wir waren das Risiko eingegangen, weil wir mit unserer Band Spiral den Durchbruch schaffen wollten. Cory, Tim und ich hatten uns den Arsch aufgerissen, um es so weit zu schaffen. In Baltimore hatten wir eine kleine, aber loyale Fangemeinde, doch in New York waren wir unbekannt. Wir fingen von Null an. Das konnte die Chance unseres Lebens werden, aber es würde großen Einsatz erfordern, sie zu nutzen. Es war der richtige Zeitpunkt. Es war der richtige Ort. Wenn wir es in dieser Stadt schaffen konnten, dann würden wir es überall schaffen.
Aber unser Mangel an festen, verlässlichen Gitarristen war ein Problem, ein Großes. Unser Bisheriger war zum dritten Mal auf Entzug, und unser Ersatzgitarrist, mein bester Freund Seth, war nur bereit, gelegentlich auszuhelfen. Er lebte jetzt mit seinem Freund in DC zusammen und hatte erklärt, dass er nie im Leben wegen mir in den Big Apple ziehen würde. Ich war auf mich allein gestellt. Auch wenn Tim und Cory hart arbeiteten, um den großen Traum vom Rock‚’n’ Roll zu leben, gehörte Spiral letzten Endes mir. Meine Band, meine Texte und meine Vision. Sie verließen sich darauf, dass ich sagte, wo es lang ging, und ich wusste zum ersten Mal seit Langem nicht, war ich tun sollte. Ich schwankte zwischen dem, was meine Instinkte mir rieten, und dem, was nötig war, um voranzukommen.
„Also, wir haben Terry gesagt, dass er die Stelle hat, und dabei bleibt es vorerst auch”, sagte ich seufzend. „Ich mache mir nur Sorgen, dass er nicht den nötigen Willen besitzt. Er wirkt wie jemand, der seine Jugend so lange wie möglich ausleben will. Er nimmt Töpferkurse, arbeitet tagsüber bei Starbuck’s und raucht in seiner Freizeit zu viel Gras. Das klingt nicht wie jemand, der–”
„Willst du mich verarschen? Tim stieß seinen Stuhl zurück. „Du arbeitest selbst in einem verdammten Bagel Shop. Willst du einen Absolventen der NYU mit einem Abschluss in Musikwissenschaften?”
Ich schnaubte, denn Tim und Cory gingen mit ihren kurz geschnittenen Haaren und ihrem adretten Äußeren beide als Collegestudenten durch. Ihre spießigen Pullover verdeckten zahlreiche Tattoos, aber das lag an dem kühlen Januar-Wetter. Es war kein modisches Statement. Durch meine längeren Haare wirkte ich wie einen Außenseiter. Aber wie sie war ich in einen dicken, schwarzen Pullover gekleidet und trug sogar eine Wollmütze. Seit einer Woche war die Temperatur nicht über minus sechs Grad gestiegen. Ich konnte mich nicht erinnern, wann mir zum letzten Mal warm gewesen war.
„Der Bagel Shop ist nur eine Übergangslösung. So komme ich nicht in Schwierigkeiten. Wenn du mir deswegen blöd kommst, vergesse ich morgen einfach deinen Bagel mit Haferkleie und Jalapeño-Frischkäse, Arschloch.” Ich wartete ab bis er mir wie erwartet den Mittelfinger gezeigt hatte, bevor ich weitersprach. „Ein Abschluss ist nicht nötig, aber ich will jemanden, dem es Ernst ist. Ich will keine Drogen, keine andauernden Partys oder Leute, die nur auf den Kick aus sind. Ich will, dass es etwas bedeutet. Ich will, dass es echt ist. Ich muss mich darauf verlassen können, dass wir alle dasselbe wollen. Bei euch beiden bin ich mir sicher, aber ...”
„Hey, das verstehe ich, aber wir müssen dranbleiben.” Tim verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir verschwenden unsere Zeit. Es ist nicht billig, einen Proberaum zu mieten.”
„Nichts in dieser Stadt ist billig”, brummte Cory.
„Deshalb die Arbeit im Bagel Shop.” Ich rieb frustriert über mein stoppeliges Kinn. Niemand hatte gesagt, der Weg zum Erfolg wäre leicht, aber es wäre schön, den verdammten Weg wenigstens schon im Blick zu haben. „Okay. Morgen fangen wir an, mit Terry zu proben, übermorgen gehen wir den Vertrag mit dem neuen Manager durch und irgendwann dazwischen werde ich mich um Gitarrenunterricht kümmern.”
Ich ignorierte, wie sie die Augen verdrehten, und griff nach meinem Mantel.
„Das ist eigentlich keine schlechte Idee. Das hält dich davon ab, zu viel nachzudenken”, ätzte Cory.
„Warum fragst du nicht den Typen, der uns Terry empfohlen hat? Der Collegestudent. Wie war sein Name noch mal?” Tim schlang sich seinen rot-schwarzen Schal um den Hals und zog Handschuhe aus seiner Manteltasche.
„Äh ... William Sanders”, antwortete Cory. „Die Frau, die wir in der Bar an der Delancey kennengelernt haben, hat ihn empfohlen. Sie hat gesagt, William wäre ein Genie. Dummerweise ist er nicht daran interessiert, in einer Band zu spielen. Er arbeitet an seinem Abschluss. Terry hat letztes Jahr den Abschluss gemacht, glaube ich. Oder er hat das College verlassen. Jedenfalls ist er mit den beiden zur Uni gegangen. Erinnert ihr euch an Holly? Die scharfe Braut mit den riesigen–”
„Wir verlassen uns also auf das Wort eines hübschen Mädchens mit großen Titten, um unseren persönlichen Eric Clapton zu finden? Kein Wunder, dass ich skeptisch bin.” Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
„Hast du eine bessere Idee? Du warst mit keinem der anderen Gitarristen zufrieden. Zumindest hast du Terry nicht gehasst. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung”, stellte Cory fest und öffnete die Tür des Studios mit einem Grinsen im Gesicht. „Übrigens, ich sagte scharf ... nicht hübsch. Ich werde mit ihr ausgehen.”
„Gut gemacht, Romeo.” Ich kniff ihm fest in die Wange und lachte, als er gegen meinen Arm boxte.
„Ist ja schon gut. Also haltet euch vom Appartement fern, für den Fall, dass ... ihr wisst schon.” Corys Gesicht wurde leuchtend rot, während er durch den engen Flur zum Aufzug ging.
Tim und ich pfiffen ihm hinterher. „Nein, wissen wir nicht. Raus damit. Hoffst du, dass sie dich ran lässt?”
