Schritt 3: Aufnahme

Der Aufnahmetag ist gekommen! All Ihre Planungen und kreativen Vorbereitungen sind bis heute abgeschlossen. In diesem Kapitel werde ich Ihnen Tipps für die Arbeit mit Modellen und Darstellern geben, die Art der verwendeten Objektive und Kameraeinstellungen erläutern und einige bewährte Beleuchtungsstrategien vorstellen. Ich werde auch eine Reihe von Aufnahmetechniken durchgehen, mit denen Sie experimentieren können.

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DIE MOTIVE TREFFEN

Bevor ich eine Person treffe, die ich fotografieren soll, werde ich immer ein wenig recherchieren, um zu sehen, ob wir etwas gemeinsam haben, was nichts mit der Aufnahme zu tun hat.

RECHERCHE

Im Fall meines Cool & Vintage-Shootings hatte der Surfer, den ich fotografieren sollte, ein YouTube-Video online gestellt. Er spricht über sein Leben, seine Philosophie und was die Dinge für ihn bedeuten. Ich erfuhr, dass er Vater ist, und da ich auch Vater bin, schien dies eine ausgezeichnete Gemeinsamkeit zu sein.

VERBINDUNG ZUM DARSTELLER

Sich fotografieren zu lassen, kann relativ einschüchternd sein, und es ist verständlich, dass viele Menschen erstarren, sobald die Kamera in Sichtweite kommt. Wenn Sie auf der Suche nach natürlichen Bildern sind, möchten Sie, dass sich Ihre Modelle so wohl wie möglich fühlen. Es ist eine gute Praxis, etwas Gemeinsames mit Ihrem Modell zu finden, damit Sie sich zunächst auf einer verwandten, menschlichen Ebene verbinden können und nicht nur als Fotograf und Motiv.

KAMERA WEG

Lassen Sie Ihre Kamera im Auto, wenn Sie sich zum ersten Mal treffen. Verstören Sie Ihr Motiv nicht von Anfang an, indem Sie mit einer großen DSLR herumwedeln. Sobald Sie sich miteinander vertraut gemacht haben, können Sie die Kamera vorstellen und mit der Besprechung der Aufnahme beginnen.

PROBE

Üben Sie mit Ihrem Modell. Wenn Sie eine Person bei der Arbeit oder einer gewohnten Tätigkeit fotografieren, bitten Sie sie, Ihnen die Handgriffe zu zeigen. Schließlich ist das für Sie ja neu. Möglicherweise ist eine kleine Regieanweisung erforderlich, damit Sie die Bilder aufnehmen können. Ich ziehe es vor, in einer Probe Regieanweisungen zu geben, damit es keine Überraschungen gibt, wenn es zum eigentlichen Shooting kommt.

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1Dan Costa, mein Darsteller für das Surf-Shooting, ist ein professioneller Board- Shaper und Surfer.

2Händeschütteln, als die Aufnahme im Kasten war. Das Ende eines guten Tages.

3 + 4Gespräch mit Dan über die Sequenz zum Board-Shaping. Hier sage ich ihm, welche Art von Bild ich aufnehmen möchte, bitte ihn aber auch, seinen üblichen Prozess zu durchlaufen, damit ich weiß, was mich erwartet, und es keine Überraschungen gibt, wenn es um die Aufnahme geht.

DAS LICHT SEHEN

Das Wort »Fotografie« kommt von dem griechischen Wort phōtos, was »Licht« bedeutet, und graphé, »zeichnen«, sodass »fotografieren« wörtlich »mit Licht zeichnen« bedeutet. Licht ist grundlegend, um gute Bilder zu machen – eigentlich wichtiger als alles andere –, deshalb ist es unbedingt notwendig, dass Sie lernen, es zu sehen.

TIMING

Das Licht ändert sich im Laufe des Tages, wenn sich die Sonne am Himmel bewegt. Um die Mittagszeit fällt es senkrecht nach unten, genau wie von diesen unschönen Deckenleuchten. Haben Sie sich schon einmal unter eine dieser Leuchten gestellt und ein Selfie gemacht? Versuchen Sie es. Schrecklich. Mit der Mittagssonne ist es dasselbe. Es gibt eine minimale Streuung aus der Atmosphäre, sodass ein kompromissloses, kontrastreiches Licht entsteht, das normalerweise zu hart ist, um damit zu arbeiten.

