A ls sich die Flügeltüren zum Speisesaal öffneten und Konsul Wegener eiligen Schrittes und mit offenen, ausgestreckten Armen hereinkam, hatten sich die Gäste bereits um die festlich gedeckte Tafel versammelt. Vereinzelt murmelte man sich die letzten Worte eines Gespräches zu. Oskar, der sich eigens für den Anlass rasiert hatte, kannte niemanden und ordnete zum sechsten Mal sein Besteck neu. Bei seiner Ankunft hatte er darum gebeten, tele fonieren zu dürfen. In einem Telegramm an Karol hatte er sei nem Freund angekündigt, er werde sich an jenem Abend bei dessen Mutter melden, der einzigen Person mit Telefon, die sie beide kannten. Doch dann sagte man ihm im Konsulat, die Leitung sei defekt, man werde aber den Abend über gerne versuchen, eine Verbindung herzustellen.
»Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie«, rief der Konsul, schritt um den langen Tisch herum und begrüßte jeden Gast einzeln mit Nennung des Namens und einem festen Händedruck. »Freue mich, freue mich sehr … Wie schön, dass Sie kommen konnten … Endlich wieder … Oh, Sie sehen gut aus.«
Eine angenehme Wärme ging von dem Gastgeber aus. Oskar fand, er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Hans Albers. Als der Konsul bei ihm ankam, wollte Oskar ihn bitten, keine lange Rede halten zu müssen, doch kaum ließ der falsche Albers seine Hand los, zuckten seine Augenbrauen auch schon dem nächsten Gast entgegen.
Am Ende seiner Runde stellte sich Konsul Wegener an die Stirnseite des Tisches, rieb sich die Hände, deutete auf die mit Samt verkleideten und mit Gemälden behangenen Wände und erklärte: »Ich freue mich, Sie alle hier begrüßen zu dürfen. Einige von Ihnen sind mit diesen Zusammenkünften vertraut, die ich einmal im Quartal ausrichte, andere sind zum ersten und wenigstens eine Person ist vermutlich auch zum letzten Mal hier, haha.«
Seine Stimme verlor sich etwas in dem hohen Saal. Erst jetzt fiel Oskar eine große, in seinem Rücken auf einem Stativ stehende Karte auf, die die Umrisse und die Topografie Europas und die an den Kontinent anschließenden Meere zeigte.
In rascher Abfolge stellte Wegener die Teilnehmer des Abendessens vor, seinen erwachsenen Sohn, eine Handvoll Freunde, vier Mitarbeiter des Konsulats, drei Geschäftsmänner, die mit ihren Frauen erschienen waren, zwei griechische Lokalpolitiker, die dem Vernehmen nach der deutschen Sprache mächtig und ebenfalls mit ihren Gattinnen anwesend waren, der amerikanische Botschafter sowie eine adlige Witwe und ein pensionierter deutscher Professor, dessen Berufsjahre vor Kurzem an einer Athener Universität zu einem Ende gekommen waren.
»Wie Sie wissen, warte ich bei jedem meiner Abende mit einem besonderen Gast auf.« Wegener räusperte sich und sah Oskar an. »Der ein oder andere wird sich an den Artisten des Zirkus Bodoni erinnern und so mancher vielleicht mit Schrecken an den Gründer der Esperanto-Schule. Aber …«, Wegener hob die Hand über das amüsierte Gemurmel, »heute habe ich – verzeihen Sie das Wortspiel – einen Leckerbissen für Sie: Oskar Speck.«
Die Gesellschaft wandte sich dem Hamburger zu, und Oskar spürte ein unangenehmes Glühen in seinem Gesicht.
»Dieser junge Mann ist der Führende eines Wettbewerbs, den unser Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten letztes Jahr ins Leben gerufen hat. Herr Speck ist aussichtsreicher Kandidat für nicht weniger als die Nachfolge der großen Elly Beinhorn. Jedoch fliegt er nicht von Land zu Land, nein, er paddelt. Hören Sie sich das an: Er ist von Ulm aus die Donau entlang, den Vardar hinab bis nach Saloniki und nun die Küste Griechenlands hinunter bis zu uns gerudert. Und zwar in einem Faltboot.«
Erstauntes Raunen hob an, der Konsul nickte zufrieden.
