Einen Großteil meiner beruflichen Laufbahn habe ich mit dem Aufspüren von Zielpersonen verbracht. Um Informationen über sie zu bekommen, belog ich Telefongesellschaften und Banken, ja sogar Strafverfolgungsbehörden. Die meisten Methoden, die ich früher benutzte, sind heute streng verboten, ich empfehle Ihnen also nicht, sie auszuprobieren. Aber sie zu kennen lohnt in jedem Fall, denn wenn jemand ernsthaft hinter Ihnen her ist, wird er sich wahrscheinlich nicht darum scheren, ob er das Gesetz bricht. In diesem Kapitel werde ich Ihnen anhand von Geschichten aus meinem eigenen Leben sechs wichtige Prinzipien der Personenfahndung vorstellen.
Man kann meine ganze frühere Karriere in drei Wörtern zusammenfassen: Lügen gegen Bezahlung. Wenn mich jemand fragt, wie ich in dieses Metier gekommen bin, antworte ich immer: »So ziemlich überall sonst wäre ich nicht vermittelbar gewesen.« Das ist die Wahrheit. Als ich auf die Personenfahndung stieß, hatte ich meine Berufung gefunden. Erfolgreiche Personenfahnder besitzen die Fähigkeit, der Person am anderen Ende der Leitung alle möglichen Geschichten glaubhaft erscheinen zu lassen, um ihr die benötigten Informationen zu entlocken. Das war Eileens und mein Spezialgebiet.
In meinen Zwanzigerjahren fing ich als Ladendetektiv an und bewies Talent bei der Überführung diebischer Verkäufer. Als mich die Arbeit zu langweilen begann, weil es kaum um etwas ging, schlug ich meinem Boss in der Detektei einen Deal vor: Wenn es mir gelänge, an die Liste seiner privaten Telefongespräche zu kommen, würde er mich dann vom Kaufhausdetektiv zum Personenfahnder befördern und mir ein Büro geben? Er lächelte und meinte, falls es mir gelänge, an seine privaten Telefondaten zu kommen, würde er mir nicht nur den gewünschten Job geben, sondern seinen bisherigen Personenfahnder entlassen.
An jenem Abend ging ich in eine Telefonzelle und rief alle möglichen Telefongesellschaften an, um herauszufinden, über welchen Anbieter mein Chef seine Ferngespräche führte. Als ich ihn gefunden hatte, gab ich vor, meine Telefonnutzung des letzten Monats durchgehen zu müssen. Das Einzige, was der Kundenbetreuer von mir wissen wollte, war die Wohnadresse, die mein Chef angegeben hatte, und die kannte ich. Nach einer kurzen Pause begann der Mitarbeiter, Vorwahlen und Telefonnummern herunterzulesen. Der Vorwand hatte perfekt funktioniert.
Am nächsten Morgen spazierte ich ins Büro meines Chefs und legte ihm den gelben Notizblock mit den Telefonnummern auf den Schreibtisch. Er nahm ihn, warf einen Blick darauf und erkannte sofort, was er da in Händen hielt. An jenem Freitag hatte der alte Personenfahnder seinen letzten Arbeitstag. Es gab jetzt einen neuen.
Später hatten der Boss und ich »kreative Differenzen«, ich verließ die Firma und gründete meine eigene. In der investigativen Unterwelt, wo ein illegaler Markt für vertrauliche Informationen blühte (und bis heute blüht), fühlte ich mich rasch zu Hause. Dort werden Informationen gekauft, verkauft und getauscht.
Was mich zum ersten Prinzip der Personenfahndung bringt:
Ihre persönlichen Informationen sind eine wertvolle Ware, ganz gleich wer Sie sind, und es wird immer Leute geben, die daran interessiert sind, an sie heranzukommen.
Das gilt für rechtschaffene Bürger ebenso wie für Kriminelle. Ob jemand Sie aufspüren möchte oder Ihre Identität stehlen will, er oder sie wird bereit sein, dafür einiges auf den Tisch zu legen.
