Ermittlungszeitraum: März–Oktober 1989
Als Martha Mohr die leeren Gläser vom Vorabend wegräumt, bemerkt sie plötzlich einen Mann, der durch die halb zugezogenen Vorhänge in das Lokal hineinglotzt. Obwohl sie den Fremden nur beiläufig zur Kenntnis nimmt, bemerkt sie dessen stattliche Körpergröße. Die 22-jährige Putzfrau setzt ihre Aufräumarbeiten fort und geht mit einem Mülleimer auf den Hinterhof. Als sie zurückkommt und den Schankraum betritt, steht mit einem Mal der hünenhafte Mann von eben vor ihr – mit geöffnetem Hosenschlitz und starrem Blick.
»Los, blasen!«
»Du spinnst doch wohl! Sieh zu, dass du Land gewinnst!«
»Mach keine Zicken! Los, blasen!«
»Nein!«
»Willst du, dass dir was passiert?!«
»Soll ich dir Geld geben?«
Der Mann antwortet nicht, packt vielmehr den rechten Arm der Frau und zerrt sie in die Küche. »Los, die Kohle!« Martha Mohr übergibt dem Mann ihr Portemonnaie. Als der Täter die Geldbörse öffnet, kann sich die Frau losreißen und flüchten. Der Mann steckt das Portemonnaie ein, greift nach einem Küchenmesser auf der Theke und rennt hinterher. Im Schankraum erreicht er Martha Mohr und rammt ihr das Messer in den Rücken. Die Wucht des Stichs ist so groß, dass die 22 Zentimeter lange Klinge abbricht und ein 18 Zentimeter langes Metallstück im Schulterbereich neben der Wirbelsäule stecken bleibt. Martha Mohr spürt die Verletzung kaum, so aufgeregt ist sie, und tritt dem Täter in den Unterleib. Der lässt daraufhin von ihr ab und flüchtet durch die Hintertür über den Hof. Martha Mohr hat lebensgefährliche Verletzungen erlitten und schleppt sich mit letzter Kraft zur Bäckerei im Nebenhaus. Zehn Minuten später rast ein Notarztwagen mit der Verletzten ins Krankenhaus. Martha Mohr wird notoperiert und überlebt.
Die Mordkommission kann sich bei der Fahndung nach dem Täter auf recht präzise Angaben des Opfers stützen: ein etwa 25-jähriger Mann, größer als 1,85 Meter, wellige, blonde Haare, trug bei der Tat Jeans, eine braune Lederjacke und Cowboy-Stiefel. Ein Polizeizeichner fertigt nach diesen Maßgaben ein Phantombild. Martha Mohr erschrickt, als sie die Zeichnung zu sehen bekommt. Das Bild muss dem Täter sehr nahekommen. Also ist es auch für eine Öffentlichkeitsfahndung geeignet.
Drei Tage später meldet sich eine Frau, die ganz in der Nähe des Tatorts wohnt, bei der Kripo und teilt mit, sie glaube einen Zeitungsboten auf dem Fahndungsfoto wiederzuerkennen, der in ihrem Stadtteil die Westfälische Rundschau ausliefere. Diesen Mann zu ermitteln, ist für die Kriminalisten eine Routineangelegenheit.
Bei dem Verdächtigen handelt es sich um Thomas Brockhaus, einen 22-jährigen vorbestraften Sexualtäter. Den polizeilichen und gerichtlichen Unterlagen lassen sich folgende Informationen entnehmen: Der Mann wurde 1967 als einziges Kind der Eheleute Rudolf und Maria Brockhaus geboren. Sein Vater arbeitete zu dieser Zeit auf einem Rangierbahnhof, die Mutter als Näherin in einer Fabrik. Weil beide Eltern berufstätig waren, wurde der Junge überwiegend von seiner Urgroßmutter betreut und erzogen. 1974 kam Thomas in die Schule, vier Jahre später besuchte er das Gymnasium und machte 1986 mit einem Notendurchschnitt von 3,1 Abitur.