»Wohin ihn die Reise noch führen soll, erzählt Ihnen und euch der Abenteurer am besten selbst.«
Der erste Gang wurde serviert. Livrierte Diener schwärmten mit Tellern aus und servierten cremige Suppen, während Oskar den Anwesenden Unternehmung und Ziel schilderte und gleichzeitig versuchte, sich ebenfalls etwas von der Suppe einzuverleiben, um das Knurren seines Magens einzudämmen. Anschließend regte Wegener seine Gäste dazu an, Fragen zu stellen.
»Entschuldigen Sie, Herr Speck.« Die Worte zitterten. Sie kamen von der alten, adligen Dame, einer zierlichen, ausgemergelten Frau mit hochgesteckten Haaren und Unmengen Schmuck an Hals, Ohren und Armen. »Wie können Sie sich bei dieser Hitze sportlich betätigen? Sie müssen doch auf dem Meer verdursten. Oder trinken Sie etwa Meerwasser?«
»Nein«, sagte Oskar und schluckte hastig einen Löffel Suppe hinunter, »Salzwasser ist nicht gut für den Körper. Ich habe Fünf-Gallonen-Trinkwassertanks in meinem Boot. Aber um meine Vorräte zu schonen, wende ich oft kleine Steine in meinem Mund. Das regt den Speichel an und hilft, den Rachen nicht austrocknen zu lassen.«
»Und was essen Sie auf offener See? Schmieren Sie sich Brote?«
Eine heitere Unruhe entstand, bevor Oskar antwortete.
»Auf dem Meer in einem Faltboot können Sie sich kein Essen zubereiten. Würde ich aufhören, das Boot zu manövrieren, würde ich sofort zurücktreiben oder Gefahr laufen umzukippen. Also beschränke ich mich auf Sardinen, Corned Beef oder Kondensmilch, Konserven. Mit einem Schraubendreher aufstoßen, schnell einsaugen und weiter. In den Buchten gibt’s auch mal Makrelen oder kleine Tintenfische. Die Insel griechen sind überaus nett zu mir. Ich werde oft eingeladen, bekomme Brot, Feigen und Käse geschenkt.«
Der Konsul verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust.
»Aber es gibt auch lange Hungerphasen, Hunger, wie ich ihn bislang noch nicht gekannt habe. In einigen Buchten muss ich vor Erschöpfung und Durst haltmachen und auf schlechtes Wetter warten, bis ich Regenwasser in leeren Dosen sammeln und den Rest in meine Tanks und Feldflaschen füllen kann.«
Respektvolles Flüstern setzte ein, untermalt von einem leisen Wimmern. In die aufkeimende Verwunderung über den ungewohnten Laut fragte der Professor a.D., ein kahler Herr mit einem großen, dunklen Leberfleck auf der Stirn, ob denn so ein Boot einem derart immensen Unterfangen gewachsen sei.
»Die Sonnenschein «, antwortete Oskar und merkte, wie er es auf einmal genoss, darüber zu sprechen, »verfügt über eine Gum mihaut aus sieben Schichten und ein mit Indanthren gefärbtes Baumwollverdeck. Sie hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber eine robuste Außengummierung und feste Nieten, Steven- und Heckbeschläge.«
Oskar musste an seine Schwester denken, die von den Eigenschaften des Bootes nicht die leiseste Ahnung, es ihm aber den noch einst vermacht hatte. Er war plötzlich gerührt über ihre Naivität und Großzügigkeit. Wie konnte jemand von seinem Blut nur dieses zu Boot gewordene Glück nicht erkannt haben? Fast hätte er die anschließende Frage des Professors überhört.
»Aber wie in Gottes Namen wollen Sie denn von hier aus nach Zypern kommen?« Der Mann fragte leise, aber dafür umso eindringlicher. »Zwischen uns und der Insel liegen etliche Kilometer offene See!«
Konsul Wegener schaltete sich ein.
»Genau zu diesem Zweck habe ich dort drüben etwas aufbauen lassen. Herr Speck, wenn ich Sie bitten dürfte.«
Gemeinsam standen Sie vor der Karte, und Wegener hielt einen Zeigestock, während Oskar seinen Plan darlegte. Der Konsul tippte auf die Inseln Andros und Rhodos, deutete auf Kastelorizo und die Südküste der Türkei.