Umgekehrt, wenn die Sonne näher am Horizont steht (morgens und abends), ist das Licht aufgrund des Winkels, unter dem das Sonnenlicht die Erdatmosphäre durchdringt, weicher. Sicher haben Sie den Begriff »goldene Stunde« gehört, der dieses schöne Morgen-/Abendlicht beschreibt.

LOCATION UND ATMOSPHÄRE

Wenn Sie nun verträumte, pastellfarbene Fotos machen wollen und in einem gewohnt sonnigen Teil der Welt wie Kalifornien leben, brauchen Sie Ihre Aufnahmen nur zur goldenen Stunde zu planen, und jede ist ein Treffer. Allerdings leben nicht alle von uns in einem so konsequent »ausgeleuchteten« Teil der Welt, und manchmal ist es nicht möglich, die Aufnahmezeiten auf den Morgen oder Abend zu beschränken. Und was ist, wenn Sie eine andere Ausstrahlung für Ihr Foto wünschen? Vielleicht etwas Stimmungsvolleres wie das gegenüberliegende Bild, das für die Uhrenmarke Breitling gemacht wurde?

Die Wirkung von Licht auf ein Foto zu verstehen, ist der wichtigste Schritt, um Ihre Fotografie zu verbessern. Es gibt mehrere Faktoren zu berücksichtigen, angefangen bei der Art des Bildes, das Sie machen möchten. Was ist Ihr Motiv? Menschen, Landschaft, Architektur? Wenn es sich um Menschen handelt, würde ein bewölkter Tag besser funktionieren als volle Sonne, da der Kontrast nicht so stark ist, aber bei Landschaftsaufnahmen sollten Sie zur goldenen Stunde fotografieren (siehe hier).

Gibt es eine zeitliche oder umweltbedingte Einschränkung? Wenn Sie im Herzen der Stadt leben und verträumte goldene Bilder machen wollen, müssen Sie für Ihre Aufnahmen wahrscheinlich reisen oder künstlich beleuchten. Das ist natürlich möglich, aber das ist teuer und sprengt den Rahmen dieses Buches. Ich würde Ihnen stattdessen raten, mit dem zu arbeiten, was Sie haben, und Ihre Strategie entsprechend anzupassen.

BEISPIEL

Ich lebe in Wales, wo es fast ausnahmslos bewölkt und grau ist. Früher habe ich über dieses Wetter gejammert, aber im Laufe der Jahre habe ich gelernt, damit zu arbeiten. Ich habe einen persönlichen Stil entwickelt, der sich stark auf die Art von Licht stützt, die man unter einem so bleiernen Himmel erlebt. An einem grauen Tag wirken die Wolken wie ein riesiger Diffusor, der das Sonnenlicht verteilt und mildert. Der Kontrast ist gering, was bedeutet, dass Landschaften den ganzen Tag über aufgenommen werden können, und es erleichtert auch die Porträtfotografie, da keine künstliche Streuung erforderlich ist.

Leider können sich diese Bedingungen etwas flau anfühlen und es fehlt ihnen an Atmosphäre, aber hier kommt Ihre Kreativität als Künstler ins Spiel. Das nebenstehende Bild wurde an einem grauen Tag gemacht, und die ganze Szene fühlte sich langweilig an.

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Wie konnte ich die von meinem Kunden gewünschte Heldenaufnahme schaffen, ohne dass sie wie unter Kunstlicht wirkt?

Nach einem Gespräch mit dem Kunden und meinem Team beschlossen wir, das Licht, das von der Sonne fehlte, ins Bild zu holen, indem die Scheinwerfer des Fahrzeugs durch einen künstlichen Dunst schienen. Dies fügte Tiefe und Atmosphäre hinzu, und in Kombination mit einem blau-grauen Farbton und einer ziemlich starken Vignette erreichten wir das von meinem Kunden gewünschte Bild. Mehr über diese Technik können Sie hier lesen.