„Leck mich.” Er schlug auf den Knopf und holte dann sein Handy hervor, um eine Nachricht zu schreiben.
„Ach, sei nicht sauer. Wir werden brave Mitbewohner sein, stimmt’s, Timmy? Wir gehen in eine nette Bar, während du deine Freundin unterhältst. Vielleicht kannst du den Gefallen dann erwidern.”
„Vielen Dank auch. Ich habe dir gerade Williams Telefonnummer geschickt. Ich hatte sie noch gespeichert. Ruf ihn an. Vielleicht kann er dir beibringen, die Akkorde zu wechseln, ohne deine Finger dabei zu verknoten ... dann würde ich ihm sogar einen blasen. Und wenn er schwul, sexy und ungebunden ist, umso besser.”
„Für wen?” Ich verdrehte die Augen. „Ich habe euch doch gesagt, dass ich jetzt nach anderen Regeln spiele. Ich bin nicht auf der Suche nach einem Mann. Und genauso wenig nach einer Frau.”
„Naja, es würde nicht schaden, wenn du etwas oder jemanden finden würdest, der dich davon ablenkt, dass New York City dich nicht sofort in die Arme geschlossen und für dich die Beine breitgemacht hat, als es von Rand O’Malleys Ankunft erfahren hat.”
Ich schlug ihm auf den Hinterkopf, als er in den leeren Aufzug stieg. Cory war eine Nervensäge, aber er hatte recht. Ich musste mich stets mit etwas beschäftigen und produktiv sein. Meine Teilzeitstelle bei Bowery Bagels war bestenfalls einschläfernd und ich konnte auch nicht den ganzen Tag mit Komponieren und Üben verbringen. Gitarrenstunden wären eine gute Ablenkung. Davon gab es in New York City zwar genug, aber ich musste konzentriert bleiben. Und falls es mit Terry nicht klappte, lernte ich vielleicht genug, um Spiral von einem Quartett in ein Trio zu verwandeln, damit die ewige Suche nach einem Gitarristen ein Ende hatte.
MIT DENSELBEN Leuten zusammenzuwohnen und zu arbeiten, war eine Herausforderung. Wir waren in einer winzigen Zweizimmerwohnung mit nur einem Badezimmer im Lower East Village zusammengepfercht. Sie lag im vierten Stock, hatte niedrige Decken, papierdünne Wände und war im Januar ein verdammter Eisschrank. Ich schlüpfte in meine dicken Lederhandschuhe, zog den Reißverschluss meines Mantels bis ganz nach oben, packte meinen Gitarrenkoffer und öffnete die Tür der Lobby. Ich bereitete mich auf die Kälte vor und senkte den Kopf, um den kalten Wind abzuhalten, während ich überlegte, ob ich ein Taxi oder die U-Bahn zur New York University nahm. Zu dieser Tageszeit war es eine Entscheidung zwischen Geld oder Pünktlichkeit.
Ich entschied mich für ein Taxi. Ich war bereits spät dran und meine Eier waren schon geschrumpft, auch wenn ich nur einen halben Block gegangen war. So fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Normalerweise versuchte ich immer, Geld zu sparen und das Ambiente der Stadt in mich aufzunehmen. Die beste Möglichkeit dazu war, die Menschen in New York City zu beobachten, am Besten zu Fuß. Jede Gegend, jede Straße war anderes und brummte vor Leben. Manchmal war es unglaublich hip, manchmal einfach nur unglaublich tragisch, aber niemals langweilig. Die Energie der Stadt war belebend und hypnotisierend. Man konnte glauben, dass man tatsächlich die Chance hatte, jemand Besonderes zu sein. Jemand Außergewöhnliches.
Vielleicht war es Einbildung, aber ich war überzeugt, dass ich es fühlen konnte. Einen Puls, einen Takt, ein schnelleres Tempo. Etwas brachte mich dazu weiterzumachen, es weiter zu versuchen. Ich hatte einen Traum und wusste, dass er hier seinen Anfang nehmen würde.
„Steigen Sie jetzt aus?”
Oh. Richtig. Ich reichte dem mürrisch dreinblickenden Taxifahrer sein Geld, ohne ihn direkt anzusehen. Es war erstaunlich, wie gesichtslos die Menschen in großen Städten wurden. Taxifahrer, Kellner ... der Typ hinter dem Tresen im Bagel Shop an der Ecke. In Manhattan war man pausenlos auf dem Weg von Punkt A zu Punkt B, außer man war ein Tourist oder ein Künstler, der hoffte, etwas damit zu verdienen, diese außergewöhnliche Stadt auf die Leinwand zu bannen. Für diejenigen, die hier lebten, waren Details eine Ablenkung. Ich war zwar erst seit zwei Monaten hier, aber ich hoffte, nie so abzustumpfen, dass ich nicht mehr bemerkte, wie toll dieser Ort war.
Ich blickte zu dem Triumphbogen im Washington Square Park auf der anderen Straßenseite. Schnee bedeckte den Boden und die Bänke an den Wegen bei dem runden Brunnen. Ein paar Touristen machten Selfies unter dem Bogen, aber davon abgesehen war der Park leer und doch einladend. Ein Windstoß brachte mich von dem Gedanken ab und ich seufzte erleichtert, als ich die wunderbar warme Lobby des Performing Arts Centers betrat.
Das Center war ein atemberaubendes, zeitgenössisches Meisterwerk mit sanften Linien aus Glas und Kalkstein. Ich stellte meinen Gitarrenkoffer ab und schaute mich um, während ich auf William, meinen Gitarrenhelden, wartete. Ein paar Studenten waren da, aber keiner passte auf seine Beschreibung. Groß, dünn, braune Haare mit Brille in einem karierten Hemd. Hmpf. Ich zog die Handschuhe aus und stopfte sie in meine Taschen, dann holte ich mein Handy hervor, um nachzusehen, ob ich eine Nachricht bekommen hatte.
„Ähm, hi. Bist du Rand?”
Ich beäugte den schüchtern wirkenden Mann, der ein paar Meter von mir entfernt stand. Seine verkrampfte Haltung ließ ihn groß erscheinen, aber als ich näherkam, sah ich, dass er in etwa meine Größe von einem Meter achtundachtzig hatte. Er sah in seinem Designerhemd und den khakifarbenen Hosen sehr adrett aus. Die Brille war eine sexy Ergänzung. Er hatte ein nettes Gesicht. Nicht superheiß, aber ... attraktiv. Irgendwie. Ich bemerkte, dass er mich von oben bis unten anschaute und fragte mich, ob er bereute, zugestimmt zu haben, mir beim Gitarrenspielen zu helfen. Der Gedanke brachte mich zum Lächeln. Oberflächlich betrachtet war unsere Größe, und dass wir beide recht schlank waren, das Einzige, was wir gemeinsam hatten. Äußerlich hätten wir kaum unterschiedlicher sein können. Ich hatte dunkelbraunes Haar, das den Kragen meines Sweatshirts streifte, braune Augen und mehr Tattoos an den Armen, der Brust und dem Rücken, als er sich vermutlich vorstellen konnte. Und das einzige Markenkleidungsstück, das ich trug, war meine Jeans von Levi’s. Oh, und meine Unterwäsche.
