Wie schön, sich Wasser und Strom und all die anderen Annehmlichkeiten leisten zu können, die das Leben komfortabel machen. Noch schöner, wenn Sie einen Computer, ein Tablet oder ein Smartphone Ihr Eigen nennen oder gleich alle drei besitzen, denn dann steht Ihnen das Internet mit seinen unglaublichen Möglichkeiten der Unterhaltung offen: Chats mit Freunden auf Facebook und Twitter, schnelles, einfaches Online-Banking, großartiger Kundenservice aller möglichen Unternehmen, darunter Ihres Telefonanbieters. Es ist schon bemerkenswert, wie gut die Finanzkrise allenthalben dem Kundendienst bekommen ist. Die Firmen überschlagen sich heute förmlich darin, so nutzerfreundlich wie möglich zu werden, mit verbesserten Internetauftritten, siebentägigem Kundenservice rund um die Uhr und persönlichen Aufmerksamkeiten.
Wir leben wahrlich in großartigen Zeiten. Besonders großartig sind die Zeiten allerdings für Schnüffler und alle anderen, die hinter Ihren Daten her sind.
Dieses Kapitel handelt davon, warum kundenfreundliche Unternehmen nicht Ihre Freunde sind. Sie müssen außerdem wissen, dass die sozialen Medien das Schlimmste sind, was seit den Tagen der Stasi der Privatsphäre widerfahren ist. Wenn Sie ein diskretes Leben führen wollen, sollten Sie als Erstes dies beherzigen:
Fürchten Sie jede Firma, die Ihnen das Leben erleichtern möchte.
Heutzutage ist das so ziemlich jedes Unternehmen. Ich denke hier jedoch besonders an jene Webseiten, die das Aufspüren all Ihrer alten Schulfreunde zu einem Kinderspiel machen, sofern Sie Ihre gesamten E-Mail-Kontakte bei ihnen hochladen, Ihre Wohnadresse und Telefonnummer angeben und persönliche Fotos von sich und Ihrer Familie posten, damit alle Welt sie sehen kann. Ich habe auch Online-Telefonbücher, Blogs, interaktive Webseiten und virales Marketing im Sinn. Insbesondere denke ich an die großen Versorgungsunternehmen, Telefonanbieter und Internetkonzerne, die ihren Kundendienst auslagern. Denn die Mitarbeiter solcher Callcenter sind eine leichte Beute für Leute, die sich unter einem Vorwand Informationen über Sie beschaffen wollen.
Je leichter es für eine Kundin ist, eine menschliche Stimme an den Apparat zu bekommen, desto einfacher ist es für den Stalker dieser Kundin, großen Schaden anzurichten. Wenn eine Firma Ihnen versichert, dass Sie bei ihr nicht einfach ein anonymer Kunde sind, dann seien Sie auf der Hut!
Wenn Sie Ihre Privatsphäre schützen möchten, besteht der erste Schritt darin, Ihre Facebook-Seite abzuschalten. Posten Sie bloß nichts mehr auf Schulfreunde.de, Stayfriends oder Classmates. Löschen Sie Ihre Tweets. Ich kann nicht glauben, dass ich das überhaupt sagen muss: Der Verzicht auf soziale Medien sollte sich von selbst verstehen, wenn Sie spurlos von der Bildfläche verschwinden wollen. Aber ich habe so oft Leute erwischt, indem ich meine Methoden der Personenfahndung in den sozialen Medien einsetzte, dass es sich lohnt, zu wiederholen:
Soziale Netzwerke und virale Medien sind die schlimmsten Feinde der Privatsphäre.
Wie im letzten Kapitel erwähnt, ist die Personenfahndung ein altmodisches Geschäft, bei dem Ermittler versuchen, Menschen anzuzapfen. Man muss kein Hacker sein, um im Internet persönliche Informationen über jemanden zu finden. Man braucht auch keine Passwörter. Es schadet nicht, sie zu haben, aber Schnüffler wie wir kommen auch prima ohne sie aus. Personenfahndung dreht sich um das, was wir »soziale Manipulation« nennen.