ARTEN VON SONNENLICHT

DIREKTES SONNENLICHT

Hartes und kompromissloses, direktes Sonnenlicht wird oft als das schlechteste Licht zum Fotografieren bezeichnet. Scharfe Schatten und hoher Kontrast machen es schwierig, schmeichelhafte Porträts zu fotografieren. Reflexionen sind ein Alptraum, dazu kommen verwaschene Lichter und Farben, die ineinanderlaufen. Mit geschicktem Einsatz von Schatten oder durch Lichtreflexionen mit Reflektoren oder Streuung durch Schirme kann direktes Licht jedoch zu guten Ergebnissen führen. Es kann auch mit der modernen Architektur gut funktionieren.

DIFFUSES LICHT

Bewölkte Tage sind Ihre Freunde. Das mag Ihnen vielleicht nicht gleich klar sein, aber wenn Sie erst einmal die Flexibilität erkennen, werden Sie mich verstehen. Ein dünner Wolkenschleier, der sich wie eine riesige Softbox über der Sonne verhält, schwächt die harte Sonne ab, sodass Sie den ganzen Tag lang fotografieren können. Sie reduzieren den Kontrast, was die Details in den Lichtern und Schatten Ihres Fotos stärker hervorhebt und gleichmäßigere Farbtöne liefert.

GOLDENE STUNDE

Dies ist die Zeit kurz nach Sonnenaufgang und kurz vor Sonnenuntergang. Es ist eine großartige Zeit zum Fotografieren, da alles in einer schönen kontrastarmen Lichtwelle umspült wird. Es gibt keine harten Schatten, die Reflexionen sind minimal, und so ziemlich jedes Motiv, das Sie fotografieren, sieht großartig aus. Hinweis: Die magische »Stunde« dauert eigentlich eher 20–30 Minuten; sie vergeht schnell, also seien Sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort!

BLAUE STUNDE

Die blaue Stunde ist die Dämmerung, in der die Sonne knapp unter dem Horizont steht und das restliche, indirekte Sonnenlicht eine vorwiegend blaue Färbung annimmt. Normalerweise beginnt die »Stunde« etwa 30–45 Minuten nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang. Großartiges Licht, um Lagerfeuerszenen oder Stadtbilder zu drehen, da das orangefarbene Licht, das von einem Feuer oder einer Straßenlaterne ausgestrahlt wird, den tiefblauen Himmel perfekt ergänzt. Bitte unbedingt mit lichtstarker Festbrennweite auf der Kamera arbeiten, denn das Licht ist recht schwach.

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1Der clevere Einsatz von Licht und Schatten sorgt für künstliches Sonnenlicht von oben.

2Die Wolkendecke sorgt für gleichmäßiges, kontrastarmes Licht – perfekt für die meisten Motive.

3Goldene Stunde.

4Für die blaue Stunde lohnt es sich, etwas länger zu bleiben oder früher aufzustehen.

KAMERAEINSTELLUNGEN

Haben Sie sich schon einmal das Menüsystem für Ihre DSLR angesehen? Ein Labyrinth! Ich fotografiere mit einer Canon DSLR, aber die meisten Einstellungen sind Standard bei allen anderen großen Kameraherstellern. Hier ist eine einfache Anleitung zum Verständnis Ihrer Kameraeinstellungen, beginnend mit den drei Säulen der Fotografie: Blende, Verschlusszeit und ISO.

DIE DREI SÄULEN DER FOTOGRAFIE

BLENDE

Stellen Sie sich die Blende wie die Pupille in Ihrem Auge vor. Wenn Sie von einer hellen in eine dunkle Umgebung wechseln, wird Ihre Pupille größer, lässt mehr Licht in Ihr Auge und hilft Ihnen, in der Dunkelheit zu sehen. Das Ändern der Blende an Ihrer Kamera funktioniert ähnlich. Durch Vergrößern der Blende (geringerer f-Wert) können Sie die Belichtung Ihres Bildes ändern (es heller machen) und umgekehrt. Die Blende spielt auch eine wichtige ästhetische Rolle bei der Steuerung der Schärfentiefe – je größer die Blende, desto unschärfer der Hintergrund.