»Die heikelste Überfahrt wird wohl die von Anamur nach Zypern. Fünfundvierzig Seemeilen, über achtzig Kilometer.«
»Sind Sie schon einmal aus Ihrem Boot gefallen?«, fragte ein untersetzter Angestellter des Konsulats keck.
»Nein, ich habe einen Anschnallriemen.«
»Selbst wenn«, mischte sich die Ehefrau eines Geschäftsmannes, ein Glas Wein schwenkend, ein, »dann schwimmt der junge Mann eben zu seinem Boot zurück und fährt weiter.«
Erneut unterbrach ein Winseln die Unterhaltung.
»Jetzt ist aber gut«, erzürnte sich die ausgemergelte Alte und blickte streng unter die mit einem langen Tischtuch versehene Tafel. Dann schnaubte sie missmutig und holte ein kleines, flauschiges Bündel hervor. Der Welpe schlüpfte ihr aus der Hand, wackelte davon, legte sich vor Oskar auf das Parkett, fing an zu knurren, zu winseln und wedelte wie von Sinnen mit dem Schwanz. Die Dame stand auf und fasste sich an die Stirn.
»Entschuldigen Sie. Ich habe Fílippos auf dem Weg hierher auf einem Markt entdeckt. Ein Händler wollte ihn loswerden. Er hat gesagt, er würde ihn eine Klippe hinunterwerfen. Aber sehen Sie ihn sich doch an: so hübsch, knochenbraun und eine süße schwarze Schnauze. Tapsig wie ein frisch geschlüpftes Alpaka-Lama. Haben Sie schon mal ein Alpaka …?«
»Fílippos?«, fragte der Konsul.
»Ja, wie mein Großvater. Mir ist so schnell nichts Besseres eingefallen, und jede Kreation auf Gottes Erdboden muss doch einen Namen haben.«
»Ist das ein Kangal?«, fragte Wegeners Sohn, ein rothaariger Jugendlicher, dessen wulstige Lippen zu seinem lümmelhaften Temperament passten.
Die Alte zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß nur, dass ich ihn nicht behalten kann. Ich bin nicht mehr wendig genug, um ständig mit ihm draußen zu sein.«
»Darf ich Ihnen zu Ihrem neuen Familienhund gratulieren«, sagte der amerikanische Botschafter süffisant dem Konsul zugewandt.
»Daraus wird nichts. Ich reagiere allergisch auf Hundehaare.«
»Ich nehme ihn.«
Alle Köpfe wandten sich Oskar zu, der neben dem hechelnden Tier hockte, es streichelte und dabei versuchte, sich dem Lecken des Hundes zu widersetzen.
»Wissen Sie, wie groß die Viecher werden?«, blaffte Wegeners Sohn mit forschem Blick. »Anatolische Hirtenhunde sind im ausgewachsenen Zustand groß wie Bären. In ein paar Monaten versenkt das Tier Ihr Boot, wenn es eine Pfote hineinsetzt.«
Er lachte zynisch.
»Bis dahin«, beschwichtigte der Konsul, »ist Herr Speck längst bei der Siegerehrung auf Zypern.«
»Entschuldigung!« Eine Frau erschien hinter einer der Flügeltüren. »Die Leitung …«, sagte sie in Oskars Richtung, »sie steht jetzt. Wir haben Herrn Gerlich am Apparat, beeilen Sie sich besser.«
»Spargel? Hallo?«
Karol bellte die Worte in die Muschel. Seine Stimme war untermalt von einem grässlichen Rauschen, als führten das Meer und alle Flüsse, die zwischen ihnen lagen, parallel ihre eigenen Gespräche.
»Karol, Mann, wie lange hab ich deine Stimme nicht gehört? Du bist es wirklich. Was macht Hamburg, was treibst du so?«
Oskar merkte, wie unsicher er klang, vor Freude, vor Kummer, vor Einsamkeit, Sehnsucht, Angst.
Karol lachte, kehlig, wie immer.
»Du gondelst in der Welt herum und fragst mich , was ich mache? Eigentlich sitze ich die ganze Zeit da und schmöke, Osse.«
»Gut«, antwortete Oskar, da er sich außerstande sah, mehr zu sagen.
