Donnerstag, 16. Juni 1994

18

Tannennadeln knirschten unter Veras weißen Nike-Turnschuhen, als sie auf Värmdö aus ihrem Saab 900 stieg. Frischer Harzduft stieg vom trockenen Boden auf und umfing sie. Sie blickte sich um. Zwei Autos standen im Schatten einiger Kiefern. Ein Pfad führte vom Parkplatz zum Haus. Hier draußen hielt sich Micael Bratts Agent Bengt J. Lindwall also aller Wahrscheinlichkeit nach versteckt. Im Schritttempo fahrend und über eine Straßenkarte gebeugt, hatte sie nach der unscheinbaren Einfahrt gesucht. Eine winzige Schneise im Tannenwald, neben der Landstraße. Aber jetzt war sie am Ziel, und wenn Lindwall sich ihren Vorschlag anhörte, war sie davon überzeugt, dass er anbiss. Sie konnte seinem der Vergewaltigung bezichtigtem Klienten ein Alibi verschaffen. Alles, was Bratt tun musste, war zu bezahlen.

Vera ging den Pfad zum Haus hinauf. Es dauerte nicht lange, und sie war von dichtem Tannenwald umgeben, kein Sonnenstrahl drang durch die Äste. Ein Kiefernspalier bildete einen kühlen Tunnel, der nach fünfzehn Metern abrupt an einem Felsplateau endete. Jenseits der Lichtung sah sie das Schärenhaus, das oben auf den Klippen zu balancieren schien. Ein ausgewachsener Platzregen müsste genügen, um das graue Holzhaus über die Klippen ins Meer zu spülen.

In dem Moment, als Vera auf die Klippen kletterte, ging die Vordertür auf, und Micael Bratt kam ihr, mit einer Reisetasche in der Hand, entgegen. Was machte er hier? Rasch wich sie einen Schritt zurück, doch dann wurde ihr klar, dass Bratts Anwesenheit ihr in die Karten spielte. Den Schauspieler würde sie schneller von ihren Argumenten überzeugen als einen gewieften Agenten.

»Wer zum Teufel sind Sie?«, blaffte Bratt, als er sie entdeckte.

»Vera Berg.«

Sie zögerte, ehe sie fortfuhr.

»Von der Kvällsposten

Bratt funkelte sie zornig an. Er trug eine helle Leinenhose und ein weißes Hemd. Vera kam der Gedanke, dass sein Erscheinungsbild sämtlichen physikalischen Gesetzen zuwiderlief. Wie konnte ein Säufer wie Bratt in so guter Form sein?

»Kein Kommentar. Verschwinden Sie von hier, bevor ich die Polizei rufe.«

Er machte einen Schritt auf sie zu, wie um sein Revier zu markieren.

»Sie sollen verschwinden, habe ich gesagt.«

Vera lächelte.

»Ich bin nicht hier, um einen Kommentar von Ihnen zu erhalten. Ich bin hier, weil ich Ihnen ein Alibi geben kann«, sagte sie gelassen.

Irgendetwas schien sich in Bratt zu lösen. Er stellte seine Tasche ab.

»Was haben Sie gesagt?«

»Sie haben eine Vergewaltigungsklage am Hals und sich mit Ihren haltlosen Ausflüchten in der Presse gewaltig in die Nesseln gesetzt. Niemand glaubt Ihnen. Aber ich weiß, dass Sie unschuldig sind. Jedenfalls, was diese Vergewaltigung betrifft. Und ich kann es beweisen.«

Bratt sah sie skeptisch an.

»Überzeugen Sie sich selbst«, sagte sie.

Vera nahm den grünen Fujifilm-Umschlag aus ihrer Handtasche, den Jonnys Kompagnons gestern Nacht in ihren Briefkasten gesteckt hatten, und zog das Foto von der wilden Party heraus, die Bratt am zweiten Juni im Clubheim der Motorradrocker gefeiert hatte. Es zeigte eine nackte Frau, vermutlich eine Stripperin, die sich über den Billardtisch beugte, während Bratt sich mit heruntergelassener Hose, die Boxershorts unten auf den Knöcheln, von hinten an ihr Gesäß presste. Das Gesicht verzerrt und verschwitzt.