VERSCHLUSSZEIT

Stellen Sie sich am Beispiel des Auges noch einmal die Verschlusszeit wie Ihre Augenlider vor. Bei hellem Sonnenschein blinzeln oder zwinkern Sie, um die Lichtmenge, die in Ihr Auge eindringt, zu verringern; im Dunkeln öffnen Sie Ihre Augen weit und blinzeln weniger, um mehr Licht hereinzulassen. Die Verschlusszeit einer Kamera ist nicht anders. Verwenden Sie bei hellem Sonnenlicht eine kurze Verschlusszeit und bei schwachem Licht eine längere. Wie bei der Blende spielt auch die Verschlusszeit eine ästhetische Rolle – längere Verschlusszeiten in Kombination mit sich bewegenden Motiven erzeugen Bewegungsunschärfe (siehe hierhier).

ISO

Grundsätzlich ist ISO eine weitere Methode zum Aufhellen oder Abdunkeln eines Fotos. Je höher der ISO- Wert, desto heller ist das Bild. Wenn Sie also unter sehr dunklen Bedingungen fotografieren, sollten Sie den ISO- Wert in Verbindung mit einer langen Verschlusszeit und einer großen Blende erhöhen, um ein gut belichtetes Bild zu erhalten. Bei Aufnahmen mit einer hohen ISO-Empfindlichkeit kommt es jedoch zu Körnung oder Rauschen, ein gewisser Zielkonflikt also. Um dem entgegenzuwirken, können Sie ein Stativ verwenden, um die Kamera ruhig zu halten, sodass die mit der langen Verschlusszeit verbundene Bewegungsunschärfe reduziert wird.

Blende, Verschlusszeit und ISO sind untrennbar miteinander verbunden, und es kann anfangs schwierig sein, sich damit zurechtzufinden, aber je mehr Sie üben, desto besser werden Sie verstehen, welche Wirkung sie auf Ihre Bilder haben.

Hier einige Beispiele für Einstellungen für verschiedene Motive:

  • Bewölkt, Porträt, Hintergrund unscharf

    1 / 640s    f / 2,8    ISO 800

  • Sonnig, Porträt, Hintergrund scharf

    1 / 320s    f / 8,0    ISO 160

  • Landschaft goldene Stunde

    1 / 160s    f / 11    ISO 400

  • Blaue Stunde

    1 / 50s    f / 1,4    ISO 2000

WICHTIGE KAMERAEINSTELLUNGEN

DATEIFORMAT

Nehmen Sie statt JPEGs immer Raw-Bilder auf. Raw-Dateien liefern eine hervorragende Bildqualität. Sie können aus Raw-Dateien JPEGs erstellen, aber nicht umgekehrt (siehe hier).

AUSLÖSER OHNE KARTE

Damit vermeiden Sie zu fotografieren, wenn Sie keine Speicherkarte in der Kamera haben. Option also abschalten.

AUTOFOKUS

Nutzen Sie das Punkt- oder Zonensystem. Damit erscheint ein Punktraster im Sucher und Sie können bestimmen, wo die Kamera fokussieren soll. Bei einem Porträt mit geringer Schärfentiefe kann die Kamera zum Beispiel auf die Augen fokussieren, damit sie scharf sind.

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AUFNAHMEN MIT FESTBRENNWEITEN (PRIME)

Ich fotografiere ausschließlich mit Prime- Objektiven, und zwar aus gutem Grund.

MEHR LICHT

Ein großer Vorteil von Prime-Objektiven ist, dass sie eine größere maximale Blendenöffnung haben. Wenn ich also bei schlechtem Licht fotografiere, kann ich mit einem Prime-Objektiv die benötigte Belichtung erzielen, ohne dass ich den ISO-Wert erhöhen oder die Verschlusszeit verkürzen muss.

GERINGE SCHÄRFENTIEFE

Ein weiterer Vorteil einer großen Blende ist, dass sie eine geringere Schärfentiefe ermöglicht. Das bedeutet, dass ich Motive scharf halten kann, während der Hintergrund verwischt wird, ich also ein Motiv in seiner Umgebung isolieren kann.

QUALITÄT

Generell sind Prime-Objektive schärfer als Zoom-Objektive und schaffen eine bessere Bildqualität. Aus der Sicht des Designs ist es einfacher, Glas für eine Brennweite herzustellen, und es gibt im Allgemeinen weniger Verzerrung und weniger chromatische Aberration in den Bildern.