Vor einem Jahr wurde Thomas Brockhaus erstmals auffällig, als er zwei Mädchen überfiel. In der Urteilsbegründung hieß es: »Am Nachmittag des 25. Juni 1988 fuhr der Angeklagte mit dem Fahrrad von Lüdenscheid in Richtung Halver, wobei er ein Küchenmesser mit sich führte. Kurz vor Halver sah er vor sich zwei etwa 14 Jahre alte Mädchen mit Fahrrädern in die gleiche Richtung fahren. Der Angeklagte wollte, wie er es ausdrückte, jemandem wehtun, Angst machen, einer jungen Frau sexuelle Gewalt antun. Der Angeklagte überholte die beiden Mädchen, hielt an, und während eins der Mädchen entkommen konnte, hielt er das andere fest, zog das Küchenmesser hervor, richtete es auf das Mädchen und forderte es auf, sich auszuziehen. Das Mädchen kam dieser Aufforderung auch nach, zog die Schuhe aus, streifte die Hose nach unten und das Hemd hoch. Als es sich weigerte, auch die Unterhose auszuziehen, schlug der Angeklagte ihm mit der Faust in die Magengegend, worauf das Mädchen die Unterhose auszog. Daraufhin stach der Angeklagte auf das Mädchen ein und verletzte es im Brustbereich und am Oberschenkel. Als ein Pkw sich dem Tatort näherte, ergriff der Angeklagte die Flucht.«
Diese Tat ist kein Spiegelbild des versuchten Mordes an Martha Mohr, stellen die Ermittler fest, doch werden mehrere Parallelen erkennbar: weibliches Opfer, sexuelles Motiv, Messer als Tatmittel, überfallartige Vorgehensweise, Stichverletzung im Bereich des Oberkörpers, unvollendete Tötung, fluchtartiges Entfernen vom Tatort. Dass es sich bei diesem Verbrechen, für das Thomas Brockhaus als unbescholtener und geständiger Angeklagter »als letzte Warnung« eine Bewährungsstrafe erhielt, nicht um eine spontane Tat gehandelt haben dürfte, steht für die Ermittler fest, als im Urteil noch über ein »Adressbuch« berichtet wird, das bei Thomas Brockhaus gefunden wurde und 89 Anschriften junger Frauen auflistete.
In diesem »Adressbuch« fand sich auch folgender Eintrag vom 12. April 1987: »Heute kam Stefanie (zum ersten Mal ohne Pullover) in einem blauen T-Shirt, das ihre noch ganz wenig entwickelten Formen auch oberhalb der Gürtellinie wenigstens andeutete. Sie wirkte bei ihrer Buchbesprechung recht reizvoll auf mich. Ich will sie ficken! Und es wird irgendwann geschehen, denn sie wohnt in einem Einfamilienhaus. Oder ich fange sie bei einem Spaziergang ab, um dann plötzlich von hinten ihre Brüstchen zu umfassen. Dann muss sie sich nackt ausziehen, und ich werde sie von hinten nach vorn, von oben und von unten ficken. Sie wird nie mit einem anderen schlafen, ich werde der Einzige sein …«
»Los, blasen!« Das sind die ersten Worte des Täters gewesen, als er Martha Mohr überfallen hat. Ist die Frau vielleicht von Thomas Brockhaus schon Wochen oder Monate vor der Tat ausspioniert worden, so, wie er es Jahre zuvor bereits bei anderen jungen Frauen getan hat? Ist der Mann in alte kriminelle Gewohnheiten zurückgefallen? Die Ermittler trauen Thomas Brockhaus den Mordversuch an Martha Mohr durchaus zu, ausreichend kriminelle Energie ist jedenfalls vorhanden. Zudem wohnt der Verdächtige in unmittelbarer Nähe des Tatorts. Auch seine angespannte finanzielle Situation als berufsloser Sozialhilfeempfänger könnte erklären, warum er als Täter das Portemonnaie geraubt hat, obwohl nur etwa 20 Mark darin gewesen sind. Ferner ist der Mann 1,89 Meter groß und entspricht damit der Täterbeschreibung.