»Kommt Ihnen das bekannt vor?«

Bratt trat einige Schritte auf sie zu und musterte die Aufnahme. Die Sonne spiegelte sich auf dem glänzenden Fotopapier. Er schirmte seine Augen mit der Hand ab und blinzelte.

»Sie scheinen mit einer Art Paarungsakt beschäftigt zu sein. Sie sehen aus wie zwei Köter«, sagte Vera.

Sie drehte das Foto um.

»Aber wo Sie Ihren Schwanz haben, ist unwichtig. Das Wichtige ist der Datumstempel hier unten in der Ecke. Dieses Foto wurde am zweiten Juni um elf Uhr abends im Clubheim des Odin MC aufgenommen. Zur selben Zeit, als dem Artikel im Aftonbladet zufolge die Vergewaltigung stattgefunden haben soll. Was bedeutet, dass Sie unschuldig sind.«

Bratt sah sie verblüfft an. Als könnte er das Ereignis nicht mit seiner Erinnerung in Einklang bringen.

»Ich sehe, wo das Foto gemacht wurde«, sagte er. »Ich war Dutzende Male in diesem Clubheim. Aber an … diese Situation kann ich mich nicht erinnern. Die ganze Woche ist ein einziger verfluchter Nebel.«

»Aber ich habe Zeugen, die sich daran erinnern. Und ich kann einen Artikel darüber veröffentlichen, das ganze Land wissen lassen, dass Sie unschuldig sind.«

»Und dafür wollen Sie von mir eine Gegenleistung, nehme ich an? Wie alle anderen verfluchten Parasiten?«

»Ich möchte nur ein paar Zitate. Aber meine Quelle möchte Geld. Eine Summe, die ich nicht aufbringen kann.«

»Wie viel?«

»Fünfzigtausend.«

Bratt lachte laut auf und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare.

»Das ist Erpressung«, sagte er.

»Nicht von meiner Seite. Aber ich brauche die Fotos, um den Artikel schreiben zu können. Ohne die Fotos haben Sie kein Alibi. Und an Geld mangelt es Ihnen doch wohl kaum.«

Bratt griff nach dem Umschlag mit den Fotos, doch Vera zog rasch ihre Hand weg.

»Fünfzigtausend?«, fragte Bratt.

»Ja, und der Artikel steht morgen in der Zeitung.«

»Sie wissen, dass meine Antwort nur Ja lauten kann«, sagte Bratt. Dann drehte er sich um, ging zurück zum Haus und rief nach seinem Agenten.

»Bringst du eine Flasche Pils raus und begrüßt diese Zeitungstante? Ich glaube, was sie zu sagen hat, wird dir gefallen.«


Dreißig Minuten später kehrte Vera mit den Interviewaufzeichnungen in der Hand zum Auto zurück. Bengt J. Lindwall war ein Schleimbolzen, aber er hatte nicht einmal verlangt, dass Bratts Name im Artikel ungenannt blieb. Sie sah die morgige Schlagzeile schon vor sich.


MICAEL BRATT
unschuldig verleumdet
OPFER EINER VERGEWALTIGUNGSLÜGE
Dieses Foto enttarnt den Bluff


Es war Viertel vor eins. Sie hatte exakt zwei Stunden Zeit, den Artikel zu schreiben, bevor sie Sigge bei Birgitta abholen musste.

Als sie den Zündschlüssel umdrehte, dachte sie an die Unterredung mit Tomas Wolf. Sie war sicher, dass er dieselbe Verbindung zwischen den Frauen sah wie sie. Aber stocherte er aus den gleichen Gründen auch im Mordfall Nadija Alihodzic, oder tat er es seinem Bruder zuliebe?

Das Lenkrad war glühend heiß, und im Wageninneren roch es penetrant nach Kunststoff, als sie auf die Landstraße bog und den ersten Gang einlegte. Im Radio wurde gemeldet, dass der schwedische Umweltminister aus Protest gegen die Zustimmung der Regierung zum Bau der Öresundbrücke sein Amt niedergelegt hatte.