„Ja. Hey.”
„Ich – ich bin William. Mein Unterricht ist zu Ende und naja ... ich habe gefragt, ob wir einen der kleineren Räume zum Üben benutzen dürfen. Ich – es geht hier entlang.” Er schüttelte kurz meine Hand und machte sich auf den Weg zu den Aufzügen, bevor ich antworten konnte.
Der Typ war wahnsinnig nervös. Seine Hände schwitzten und seine Stimme zitterte vor Aufregung. Ich starrte ihm einen Moment lang hinterher, dann wischte ich die Hand an meiner Jeans ab und seufzte, während ich meinen Gitarrenkoffer nahm und ihm folgte. Egal. Wenn das hier nicht funktionierte, dann würde ich wenigstens eine Stunde lang nicht frieren.
Drei Studenten, die Jacken und Rucksäcke trugen, drängten sich zu uns in den Aufzug. Sie waren in ein heiteres Gespräch über einen Lehrer vertieft. Während wir eintraten, klimperte mich ein Mädchen mit den Augen an und wurde rot, als ich zurücklächelte. Sie ist hübsch, dachte ich, während ich meinen Gitarrenkoffer abstellte. Zu jung für mich, aber es sprach nichts gegen einen kleinen Flirt.
„Wir sind da.” William tippte mich am Arm an, als sich die Aufzugtüren öffneten, und trat zur Seite, damit ich zuerst aussteigen konnte. Er war wirklich höflich. Oder verkrampft. Ich winkte dem Mädchen mit den geröteten Wangen zu, während ich wartete, dass er mir den Weg zeigte. Missbilligung zuckte über sein Gesicht. Der Ausdruck war sofort wieder verschwunden, doch ich fragte mich, was ihn gestört hatte. Ich im Allgemeinen oder mein Flirten? Dennoch war ich fasziniert. Ich konnte nicht anders. Ich war ein Mensch, dem es einen Kick verschaffte, wenn er anderen auf die Nerven gehen konnte. Ich wusste überhaupt nichts über William, aber plötzlich war meine Neugier geweckt. Wenn ich doch nur wüsste, was ihn aus der Fassung bringen würde.
Er ging vor mir her, dann blieb er in der Mitte eines breiten Ganges stehen und öffnete die Tür zu einem kleinen Klassenzimmer. Ich zog meinen Mantel aus und stellte meine Gitarre auf einem quadratischen Tisch an der gegenüberliegenden Wand ab. Zehn Stühle standen in einem Halbkreis vor einem Podium im vorderen Teil des Raumes, neben einem kleinen Fenster stand ein Klavier. Ein paar Poster, die Musikveranstaltungen an der Universität ankündigten, waren die einzige Dekoration an den Wänden. Ich bemerkte zwei Gitarren, die neben dem Podium aufgestellt waren. Eine elektrische Gitarre und eine Rhythmusgitarre. Beide waren teuer und wunderchön. Es waren keine Instrumente, die ich bei einem Collegestudenten erwartet hätte. Es sei denn, Mami oder Daddy hatten sie gekauft, dachte ich bissig. Ich hatte vergessen, dass NYU kein normales College war. Es kostete viel Geld, hier zu studieren.
Ja, dieses Baby war ganz bestimmt von Daddy bezahlt worden. Mist! Ich begann praktisch zu sabbern, als er die schwarze Fender Stratocaster berührte. Seth hatte eine in leuchtendem Rot. Diese hier war genauso spektakulär. Glänzend, elegant und wunderschön.
„Also ... ähm. Ich weiß nicht genau, was du erwartest. Ich gehe davon aus, dass du schon ein wenig spielen kannst.”
Ich holte meine Gitarre aus ihrem Koffer und legte mir den Gurt um die Schultern. „Ja. Ich spiele, seit ich vierzehn bin. Mein Problem ist, dass ich die Akkorde nicht schnell genug wechseln kann. Das kann ich kaschieren, wenn ich nur die Rhythmusgitarre spiele, aber ich will die Leadgitarre spielen.”
„Du spielst in einer Band, oder? Habt ihr nicht Terry engagiert?”, fragte er, während er die Rhythmusgitarre zur Hand nahm.
„Ja.” Ich hatte versucht, neutral zu klingen, aber er musste die Kühle in meiner Stimme bemerkt haben.
„Klappt es nicht mit ihm?”
„Er ist in Ordnung. Ist er ein Freund von dir?”
„Nein. Ich ... Ich meine, ich kenne ihn. Letztes Jahr hatten wir einen Kurs zusammen. Er steht auf Rockmusik. Neulich habe ich ihn im Coffee Shop getroffen, da hat er erwähnt, dass er gerne öfter spielen würde. Ich bin nicht daran interessiert, in einer Band zu spielen.”
„Hmm. Woran bist du dann interessiert?”
Er lächelte Matt. „Musik zu schreiben, zu spielen.”
„Genau wie ich.”
„Cool.”
„Hey, bevor wir anfangen ... Ich hätte noch ein paar Fragen.”
William setzte sich auf einen Plastikstuhl am Ende des Halbkreises und neigte erwartungsvoll den Kopf. Ich setzte mich zu ihm, aber ich ließ einen Platz zwischen uns frei. Es war unangenehm, mich zu ihm umdrehen zu müssen, also drehte ich den Stuhl herum, sodass ich ihm gegenübersaß. Als ich mich hinsetzte, stellte ich fest, dass ich unseren Abstand falsch eingeschätzt hatte. Wir saßen so dicht beieinander, dass sich unsere Knie berührten. Ich rutschte ein wenig zurück, dennoch bemerkte ich die leichte Röte auf seinen Wangen. Ich wünschte, ich würde ihn besser kennen, damit ich ihn damit aufziehen konnte. Er wirkte so adrett und geziert, dass ich ihn aus der Fassung bringen wollte. Aber er schien auch schüchtern und verletzlich zu sein. Ich musste den Drang unterdrücken, vor ihm das Alphamännchen zu spielen. Das wirkte Wunder, wenn ich auf der Bühne stand oder in der Stadt unterwegs war, wo man untergebuttert wurde, wenn man es zuließ. Das würde mir nie passieren, aber bei William war ich mir nicht so sicher.
