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9.50 Uhr

Als sie ihr Büro betraten, das nur zwei Türen neben dem von Bever lag, pfiff Micha durch die Zähne. Er hatte die Rose, die in einer schmalen Vase auf Frankas Schreibtisch stand, zuerst gesehen.

»Von wem ist die denn?«, wunderte sich Franka und schnupperte an der Rose. Einen Zettel, eine Karte oder eine Nachricht suchte sie indes vergeblich.

»Von Bever ganz bestimmt nicht«, brummte Micha, sank herunter an seinen Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Danach erhob er sich wieder und suchte in der Hosentasche nach Kleingeld. »Ich bin dann mal am Kaffeeautomaten.«

»Ist gut.« Franka nickte gedankenverloren. Als sie alleine im Büro war, schlug das Telefon an. Ein internes Gespräch, stellte sie mit Blick auf das Display fest. »Hahne?«

»Hast du den Gruß schon entdeckt?«

»Bernd«, murmelte sie überrascht.

Er lachte. »Ich hoffe, Stüttgen hat sich nicht über die Rose kaputtgelacht.«

»Nein, er dachte, sie wäre für ihn«, konterte Franka und feixte.

»Klasse.«

»Wie komme ich denn zu der Ehre?«

»Einfach so. Ich wollte dich fragen, ob ich dich zum Essen einladen darf.« Krüger räusperte sich verlegen. Frankas Gedanken schlugen Purzelbäume. Ihr Herz klopfte schneller, als sie an den gut aussehenden Kollegen dachte. Aber er ist immer noch verheiratet, dachte sie. Sekundenlang haderte sie mit sich. »Ich weiß nicht.«

»Komm schon, gib dir einen Ruck«, bettelte er. »Es gibt da ein neues Restaurant in der Stadt, und ich dachte …«

»Warum gehst du nicht mit deiner Frau da hin?«

»Der saß. Also, ich will ehrlich sein. Ich hatte ein paar Tage, um in meinem Privatleben aufzuräumen. Wir haben gestern Abend beschlossen, uns scheiden zu lassen.«

Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. »So, jetzt ist es raus. Und es ist amtlich. Es lief einfach nicht mehr mit uns.«

»Aha, ich verstehe, jetzt brauchst du jemanden zum Reden.«

Franka musste schmunzeln.

»Sozusagen, ja.«

»Und da dachtest du an jemanden, den du mit einer Rose auf dem Schreibtisch überraschst?«

»Naja …« Er kicherte. »Also, kommst du mit?«

»Sobald ich mir einen Abend frei halten kann, gern.« Franka freute sich wirklich. Dann legte sie auf. Gerade rechtzeitig, denn eben erschien Micha mit zwei dampfenden Kaffeebechern im Büro. Als er Frankas rote Wangen sah, grinste er. »Schlechtes Gewissen?«

»Warum?«

»Es scheint, als hätte sich dein geheimnisvoller Verehrer eben bei dir gemeldet.« Er stellte einen Becher vor Franka ab, umrundete den Schreibtisch und setzte sich. Pustete in den Kaffee, trank in kleinen Schlucken, ohne seine Kollegin aus den Augen zu lassen. »Komm schon«, sagte er dann. »Ich weiß schon, dass Krüger auf dich steht. Und du auf ihn.«

»Du solltest bei der Kripo anfangen, bei deinem kriminalistischen Spürsinn«, konterte Franka und lächelte. »Ja, es war Krüger. Er lässt sich scheiden.«

»Das habe ich auch immer behauptet, wenn ich fremdgegangen bin.«

»Du bist geschieden-jetzt«, erinnerte sie ihn lächelnd. Frankas siebter Sinn sagte ihr, dass Bernd Krüger sie nicht anlog.