Als ich entdeckte, wie wertvoll vertrauliche Informationen und persönliche Daten sind, stieg ich ins Geschäft des Informationshandels ein. Ich begann als Händler, das heißt, ich kaufte Informationen und verkaufte sie an andere weiter, doch als einige meiner Quellen unzuverlässig wurden, beschloss ich, mir das Material selbst zu besorgen. Ich war gut darin, durch Tricks und kleine Täuschungsmanöver wertvolle Informationen abzuschöpfen: welche Vorstrafen jemand hatte, wie seine Sozialversicherungsnummer lautete etc. Ich übernahm solche Ermittlungen, ohne Fragen zu stellen, solange der Preis stimmte.
Eine typische Prominentenjagd
Vor ein paar Jahren äußerte sich George Clooney in einem Interview abfällig über Boulevardblätter und bezeichnete sie als »letzten Dreck« oder etwas in der Art. Heute belegt er gern die Paparazzi mit diesem Ausdruck, wie Sie vielleicht wissen, wenn Sie regelmäßig die Klatschpresse lesen. (Ich weiß natürlich, dass Sie das nur tun, wenn Sie beim Friseur oder Zahnarzt warten, stimmt’s?)
Kaum hatte Clooney das Interview gegeben, bekam ich ein Fax mit dem schlichten Auftrag: »Finden Sie George Clooney.« Anmerkung für Prominente: Wer die Klatschpresse beleidigt, wird von ihr nur umso unerbittlicher gejagt. (Vielleicht ist das der Grund, warum George Clooney so schlecht über sie spricht.)
Auf dem Höhepunkt meiner Karriere als Personenfahnder verdiente ich ausgezeichnet – manchmal zehntausend Dollar pro Woche. Ich hatte genug Geld, um ein Büro zu mieten und zehn Leute zu beschäftigen, die mich unterstützten, darunter Eileen, die Buchhalterin, die schließlich meine Geschäftspartnerin und Co-Autorin wurde. Wir beschafften Informationen für Klatschblätter, und zwei oder drei Mal in der Woche erhielten wir den Auftrag, über einige der größten Berühmtheiten im Land Schmutz auszugraben.
Meine Tage begannen mit einer Tasse Kaffee und einem Stapel Faxe mit Aufträgen: die Anrufliste einer Person zu ermitteln, die Kontoauszüge einer anderen zu beschaffen, das Vorstrafenregister einer dritten zu besorgen … Leute, deren Namen über meinen Schreibtisch wanderten, konnten sich auf eine Menge Ärger gefasst machen. Ich hockte mich dann hin und überlegte, was ich über die Person wusste und wo sie wahrscheinlich Hinweise auf ihren Aufenthaltsort hinterlassen hatte: bei Versorgungsunternehmen, bei Kundenprogrammen von Kaufhäusern, in Vielfliegerklubs. Dann würde ich zum Hörer greifen und mir die gewünschte Information unter einem Vorwand beschaffen.
Die Arbeit lief gut, ich war gewieft genug und kreativ, immer wieder kamen mir originelle Einfälle, wie ich Leute überzeugen konnte, mir das zu geben, was ich wollte.
Das führt mich zu einem zweiten Prinzip der Personenfahndung:
Der Handel mit Informationen ist genau wie jedes andere Geschäft. Man muss Marktlücken aufspüren und füllen. Aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks unter Personenfahndern werden die Guten immer besser.
Es gibt eine Menge Leute, die laufend ihre Methoden verbessern, um für zahlungskräftige Auftraggeber die privaten Daten und Informationen anderer Menschen auszuspionieren. Beständige Wachsamkeit ist geboten, um solche Angriffe abzuwehren.
Manchmal bekam ich höchst ausgefallene Aufträge. Zum Beispiel bot mir einmal jemand zweitausend Dollar, um herauszufinden, ob zehn zufällig ausgewählte Menschen vorbestraft waren. Mir kam eine Idee, wie ich das in einer Viertelstunde bewerkstelligen konnte: mithilfe eines Spielzeugeimers, einiger Münztelefone und eines Haufens Kleingeld. Mit dem roten Plastikeimer ging ich in eine Peepshow am Times Square, der in jenen Tagen noch eher zwielichtig als touristisch war, wechselte an einem der Automaten dreißig Dollar in Münzen und fuhr acht Blocks nach Süden zur Penn Station. Hier parkte ich an einer der vielen Reihen mit Münzfernsprechern, die heute alle verschwunden sind, rief ein Polizeirevier in der South Bronx an und ließ mich zu einem Beamten durchstellen.