Er schob die Brille hoch und biss sich auf die Unterlippe, während er mit den Fingern über die Saiten seiner Gitarre strich. Ich wusste, dass er nervös war. Mein Gedanke von eben, dass ich ihn aus der Fassung bringen wollte, löste sich in Luft auf. Es wäre zu einfach. Und nicht sehr hilfreich.
„Er behielt den Kopf gesenkt, als er antwortete: „Sicher. Frag nur.”
„Wie alt bist du? Du scheinst jünger zu sein als ich. Das ist nicht böse gemeint, aber wie viel Erfahrung hast du?”
Seine braunen Augen glitzerten amüsiert, als er zu mir aufblickte. Sein Blick war jungenhaft und unschuldig. Er war irgendwie süß. Verklemmt, aber süß.
„Ich bin zweiundzwanzig. Ich spiele, seit ich sechs bin. Angeblich bin ich recht gut.” Er lächelte, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem Stimmen seines Instrumentes zuwandte. Ich wollte wetten, dass die Gitarre schon perfekt gestimmt war, aber er wollte seine Hände beschäftigen. „Es ist kein Problem, wenn ich nicht bin, wonach du suchst. Ich studiere Musik. Im Mai mache ich meinen Abschuss, aber ich hoffe, dass ich im Herbst in das Master-Programm mit Schwerpunkt Musicalkomposition aufgenommen werde.”
„Cool. Gibst du oft Unterricht?”
„Nur gelegentlich. Ich bin ziemlich beschäftigt, aber im Moment passt es bei mir ganz gut und” er hob verlegen die Schultern, „ich kann das Geld gut gebrauchen. Ich bin ein ewiger Student.”
„Und ich bin ewig pleite. Wenn das mit uns funktioniert, kann ich wahrscheinlich nur einmal die Woche herkommen.”
„Das ist in Ordnung.”
„Spielst du auch andere Instrumente?”
„Ja, ein paar. Die meiste Zeit verbringe ich eigentlich am Klavier”, sagte William und wies mit dem Kopf auf das Klavier in der Ecke, „statt mit der Gitarre. Aber sie ist meine erste Liebe.”
Er strich mit den Fingern über die Saiten und entlockte ihnen eine wunderschöne Melodie, die in dem kleinen Raum widerhallte. Er lächelte schüchtern und ich erkannte, dass er immer selbstsicherer wurde, als wäre die Gitarre ein Schutzschild mit einer geheimen magischen Zutat, wenn er auf ihr spielte. Interessant.
Ich wollte einstimmen und ihm zeigen, dass ich nicht total ahnungslos war, aber ich erkannte das Lied nicht.
„Was spielst du da?”
„Das habe ich geschrieben. Also ... ähm. Schließ deine Gitarre an den Verstärker an. Vielleicht sollten wir mit einem Lied beginnen, das wir beide kennen. Ich beobachte deine Finger und schaue, ob ich dir schon ein paar Tipps geben kann, aber um ehrlich zu sein, wenn du schon länger spielst, weißt du wahrscheinlich, dass nur Übung den Meister macht. Jede Menge Übung. Hattest du schon einmal Unterricht?”
„Kurzzeitig, aber das Meiste habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe ein gutes Gehör und kann schnell umsetzten, was ich gehört habe, aber ich habe mich nie auf die Leadgitarre konzentriert. Es gab immer jemanden, der besser war als ich, also habe ich mir deswegen keine Gedanken gemacht. Aber jetzt – ich will unbedingt den Durchbruch schaffen. Ich will nicht in den nächsten zehn Jahren in schmierigen Bars spielen und mich eines Tages fragen, warum ich immer Schwierigkeiten habe, die Miete zu bezahlen. Ich will, dass es funktioniert. Vielleicht stellt Terry sich letzten Endes als perfekt heraus, aber ich habe gelernt, dass man sich auf niemanden verlassen kann, wenn man etwas wirklich will.”
„Das ist wahr. In welche Stilrichtung geht deine Band?”
„Rock ’n’ Roll mit einem deutlichen Blues-Einschlag.” Ich grinste, während ich „Sympathy for the Devil” von den Rolling Stones anstimmte.
Meine Stimme war rauer als die von Mick Jagger, doch das gefiel mir. Ich mochte Micks gefühlvolle Gesangsstimme, aber ich wollte niemanden imitieren. Wenn man wollte, dass man bei den Leuten in Erinnerung blieb, musste man seinen eigenen Stil haben. Als ich zu dem Gitarrensolo kam, wusste ich, dass William und jeder andere, der ein einigermaßen gutes Gehör hatte, zusammenzucken würde. Ich arbeitete mich hindurch, so gut ich konnte, aber dann hörte ich auf und hielt meinem neuen Lehrer die Hand hin.
„Es freut mich, dich kennenzulernen, Will. Kannst du meinen Namen erraten?”
Er starrte mit offenem Mund auf meine Hand, bevor er begann zu stottern, auf seinem Stuhl herumzurutschen wie ein Kind und überall hinzusehen, außer zu mir.
„Was ist los? Willst du meine Hand nicht schütteln?”
Er schluckte hörbar, dann biss er sich wieder auf die Lippe. „Ich – ähm ... mein Name ist William.”
Ich kicherte und legte meine Hand wieder auf die Saiten, denn ich war sicher, dass er sie nicht schütteln würde.
„Und? Konntest du das Problem hören?”
Er nickte. „Ja. Du bist zu ungeduldig.”
Ich warf den Kopf zurück und lachte. „Das, mein Freund, ist die Untertreibung des Jahres.”
William reichte mir die Akustikgitarre mit einem vorsichtigen Lächeln. „Lass uns tauschen, dann fangen wir noch mal von vorne an.”
„Kennst du dieses Lied oder sollen wir ein anderes versuchen?”
„Ich kenne es gut.”
Vielleicht lag es an seinem zuversichtlichen Tonfall, oder dass er meine E-Gitarre behandelte wie eine Hebamme, die einer jungen Mutter zeigte, wie sie ihr Neugeborenes halten muss ... aber der komische Typ mit der Brille wurde plötzlich zu einem wahren Meister. Ich nahm seine Gitarre mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Lass sehen, was du drauf hast, Will”, forderte ich.