FESTE BRENNWEITE

Lernen Sie die Zwänge zu lieben, die mit der Aufnahme mit einer festen Brennweite verbunden sind. Es wird Sie zu einem besseren Fotografen machen, weil es Sie zwingt, mit den Füßen zu zoomen. Ich verstehe, warum Sie anfangs vielleicht lieber ein gutes Zoom hätten, um näher an das Geschehen heranzukommen, aber eine gute Komposition führt oft zu eindrucksvolleren Bildern als Nähe. Zooms machen faule Fotografen.

Eine Festbrennweite verhindert, dass Sie stillstehen – eine schreckliche Angewohnheit. Anstatt also stillzustehen und den Zoomring einzustellen, bewege ich mich ständig. Ich muss es tun, weil ich nur dann viele Aufnahmen machen kann.

Das Fotografieren mit einer festen Brennweite wird Ihnen auch helfen, Fotos in der Welt um Sie herum zu »sehen«. Wenn Sie eine Szene mit einer bestimmten Brennweite sehen können, haben Sie eine viel bessere Vorstellung von Ihrem Ergebnis.

Es hilft auch bei der Bearbeitung beim Paaren von Bildern. Wenn eine Sequenz mit einer Reihe verschiedener Brennweiten (durch Vergrößern und Verkleinern) aufgenommen wird, kann es schwieriger sein, Bilder zusammenzufügen. Es ist möglich, aber es dauert länger und fühlt sich nicht immer so natürlich an. Das Festhalten an einer Reihe von eingestellten Brennweiten kann den Bearbeitungsprozess erheblich beschleunigen.

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11/1400 s bei f/9    ISO 160    50 mm

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21/200 s bei f/5.0    ISO 800    85 mm

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31/320 s bei f/3.2    ISO 320    40 mm

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41/4000 s bei f/1.4    ISO 50    35 mm

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51/125 s bei f/3.5    ISO 125    35 mm

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61/320 s bei f/5.6    ISO 400    400 mm

AUFNAHMETECHNIK:
REMBRANDT

Es gibt viele Möglichkeiten, auch ohne künstlichen Nebel Atmosphäre und Stimmung in einem Bild zu erzeugen. Das Ziel des Nebels in dem Beispiel (Link zum Beispiel) war es, das von den Scheinwerfern des Autos ausgehende Licht zu »formen«, genau das wollen wir uns hier ansehen.

LICHT FORMEN

Das Licht zu formen und zu zähmen, ist eine entscheidende Fähigkeit. Es gibt eine Reihe von Techniken, mit denen Sie die Atmosphäre in Ihren Porträts angleichen können. Zuerst das »Rembrandt-Dreieck« und im nächsten Abschnitt geht es um die Catchlights.

REMBRANDT-BELEUCHTUNG

Die Rembrandt-Beleuchtung hat ihren Namen von dem niederländischen Zeichner, Maler und Grafiker. Als innovativer und produktiver Meister in drei Medien gilt er als einer der größten bildenden Künstler aller Zeiten. Er verwendete in seinen Gemälden eine dramatische Form der Beleuchtung, die stimmungsvoll und atmosphärisch ist. Sie ist auch relativ einfach zu konstruieren. Schauen Sie sich das hier gezeigte Bild an und beachten Sie insbesondere das kleine Lichtdreieck unter dem Auge des Modells auf der rechten Seite seines Gesichts. Es ist ein Signal, dass die primäre Lichtquelle von der gegenüberliegenden Seite des Gesichts kommt.

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Mit frdl. Genehmigung von Wikimedia

TECHNIK

Wenn Sie das Gesicht Ihres Modells von einer Seite beleuchten, entsteht auf der gegenüberliegenden Seite ein Wechselspiel aus Schatten und Licht. Bei der Rembrandt-Beleuchtung wollen Sie ein Lichtdreieck auf der gegenüberliegenden Wange erzeugen. Wenn Ihnen die Schattenwirkung zu dunkel erscheint, können Sie einen Reflektor verwenden, um den Schatten nach Ihren Wünschen »aufzufüllen«. Dieser Beleuchtungseffekt erfordert keine teure Ausrüstung oder eine ausgefallene Kamera – Sie brauchen lediglich eine Lichtquelle.

