»Sagten Sie nicht, es wäre unmöglich, von Ulm aus mit einem Faltboot Zypern zu erreichen?«
»Ja.«
Sie wartete auf eine Erklärung.
»Man braucht nicht eins, sondern anderthalb Boote. Ich habe es dank der Ersatzteile geschafft, die ich in Mazedonien bei Serebrowitsch erhalten habe.«
Sie sah ihn mit gespielter Verachtung an.
»Wie ging es weiter?«
»Ich hatte Glück, dass mich ein Grieche namens Oréstis am Strand gefunden hat. Er hat mich, Fílippos und mein Boot auf einem Karren zu seiner Familie in ein Bergdorf namens Lagoudera gebracht. Ich habe nichts davon mitbekommen. Oréstis und seine Familie haben sich rührend um mich gekümmert. Ich weiß nicht, was ohne sie passiert wäre.«
»Sie hatten also gewonnen.«
»Ja, ich habe Zypern tatsächlich als Erster erreicht. Ich hatte meinen Teil erledigt und war endlich befreit von diesem elenden Wettbewerb.«
Oskar rückte das Wasserglas auf seinem Nachttisch zurecht.
»Wann haben Sie Karol darüber informiert?«
»Ich hatte ihm bereits aus Antalya einen Brief geschickt, ihm erklärt, wann ich auf Zypern ankommen würde, damit er es gleich unserem Vermieter und der Brauerei mitteilen konnte. Auch Liese lotte und meiner Familie habe ich geschrieben, sie sollten mir ihre Post zum Deutschen Konsulat nach Larnaka senden.«
»Was war mit der Kupfermine?«
Er schüttelte belustigt den Kopf.
»In einem Loch in der Erde zu arbeiten kam für mich nicht mehr infrage. Ich wusste ja nicht mal, ob die Firma überhaupt noch Arbeiter suchte.«
»Eins verstehe ich nicht. Wenn Ihre Reise dort zu Ende ging, wie sind Sie dann hierhergekommen?«
Nebenan begann der Geisteskranke – es schien doch ein Mann zu sein –, erneut sein Jammerlied zu singen.
»Können wir das woanders besprechen? Ich würde gerne mal nach unten in den Garten. Mal wieder an die frische Luft und in eine andere Umgebung. Ich muss nachdenken, und hier kann ich das nicht.«
»Ab Mittwoch, sagt Doktor Nowack.«
»Oder ins Café Taman.«
Er klang plötzlich verändert.
»Einen Moment. Gab es denn auf Zypern keine große Feier? Die Brauerei und dieser Tschammer von Osten wollten doch …«
»Natürlich gab es die, und was für eine. Zwei oder drei Wochen nachdem Oréstis mich gerettet hatte, sind wir zusammen nach Larnaka gefahren. Er wollte mir die Stadt zeigen, hatte mir eine Auftragsarbeit beschafft, ich sollte für eine Fabrik eine Reihe Schreibmaschinen reparieren. Und als ich zum deutschen Konsulat ging, lag tatsächlich eine Einladung zur Siegerehrung für mich bereit. Sie sollte ein paar Tage später, am 21. August 33 stattfinden. Die Brauerei hatte dafür eigens ein riesiges Schiff angemietet. Also sind Oréstis und ich ein paar Tage in der Stadt geblieben. Er hat mir sogar einen billigen Anzug gekauft und keinen Pfennig dafür akzeptiert.«
Das Jaulen nebenan wurde lauter.
»Haben Sie den Gewinn noch auf Zypern bekommen? Das Geld?«
»Erst mal habe ich am Tag der Siegerehrung zwei weitere Briefe erhalten.«
»Von wem?«
»Einer war von Lieselotte, der andere von Karol.« Er setzte sich auf den Rand des Bettes, mit dem Rücken zu ihr, legte den Kopf in den Nacken. »Ich würde jetzt wirklich gerne ins Taman.«
Sie legte den Bleistift auf ihren Schreibblock.
»Was zum Teufel ist auf Zypern passiert?«