Ich begann in der Mitte des Liedes und gab meine beste Akustikversion des Klassikers der Rolling Stones inklusive Gesang zum Besten. Es war eines meiner Lieblingslieder. Ich verlor mich in der Musik, während ich von Reichtum und Geschmack sang, nur um von Williams außergewöhnlichem Gitarrensolo wieder auf den Boden der Tatsachen geholt zu werden. Einen Moment lang war ich vollkommen erstaunt, bevor ich mich wieder einklinken konnte.
Ich war so aufgekratzt, dass ich nicht still sitzen konnte. Ich sprang auf und gab alles. Ich hob die Akustikgitarre hoch, als hätte sie magische Kräfte, wo die eigentliche Magie doch von dem dünnen Kerl mit Karohemd und Brille ausging, der sich still zu den komplizierten Noten hin und her wiegte. Als das Lied zu Ende war, jubelte ich laut und hielt ihm die Hand zum Abklatschen hin.
„Will, mach schon mit. Das war der Hammer! Du bist Wahnsinn!”
Will setzte sich in seinem Stuhl auf. Ich konnte sehen, wie sich sein Blick klärte, als wäre er so in der Musik gefangen gewesen, dass er einen Moment brauchte, um wieder sprechen zu können. Als der Moment vorbei war, lächelte er. Es war ein Lächeln so strahlend wie die Sonne, das mich zum Blinzeln brachte. Ja ... seltsam, aber süß. Vielleicht sogar heiß. Und ich schwöre, dass meine Jeans enger wurden, als er zögernd seine Hand zu meiner hob. Nicht gut.
„Danke. Ich bin ein großer Stones-Fan.”
„Ich auch.”
„Das habe ich gemerkt. Du bist wirklich ... hingebungsvoll. Bist du auf der Bühne auch so?”
„Ja, ich verliere mich in der Musik. Genau wie du eben. Das war toll.” Als er begann zu stottern, hob ich meine Hand und deutete auf die Gitarre. „Also ... was mache ich falsch?”
„Du machst überhaupt nichts falsch. Wie ich sagte, du bist zu ungeduldig. Ich kann dir ein paar Tipps geben, aber deine Technik ist in Ordnung. Das einzige, was etwas bringen würde, ist–”
„Übung. Ich weiß.” Ich seufzte dramatisch und grinste. „Kümmerst du dich um mich? Oder bin ich zu viel für dich?”
Stille. Ich neigte den Kopf und wartete auf seine Antwort, während die Luft sich mit Energie füllte, die ich erkannte, aber die mich gleichzeitig verwirrte. Dieser Kerl war nicht mein Typ. Überhaupt nicht. Wie konnte ich da steif werden? Es musste an der Musik liegen.
„Sicher. Ich kümmere mich um dich.” Wills Stimme war tief und leise. Er klang nach Sex. Zweifellos war das nicht beabsichtigt, aber etwas an dieser schüchternen Antwort ließ mich aufhorchen.
„Äh ... toll. Danke.” Ich zuckte zusammen, als meine Stimme brach. Ich drehte das Handgelenk, um auf die Uhr zu sehen und mich hoffentlich zusammenzureißen.
„Ich habe dienstags und donnerstags nach dem Unterricht Zeit. Ich könnte einen Raum von meinem Professor bekommen. Er ist ziemlich offen, was – wow!”
„Was?”
„Oh. Äh ... nichts.” Er fuhr mit der Hand durch sein Haar und richtete erneut nervös seine Brille. „Ich – Du hast viele Tattoos. Ich ... egal. Das eine, was du machen musst, ist, deine Finger dichter am – was machst du da?”
„Nichts.” Ich schob meine Ärmel hoch und entblößte meine farbenfrohen Unterarme, dabei hielt ich seinen Blick. „Entschuldigung, wo willst du meine Finger haben, Will?”
Sein Gesicht errötete sofort. Ich lächelte und konnte ein Gefühl der Genugtuung nicht unterdrücken. Er mochte mich. Oder nein. Er fühlte sich zu mir hingezogen. Vielleicht würde er mich auch irgendwann mögen. Jedenfalls platonisch, sagte ich mir.
„Mein Name ist William”, korrigierte er.
Ich lachte herzhaft, dann setzte ich die Gitarre auf meinem Knie ab und begann ein anderes Lied. Er stimmte einen Moment später ein, ganz der Profi. Als er dieses Mal mein Lächeln bemerkte, strahlte er zurück.
Während die Musik sich um uns erhob, entspannten sich meine Schultern zum ersten Mal, seit ich mit einer Gitarre, zwei Kumpels und einem Traum in New York City angekommen war. Vielleicht lag es an dem stillen Selbstvertrauen des ordentlich angezogenen und frisierten jungen Mannes mit dem tollen Lächeln und den unglaublichen Fähigkeiten an den sechs Saiten. Oder vielleicht lag es einfach daran, dass ich mit jemandem zusammen war, der nicht von mir erwartete, dass ich auf alles eine Antwort hatte. Wie auch immer, ich hatte ein gutes Gefühl, was Will anging.
NACH DIESER ersten Unterrichtsstunde bekamen meine Tage einen anderen Rhythmus. Ich hatte die Frühschicht im Bagel Shop. Wenn es am Abend zuvor spät geworden war, schlief ich nach der Arbeit ein paar Stunden, dann begann ich mit dem Üben. Und Schreiben. Wir probten jeden Nachmittag, manchmal bis in die Abendstunden. Bisher lief es gut mit Terry. Seine Fähigkeiten waren nicht überragend wie Wills, doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Gitarrenlehrer sich darum reißen würde, Terrys Platz einzunehmen. Er würde nicht vor einer Meute kreischender Weiber spielen, die ihre Titten vor uns schwangen, während ihre Freunde neben ihnen Luftgitarre spielten. Das war nicht sein Ding. Meines allerdings schon. Ich liebte den Rausch, vor Publikum zu spielen. Und nachdem wir einen Manager engagiert hatten, der Kontakte zu ein paar kleinen Clubs in Manhattan hatte, hatten wir endlich ein paar Shows auf dem Kalender und
damit die Chance zu beweisen, wozu Spiral fähig waren.
Im Musikbusiness funktionierte nichts ohne Beziehungen. Ein Freund aus Baltimore, in dessen Club wir gespielt hatten, hatte uns einen Agenten empfohlen. Wir mussten zwei Monate lang betteln, bevor Mike Cochran zustimmte, sich mit uns zu treffen. Ich war mir nicht sicher, ob er sich nur wichtig machen wollte oder einfach ein Arsch war, aber, wie Cory mich erinnerte ... wir selbst wussten, dass wir gut waren, aber dem Rest der Welt mussten wir es erst noch beweisen. Und das taten wir auch. Einen Tag nach unserem Treffen mit Mike unterschrieben wir einen Vertrag auf Provisionsbasis. Mike wollte uns eine Chance geben und uns als Agent und Manager betreuen. In einer Woche sollten wir im Karma, einem Club im East Village spielen, in den bis zu fünfhundert Leute passten. Nicht übermäßig groß, aber unser größter Gig in New York bisher.