MOTIV LICHTQUELLE KAMERA

AUFNAHMETECHNIK: CATCHLIGHTS

Shakespeare sagte einmal: »Die Augen sind das Fenster zu Deiner Seele.« Stimmt – die Augen liefern umfangreiche Informationen über den emotionalen Zustand eines Menschen. Da wir Emotionen durch unsere Fotos darstellen, lohnt es sich, die Augen unserer Modelle genau anzusehen – und sie zum Leben zu erwecken.

Ein kleiner weißer Fleck, der in den Augen Ihres Modells reflektiert wird, macht einen großen Unterschied. Sie werden als Catchlights bezeichnet und sind wichtig, denn ohne sie kann ein Porträt stumpf und leblos aussehen. Vergleichen Sie das Porträt unten, das keine Catchlights hat, mit dem Bild gegenüber.

Dieses Licht lässt sich relativ leicht einfangen, und Sie benötigen keine spezielle oder teure Ausrüstung. Alles, was Sie brauchen, ist eine Lichtquelle, die in den Augen Ihres Modells reflektiert wird. Dies kann künstlich sein, wie ein Kamerablitz, oder natürliches Licht von der Sonne. Bei Innenaufnahmen positionieren Sie die Person am besten in der Nähe eines Fensters oder einer Tür, das funktioniert immer.

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TECHNIK

Versuchen Sie, ein nach Norden gerichtetes Fenster zu finden, das Ihnen unabhängig von der Tageszeit ein schönes, gleichmäßiges Licht über das Gesicht gibt. Die Person muss nicht direkt in die Quelle schauen: Die Augen sind kugelförmig, und eine links oder rechts positionierte Lichtquelle wird als Reflexion in den Augen sichtbar.

Je näher Ihr Modell am Fenster ist, desto größer erscheinen die Catchlights. Suchen Sie sie in den Augen und bitten Sie das Modell, seinen Kopf oder Körper nach links oder rechts zu bewegen, bis Sie mit dem Blick zufrieden sind.

ALTERNATIVE TECHNIK

Ich verwende oft einen kreisförmigen Reflektor, um ein Catchlight hinzuzufügen. Die Augen sind rund, daher ist ein kreisförmiges Catchlight angenehmer als das kleine Quadrat, das man aus einem Fenster erhält.

Positionieren Sie Ihr Modell einfach vor einem Fenster und werfen Sie das Licht mithilfe eines runden, silbernen Reflektors zurück in das Gesicht und die Augen. Dies wird oft als »Fülllicht« bezeichnet. Das Fensterlicht beleuchtet die Szene von hinten und sorgt für ein angenehmes »Kanten«- oder »Haar«- Licht um den Kopf der Person, das sie aus dem Schatten heraushebt.

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AUFNAHMETECHNIK:
50 & STITCH (BRENIZER-METHODE)

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Ich habe oft ein 50-mm-Objektiv an meiner Kamera, ich mag diese Brennweite. Es ist leicht und lichtstark, und die große Blende sorgt für eine schöne Schärfentiefe. Ich liebe den Look.

Der Aufnahmewinkel ist jedoch nicht besonders weit, was es schwieriger macht, Totalen zu machen und eine vollständigere Geschichte zu erzählen. Ich könnte das Objektiv wechseln, aber stattdessen behalte ich oft das 50 mm und verwende eine Stitching-Technik, um den Look einer großformatigen Filmfotografie mit einer Digitalkamera nachzuahmen.

Dazu nehme ich mehrere Bilder einer Szene auf, während ich die Kamera schwenke, und füge die Bilder nachher zu einem Panorama zusammen. Das bietet viele Vorteile.

HOHE AUFLÖSUNG

Durch das Stitching erzeugen Sie ein sehr hochauflösendes Bild, was bedeutet, dass Sie massive Abzüge machen oder in ein Bild zuschneiden können, ohne dass die Bildqualität darunter leidet.

SCHÄRFENTIEFE

Bei der Aufnahme mit einer großen Blendenöffnung bei dieser Brennweite wird der Hintergrund weitaus unschärfer als bei einem Weitwinkelobjektiv, wodurch Ihr Motiv hervorsticht.