Ich gab mich als Detective Christopher aus Midtown South aus und erklärte, dass unser Telex defekt sei und mein Gesprächspartner für mich ein paar Namen überprüfen müsse. Er war über die Anfrage nicht erfreut und bat mich um eine Rückrufnummer. Ich gab ihm eine. Zufällig war es die Nummer der leeren Telefonzelle neben mir.
Ein paar Sekunden später klingelte dieses Telefon und ich antwortete mit verstellter Stimme: »Midtown South.« Der Polizist fragte nach Detective Christopher. Ich bat ihn, in der Leitung zu bleiben, und bedeckte die Sprechmuschel, damit er nicht die Zugansagen hören konnte, die aus den Lautsprechern plärrten. Ein paar Passanten starrten mich argwöhnisch an.
»Seine Leitung ist besetzt«, sagte ich. »Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?« Er verneinte und legte auf. Dann rief er die erste Telefonnummer zurück, die er ja auf dem Display gesehen hatte, und fragte: »Was benötigen Sie, Christopher?«
Schon gehörten zweitausend Dollar mir. Der Schulabbrecher Frank Ahearn war wirklich im richtigen Metier gelandet.
Privatdetektive können, wie man sieht, einige Kreativität entwickeln. Die Geschichte illustriert zudem einen dritten Grundsatz der Personenfahndung:
Wenn es da draußen akkurate Informationen über Sie gibt, die ein Schnüffler aufspüren könnte, wird es ihm gelingen, vorausgesetzt, ihm oder ihr stehen genug Zeit und Geld zur Verfügung.
Denken Sie darüber nach: Drei Telefonate mit einem Polizisten reichten, und der ganze Schwindel kostete mich nur eine Viertelstunde. Falls mir ein bestimmter Polizist die Auskunft verweigert hätte, dann hätte ich eben bei einem anderen Revier weitergebohrt. Jedes Nein führt schließlich zu einem Ja, und wenn mein Kunde genug Geld gehabt hätte, um mich für
Franks Regeln für die Kopfgeldjagd
mehrere Tage zu buchen, hätte ich noch viel mehr über diese Leute herausfinden können als ihre Vorstrafen. Genauso hätte ich zum Beispiel ihre Kreditkartenabrechnungen und Kontoauszüge beschaffen können. Und mehr.
Tatsächlich ist die Personenfahndung mit den Jahren vielfach noch leichter und effizienter geworden. Es gibt nicht mehr viele Münztelefone, dafür kann man sich nun überall und zu jeder Zeit mit zwei Prepaid-SIM-Karten in Billighandys aus dem Elektronikmarkt Informationen erschwindeln. Man muss sich nicht einmal gut mit Computern auskennen, auch wenn das sicher nicht schadet. Die Leute fragen mich oft, wie viele Programmiersprachen ich beherrsche. Die Antwort lautet: keine. Die Sprache, die ich fließend beherrsche, ist das Schwindeln!
Informationen herauszufinden ist leicht, wenn man sich traut und sich einzuschmeicheln versteht, daher das vierte Prinzip:
Solange Unternehmen Kundenbetreuer aus Fleisch und Blut beschäftigen – und als Kunde hoffe ich, dass es immer so bleiben wird –, ist alles, was ein guter Personenfahnder braucht, Charme und ein Telefon.
Die besten Kopfgeldjäger finden heraus, was immer sie wollen, sobald sie eine reale Person an der Strippe haben. Sie wären überrascht von den Organisationen, die ich mit schlichten Telefongesprächen foppen konnte: Scotland Yard, Interpol und Polizeireviere sowie Banken in ganz Amerika. Ich selbst habe mich mittlerweile aus der Welt der Kopfgeldjagd zurückgezogen, aber es gibt natürlich weiterhin zahlreiche Leute wie mich da draußen, die mit Kundenmitarbeitern reden und ihnen Informationen entlocken, indem sie ihnen Honig um den Mund schmieren.