Als der Auftritt näher rückte, wuchs meine Sorge, ob Terry mit unseren eigenen Liedern zurechtkommen würde. Coversongs waren kein Problem für ihn, aber ich wollte nicht nur Cover spielen. Wir wollten nicht wie diese Bands sein, die nur auf Hochzeiten und Bar Mitzwahs auftreten. Ich gab mir große Mühe, meine Ungeduld wegen seiner flachen Lernkurve zu unterdrücken, aber das war nicht einfach. Ich beklagte mich bei Will und bot ihm sogar scherzhaft an, ihn zu bezahlen, damit er Terry eine oder zwei Unterrichtsstunden gab. Will kicherte und schüttelte den Kopf, während er die Finger liebevoll über die Saiten gleiten ließ.
„Terrys Stolz würde nicht zulassen, dass jemand wie ich ihm Unterricht gibt.”
Ich schlug meine Hand abrupt auf die Saiten, um den Klang zu unterdrücken. Wills Kopf zuckte bei dem schrillen Geräusch überrascht hoch und er hielt die Finger still. „Was meinst du mit ‘Jemand wie du’?”
Er schniefte und zuckte mit den Schultern. „Ernsthaft? Ich bin nicht gerade der Rock ’n’ Roll-Typ, falls dir das entgangen ist.”
„Was für ein Typ bist du dann?” Ich schnaufte amüsiert.
Ich beobachtete Will sorgfältig. Ich kannte ihn erst seit ein paar Wochen, aber durch die Musik fühlte ich mich mit ihm auf eine tief gehende Art und Weise verbunden. Vielleicht war das Gefühl einseitig, denn eigentlich wusste ich nicht viel über Will, außer dass er viel Zeit im Performing Arts Center oder bei seinem Praktikum im Theaterviertel verbrachte. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte, aber jedes Mal, wenn ich ihm eine persönliche Frage stellte, lenkte er mich mit einem Lied ab und ich verlor mich in der Musik, bevor ich wusste, wie mir geschah.
Er richtete seine Brille und rollte mit den Augen. „Ich bin eher ein Orchester-Typ.”
„Aha. Also ein Nerd, was?”
„Jep”, grinste er süßlich.
Ich lachte, als mir auffiel, dass unsere gutmütige Stichelei ein Zeichen für Tauwetter zwischen uns war. Zum ersten Mal seit unserer ersten Unterrichtsstunde vor ein paar Wochen machte Will einen Scherz, statt mich misstrauisch zu beobachten. Solange wir spielten, war alles gut, aber ein normales Gespräch schien ihm unangenehm zu sein. Außer, es ging um Musik.
„Warst du in der Highschool im Orchester?”
„Ja. Ich habe getrommelt”, antwortete er und richtete erneut seine Brille.
„Ist nicht wahr.”
„Ist wohl wahr.”
„Du hast auch die Trommel gespielt?”
„Ja.” Er zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder seiner Gitarre zu. „Man braucht ein vernünftiges Fundament. Wenn du ...”
Und damit war anscheinend unser Gespräch über Privates zu Ende. Sein konzentrierter Gesichtsausdruck und die entschlossene Haltung seiner Schultern wirkten, zusammen mit der Akustikgitarre in seinen Händen, wie eine Barriere. Ich bemerkte, wie das Licht sein braunes Haar golden erscheinen ließ und – ohne nachzudenken streckte ich die Hand aus und entfernte etwas von seiner Schläfe.
„Was machst du da?” Er zuckte in seinem Stuhl zurück.
„Hey, entspann dich. Du hast etwas im Gesicht. Es scheint ... zu funkeln. Wie Glitter.”
Die Haut unter meinen Fingern wurde sofort scharlachrot. Ich schaute auf meinen Daumen, dann auf den schockierten Mann, der sich vor mir zusammenkauerte. Dann war es eben Glitter. Was war daran so schlimm?
„Äh ... Danke.” Er schluckte schwer, dann setzte er sich wieder gerade hin und räusperte sich lautstark. „Wenn du ein gutes Fundam–”
„Hey.” Ich rieb sanft über sein Kinn. Mit dieser einfachen Berührung wollte ich nur seine Aufmerksamkeit erlangen. Er schluckte erneut und biss auf seine Unterlippe. Diese Geste drang unerklärlicherweise direkt zu meinem Schwanz. Ich versuchte, mich zu konzentrieren, und wartete, bis er mir in die Augen schaute, bevor ich meine Hand wegzog. „Ich mag Glitter. Und Nerds finde ich cool.”
Wills Lächeln nahm mir den Atem. Die Sonne schien durch die Wolken zu brechen und den Raum in goldenes Licht zu tauchen. Ich fühlte, wie sich mein Gesicht von ihrer Wärme erhitzte, und fragte mich, ob ich tatsächlich rot geworden war.
„Ähm, also die Akkorde ...”
„Richtig. Die Akkorde.” Ich lächelte schief und senkte den Kopf, um mich zu konzentrieren. Was war nur los mit mir?
STUNDEN SPÄTER grübelte ich immer noch. Ich konnte nicht aufhören, an Will zu denken. An seltsame Dinge. Sein Haar hatte heute länger ausgesehen und irgendwie unordentlich. Das gefiel mir. Und diese goldenen Strähnen. Waren sie schon immer da gewesen? Sie gaben dem Braun seiner Augen einen Haselnusston mit goldenen und grünen Flecken und–
„Erde an Rand. Hallo. Ist jemand zu Hause?”
Ich starrte ins Leere, als wäre ich tief in Gedanken, und wartete, bis Tim etwas näher kam und noch einmal mit der Hand vor meinem Gesicht wedelte. Bumm! Ich schlug seine Hand flach auf den Tisch. Und zwar fest.
„Scheiße, das hat wehgetan!” Tim funkelte mich an, während er übertrieben seine Finger beugte.
Ich grinste ihn gemein an und nahm mein Bier, während Cory am anderen Ende des Tisches lauthals lachte und Terry amüsiert dreinblickte. Es war so, als hätte Lucy Charlie Brown im letzten Moment den Football weggenommen, bevor er mit voller Wucht dagegen treten wollte. Mal wieder. Dasselbe Spielchen wie immer. Tim war zu langsam. Und jetzt stinksauer. Ich wuschelte ihm durch die Haare und prostete ihm mit meiner Bierflasche zu.