TIEFENWAHRNEHMUNG

Teleobjektive komprimieren die Entfernung, wodurch die Hintergrundelemente näher an die Vordergrundelemente herangeführt werden. Ein Weitwinkelobjektiv hat den gegenteiligen Effekt.

AUFNAHMETECHNIK:
SCHWENKEN FÜR ANFÄNGER

Wenn ich Übergänge mit Autos, Fahrrädern oder anderen Fahrzeugen aufnehme, möchte ich, dass mein Publikum das Gefühl hat, durch die Landschaft zu fahren. Ich möchte das Gefühl erwecken, dass etwas vorbeizieht, und dazu verwende ich verschiedene Techniken.

Wir beginnen mit der einfacheren Technik, dem sogenannten Schwenk. Beim Schwenken folgt man einem sich bewegenden Objekt entlang der horizontalen Bewegungsebene und kombiniert eine langsame Verschlusszeit mit einer Kamerabewegung, um ein Gefühl von Schwung zu erzeugen. Dies ist eine einfache Methode, um das Motiv scharf zu halten und gleichzeitig den Hintergrund zu verwischen: Verringern Sie die Verschlusszeit und schwenken Sie die Kamera mit dem Motiv, bevor Sie das Bild aufnehmen. Jedoch sind eine Reihe von beweglichen Variablen im Spiel, und Sie müssen jede einzelne sorgfältig abwägen. Das Projekt (hier / hier) gliedert den Prozess in einzelne Schritte. Probieren Sie es aus!

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1/ 60 s bei f / 7,1, ISO 100

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1/ 40 s bei f / 5,0, ISO 400

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1/ 600 s bei f / 8,0, ISO 400

AUFNAHMETECHNIK:
KAMERAFAHRT

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Wir haben uns das Schwenken angesehen, jetzt beschreibe ich die zweite Technik, die ich anwende, um meinen Bildern ein Gefühl von Bewegung zu geben.

Um diese Art von Bildern zu erstellen, müssen Sie von einem Führungsfahrzeug aus fotografieren, das direkt vor Ihrem Motiv fährt. Beide Fahrzeuge bewegen sich mit der gleichen Geschwindigkeit auf der Straße, damit das Motiv scharf bleibt und der Hintergrund verschwimmt. Der Unschärfeeffekt vermittelt ein Gefühl der Bewegung.

Diese Technik funktioniert mit jedem sich bewegenden Fahrzeug. Im Beispiel oben werden Rennräder verwendet, aber es ist das gleiche Konzept – ein Führungsfahrzeug fährt mit der gleichen Geschwindigkeit knapp vor den Radfahrern.

EXPERIMENTIEREN

Bei dieser Technik sind viele Variablen im Spiel, und Sie müssen Ihre Kameraeinstellungen optimieren und Ihre Geschwindigkeit und Kameraposition anpassen, bis Sie kreativ an der richtigen Stelle sind. Experimentieren Sie – es kann ziemlich frustrierend sein, aber auch eine Menge Spaß machen.

Denken Sie daran, dass Ihr Hauptmotiv vielleicht nie ganz scharf ist. Bei dieser Technik geht es eher darum, ein »Gefühl« von Bewegung zu erzeugen, und eine gewisse Unschärfe des Hauptmotivs kann dieses Gefühl sogar noch verstärken. Es handelt sich um eine Probiertechnik, und Sie werden zweifellos mit einem Haufen schlechter Aufnahmen beginnen. Doch je mehr Sie üben, desto besser werden Sie.

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*Nicht aus dem Auto fallen, das nimmt kein gutes Ende.

AUFNAHMETECHNIK:
CINEASTISCH

Lassen Sie uns kurz über den Begriff »cineastisch« sprechen. Was bedeutet er für Sie? Das Lexikon beschreibt ihn als »die Atmosphäre des Filmbetrachtens wie im Kino«. Für mich ist das Schlüsselwort in dieser Definition »Atmosphäre«.

Ist es möglich, eine filmähnliche Atmosphäre – und die damit einhergehende emotionale Tiefe – in ein Standbild zu bringen? Natürlich! In diesem Abschnitt werde ich mich mit Dunst oder Nebel beschäftigen; wie er Tiefe schafft, wie man ihn erzeugt und warum er eine meiner Lieblingstechniken ist, um Filmaufnahmen auf ein Foto zu bringen.