»Junge, die Leitung ist ein Albtraum.«
»Allerdings, du klingst, als würdest du lispeln. Erzähl mal, was gibt’s Neues?«
»Na, du hast Nerven. Die haben mir gesagt, das Gespräch könnte jederzeit unterbrochen werden.«
»Komm schon. Warst du zuletzt mal im Hoppe?«
»Klar. Ich bin jeden Abend mit einem Porter mit Sekt am Tresen verabredet. Die Jungfrauenmilch hab ich hinter mir gelassen, Osse. In der großen weiten Welt trinkt man Nikolaschkas, Golden Slipper oder Cincinnati-Cocktails. Stimmt doch, oder?«
»Hast du Lieselotte getroffen?«
»Fehlt sie dir etwa? Du wirst doch jetzt nicht verweichlichen?«
»Nein«, sagte Oskar leise. »Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht als alter einsamer Mummelgreis ende, das ist alles. Erzähl mal ein bisschen vom Hoppe.«
Oskar hörte das Zischen eines Streichholzes und Karols Atem. Die Verbindung war wirklich miserabel, und doch meinte Oskar, ein winziges Zittern in der Stimme seines Freundes zu vernehmen, als dieser den Rauch auspustete.
»Clara hat ihr drittes Kind bekommen und ist damit so überfordert wie ein Einbeiniger mit einem Hindernislauf. Erinnerst du dich noch an die Kruse? Sigrid? Die Blondine, der man den Othmarschen-Mord nachgesagt hat? Versucht jetzt jedem, der es nicht hören will, einen Zaubertrank aus Fischbrühe und Absinth anzudrehen. Soll bei Männern den Schwanz und bei Frauen die Oberweite vergrößern. Ihre Freundin, diese Dunkle mit dem schiefen Pagenschnitt, hat mir erzählt, sie habe davon probiert und ihr Busen sei daraufhin zum schönsten der Welt angeschwollen. Hätten ihr Dutzende von Seemännern und seriöse Geschäftsleute aus Über see bestätigt.« Karol inhalierte am anderen Ende tief und blies erneut Rauch aus. »Also nehm ich ihre Hand und sag: ›Schätzchen, deine Mäuseschlafsäcke können nicht mal mit den Möpsen vom dicken Klaus aus Niendorf konkurrieren.‹«
Oskar lehnte mit der Stirn gegen das Fenster, wischte sich mit dem Handrücken Tränen vom Jochbein. Der Raum um ihn herum war dunkel, nur das schmale Licht, das durch den Türspalt zum Speisesaal fiel, erhellte den Fischgrätenboden trichterförmig. Das Haus des Konsuls lag an einem Hang. Während Oskar auf die leuchtende abendliche Athener Innenstadt blickte und die schlafenden Schiffe des in einiger Entfernung liegenden Hafens, ahmte sein Freund täuschend echt Konrad Lohrmann nach, den krächzenden Barmann des Café Hoppe.
»Hör mal«, unterbrach ihn Oskar und kniff mit den Schneide zähnen etwas Haut von seiner Lippe, »ich bin mir nicht mehr ganz so sicher, ob ich gewinne. Es gibt da zwei Männer, die ich unterwegs getroffen habe. Ich wollte dir schon davon schreiben, aber … Jedenfalls haben die schnellere Boote und … Ich bin so ein Idiot, Karol. Ich habe denen von dem Wettrennen erzählt.«
Einen Augenblick lang war nur das Rauschen der Leitung zu hören.
»Mach dir da mal keine Gedanken, Spargel. Du bist der schnellste Fahrer der westlichen Hemisphäre. Schneller als Hradetzky. Außer dem weiß ich doch längst von den beiden Spaßvögeln. Von Stäb lein hat’s mir erzählt. Da kannst du beruhigt sein. Die sitzen ir gendwo bei Istanbul fest, Bursa, glaube ich. Ein Bekannter seines Vaters, der in der Gegend als Diplomat arbeitet, hat die beiden ausfindig gemacht. Hatten wohl Schwierigkeiten mit dem Meer, die Jungs. Für die ist der Wettkampf vorbei, Osse, mach dir keine Sorgen.«
»Wenn du meinst. Was macht deine Stelle? Hast du das Geschäft mit den Ständen von Erich schon übernommen?«
Karols heiseres Lachen.
