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6.05 Uhr

Mit dem Vorsatz, wenigstens noch zwei, vielleicht sogar drei Stunden schlafen zu können, waren sie, nachdem am Tatort alles Nötige veranlasst worden war, zurück nach Barmen gefahren. Schweigend hatten sie im Auto nebeneinander gesessen. Jeder hatte seinen Gedanken nachgehangen. Als Micha den Dienstwagen in der Tunnelstraße stoppte, zögerte Franka, auszusteigen. »Was machst du jetzt?«

Er zuckte die Schultern. »Ich fahr nach Hause und versuche, noch ein, zwei Stunden Schlaf zu bekommen.« Dunkle Ringe lagen unter Michas Augen, und sein Dreitagebart war zu einem schwarzen Schatten in seinem markanten Gesicht geworden. Er wirkte völlig übernächtigt, war aber zu stolz, sich die menschliche Schwäche einzugestehen.

»Mach das nicht.«

»Was?«

»Komm schon mit hoch. Kannst das Sofa in der Stube haben.« Sie lächelte und legte eine Hand auf sein Knie. Er zuckte zusammen, zog das Bein aber nicht weg. Jetzt grinste er. »Wenn ich nicht so müde wäre, würde ich mich nicht mit dem Trostpreis zufrieden geben.« Micha zog die Handbremse an, schaltete den Motor ab und löste den Sicherheitsgurt. »Und außerdem heißt es Wohnzimmer, nicht Stube. Du bist wieder in Wuppertal«, erinnerte er sie.

Franka grinste gequält. »Manchmal bist du ein richtiges Arschloch, Michael Stüttgen.«

Er folgte ihr in die Wohnung. Nachdem Franka ihm eine Wolldecke angereicht hatte, entledigte sich Micha seiner Schuhe und der Hose und machte es sich auf der Couch im Wohnzimmer bequem. Während Franka noch kurz im Bad verschwand, um sich die Zähne zu putzen, war er bereits eingeschlafen. Als sie aus dem Bad kam, hörte sie sein gleichmäßiges Schnarchen aus dem Wohnzimmer. Lächelnd schaltete sie die kleine Stehlampe aus und begab sich ins Schlafzimmer, wo sie eilig unter die Decke kroch und in den nächsten fünf Minuten eingeschlafen war. Sie zollte ihren Tribut für die Anstrengung der letzten Tage und Nächte.