Von Chicago nach Dallas
Kaum eine Route ist weltweit so legendär wie die Route 66! Für viele USA-Fans ist es ein Traum, einmal quer durchs Land von den Great Lakes bis zum Pazifik zu cruisen. Auch wenn die Blütezeit der Mother Road längst verblasst ist, verspricht ein Roadtrip unvergessliche Einblicke in frühere Zeiten – und ermöglicht es, ganz unterschiedliche Bundesstaaten kennenzulernen. Für eine Reise sind die insgesamt 2451 Meilen zwischen Chicago und Santa Monica recht weit. Alternativ bietet sich eine Entdeckungsreise nur für den Abschnitt zwischen Chicago und Dallas an. Und wer geschickt plant, nutzt hierfür die besonders preiswerten Angebote für die Überführungsfahrt eines fabrikneuen Wohnmobils (siehe Kapitel 1.7).
Mit der imposanten Skyline und den Stränden am Lake Michigan lässt es sich gut ein oder zwei Tage in Chicago verbringen, ehe der Roadtrip startet. Das Tagesziel liegt nicht weit: Joliet, die fünftgrößte Stadt in Illinois. Insgesamt führt die Mother Road zunächst rund 480 Kilometer durch Illinois. Wer nach Abholen und Einkaufen Lust auf einen Snack (oder mehr) hat, stoppt im Örtchen Willowbrook mit seinem legendären Diner Dell Rhea‘s Chicken Basket, seit den späten 1930er-Jahren geöffnet und seit 1992 mit seinem Brathähnchen in der Route 66 Hall of Fame gelistet. Der Campingplatz neben dem Casino eröffnet die Chance, gleich an zwei Abenden mit Glück im Spiel die Reisekasse aufzustocken.
In Joliet bietet sich ein Abstecher ins Gefängnis an – natürlich nur als Besucher. Und in Betrieb ist es seit 2002 ohnehin nicht mehr. Doch eine Besichtigung lohnt sich nicht nur für Fans des Filmklassikers „Blues Brother” und der TV-Serie „Prison Break“, für die das Gefängnis Drehort war. Zudem können sich Reisende im Joliet Area Historical Museum and Route 66 Welcome Center mit interaktiven Ausstellungen und historischen Exponaten auf den Roadtrip einstimmen. Ebenfalls bei einem Stadtspaziergang einen Stopp wert: das Rialto Square Theatre. Das 1926 erbaute Theater gilt mit seinem Mix aus griechischer, römischer, französischer sowie byzantinischer Innenarchitektur als eines der schönsten Theater in den ganzen USA.
Dieses Motiv in Pontiac sollte sich niemand entgehen lassen: Das Route 66-Schild auf der Rückseite des Route 66 Association Hall of Fame and Museum gilt als größtes der Welt. Im Inneren der früheren Feuerwache entdecken Reisende eine imposante Ausstellung zur Mother Road: Zapfsäulen, Werbeschilder, Fotos und die Sammlung der Route 66-Ikone Bob Waldmire. Die Stadt punktet überdies mit mehr als weiteren 20 Murals (Wandbildern) sowie dem Pontiac-Oakland Automobile Museum & Resource Center, eine der weltweit größten Oldtimer-Sammlungen der Marken Pontiac und Oakland.
Bei der Weiterreise passieren Reisende die Ahornsirup-Farm Funks Grove Pure Maple Sirup Farm im kleinen Township. Freunde des Süßen decken sich gleich ein.
Am Nachmittag ist schließlich Springfield erreicht. Die Hauptstadt von Illinois liegt im Herzen des Bundesstaates und ist Heimat des legendären US-Präsidenten Abraham Lincoln. Die Abraham Lincoln Presidential Library and Museum sowie die Lincoln Home National Historic Site, in dem er 17 Jahre wohnte, widmen sich seinem ereignisreichen Leben. Zudem ist das sehenswerte Städtchen ein Hotspot der Mother Road-Historie: darunter das legendäre Motorheads Bar and Grill als Roadhouse und Museum sowie die Mahan‘s Filling Station als sehenswertes Beispiel einer Tankstelle aus der Frühzeit der Route 66 und der „Lauterbach Giant“, einer der bekanntesten „Muffler Men“, dieser einzigartigen überlebensgroßen Skulpturen. Und alljährlich Ende September findet in der 115.000-Einwohner-Stadt das International Route 66 Mother Road Festival statt.
Extra-Tour: Reisende mit viel Zeit bleiben eine weitere Nacht und steuern auch das Dana Thomas House an, ein Meisterwerk des Architekten Frank Lloyd Wright.
Heute erwartet Zeitreisende eines der bekanntesten Restaurants entlang der legendären Strecke: Das Ariston Café ist das angeblich älteste Route 66-Restaurant, gegründet in Carlinville und 1929 nach Litchfield umgezogen.
Schließlich ist St. Louis in Missouri erreicht. Wahrzeichen Nummer eins: der 192 Meter hohe Gateway Arch im gleichnamigen Nationalpark. Der Steinbogen erinnert an den US-Präsidenten Thomas Jefferson sowie die Expedition von Lewis und Clark im frühen 19. Jahrhundert gen Westen. Der Gateway Arch (ein Aufzug bringt Gäste nach ganz oben) ist sogar von der Route 66 aus sichtbar. Auch von den nachgebauten Schaufelraddampfern auf dem Missouri bietet sich ein schöner Blick.