Schauen wir uns an, welche Masche ein Detektiv benutzen könnte, wenn Sie zu einem süßen Leben unter Palmen geflohen sind und er den Auftrag erhalten hat, Sie ausfindig zu machen. Erstens wird Ihr Verfolger ein billiges Handy kaufen und gegen eine kleine Gebühr eine Personensuche im Internet über Sie starten. Personensuchmaschinen und Auskunfteien fragen nie, warum man nach Informationen über jemanden sucht.
Meine Unterhaltung mit Scotland Yard
BURSCHE BEI SCOTLAND YARD: »Ja, hallo?«
ICH: »Hi, mein Name ist Pat Brown, ich bin von der New Yorker Joint Task Force. Ich habe da ein kleines Problem. Ich bearbeite einen Juwelendiebstahl und habe einen Personennamen, bei dem es sich um einen Aliasnamen handeln könnte. Ich hoffe, Sie können mir da weiterhelfen.«
BURSCHE BEI SCOTLAND YARD: »Warum sprechen Sie nicht mit [französischer Name], meinem Kollegen bei Interpol? Der hilft Ihnen weiter.«
So einfach ist es, die internationalen Strafverfolgungsbehörden hinters Licht zu führen. Derselbe Trick funktionierte auch beim Zoll. Meine Gesprächspartner nahmen einfach an, dass ich Polizist sei.
Über solche speziellen Internetdienste könnte der Schnüffler eine alte Adresse von Ihnen finden, eventuell die Namen einiger Ihrer Verwandter oder eine alte Telefonnummer. Wenn er auf eine alte Adresse stößt, könnte er mit seinem Guthabenhandy bei Buchhandlungen in der Gegend herumtelefonieren. Nach einigen Anrufen wird er womöglich auf den Laden stoßen, wo Sie all die Bücher erworben haben, um Ihre großartige Flucht zu organisieren, und sagen:
ZIELFAHNDER: Hallo, mein Name ist Pat Cooper von der Kreditabteilung. Unsere Computer sind abgestürzt, dabei sind einige Namen aus dem System verschwunden. Wären Sie so nett, einmal nachzuschauen, ob ein Kunde namens Jimmy Chris eine Rabattkarte bei uns hat?
Der Angestellte wird den Anrufer nun üblicherweise darum bitten zu warten, während er die Anfrage überprüft.
ANGESTELLTER: Ja, wir haben einen Kunden namens Jimmy Chris.
ZIELFAHNDER: Wunderbar. Wohnt er Ritz Lane 13?
ANGESTELLTER: Genau das ist er.
ZIELFAHNDER: Ich müsste kurz seine Käufe durchgehen. Ich glaube, einige Käufe von Mr. Chris wurden aus seinem Konto gelöscht.
ANGESTELLTER: Hier steht, dass er einen Reiseführer über Costa Rica, ein Buch über Steueroasen und Dr. Seuss’ Wie schön! So viel wirst du sehn! gekauft hat.
ZIELFAHNDER: Danke für Ihre Hilfe. Haben Sie einen schönen Tag.
ANGESTELLTER: Danke, Sie auch!
ZIELFAHNDER: Ach so, eine Sache noch: Haben Sie eine E-Mail-Adresse? Ich will ihm nur mitteilen, dass wir sein Konto in Ordnung gebracht haben und ihm einen Coupon schicken.
ANGESTELLTER: Ja: _________@yahoo.com.
Der Schnüffler weiß nun, dass Sie Bücher über Reisen und Steueroasen erworben haben. Das ist für seine Ermittlung eine erstklassige Spur. Er hat jetzt auch Ihre E-Mail-Adresse. Vielleicht durchforstet er als Nächstes Netflix und entdeckt einen Reisedokumentarfilm über Panama auf Ihrer Liste. Wenn Sie wirklich in Panama sind, war’s das für Sie.