Die Welt wird kleiner, dachte Vera und fühlte sich seltsam beschwingt, auch wenn sie nicht genau sagen konnte, weshalb.

19

Nachdem Tomas sein mitgebrachtes Mittagessen verzehrt hatte, ging er den Flur hinunter zu Zingos Büro. Genau wie er vermutet hatte, war sein Kollege nicht dort. Er holte sich einen Kaffee und nahm die Tasse mit in sein Zimmer. Als er seinen Anrufbeantworter abhörte, fand er eine Nachricht von Rapp vor. Tomas griff zum Hörer und wählte die Nummer, die Rapp ihm aufs Band gesprochen hatte.

»Gut, dass du anrufst«, meldete sich sein Faluner Kollege mit seinem singenden Dalarna-Dialekt. »Seit du weg bist, haben wir etliche Fragezeichen geklärt.«

»Konntet ihr Jörgen Waltz zum Verhör holen?«

»Leider nein. Aber die Fahndung nach ihm läuft auf Hochtouren.«

Tomas setzte sich und wartete ab.

»Zuallererst«, fuhr Rapp fort, »konnten wir Carmen Diaz’ Todeszeitpunkt eingrenzen. Sie wurde zwischen halb eins und halb zwei in der Nacht ermordet. Wie du schon von Anfang an gesagt hast, hat Flink nichts damit zu tun.«

Tomas trank einen Schluck Kaffee.

»Habt ihr die Substanz unter ihren Fingernägeln analysiert?«

Er hörte, wie Rapp in Unterlagen blätterte, und wartete.

»Richtig, das wolltest du ja wissen. Hier steht, es ist irgendeine Art Theaterschminke.«

Auf Tomas’ Armen richteten sich die Härchen auf. Er sah Micael Bratts Gesicht vor sich. Der Schauspieler hatte am fraglichen Tag in Falun einen Film gedreht.

»Habt ihr auf Bratts Kleidung aus dem Hotelzimmer irgendwelche Spuren sichergestellt?«, fragte er.

»Die Antwort steht leider noch aus. Wie du sicher verstehst, sind wir zeitlich noch immer im Rückstand.«

Tomas trank noch einen Schluck Kaffee.

»Irgendwas anderes?«, fragte er.

»Woran denkst du?«

»Die Nummern, die Bratt in der Nacht auf Samstag von seinem Hotelzimmer aus angerufen hat. Wie weit seid ihr da?«

»Privatpersonen, drei Stück. Wir haben mit allen drei gesprochen. Zwei sind bei seinem Anruf nicht ans Telefon gegangen, und die dritte Frau, eine Johanna Wester, hat nach wenigen Sekunden aufgelegt. Woraufhin Bratt wieder angerufen hat, aber da ist sie nicht mehr drangegangen. Offenbar hat er beim ersten Gespräch irgendetwas gelallt, was sie als Drohung aufgefasst hat.«

»Ich verstehe«, sagte Tomas. »Danke, dass du angerufen hast. Halte mich gerne weiter auf dem Laufenden.«

Er legte auf.


Eine halbe Stunde später fuhr er in Marieberg an der russischen Botschaft vorbei. Auf der anderen Seite der Gjörwellsgatan streckte sich das Dagens Nyheter -Gebäude dem wolkenlosen blauen Himmel entgegen. Er parkte auf Lilla Essingen vor der Videothek, griff nach den Dokumenten, die er Zingo lesen lassen wollte, und stieg die Treppe hoch zur Wohnung seines Kollegen. Er klingelte an der Tür, die, zu seiner Verblüffung, umgehend geöffnet wurde.

»Was verschafft mir die Ehre?«

Zingo stand voll angezogen im Flur. Sein heutiges Hawaiihemd war in Rot und Weiß gehalten, und seine Beine steckten in hellen, abgeschnittenen Jeansshorts. Seine Haare waren feucht, und er roch stark nach Rasierwasser.

»Bist du auf dem Weg ins Präsidium?«

»Nein, zum Bahnhof. Ich fahre nach Västerås, um mich mit meiner Tochter zu treffen.«

Zingo blickte auf die Mappe, die Tomas in der Hand hielt.