Als die Kripo Thomas Brockhaus in seiner Wohnung abholt, gibt der sich überraschend unüberrascht. »Ich habe mir schon gedacht, dass Sie kommen«, sagt er den Beamten. Auf die Frage, warum er denn die Kripo erwartet habe, antwortet er: »Weil ich dem Phantombild in der Zeitung so ähnlich sehe!« Wie sich später herausstellt, hat Thomas Brockhaus auch mit einem Bekannten darüber gesprochen und erklärt: »Die Bullen können ruhig kommen, ich habe ein Alibi.«
Der Verdächtige zeigt sich zunächst kooperativ und berichtet, dass er am Tattag seine Wohnung um 4 Uhr verlassen habe, um mit seinem Mofa Zeitungen auszufahren. Die Tour sei drei Stunden später beendet gewesen. Er sei wohl auch am Tatort vorbeigefahren, doch mit der Tat selbst habe er nichts zu tun. Ein Alibi kann der Mann indes nicht anbieten. Überhaupt ist aus ihm sonst nichts herauszuholen. Die anfängliche Bereitschaft, die Mordkommission zu unterstützen, ist einer schroffen Verweigerungshaltung gewichen.
Aus diesem Grund werden die Vernehmungsbeamten ausgewechselt, zwei Experten mit jahrzehntelanger Berufserfahrung übernehmen. Und sie verhalten sich Thomas Brockhaus gegenüber so, wie man es von Profis erwarten darf: verständnisvoll, verbindlich und vertrauenerweckend, aber gegebenenfalls auch dynamisch, dominant und druckvoll. Dadurch kommt man mit dem Beschuldigten wieder ins Gespräch. Thomas Brockhaus gibt zu Protokoll, dass er am Tatmorgen nicht nur an der Gaststätte vorbeigefahren sei, sondern ganz in der Nähe auch angehalten habe, um sich beim Bäcker nebenan Brötchen zu holen. Dafür sei es aber noch zu früh gewesen. Daraufhin habe er entschieden, erst noch einige Zeitungen auszutragen und später zurückzukehren.
Die Vernehmungsbeamten glauben dem Beschuldigten durchaus, dass er sich zunächst nur in der Nähe des Tatorts aufgehalten hat, doch glauben sie nicht, dass die Geschichte damit auch zu Ende ist. Und nachdem sie Thomas Brockhaus mehrfach ins Gewissen geredet haben, gibt er schließlich zu, durch den Lichtschein, der vom Schankraum der Gaststätte nach draußen gedrungen sei, auf Martha Mohr aufmerksam geworden zu sein. »Das war eine super Gelegenheit, um mit der Frau Geschlechtsverkehr zu haben, dachte ich mir, aber vorher sollte sie noch ›was‹ bei mir machen.« Als die Frau sich jedoch dagegen gesträubt habe, sei er auf das Angebot eingegangen, das Portemonnaie zu nehmen. Erstmals offenbart Thomas Brockhaus Dinge, die nur der Täter wissen kann.
»Als die Frau versucht hat zu flüchten, bin ich hinterhergelaufen«, erzählt er weiter. »Augenblicke später ist sie dann gestolpert und in mein Messer gefallen, das ich in der Küche gefunden hatte.« Also ein tragischer Unfall. Den übrigen Tatablauf schildert der Mann fast genauso, wie es das Opfer getan hat. Wieder haken die Vernehmungsbeamten nach, diesmal wollen sie dem Beschuldigten nicht abnehmen, dass die Sache mit dem Messer lediglich ein Unfall gewesen sei. Und schließlich gesteht der Mann nach eindringlicher Befragung, versucht zu haben, sein Opfer zu töten. Endlich! Thomas Brockhaus wird nach Abschluss der Vernehmung sein Geständnis vorgelegt, er liest die insgesamt 12 Seiten und unterschreibt. Der Fall ist aufgeklärt.
Doch schon auf dem Weg in die Gewahrsamszelle ändert Thomas Brockhaus seine Meinung und widerruft sein Geständnis. Er habe die Frau wohl gesehen, begründet er seinen Meinungsumschwung, habe auch an eine Vergewaltigung gedacht, nur sei es eben nicht dazu gekommen, er habe Martha Mohr kein Leid angetan. In der tags darauf durchgeführten Vernehmung widerruft der Beschuldigte seinen Widerruf und erklärt, das Geständnis vom Vortag sei doch zutreffend. Thomas Brockhaus ist sogar bereit, an einer Rekonstruktion teilzunehmen, und lässt dabei Detailwissen erkennen, das mit den Aussagen des Opfers und dem Tatortbefund übereinstimmt. Für die Ermittler fällt daher nicht weiter ins Gewicht, dass Martha Mohr den Beschuldigten bei einer Wahllichtbildvorlage unter sieben Vergleichspersonen nicht als Täter identifizieren kann. Das kennt man aus vergleichbaren Fällen. Und ein allgemein bekannter und anerkannter kriminalistischer Erfahrungssatz besagt: Der Zeuge ist das schwächste Beweismittel – Vorsicht!