Als Erstes wird eine Personenfahnderin, die hinter Ihnen her ist, versuchen, Ihre Freunde anzuzapfen. Sie wird die Namen der Geschäfte ausfindig machen, in denen Sie gern einkaufen, die Bars und Kneipen, in denen Sie sich mit Vorliebe amüsieren, und die Leute, mit denen Sie Ihre Zeit verbringen. Dann wird sie anfangen, Anrufe zu tätigen und E-Mails zu verschicken, bis sie jemanden findet, den sie durch Täuschung zur Preisgabe von Informationen bringen kann. Der hohe Grad der sozialen Vernetzung macht aus diesem Prozess heute eine Endlosschleife.
Wenn Sie auf Facebook sind, ist Ihre Seite eine Goldmine, selbst dann, wenn sie privat geschaltet ist. Denken Sie daran, dass auch Fremde Ihre Freundesliste einsehen können, selbst wenn Sie sie nicht zu Ihren Freunden hinzugefügt haben, es sei denn, Sie haben bei den Einstellungen den strengstmöglichen Privatsphärenschutz gewählt. Aber man kann ja gar nicht all Ihre Freunde sehen, werden Sie vielleicht einwenden. Richtig, nicht auf einen Blick, aber wenn man auf »Neu laden« klickt, wird dem Besucher jedes Mal eine andere Auswahl präsentiert. Meine Kollegen und ich haben auf diese Weise unzählige Familienangehörige und Arbeitskollegen unserer Zielpersonen aufgespürt.
Facebook ist eine wahre Goldgrube für uns. Aber es ist nicht das einzige Netzwerk, das wir nutzen.
Dumme Webseiten von A – Z
AIM Bebo Blogger Classmates Digg Flickr Google Talk Mixx MySpace Netvibes Orkut Picasa |
Propeller RSS StayFriends StumbleUpon Tumblr TypePad Vimeo WordPress Xanga YouTube Ziki |
Alle sozialen Netzwerke bergen für Schnüffler reizvolle Informationen. Ganz gleich, was Sie ins Internet gestellt haben, ein guter Spürhund wird in der Lage sein, es gegen Sie zu verwenden. Er wird wahrscheinlich Ihre Freunde und Familienangehörigen als Freunde hinzufügen und so tun, als sei er ein alter Bekannter, der wieder mit Ihnen in Kontakt kommen möchte. Behalten Sie dies im Hinterkopf und denken Sie daran:
Sie wissen nie, ob Personen auf Ihrer Freundesliste real sind.
Wenn Sie in einem sozialen Netzwerk Leute akzeptieren, und seien es alte Freunde, achten Sie darauf, sie anzurufen oder ihnen zu schreiben und sich zu bedanken, dass sie Sie als Freund hinzugefügt haben, um auf diese Weise eine Bestätigung zu erhalten, dass es sich auch tatsächlich um diese Person handelt. Das gilt besonders, wenn es jemand ist, mit dem Sie seit Jahren nicht mehr gesprochen haben.
Wenn Sie glauben, dass man Sie nicht so leicht reinlegen kann, habe ich eine Geschichte für Sie. Als die sozialen Medien gerade erst aufkamen, wurden Eileen und ich beauftragt, einen Lkw-Fahrer zu überführen, der im Verdacht stand, seine Rückenverletzung nur vorzutäuschen, um sich eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu erschleichen. Nennen wir ihn Gary. Unser Auftraggeber hatte Gary überwachen lassen, ihm aber nie auf die Schliche kommen können.
Als ich mich mit Eileen an die Arbeit machte, wirkte auf den ersten Blick alles unverdächtig. Gary schien nicht zu arbeiten. Dann googelte Eileen mehrere Variationen von Garys Namen in Zusammenhang mit einem Teil seines Geburtsdatums, und siehe da: Sie entdeckte, dass Gary eine Nachricht auf Classmates.com gepostet hatte, in der er nach seiner Highschool-Liebe suchte, die er seit Langem aus den Augen verloren hatte. Eileen nahm Kontakt zu Gary auf, gab sich als diese verschollene Freundin aus und erzählte ihm von ihrer unglücklichen Ehe und wie froh sie sei, dass sich Gary an sie erinnerte. Garys Antwort kam prompt: eine wortreiche, von Schmeicheleien strotzende Liebeserklärung, die ausgedruckt mehrere Seiten lang gewesen wäre.
