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Sie hatte sich wieder voll im Griff und die Worte genau in jenem Ton ausgesprochen, den sie beabsichtigt hatte – möglichst cool, möglichst lässig, möglichst gleichgültig. So, als ob es ihr vollkommen egal wäre, ob Martinez am Set, im Krankenhaus oder im Srag lag. Na gut, Letzteres vielleicht doch nicht – einen klitzekleinen Hauch von Mitgefühl hatte sie mitschwingen lassen.

Der Detective nickte mit einem abfälligen, verächtlichen Grunzen – das diesmal nicht ihr, dem Drehbuch oder der Art und Weise galt, mit der ein Schauspieler seine Waffe hielt.

„Verdammte Ärzte. Nein, verdammte Vorschriften und verdammte Psychologen! Im Krankenhaus war ich nach einer Stunde fertig, und das mit der Wartezeit und dem Belehrungsgespräch. Aber der ignorante Shrink, der für unsere Dienstfreigabe zuständig ist...

...kam der mir doch tatsächlich mit Stressbewältigung, Nahtoderfahrung und Traumabewältigung. Herrgott nochmal, das ist ja nur ein Kratzer! Wie soll ich davon PTSD bekommen?!“

An seiner Wange prangte ein großes, viereckiges Pflaster, durch das ein leicht rötlicher Strich durchschimmerte und verriet, wo ihn die Kugel gestreift hatte. Sie konnte nur spekulieren, ob und was für eine Narbe bleiben würde – aber diese würde den hochgewachsenen Latino mit den tiefgründigen, dunklen Augen wohl nicht entstellen. Eher noch mehr begehrenswert und sexy machen.

Sie schüttelte unbewusst den Kopf – was zur Hölle sollten diese Gedanken? Martinez und BEGEHRENSWERT? Dieser Pickel am Arsch ihrer Produktion?

Und natürlich markierte er ihr gegenüber – wahrscheinlich ebenso wie im Police Department und beim Psychologen – den harten Hund. Aber PTSD, das posttraumatische Stresssyndrom, war eine Tatsache. Sie hatte es bei Vietnam Buddies ihres Vaters gesehen, selbst bei jenen, die ohne einem Kratzer aus dem Dschungel zurückgekehrt waren. Onkel Grant hatte seine Erfahrung in aufwühlenden, melancholischen Blues-Songs verarbeitet. Willems war zum Alkoholiker geworden, beinahe daran verstorben und fand dann irgendwann, gerade noch rechtzeitig, zu Gott. Angeblich lebte er jetzt in einem Kloster irgendwo in Griechenland. Falls er noch lebte.

Er war die Albträume und das Zusammenzucken bei jedem Geräusch, das auch nur entfernt an einen Mörser erinnerte, erst losgeworden, als er zu Biken bekan. Auf seiner Fat Boy und tausenden Meilen die Küste entlang, über die Nevadas und durch die Wüste, hatte er Frieden gefunden.

Martinez hatte lediglich eine Schramme in einem kurzen Feuergefecht mit irgendwelchen Idioten abbekommen, die sich dämlicherweise mit dem LAPD angelegt hatten. Und deutlich mehr abbekommen hatten. Zwei Täter tot, einer im Krankenhaus, drei in Polizeigewahrsam. Soviel hatte sie den Nachrichten schon entnommen.

„Sie können aufhören, mich anzustarren. Ja, ich bin es wirklich, und es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen – ich bin voll einsatzfähig, und sie werden dieses Staffelfinale nicht ohne ihrer Nervensäge abdrehen.“

Linnea zuckte kurz zusammen und fühlte sich überaus ertappt. Martinez lachte kurz auf. Es war ein warmes, helles, sympathisches Lachen. Verdammt.

„Haben Sie im Ernst geglaubt, ich weiß nicht, wie sie über mich denken und hinter meinen Rücken reden? Aber, ich sage Ihnen nochmal das Gleiche wie immer: Ich mache nur meinen Job, so wie Sie.“

„Dann machen wir mal unsere Jobs, so gut wir können. Und wenn Sie mir nicht zu viel ins Handwerk pfuschen, fällt am Mittwoch die letzte Klappe. Die Einladung zur großen Party am Donnerstag haben sie bekommen? Und diesmal wirklich auch gelesen?“

Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse – beziehungsweise versuchte er das, ehe ihn der Schmerz in seiner Wange erstarren ließ.

„Ich auch, Detective, ich auch. Aber mich wird die Produktionsfirma zwingen, und Sie das Police Department – wollen Sie wetten?