NEBEL

Vergleichen Sie die »Vorher-Nachher«- Szenen gegenüber, Innenaufnahmen aus einem kleinen Pub in West-Wales. Ich wollte eine gemütliche Atmosphäre schaffen und bat die Besitzer, das Feuer und die Kerzen anzuzünden, aber der Szene fehlte immer noch die Atmosphäre. Wir brachten etwas Nebel in den Raum, bevor wir ein Licht von außen durch das Fenster scheinen ließen. Ich wollte den Effekt der Sonne simulieren, die durch das Fenster scheint und ein »Ende des Tages«-Gefühl erzeugt. Der Dunst streut das Fensterlicht und mildert es, als wäre es die goldene Stunde (siehe hier). Er hat auch eine dreidimensionale Wirkung über die Streifen oder die sichtbaren Lichtstrahlen. Die Zuschauer können »das Licht sehen«, was dem Bild mehr Tiefe, Atmosphäre und Emotionen verleiht.

AUSRÜSTUNG

Etwas Nebel im Inneren eines Gebäudes zu erzeugen macht Spaß, wenn Sie mit dieser Technik noch nicht vertraut sind. Sie benötigen keine kostspielige Ausrüstung, da Sie auf relativ kleinem Raum arbeiten und nicht viel Dunst benötigen. Professionelle Nebelmaschinen sind teuer, aber mit preisgünstigeren Modellen lassen sich ähnliche Ergebnisse erzielen. Diese neigen dazu, eine Menge Nebel auszustoßen (anfangs zu dick, um hindurchzufotografieren), aber wenn ein Freund ein bisschen wedelt, wird der Nebel zerstreut und Sie haben den gewünschten Effekt.

Sie können aber auch Nebel in Dosen kaufen. Suchen Sie online »Nebel Aerosol«, und Sie werden zahlreiche Varianten von verschiedenen Herstellern finden.

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AUFNAHMETECHNIK:
UNSAUBERER VORDERGRUND

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Fotografien sind zweidimensional – sie haben eine x- und eine y-Achse – deshalb suche ich immer nach Führungslinien, die eine dritte Achse oder Dimension schaffen. In einer Landschaft kann dies ein Fluss, eine Straße, eine Uferlinie oder der Rand eines Waldes sein, der das Auge in das Bild führt. Aber wie fügt man einem eng gefassten Bild Tiefe hinzu, wenn Menschen zu sehen sind? Mit dem »unsauberen Vordergrund«.

Meine erste Lektion in Fotografie habe ich mit 8 Jahren von meinem Großvater gelernt, und zwar ging es darum, »Unordnung« ins Foto zu bringen. Er lehrte mich, dass das Hinzufügen von Elementen im Vordergrund eine großartige Möglichkeit ist, ein zweidimensionales Bild dreidimensionaler erscheinen zu lassen und gleichzeitig einen beobachtenden Effekt zu erzeugen. Es vermittelt dem Betrachter den Eindruck, dass er in eine Szene hineinschaut.

Die Aufnahme einer Szene mit einer großen Blende hilft, Vordergrundelemente aus dem Fokus zu nehmen, sodass sie nicht vom Hauptthema ablenken. Ich fotografiere gerne bei Blende 3,5 und bringe Vordergrundelemente sehr nahe an das Objektiv heran – um das Bild oben von einer Mutter und ihrem Sohn bei der Gartenarbeit einzufangen, lag ich auf dem Boden und habe durch die Pflanzen fotografiert.

Hier einige Beispiele, in denen das Element im Vordergrund zum Bild beiträgt:

1Wenn man durch eine Tür fotografiert, hat der Betrachter das Gefühl, in ein Geheimnis »hineingelassen« zu werden oder etwas zu sehen, was er vielleicht nicht sehen sollte. Es hat einen voyeuristischen Effekt.

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2Die Aufnahme über die Schulter einer Person versetzt den Betrachter in eine Szene und führt das Auge. Hier ist der Arm das »unsaubere« Element, der gleichzeitig das Auge zum Produkt führt. Raten Sie, wer der Kunde war!

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3Hier rahmen unscharfe Vordergrundbilder das Motiv ein und bilden ein Bild im Bild.

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