Das klingt alles zu einfach, nicht wahr? Aber ich versichere Ihnen: So arbeiten Personenfahnder wirklich. Nicht viele Leute haben den Mut, beliebige Firmen anzurufen und sich für jemand anders auszugeben, daher denken die Leute am anderen Ende der Leitung selten daran, Fragen zu stellen, wenn das geschieht. Noch beängstigender ist die Tatsache, dass diese Methode bei jedem funktioniert – nicht nur bei schlafmützigen Kundendienstmitarbeitern, sondern auch bei Ihren Freunden und Familienmitgliedern. Das ist das fünfte Prinzip der Zielfahndung:
Ein guter Personenfahnder schafft es meist, jedem Informationen zu entlocken, der welche besitzt.
Dazu gehören Ihre Nachbarn, die Haushälterin und sogar Ihre Mutter. Wenn Sie mir nicht glauben, hier ein paar Geschichten, um Sie eines Besseren zu belehren.
Einmal rief mich ein guter Kunde an und gab mir den Namen einer Frau. Alles, was er wissen wollte, war ihr Aufenthaltsort. Das war nicht weiter schwer. Eileen und unsere Assistentin Karen klapperten die üblichen Anlaufstellen ab, riefen Telefongesellschaften und andere Quellen unter dem Vorwand an, diese Frau zu sein. Bald hatten wir eine Ahnung, wo sie sich wahrscheinlich versteckt hielt.
Als Nächstes rief ich den Anschluss des Hauses an, in dem sie möglicherweise wohnte. Ihre Haushälterin ging ans Telefon, und die Unterhaltung verlief etwa wie folgt:
HAUSHÄLTERIN: Hallo?
ICH: Hi, Pat Brown hier von UPS. Wir haben ein beschädigtes Paket für Frau X [ich spreche den Namen der Frau absichtlich falsch aus].
HAUSHÄLTERIN: Hmmh.
ICH: Wir benötigen eine Unterschrift, deshalb wollte ich fragen, wann sie voraussichtlich zu Hause ist.
HAUSHÄLTERIN: Hmmh.
ICH: Gut, dann lasse ich das Paket zurückgehen.
HAUSHÄLTERIN [Pause]
ICH: Soll ich es wirklich zurückgehen lassen?
HAUSHÄLTERIN: Nein … nein. Sie können es herbringen.
ICH: Gut, wann sollen wir wegen der Unterschrift vorbeikommen?
HAUSHÄLTERIN: Sie wird etwa um sechs zurück sein.
Danke und klick. Ich rief meinen Auftraggeber an und meldete, dass die Zielperson an dem und dem Ort zu einer bestimmten Zeit anwesend sein werde. »Um wen handelt es sich überhaupt?«, fragte ich.
»Schauen Sie die Nachrichten«, erwiderte er.
Später, als ich in meiner Stammkneipe ein Bier schlürfte, lief eine Nachrichtenmeldung über Bill Clinton und eine mögliche Affäre mit einer Praktikantin im Weißen Haus über den Bildschirm. Ich riss die Augen auf: Verdammt, wir haben Monica Lewinsky aufgespürt!
Dann gab es da den Fall, wo mir ein Mann namens Mr Benny – der auf dem Gebiet der Abfallentsorgung tätig war, wenn Sie verstehen, was ich meine – den Auftrag erteilte, »alles« über einen gewissen Mann herauszufinden. »Was meinen Sie mit ›alles‹?«, fragte ich.
»Verdammt, alles!«, erwiderte er. »Haben Sie was an den Ohren?«
Ich antwortete, dass ich ihn sehr wohl gehört hätte, aber nicht wisse, was mit »alles« gemeint sei.
»Quatschen Sie nicht rum«, maulte er. »Niemand mag Quatschköpfe. ›Alles‹ heißt: alles!« Dann legte er auf.
Nichts war schlimmer als ein Auftraggeber, der »alles« über eine Zielperson wissen wollte – na ja, höchstens, wenn obendrein auch noch seine Mittel begrenzt waren. Mr Benny nannte nie ein Budget und ich hatte ihm auch nie eine Rechnung geschickt. Er bezahlte immer cash am selben Ort zur selben Zeit in Downtown Manhattan, und wenn ich den Termin verpasste, hatte ich Pech gehabt.