»Erich Weißdorn. Das ist schon ein Gangster, was?«
»Was meinst du?«
»Komischer Kerl, finde ich, na, was soll’s.«
»Verstehe ich nicht.«
Karol blies Rauch aus.
»Was ist los, sag schon«, insistierte Oskar.
»Die Pfeife hat mich entlassen. Oder sagen wir entlassen lassen. Ein Kumpel von ihm hat mir die frohe Kunde überbracht. Angeblich, weil ich Zahncreme zu günstig verhökert habe. Na ja, soll er alleine glücklich werden mit seinem Krempel.«
»Ach du Scheiße. Und jetzt?«
»Jetzt muss ich irgendwie den kleinen Stäblein becircen, dass er mir mein schönes Königreich bei den Chinesen nicht unterm Hintern wegzieht. Egal jetzt. Schluss damit, sag mir lieber, was du alles erlebst. Wie ist sie so, die schöne, weite Welt? Ist sie so, wie wir zwei kleinen Spinner uns das immer vorgestellt haben? Alles groß und schön? Glänzend wie Pudding?«
»Ja«, sagte Oskar matt, »glänzend wie Pudding. Hab schon ein paar schöne Strände gesehen.«
Seine Stimme gehörte ihm nicht.
»Und der geheime Blick, Osse? Was macht der geheime Blick?«
»Du, ich glaube, ich habe wirklich was gefunden. Ich schicke es in den kommenden Tagen Seppel. Heinrich traue ich nicht mehr.«
»Sehr gut«, johlte Karol, etwas zu laut, um glaubhaft zu wirken. »Ich wusste es, ich hab’s gewusst. Siehst du, wir brauchen diesen blöden Wettbewerb gar nicht. Aber wart’s ab, den gewinnst du trotzdem.«
»Ich an deiner Stelle wäre sauer auf mich.«
»Bist du verrückt? Denk so was nicht mal, hörst du? Das mit diesen zwei Komikern, wie heißen sie noch …?«
»May und Fischer.«
Etwas knackte.
»Vergiss sie einfach. Das tanzt sich glatt.«
»Sehe ich genauso. Ich werd schon gewinnen. Und dann komme ich wieder, und dann sollen sie uns kennenlernen.«
»Genau«, sagte Karol, »dann sollen sie uns kennenlernen. Wir …«
Die Leitung war tot.
Oskar ließ den Hörer sinken, hörte wie aus weiter Entfernung das Surren, das aus der Muschel strömte. Ein Zweig pochte leise gegen die Scheibe.
Als er wieder den Saal betrat, rutschte ihm Fílippos entgegen, schaffte es nicht mehr rechtzeitig, auf dem Parkett abzubremsen, und schlitterte gegen sein Bein. Er nahm den Hund auf den Arm und versuchte erneut, dessen aufmüpfiger Zunge auszuweichen.
»Sie kommen gerade rechtzeitig«, sagte der Konsul und griff nach einer Kiste auf der Anrichte. »Wir haben ein Geschenk für Sie. Bitte sehr.«
»Ein Ösfass«, sagte Oskar müde, immer noch in Gedanken bei Karol. »Vielen Dank. Zum Auslenzen. Kann ich gebrauchen. Die Bilge der Sonnenschein hat schon auf der Donau genug Wasser getragen. Musste immer mit ’nem Schwamm ausösen.«
»Mmh!« Der amerikanische Botschafter genehmigte sich ge rade einen Schluck, als er – ein miserabler Schauspieler – einen Laut von sich gab, um Oskars Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Als Sie gerufen wurden vorhin, fragten wir uns, was Sie machen, wenn Sie mit dem Hund kentern? Wenn Sie zwischen den Inseln bei hohem Seegang umkippen?«
»Das habe ich Ihnen doch gesagt«, schaltete sich die alte Dame mit ihrer wackelnden Stimme ein, »Herr Speck wird sich Fílippos schnappen und mit ihm an Land schwimmen.«
»Auf offener See?«
Der Botschafter ließ einen zischenden Laut hören.
»Nein«, sagte Oskar, »das geht leider wirklich nicht.« Er wendete das Ösfass in seinen Händen. Dann sah er Fílippos an und lächelte. »Wenn wir zwei kentern, war’s das für uns. Ich wollte das vorhin schon erwähnen: Ich kann nicht schwimmen.«