Qual der Wahl: Auf der heutigen Etappe lässt sich viel erleben: von den Höhlen im Onondaga Cave State Park über die St. James Winery (Wein kaufen für den weiteren Trip!) bis zum gemütlichen Restaurant Sybill's St. James mit seinen gemütlichen Schaukelstühlen auf der Veranda. Zum Übernachten bieten sich der State Park oder das Ozark Outdoors Resort (ideal für Wassersport aller Art) an.
Mehrere hundert Millionen Liter sprudeln jeden Tag aus der
Bennett Springs im gleichnamigen State Park. Ein faszinierendes Spektakel für Angler, die hier Forellen fischen, und Wanderfreunde. Das nahe Lebanon – zur Blütezeit der Route 66 ein bedeutender Zwischenstopp – ist bekannt für seine historische Innenstadt und die Heartland Antique Mall mit mehr als 400 Antikgeschäften sowie zahlreichen Outlet Stores.
Springfield, Missouri spielt eine besondere Rolle in der Geschichte der Route 66: Hier erhielt die Streckenführung 1926 ihren Namen. Mehrere Museen beleuchten die Historie. Zudem begeistert die Stadt mit der größten und ältesten Filiale des Outdoor-Ausrüsters Bass Pro Shops Outdoor World (bekannt aus TV-Serie „Last Man Standing“ mit Tim Allen) sowie dem daneben liegenden Aquarium. An den Amerikanischen Bürgerkrieg erinnert das Wilson’s Creek National Battlefield, 1861 Schauplatz einer bedeutenden Schlacht. Die Fantastic Caverns sind Amerikas einzige befahrbare Höhle und können auf knapp einstündigen Jeepfahrten besichtigt werden.
Vormittags lassen sich im kleinen Halltown die viktorianischen Villen gut bei einem Spaziergang erleben. Tulsa als zweitgrößte Stadt in Oklahoma ist geprägt vom Arkansas River sowie einem sehenswerten Architekturmix aus sehenswertem Art déco und modernen Hochhäusern, befeuert vom Ölboom. Rund um die 1924 eröffnete Blue Dome Tankstelle gruppiert sich heute ein lebendiges Unterhaltungsviertel. Für Abwechslung von der Route 66-Nostalgie sorgen zahlreiche Museen und Attraktionen wie beispielsweise ein Aquarium.
Oklahoma City zählt zu den attraktivsten Städten entlang der Mother Road. Selbst zwei Nächte reichen kaum aus, die Vielfalt zu genießen. In die Zeiten des Wilden Westens entführt die Stockyard City samt Auktionen, vielen entsprechenden Restaurants und Cowboy-Geschäften, während im State Fair Park immer wieder Pferdeshows stattfinden. Passend dazu sind regelmäßig Polizisten auf Vierbeinern unterwegs. Mehrere Museen erinnern an das historische Erbe der Region, auch der indigenen Bevölkerung. Das Oklahoma City National Memorial & Museum ist wiederum den Opfern und Rettungskräften des furchtbaren Bombenanschlags im Jahr 1995 mit 168 Toten gewidmet. Familien erkunden die 213 Meter lange Zipline, den Zoo oder das Science Museum. Und vom Wassertaxi auf dem Bricktown Canal eröffnet sich ein anderer Blick auf Oklahoma City.
Nach so viel Großstadttrubel spricht viel für einen entspannten Tag in der Natur: Der Foss State Park liegt ideal zur Route 66, um mit Wandern, Reiten oder Aktivitäten auf dem Wasser Kraft zu tanken. Unterwegs unbedingt für einen Snack oder gemütlichen Lunch im Lucille’s Roadhouse in Weatherford halten – oder kombiniert mit einem Museumsbesuch am Ableger in Clinton.
Abseits der klassischen Route 66 findet sich eine echte Idylle: der Palo Duro Canyon bei Amarillo in Texas. „Die Schlucht ist atemberaubend, der Mesquito-Campingplatz wahrlich ein Hammer“, schwärmt ein Hamburger Ehepaar noch Jahre nach seinem Besuch im Palo Duro Canyon. Hier unbedingt zwei Nächte bleiben – zumal sich auf der Hinfahrt noch ein Besuch des Route 66 Museums in Elk City empfiehlt.
Bis zum Ende der Mother Road am Santa Monica Pier ist es noch weit. In New Mexico, Arizona und Kalifornien erwarten Wohnmobilreisende zahlreiche weitere Highlights, beispielsweise die Nationalparks Grand Canyon und Petrified Forest – und natürlich viel Route 66-Nostalgie. Wer noch viel Zeit hat, steuert seine rollende Ferienwohnung bis zum Pazifik. Ansonsten bietet sich Dallas für die Rückgabe und den Heimflug an. Auto-Freaks legen noch einen Umweg zur Cadillac Ranch und den Historic District in Amarillo ein, bevor es in die texanische Metropole geht.
In der Metropolregion Dallas/Fort Worth lässt sich ein Roadtrip ausklingen, ideal für ein oder zwei Nächte im Hotel fürs Sightseeing. Zudem fliegen gleich zwei Airlines nonstop nach Deutschland.
INFO
Gesamtlänge: etwa 1600 Meilen (16 Tage)
Beste Jahreszeit: März bis November
An-/Abreise: Lufthansa und ihr Partner United Airlines fliegen nach Chicago, nach Dallas geht es mit Lufthansa sowie American Airlines.
Tipps:
•Die Entfernungsangaben können variieren, wenn der Interstate statt der originalen Streckenführung der Route 66 gefolgt wird.
•Die Einwegmiete lässt sich bei einer Reise entlang der Route 66 nicht vermeiden.