Ich spulte das Standardprogramm des Personenfahnders ab: Kfz-Suche, Überprüfung der Kreditkartenabrechnung und Vorstrafenregister. (Die meisten Privatdetektive in den USA beginnen mit diesen drei Suchen.) Dann versuchte ich es bei den Versorgungsunternehmen. Ich suchte und suchte und suchte. Dieser Bursche war ein Niemand. Er lebte am Arsch von New Jersey und war ein arbeitsloses Gewerkschaftsmitglied mit einem Alkoholproblem.
Praktisch alles, was ich in Händen hielt, waren sein Geburtsdatum, seine alten Stromabrechnungen sowie Name und Adresse seiner Mutter. Ich zermarterte mir das Hirn, bis mir auffiel, dass er im folgenden Monat Geburtstag haben würde. Ich sprang auf, schnappte mir mein Eimerchen mit Kleingeld und fuhr zu einer Telefonzelle an der Route 17 in Jersey. Ich warf ein paar Münzen ein, lauschte dem Wählton und hörte das überaus nette »Hallo« seiner Mutter.
»Hallo, Mrs Jones«, sagte ich. »Pat Brown hier. Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern, ich bin ein Arbeitskollege Ihres Sohns in Newark.« Und ob sie sich an mich erinnerte! Es sei ja schon wieder so lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen hätten, wie doch die Zeit verfliege. Ich bin sicher, dass es irgendwo als Sünde zählt, wenn man ältere Damen verarscht, aber man muss ja schließlich seine Brötchen verdienen.
»Wir wollen nächsten Monat eine Geburtstagsfeier für Ihren Sohn veranstalten«, schwindelte ich. »Es soll eine Überraschungsparty nach dem Motto ›Das ist dein Leben‹ werden.«
»Oh, wie nett!«, frohlockte sie. Meine Freunde und ich, fand sie, seien ja wirklich die besten Kumpels der Welt, wo ihr Sohn doch gerade eine solche Pechsträhne habe. »Wissen Sie«, flüsterte sie vertraulich, »es sind die Pferde. Da wird er sein Geld los.«
Ich fragte mich, ob er Mr Benny eine große Summe schuldete, aber mir wurde klar, dass man ihm in dem Fall bereits ein halbes Bein abgehackt hätte. Deshalb sagte ich: »Was ich von Ihnen möchte, falls es Ihnen nichts ausmacht: Könnten Sie mir ein bisschen aus seinem Leben erzählen?«
Wir fingen beim Kindergarten an, dann kam das Zeltlager, seine erste Freundin, seine erste Arbeitsstelle, Highschool, Ferien in den Pocono Mountains, seine besten Freunde, seine Lieblingsfootballmannschaft, seine Krankenhausaufenthalte und so weiter und so fort. Bis ich mich endlich zur Gegenwart vorgearbeitet hatte – das Was, Wann und Wo seines aktuellen Lebens –, war ich schon bei meinen letzten zehn Münzen angelangt. Ich hatte noch immer nichts Interessantes ausgegraben, bis auf ein heißes Model, mit dem er einmal liiert gewesen war.
Ich fuhr zu einer Peepshow zwanzig Minuten entfernt und besorgte mir am Geldwechsler eine neue Ladung Kleingeld, um Mr Benny anzurufen. Wie sich herausstellte, war die Freundin das Problem. Sie hatte Mr Benny gerade sitzen gelassen, worüber er vor Wut tobte. Er war auch stinksauer auf mich, weil ich etwas ziemlich Wichtiges über den Pferdewetten-Unglücksraben nicht herausgefunden hatte: Sein Vater und Mr Benny waren zusammen im Knast gewesen. Ups! Aus irgendeinem Grund hatte seine Mutter versäumt, das zu erwähnen.
Auch Schnüffler machen Fehler. Uns entgeht eine entscheidende Information, wie es mir bei Mr Bennys Zielperson passierte, oder uns rutscht am Telefon etwas heraus, das den Argwohn unseres Gesprächspartners weckt. Manchmal füttert uns eine Quelle mit falschen Informationen. Zum Glück müssen wir uns keine Sorgen machen, dass unsere Fehler auf uns zurückfallen, denn in unseren Handys stecken Guthabenkarten, wir bezahlen mit Guthabenkreditkarten und schützen uns noch mit anderen Methoden davor, dass jemand unsere Identität ermittelt, zum Beispiel indem wir nur öffentlich zugängliches WLAN nutzen. Und da haben wir das letzte Prinzip der Personenfahndung:
Detektive können sich auf der Suche nach Ihnen beliebig viele Fehler leisten. Sie dagegen brauchen nur einen zu begehen, um aufzufliegen.