Bevor Thomas Brockhaus einem Ermittlungsrichter vorgeführt wird, darf er längere Zeit mit seinem Anwalt und einem Onkel sprechen, zu dem er ein besonderes Vertrauensverhältnis hat. Am selben Tag schildert er nach ausführlicher Belehrung über seine Rechte vor dem Haftrichter minutiös den Tatverlauf und erklärt, er habe auf die Frau eingestochen, um zu verhindern, dass sie wegläuft und Hilfe holt. Zudem identifiziert Thomas Brockhaus das Küchenmesser als Tatwaffe. Abschließend sagt er noch, dass ihm die Sache sehr leidtue und er sich gerne bei der Putzfrau entschuldigen würde. Der Fall scheint nun endgültig aufgeklärt.
Zwei Tage nach Erlass des Untersuchungshaftbefehls widerruft Thomas Brockhaus sein Geständnis vor dem Ermittlungsrichter. Seine Begründung: »Die bei der Vorführung anwesenden Kriminalbeamten haben mir Angst gemacht, deshalb habe ich mich einfach nicht getraut, die Wahrheit zu sagen.« Warum er als Unschuldiger über Einzelheiten der Tat berichten konnte, kann er der Kripo allerdings nicht erklären. Thomas Brockhaus bleibt im Gefängnis. Einige Tage später kommt sein erster Beschwerdebrief. Der Häftling beklagt sich bitter darüber, dass ihn die Kommissare so lange »gequält« hätten, bis er »durchgedreht« sei. »Ich habe das alles doch nur erfunden!« Weitere Schreiben dieser Art folgen, in denen der mutmaßliche Sexualtäter wortreich seine Unschuld beteuert und in stets neuen Versionen erklärt, dass und warum sein Geständnis gelogen sei. Alle Fragen der Beamten habe er falsch beantwortet, damit ihn die Kripo »endlich in Ruhe« lasse – man habe ihn während der zahlreichen Vernehmungen »sprachlich gefoltert«.
Die hohe Anzahl und Intensität der Unschuldsbeteuerungen stimmen die Ermittler nachdenklich. Ein derart beharrliches Verhalten ist sehr selten. Normalerweise melden sich geständige Mörder nach Abschluss der Vernehmungen nicht mehr zu Wort, sondern warten den Beginn der Hauptverhandlung ab. Und wenn sie sich doch äußern, dann hat es mit dem Strafvorwurf selbst in der Regel nichts zu tun. Auch die Staatsanwaltschaft lässt sich nach einem längeren Gespräch davon überzeugen, weiterzuermitteln. Also kommt es zu einer Einzelgegenüberstellung zwischen Opfer und Täter. Martha Mohr mustert den Häftling durch eine spanische Wand, beginnt heftig zu zittern und krampfartig zu weinen. Authentischer könnte eine Täteridentifizierung nicht sein. Der Fall kann nun doch als geklärt zu den Akten gelegt werden.
Vier Monate später kommt ein angetrunkener junger Mann zur Kriminalwache und erzählt eine abenteuerlich anmutende Geschichte. Er sei Patient in einer örtlichen psychiatrischen Klinik, schickt der fahrig und unsicher wirkende 24-Jährige voraus, und er wisse, dass Thomas Brockhaus unschuldig sei. Ihm, dem Zeugen, habe nämlich ein Mitpatient anvertraut, dass er die Putzfrau niedergestochen habe, um sich Geld für den Kauf von Drogen zu beschaffen. Die Aussage wird protokolliert und an die Mordkommission weitergereicht, jedoch nicht näher nachgeprüft, da der Hinweisgeber keinen Namen nennen wollte. An der Sache scheint nichts dran zu sein, urteilen die Ermittler.