»Was hast du da?«

»Ich hätte gerne, dass du dir das ansiehst.«

Zingo schielte hastig auf seine Armbanduhr.

»Ich lese es im Auto, wenn du mich zum Bahnhof bringst. Dann kannst du mir zum Abschied winken.«


Im Bahnhof ergatterten sie in der Nähe der Anzeigetafel in der Wartehalle einen freien Tisch. Tomas organisierte ihnen Kaffee, während Zingo seine Lektüre beendete. Als Tomas mit zwei Bechern in der Hand an den Tisch zurückkehrte, hatte Zingo die Akte beiseitegelegt und studierte die Menschenmenge. Tomas stellte einen Kaffee vor ihn hin, und sie zündeten sich jeder eine Zigarette an.

»Was denkst du?«

Zingo nahm einen Zug und musterte ihn.

»Dass du es mit ein und demselben Täter zu tun hast, aber dass weder Micael Bratt noch Jörgen Waltz auf die vage Beschreibung zutreffen, die Mersiha Selimovic den Malmöer Kollegen geben konnte. Und da hast du dein Problem.«

»Sie könnte verwirrt gewesen sein.«

Zingo nickte.

»Könnte sie. Vermutlich war sie es. Auch wenn ich glaube, dass der Fehler genauso gut bei den Idioten liegen kann, die sie vernommen haben.«

Ein spindeldürrer Fixer kam an ihren Tisch und hielt ihnen die geöffneten Handflächen hin. Zingo gab ihm eine Münze. Der Mann nuschelte zwischen schlaffen Wangen ein Danke hervor und schlurfte mit halb heruntergerutschter Hose davon.

»Armer Teufel«, murmelte Zingo abwesend und blickte ihm nach.

Tomas aschte seine Zigarette ab.

»Was soll ich deiner Meinung nach tun?«, fragte er.

»Als Erstes solltest du mehr über diese Frau aus Malmö herausfinden. Mach sie ausfindig, zeig ihr Fotos von Micael Bratt und Jörgen Waltz. Auch wenn diese Armleuchter von Ermittler die Substanz auf ihrer Jacke nicht zur Analyse ins Labor geschickt haben, wird die Jacke noch irgendwo im Keller des Polizeireviers liegen. Noch ist es nicht zu spät. Und du musst mehr über diesen Lkw-Fahrer, diesen Waltz, in Erfahrung bringen. Ruf die Spedition an, für die er arbeitet, und frag, wo er am Tag des Überfalls in Malmö gewesen ist.«

Tomas runzelte die Stirn.

»Die Theaterschminke deutet wohl eher auf Micael Bratt hin?«

»Ja, natürlich. Aber wenn ich eins gelernt habe, dann, dass wir Ermittler Zirkusjongleure sind. Wir müssen mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Und wenn deine Hände nicht ausreichen, musst du die Füße dazunehmen. Bratt musst du ebenfalls durchleuchten. Auch wenn er angesichts dieser Vergewaltigungssache vermutlich untergetaucht ist. Finde heraus, wo er war, als die Frau in Malmö vergewaltigt wurde.«

Tomas nickte.

»Alle drei Frauen waren dunkelhaarig«, sagte er. »Die Zeitpunkte der Überfälle stimmen überein. Unser Täter arbeitet nachts. Und alle Überfälle sind in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften verübt worden. Carmen Diaz ist zwar nicht als Flüchtling nach Schweden gekommen, sondern hier geboren, aber sie sah ausländisch aus. Könnte das das Motiv sein? Ausländerhass? Mal wieder. Ein neuer Lasermann, der Frauen vergewaltigt und tötet?«

»Für solche Schlussfolgerungen ist es noch zu früh«, wandte Zingo ein.

Er zündete sich eine neue Zigarette an und trank seinen Kaffee aus.

»Aber eine Sache macht mir Sorgen, ganz gleich, welches Motiv dieser Verrückte hat«, fuhr er fort, als er den Becher auf den Tisch stellte.

»Was?«

Tomas aschte und wartete darauf, dass Zingo weitersprach.