Bisweilen sind unsere Fehler auch amüsant. Einmal rief mich ein Klatschreporter an mit dem Auftrag, die Privatnummer des Schauspielers John Ritter herauszufinden. (Das war natürlich vor seinem plötzlichen Tod.) Ich rief alle Stromversorger in seiner Region an und begann jedes Gespräch mit den Worten: »Hallo, ich bin John Ritter …« Schließlich zog ich den Hauptgewinn: das Unternehmen, bei dem Ritter tatsächlich Kunde war.
Der Bursche am anderen Ende der Leitung war begeistert und rief so etwas wie: »John Ritter? Der John Ritter? Ich liebe Ihre Arbeit!«
»Hey, danke!«, antwortete ich. Vielleicht sah er auf seiner Anzeige, dass ich aus einem anderen Bundesstaat anrief, daher fügte ich hinzu: »Ich bin auf einem Dreh für einen Film und etwas verwirrt über meine Stromrechnung diesen Monat. Ich wollte nur überprüfen, ob Sie meine Kontaktinformationen oder die meines Agenten haben, weil ich momentan gar nicht weiß, wohin meine Rechnungen gehen.«
»Ich glaube, wir haben Ihre Wohnanschrift«, erwiderte der Bursche am Telefon. Ich war aus dem Häuschen.
»Super, Sie haben also …«, begann ich und nannte Johns Wohnadresse.
»Ja.«
»Und welche Telefonnummern haben Sie?«
»Mal sehen, es sind …« Er las mir eine Festnetznummer und eine Handynummer vor. Bingo!
Dann kam ein Herzenserguss. Der Bursche redete und redete, über »meine« Karriere, die Sitcom Herzbube mit zwei Damen und dergleichen mehr. Er war ein RIESEN-John-Ritter-Fan. Ich beschloss, noch ein bisschen mit ihm rumzuquatschen.
Wir redeten endlos über Filme und Fernsehserien, bis er schließlich zum Schluss kam: »Wissen Sie, ich habe auch die Arbeit Ihres Vaters geliebt.«
»Danke!«, sagte ich. »Ich werd’s ihm ausrichten.«
»Ich dachte, Ihr Vater ist tot«, antwortete er.
Klick, und das Gespräch war weg.
Ich kriegte mich vor Lachen kaum ein. Er hatte mich tatsächlich ertappt, aber für mich war das gar kein Problem, schließlich hatte ich ja, was ich wollte. Ich musste meinem Auftraggeber nur noch John Ritters Nummer durchgeben, meine SIM-Karte entsorgen und konnte die Sache für immer vergessen.
Wie man sieht, kann Personenfahndung auch Spaß machen. Ich ermutige Sie allerdings nicht, in das Geschäft einzusteigen – wie gesagt, heute sind die meisten Methoden illegal, und mittels Trickbetrug eine Bank zu täuschen kann vielerorts eine empfindliche Strafe nach sich ziehen, wenn man sich dabei erwischen lässt. Aber natürlich sind viele Leute weiterhin in diesem Metier tätig – denken Sie also an die sechs Prinzipien, die ich oben erwähnt habe:
Falls Sie also aus Ihrem bisherigen Leben verschwinden möchten – oder bleiben wollen, wo Sie sind, nur viel besser abgeschirmt vor den Belästigungen eines Stalkers oder den Angriffen krimineller Datenräuber –, dann brauchen Sie eine Ausstiegsstrategie, die diesen sechs Prinzipien Rechnung trägt.
Lesen Sie weiter, dann helfe ich Ihnen dabei. Aber bevor ich das tue, möchte ich Ihr Augenmerk auf jene Risikobereiche lenken, wo Sie am verwundbarsten sind. Wenn Sie erfolgreich abtauchen möchten, sollten Sie schon heute damit beginnen, hier klar Schiff zu machen.