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14.00 Uhr

Niemand beobachtete ihn, als er die Mietwohnung aufschloss und betrat. Im dunklen Korridor roch es muffig. Vielleicht sollte er mal lüften, dachte er, doch das hatte Zeit. Er fieberte der Nacht entgegen. Jetzt ging er in das kleine Wohnzimmer. Neben der Couch stand der Computertisch. Er zögerte. Spürte, wie die innere Unruhe wuchs. Lenkte sich ab, indem er die blickdichten Vorhänge, die bis zum Boden reichten, einen Spalt breit auseinander zog. Es war ein grauer Tag, trostlos und trist. Nebel hing über der Stadt, und es war nicht richtig hell geworden heute. Die Autos fuhren mit Licht, an den Straßenrändern hatte sich ein unansehnlicher Schneematsch gebildet. Er fröstelte und zog die Vorhänge wieder zu. Starrte wieder zum Rechner. Dann ließ er sich auf den Stuhl vor dem Computertisch sinken und schaltete den Computer ein. Wie gebannt starrte er auf den Monitor und sah zu, wie das System bootete. Als der Desktop sichtbar war, ging er ins Internet.

Seine Finger zitterten leicht, Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Er sehnte sich nach einem Opfer, hielt es nicht mehr lange aus. Doch diesmal hatte er nicht viel Zeit, um seine Tat vorzubereiten. Er sehnte sich nach warmem Blut, nach pochenden Adern und frischem, pulsierendem Fleisch. Der Gedanke an den Moment, in dem er seinem inneren Zwang zum ersten Mal gefolgt war, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Insgeheim hatte er gehofft, diesen Druck dann endlich los zu sein, doch die Sehnsucht nach einer Wiederholung wuchs seitdem immer mehr.

Er hatte eine halbe Stunde Zeit. Nachdem er sich in seinen Chatraum eingeloggt hatte, durchsuchte er die Liste der Leute, die online waren. Sein Gesicht wurde starr, denn hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte. Sie war da. Er hatte sie längst als nächstes Opfer auserkoren. Es gab kein Zurück mehr für sie, da war er sicher. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, wann die Falle zuschnappte. Er war reif für ein neues Opfer. Je schneller, desto besser. Er konnte es kaum erwarten.