Diese Einschätzung wird revidiert, als sich vier Wochen darauf telefonisch ein Pfleger der besagten Klinik bei der Mordkommission meldet und mitteilt, dass vor ihm Klaus Conrads, ein zur Entgiftung eingelieferter Drogenabhängiger, sitze, der behaupte, Martha Mohr überfallen und mit einem Messer verletzt zu haben. Kurz darauf schreibt Thomas Brockhaus der Kripo erneut und versichert zum x-ten Mal, nicht der Täter zu sein. Schnell stellen die Ermittler fest, dass Thomas Brockhaus und Klaus Conrads zur Tatzeit nur einen Steinwurf voneinander entfernt gewohnt haben. Die Fahnder mutmaßen deshalb, es könnte zwischen den Männern eine Absprache gegeben haben. Aber warum sollte jemand ein Verbrechen auf sich nehmen wollen, das er nicht begangen hat?
Klaus Conrads ist 25 Jahre alt und hat die typische kriminelle Karriere eines Junkies durchgemacht: erziehungsschwache Eltern, Probleme in der Schule und erste Drogenerfahrungen, Aufenthalt in verschiedenen Erziehungsheimen, Umsatteln auf harte Drogen, Beschaffungskriminalität, Verurteilungen, Gefängnis, Entgiftung, Rückfall und so weiter. Seine Tatschilderung entspricht im Wesentlichen dem, was bereits in der Presse nachzulesen war. Eine Beschreibung des Opfers gelingt ihm jedoch nicht. Zur Begründung sagt er, zur Tatzeit unter Drogeneinfluss gestanden zu haben und in seiner Wahrnehmung eingeschränkt gewesen zu sein. Dann nennt Klaus Conrads noch ein weiteres Detail: Neben dem Bargeld sei in der Geldbörse der Frau eine Zeitungsnotiz mit dem Bild von Elvis Presley gewesen.
Die Ermittler halten Klaus Conrads für einen Aufschneider. Nichtsdestotrotz geben sie ihm Gelegenheit, bei einer Wahlgegenüberstellung Martha Mohr aus einer Gruppe von neun Frauen herauszusuchen. Der Versuch misslingt. Wieder spricht der selbst ernannte Täter von drogenbedingten Erinnerungslücken. Auch Martha Mohr kann der Kripo nicht weiterhelfen, als ihr acht Männer vorgestellt werden, darunter Thomas Brockhaus und Klaus Conrads. Sie kann den Täter nicht wiedererkennen, auch in einem zweiten Durchgang nicht. Schließlich legt man beiden Männern fünf Geldbörsen und ein Vergleichsstück des geraubten Portemonnaies vor – Kopfschütteln, keiner kann oder will sagen, was er dem Opfer geraubt hat.
Nach der Gegenüberstellung wird Martha Mohr erneut vernommen, vielleicht fällt ihr noch ein wichtiges Detail ein, hoffen die Ermittler. Und tatsächlich kommt die Frau eher beiläufig auf etwas zu sprechen, das sie bisher trotz mehrmaliger und intensiver Befragung nicht erwähnt hat: das Bild von Elvis und der Zeitungsartikel in ihrer Geldbörse. Da bestehe kein Zweifel, versichert Martha Mohr, Elvis sei doch ihr »großer Schwarm«.
Damit wird alles auf den Kopf gestellt: Nicht Thomas Brockhaus, der das Bild von Elvis auch hätte sehen müssen, ist der Täter, sondern Klaus Conrads. Die Gerichtsverhandlung wird abgesagt und Thomas Brockhaus aus der Haft entlassen. In seiner richterlichen Vernehmung gesteht Klaus Conrads die Tat erneut, kann sich aber an wesentliche Einzelheiten nicht erinnern.
Letzte Zweifel der Mordkommission werden beseitigt, als die Untersuchungsergebnisse des Landeskriminalamts vorliegen: Am Tatort sind geringe Mengen Blut gesichert worden, die über DNA-Analysen sowohl Martha Mohr als auch Klaus Conrads zugeordnet werden können. Überdies gelingt es zwei Spürhunden unabhängig voneinander, den reumütigen Junkie als Spurenleger am Küchenmesser zu identifizieren. Wie es Thomas Brockhaus gelungen ist, Einzelheiten einer Tat zu erfinden, die er nicht begangen hat, bleibt jedoch ein Rätsel.