„Tut mir leid.”
„Hmpf.”
Wir saßen an einem Ecktisch bei Mickey’s, einem kleinen irischen Pub in der Nähe unseres Proberaumes an der Essex. Es war unsere Lieblingsbar, denn es war ein bodenständiger Ort, in dem günstige Mahlzeiten angeboten wurden, und das in einer Stadt, in der man, je nach Lage, den dreifachem Preis bezahlte. Angeblich hatten Gangster in den 1930er Jahren hier ihre Zeit verbracht. Ich blickte zu der niedrigen Zinndecke und den altmodischen Kronleuchtern aus Messing über der Bar. Ja, ich konnte mir gut vorstellen, wie Männer mit Schlapphüten, schicken Anzügen und glänzenden Schuhen an einem der alten Holztische ihre Köpfe zusammensteckten und Mord und Totschlag planten. Die moderne Kundschaft bestand eher aus Leuten mit Rucksäcken, die zerrissene Jeans und Wollmützen trugen, so wie ich. Ich zog mir die Mütze vom Kopf und stopfte sie in meine Tasche, dabei schüttelte ich meine Finger, um die Taubheit daraus zu vertreiben. Nach meiner Stunde mit Will und den Proben mit der Band schmerzten meine Finger. Es war ein langer Tag gewesen. Ich hätte erschöpft sein müssen, aber ich sprühte vor Energie.
Ich blickte zu der Kellnerin, die unser Essen brachte, und grüßte sie überfreundlich. Ich war am Verhungern. Sie lachte über meine übertriebene Dankbarkeit und blieb ein wenig länger als nötig, um sicherzugehen, dass wir „zufrieden” waren. Cory lachte leise, während er seinen Burger ordentlich in der Mitte durchschnitt.
„Was ist so lustig?”, fragte ich mit dem Mund voller Pommes frites.
„Du. Du bist so ein Charmeur, Rand. Du könntest sogar den Eskimos Eis verkaufen.”
Ich grinste ihn an, bevor ich in meinen riesigen Cheeseburger biss. „Sie ist ganz hübsch, aber sie trägt einen Ehering. Nein danke. Lasst uns heute Abend ausgehen und die Clubs unsicher machen.”
„Geht nicht. Ich habe nachher noch ein Date.”
„Nachher? Es ist ...” Ich überprüfte auf meinem Handy die Uhrzeit. „Neun. Was hast du vor?”
„Ich gehe mit Holly aus.
„Oooh.” Tim und ich bewarfen ihn mit Pommes, dabei johlten wir wie zwei Idioten. Terry grinste, aber er machte nicht mit.
In Momenten wie diesen vermisste ich Seth sehr. Ich wusste, er war in DC mit seinem Mann glücklich, und dass das Bandleben nichts für ihn war, aber er war einer von uns. Er kannte unsere dummen Scherze und machte ohne zu zögern mit. Vielleicht war das Terry gegenüber nicht fair. Ich wusste, dass ich Geduld haben und ihm eine Chance geben musste, aber es war schwerer als erwartet, und das war seltsam. Äußerlich passte er gut zur Band. Er hatte strubbelige braune Haare, einen Bart und trug normalerweise alte College-Shirts, Jeans und Doc Martens. Und er war ein guter Gitarrist. Vielleicht konnte ich mich nicht mehr mit dem Zweitbesten zufriedengeben, nachdem ich so viel Zeit mit dem besten verbracht hatte. Wenn es doch nur eine Möglichkeit geben würde, dass Will sich uns–
Stopp. Ich musste aufhören, an den Kerl zu denken. Das grenzte schon an Besessenheit.
„Wir haben ihn schon wieder verloren”, brummte Tim. „Schreibst du in deinem Kopf gerade ein Lied?”
Ich lächelte ihn halbherzig an und griff nach meinem Bier.
„Erzähl uns von Holly. Hey, du kennst sie doch, oder, Terry?”, fragte ich, um die Aufmerksamkeit von mir anzulenken.
„Ja. Wir hatten letztes Jahr ein paar Kurse zusammen. In einem davon war auch William, der komische Typ mit der Brille, der mich euch empfohlen hat.”
Mein Kiefer verkrampfte sich und ich musste mich zusammenreißen. Ich zählte bis zehn, aber ich kam nur bis fünf, bevor ich ihm die Meinung sagte: „Hmm ... du meinst den unglaublich begabten Musiker, der den Posten abgelehnt hat, den du jetzt hast? Diesen Typ?”
Terry schaute mich an, als wäre er nicht sicher, ob ich mich über ihn lustig machen wollte, oder ob ich es ernst meinte. Tim und Cory wussten es. Sie begannen gleichzeitig zu reden, während ich Terry mit einem lauen Lächeln anstarrte. Gott, war ich ein Arschloch. Ich ließ zu, dass Cory das Thema wechselte, und wartete ab, bis sich mein Beschützerinstinkt beruhigt hatte, bevor ich mich wieder am Gespräch beteiligte. Sie sprachen über die Bar in SoHo, wo Cory sich mit Holly treffen wollte. Ich nahm einem großen Schluck und wandte mich an Tim.
„Wir sollten aufpassen, dass er sicher dort ankommt. Was meinst du?”
Tim kicherte. „Oh ja. Das ist eine gefährliche Stadt. Wir beschützen dich, Cory. Willst du mitkommen, Terry?”
„Äh ... Ich kann nicht. Ich–”
„Niemand geht mit mir irgendwo hin.” Cory funkelte uns über den Tisch hinweg an. „Arschlöcher.”
Wir lachten länger als nötig. Wahrscheinlich waren alle froh, diesen unangenehmen Moment hinter sich gelassen zu haben, während ich mich fragte, was eigentlich mein Problem war. Will war ein Nerd. Das hatte er selbst bestätigt. Warum machte ich mir selbst das Leben mit jemandem schwer, mit dem ich wahrscheinlich mehr Zeit verbringen würde, als mit meinem Gitarrenlehrer?
Dasselbe wollte Tim auch wissen. Wir ärgerten Cory, indem wir in der U-Bahn mit ihm bis zum Broadway fuhren. Sein erleichterter Gesichtsausdruck, als wir nicht mit ihm ausstiegen, war zu komisch. Ich wollte Tim fragen, was wir vorhatten, aber ich kam kaum zu Wort. Er war zu sehr damit beschäftigt, mir einen Vortrag zu halten, wie wichtig es war, ein Teamplayer zu sein und meinen Drang, auszusprechen, was mir gerade durch den Kopf ging, zu unterdrücken. Er sagte, mein momentanes Schweigen wäre viel besser. Ich zog meinen Schal höher und ließ ihn reden, bis ihm die Luft ausging. Was hoffentlich bald geschehen würde.