»Nein, es sind zwei Sachen. Auch wenn sie zusammengehören. Der Täter scheint umfassende Kenntnisse über den Aufbau des schwedischen Polizeiapparats zu besitzen. Die Übereinstimmungen zwischen den Fällen wären niemals entdeckt worden, wenn du nicht in Falun und Märsta gewesen wärst. Und dann kommt diese Reportertussi mit dem Überfall in Malmö um die Ecke.«

»Glaubst du, dass …?«

»Wenn weder Micael Bratt noch Jörgen Waltz unser Täter ist, dann müssen wir anfangen, in unseren eigenen Reihen zu suchen. Es gibt, wie du weißt, reichlich Polizisten mit rechtsextremistischen Ansichten, wie es so schön heißt. Außerdem müssen wir zeitlich länger zurückgehen und die Computer nach ähnlichen Fällen durchforsten.«

Tomas drückte seine Zigarette aus, erwog, sich eine neue anzustecken, ließ es dann aber bleiben.

»Und was ist die zweite Sache?«, fragte er.

»Dass dir diese Ermittlung im selben Moment entzogen wird, in dem du jemandem davon erzählst. Und weil die Ermittlungen in die Zuständigkeit von drei verschiedenen Polizeibezirken fallen, wird die Reichskriminalpolizei angetrampelt kommen wie eine Herde Affen und einen Riesenkrach schlagen, bis das Ganze an die Presse dringt.«

Tomas sah ein, dass Zingo recht hatte.

»Wie kann ich das verhindern?«

Zingos Blick ging von der Anzeigetafel mit den Abfahrtszeiten der Züge zu seiner Armbanduhr.

»Schreib einen Bericht. Dann reden wir morgen gemeinsam mit Ylva Zethraeus.«

»Bist du dann zurück?«

»Ich fahre nach Västerås, nicht nach Kambodscha.«

Zingo machte Anstalten, sich zu erheben, sank jedoch wieder zurück auf den Stuhl.

»Gute Arbeit. Verdammt gute Arbeit. Du hattest Glück, aber Glück verdient man.«

Tomas nickte. Vor seinem inneren Auge sah er einen zehn Jahre jüngeren Zingo, der ihm in einem Vernehmungsraum des Polizeireviers in Västerås gegenübersaß. Hörte den Hass in seiner eigenen Stimme. Du kriegst kein Wort aus mir raus, du scheiß Zionistenlakai . Sah Zingos geduldiges Lächeln.

Er spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte.

»Das habe ich dir zu verdanken«, sagte er. »Manchmal frage ich mich, wo ich jetzt wäre. Ohne dich und ohne Klara.«

»Du bist nicht unseretwegen Polizist geworden, sondern wegen dieser Frauen«, erwiderte Zingo und klopfte mit dem Finger auf die beiden Ermittlungsakten.

»Ich wäre nie Polizist geworden, wenn du nach meinem Freispruch in dieser Körperverletzungssache nicht zu mir gekommen wärst und mich überzeugt hättest. Du hast gesagt, du glaubst, ich könnte ein guter Polizist werden. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass jemand an mich geglaubt hat.«

Zingo gluckste.

»Habe ich das gesagt? Daran erinnere ich mich nicht.«

Tomas wandte den Blick ab. Er fand es seltsam, dass Zingo sich nicht daran erinnerte. Für ihn war es einer der entscheidendsten Augenblicke seines Lebens gewesen. Genauso entscheidend wie der Moment, in dem er Klara getroffen hatte. Er kam sich lächerlich vor.

Zingo begann zu lachen.

»Was ist so komisch?«, blaffte Tomas mürrisch.

»Das habe ich damals nur so dahingesagt. Ich hatte keine Ahnung, ob du ein guter Polizist sein würdest oder nicht. Ich hielt das für eine bessere Alternative, als wenn du weiter durch die Stadt gezogen wärst und Leute zusammengeschlagen hättest.«

Sie standen auf und gingen nebeneinanderher durch das dichte Gedränge. Der Zug stand schon am Gleis. Sie gaben sich die Hand und sahen sich in die Augen. Dann drehte Zingo sich um und stieg ein. Tomas wartete, bis auch das letzte Wagenabteil außer Sichtweite war, dann lief er langsam zurück zu seinem Auto.