23

12.00 Uhr

Nachdem sie den Rechner von Mandy Klimmek bei den IT-Spezialisten abgeben hatten, suchten sie Kommissar Wolfgang Peterberg vom Drogendezernat auf. Peterberg war Anfang vierzig und zwei Köpfe größer als Franka. Zu einer verwaschenen Jeans trug er einen orangefarbenen Kapuzenpulli aus Fleece. Mit dem lockeren Kleidungsstil hatte er sich seiner Klientel angepasst. Da er offenbar gerade Mittagspause hatte, hielt er eine aufgeklappte Tageszeitung in den Händen. Seine Füße lagen lässig auf der Schreibtischkante. Als Franka und Micha eintraten, faltete er die Zeitung zusammen. Das Papier raschelte vernehmlich, und Franka sah die fette Zeile auf der ersten Seite. »Fangt die Bestie von Wuppertal!«, stand dort als reißerischer Aufmacher. Also gab es doch eine Zeitung, die die Geschehnisse der letzten Nacht groß ausgeschlachtet hatte. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis sie sich mit den Journalisten herumärgern mussten, fürchtete Franka und unterdrückte einen Seufzer. Sie hoffte, dass der Pressesprecher auf Zack war und ihnen den Rücken freihielt.

»Mahlzeit!« Peterberg betrachtete seine Besucher. »Was kann ich für euch tun, Kollegen?«

»Es geht um Ritualmord«, kam Franka ohne Umschweife auf den Punkt und setzte sich unaufgefordert auf einen der beiden freien Besucherstühle vor Peterbergs Schreibtisch. Micha tat es ihr nach und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

»Ah, die Sache mit der Frau, die todgebissen wurde.« Peterberg nickte und deutete auf die Zeitung. »Die Aasgeier von der Presse haben alles rausgeholt, das muss man denen schon lassen. Aber zurück zum Täter: Das muss wirklich ein Monster gewesen sein.« Er nahm die Füße von der Schreibtischkante. »Und jetzt seid ihr auf den Trichter gekommen, dass es sich um einen Ritualmord handeln könnte, der seinen Ursprung ausgerechnet im Sektenmilieu hat?«

»Ich dachte an Satanisten, Kannibalismus oder so was in der Richtung«, erwiderte Franka. »Hast du da etwas für uns? Einen Fall aus der Vergangenheit, der sich so oder ähnlich zugetragen hat?«

»Satanisten gehen anders vor«, winkte Peterberg ab und machte sich an seinem Computer zu schaffen. »Sie schänden Gräber, exhumieren Leichen, vergehen sich an den Totenschädeln, schlachten Hühner und trinken das Blut der Tiere - so was eben.«

»Und sie vögeln ihre weiblichen Opfer«, fügte Micha hinzu. »Sie vögeln sie während ihrer perversen Messen auf dem Altar, vor den Augen der anderen.«

»Die Tote wurde vergewaltigt?« Peterbergs Kopf tauchte hinter dem Monitor auf. Franka und Micha nickten stumm.

»Dann sieht die Sache allerdings etwas anders aus.« Der Kollege klickte mit der Maus herum, fand aber offenbar nichts und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Nichts Vergleichbares in der letzten Zeit. Ich habe aber hier nur die Daten aus NRW.«

»Du meinst, der Täter könnte eine ähnliche Tat schon mal in einem anderen Bundesland begangen haben?

»Das kommt oft vor, deshalb würde ich es nicht ausschließen.«

»Kannst du die Daten der anderen Bundesländer bekommen?«

»Ich müsste mit dem BKA sprechen, die Kollegen in Wiesbaden haben alles auf dem Server und wissen bestimmt mehr als wir. Das dauert aber etwas.«

»Worauf wartest du noch?«, fragte Micha. Er sprang auf und bedeutete Franka, ihm zu folgen. »Komm schon, ich will wissen, was die Auswertung von Belters Handy ergeben hat!«

»Um 18 Uhr ist unser Meeting«, rief Franka, an Peterberg gewandt. »Bis dahin muss ich wissen, ob es sich bei der Bestie um einen Wiederholungstäter handeln könnte. Kriegst du das hin?«

Peterberg grinste breit. »Klar, Kollegen, kein Problem.« Doch Franka und Micha waren schon draußen. »Gut, danke für die schnelle Hilfe«, murmelte Peterberg und seufzte, als er zum Telefon griff und die Nummer vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden wählte.