„Was ist eigentlich dein Problem mit Terry? Er ist doch ganz nett.”
„Um Gottes willen! Bist du jetzt fertig, Mom? Ich habe ihn doch in Ruhe gelassen. Ich verspreche, dass ich in Zukunft nett zu dem Kerl bin. Reicht das?”
Ich blickte aus dem Fenster, als die U-Bahn in die nächste Haltestelle einfuhr. Ich starrte ein junges Paar an, das das gleiche Piercing hatte, und fragte mich, ob sie schon mal aneinander hängen geblieben waren, wenn sie sich geküsst hatten. Meine Aufmerksamkeit wurde einen Moment später von einem Wirbelwind aus blauen Pailletten abgelenkt. Ich blickte rechtzeitig auf, um eine große Frau in einem schwarzen Mantel und unglaublich hohen High Heels zu sehen, die an mir vorbeiging. Tim bemerkte meinen Blick und schnaubte.
„Vielleicht musst du nur flachgelegt werden.”
„Das ist immer eine gute Idee. Wo gehen wir hin?”
„Das wirst du schon sehen. Inzwischen beantworte meine Frage: was ist dein Problem mit Terry?”
„Es gibt kein Problem! Er hat mich nur genervt. Ich weiß nicht warum. Es kotzt mich an, dass er es wagt, so über denjenigen zu reden, dem er letztendlich diese Chance verdankt.”
Tim schüttelte entnervt den Kopf. „Ihm eine Chance auf was verdankt? Wir sind Niemand, Rand! Dein Ego ist einfach unglaublich. Er hat nichts Falsches gesagt, und das weißt du auch. Hör auf damit, Streit anzufangen.”
„Okay.”
Er neigte misstrauisch den Kopf und stieß mir mit dem Ellenbogen in die Seite. „Okay.”
„Okay”, wiederholte ich grinsend. Ich legte den Arm um seine Schulter und küsste seine Wange. Laut schmatzend und feucht. Er stieß mich weg und funkelte mich böse an. „Ich verspreche, nett zu sein. Ich versuche es zumindest.”
„Bitte tu das. Und reiß dich zusammen, verdammt. Die Leute werden noch denken, wir wären ein Paar.”
Ich kicherte und schaute mich mit großen Augen um. „Oh Gott, das wäre ja schrecklich.”
„Für mich wäre es das. Sieh dir mal den heißen Typen mit der Yankee-Kappe links von dir an. Schau nicht so auffällig hin, Idiot!”, fauchte er, als ich mich umdrehte.
Ich rollte mit den Augen und drehte mich vorsichtig in Richtung des heißen Kerls um. Der Mann stand ein paar Meter von uns entfernt und lehnte sich neben der Frau mit den Stöckelschuhen an eine Stange. Ihr Blick war auf ihr Handy fixiert, aber ich konnte von meinem Blickwinkel aus sehen, dass sie hübsch war. Kurzes, blondes Haar, lange Wimpern und roter Lippenstift. Ich drehte mich wieder zu Tim und bedeutete ihm mit einer unauffälligen Handbewegung, dass er sie sich ansehen sollte. Er zuckte mit den Achseln.
„Ich kann sie nicht gut sehen. Aber der Typ ist heiß. Er schein Puerto Ricaner zu sein oder–”
„Du schummelst. Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, als wir nach New York gekommen sind, dass du und ich unsere Bi-Seite unterdrücken, Timmy.”
„Schauen ist nicht schummeln. Außerdem, seien wir ehrlich, ich bin Schlagzeuger. Niemanden interessiert es, mit wem ich ficke. Und bis wir einen Plattenvertrag haben, bist du auch auf der sicheren Seite, denke ich. Also ... wen würdest du nehmen? Den hübschen Latino oder die Blondine mit den – oh. Egal. Sie ist ein Er.”
„Hä?”
Tim zog an meinem Ärmel, bevor ich mich umdrehen konnte. „Nicht hinschauen. Das hübsche Mädchen ist ein hübscher Junge, das ist alles.”
„Nie im Leben.” Ich drehte mich um und starrte die statuenhafte Schönheit offen an. Tim hatte recht. Ich war sprachlos, aber nicht, weil ich unrecht gehabt hatte, sondern weil mir der Mann bekannt vorkam, aber mir fiel nicht ein, woher. Vielleicht sein Profil oder sein–
„Hör auf hinzustarren!”
Ich gab ihm einen Schubs und funkelte ihn an, als er sich revanchierte. Der Zug fuhr in die nächste Haltestelle ein, die anscheinend sehr beliebt war. Drei oder vier Leute traten vor uns, um auszusteigen. Ich sprang frustriert auf und reckte den Hals, um noch einen Blick auf die Dragqueen zu erhaschen, die sich in Richtung Tür bewegt hatte.
„Das ist nicht unsere Haltestelle.”
„Er sieht aus wie ...” Die Menge teilte sich kurzzeitig und schloss sich dann wieder. In diesem Moment konnte ich ihn deutlich erkennen, aber ich wusste immer noch nicht, wer er war. Bis er sich auf die Unterlippe biss.
Ich erstarrte. Es war Will.
Oder? Ich war mir nicht sicher. Ich wollte zur geöffneten Tür gehen, aber Tim hielt mich zurück.
„Wir steigen hier nicht aus. Oh, warte. Vielleicht doch. Ich glaube, wir müssen hier umsteigen.”
Ich hörte, wie mein Freund darüber nachdachte, die Linie F zu nehmen, oder lieber einen anderen Buchstaben des Alphabets, aber ich konzentrierte mich nur darauf, so schnell wie möglich aus dem Zug zu kommen. Mir war egal, in welchen Club in Chelsea er gehen wollte. Konnte das wirklich Will gewesen sein?
Ich machte mir mit den Ellenbogen den Weg frei, dann stand ich auf dem Bahnsteig und versuchte, mich zu orientieren. Aber da war kein Zeichen von dem Mann im langen, schwarzen Mantel und High Heels. Ich rieb mir frustriert über das Kinn. Ich war ein Idiot. Das konnte nicht Will gewesen sein. Will war ein ernsthafter Musiker mit großen Zielen. Er war kein Crossdresser. Nicht, dass er nicht beides sein konnte. Aber ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Meine übereifrige Vorstellungskraft hatte ihn wahrscheinlich heraufbeschworen. Ich verbrachte offensichtlich viel zu viel Zeit damit, an meinen Gitarrenlehrer zu denken. Ich konnte bloß nicht verstehen, warum.