Nach einigen E-Mails hin und her machte sich in Garys Ton Misstrauen bemerkbar. Er wollte mit ihr telefonieren. Eileen schmückte ihre Hintergrundstory aus und erklärte ihm, sie müsse wegen ihres gewalttätigen Mannes äußerst vorsichtig sein. Gary gab nach, was uns mehr Zeit verschaffte.
Bei Eileen stellten sich Schuldgefühle ein. Gary lebte in einem heruntergekommenen Wohnwagen vor den Toren von Las Vegas mit einem Hängebauchschwein namens Boris (im Ernst!). Er besaß nicht einmal einen eigenen Computer, er benutzte einen Rechner der örtlichen Bibliothek. In einer Nachricht schrieb er, dass er einmal vier Stunden dort gewartet hatte, um ihre E-Mail beantworten zu können.
Ich erinnerte Eileen daran, dass Gary unter dringendem Betrugsverdacht stand und wir eine ordentliche Stange Geld verdienen würden, wenn wir herausfänden, wo er heimlich jobbte. Sie mailte ihm, dass sie als Kellnerin arbeite und nicht so weit von ihm entfernt wohne. Gary erzählte nun zwar mehr über sein Leben, erwähnte aber nichts darüber, wo er arbeitete, sondern hielt sich tatsächlich an die Geschichte seiner Erwerbsunfähigkeit.
Ich hielt einmal einen Vortrag an der Universität Princeton über mein Leben als Kopfgeldjäger und meine Hilfe für Leute, die aus ihrem bisherigen Leben verschwinden wollten. Gut erinnere ich mich an ein naives Oberschichtbübchen, das am Ende die Hand hob und fragte: »Waren Sie jemals im Gefängnis?« Ich starrte den Jungen eine Minute lang an, sodass ihm unbehaglich wurde, und verneinte.
Himmel, kam ich mir an diesem Ort deplatziert vor!
Jemand anders fragte mich, ob ich mich je schlecht gefühlt habe, Menschen zu jagen und sie an Versicherungen, Kreditkartenunternehmen, Paparazzi und andere nicht so nette Auftraggeber auszuliefern, worauf ich erwiderte: »Ich stelle nie Unschuldigen nach. Wenn Sie auf meiner Liste stehen, dann weil Sie eine Dummheit begangen oder irgendetwas verbrochen haben. Ich habe es gemacht, um Geld zu verdienen, aber es gab für mich auch Grenzen. All meine Zielpersonen hatten es verdient, dass man in ihre Privatsphäre eindringt – oder sie hatten selbst auf eine verzichtet, als sie ins Showgeschäft gingen.«
Der E-Mail-Wechsel zog sich hin, und irgendwann fing Gary an, Fragen nach Leuten aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit zu stellen: Erinnerte sie sich an diesen oder jene? Anscheinend war Gary immer noch misstrauisch.
Also beschlossen wir, den Spieß umzudrehen. Eileen schrieb, sie sei verletzt über sein Misstrauen, und drohte, den Kontakt abzubrechen. Das rüttelte Gary auf. Er bat um ein Treffen. »Wo?«, fragte Eileen. »Ich fahre an den Wochenenden einen Touristenbus zu den Casinos – hier meine Route und der Fahrplan«, erwiderte er.
Bewaffnet mit einer versteckten Kamera stieg unser Auftraggeber in Garys Bus. Gary landete wegen Versicherungsbetrug im Gefängnis. Unser Dank geht an die sozialen Netzwerke!
Viele Menschen wie Gary tummeln sich in sozialen Netzwerken, um bestimmten Interessen nachzugehen – in seinem Fall der Partnersuche. Andere reden über ihre Kuscheltiersammlung, übers Stricken oder Tanzen oder über ihre verrückte Katzenliebe. Wenn Sie ein solches Hobby haben, sollten Sie in die reale Welt gehen und einem Buchklub oder einem Strickkreis beitreten, Hobbygruppen im Internet jedoch tunlichst meiden. Was mich zu meinem nächsten Punkt bringt …
Pflegen Sie Ihre Hobbys in der realen Welt, nicht im Netz.
Fragen Sie die Frau, die uns wegen ihrer Leidenschaft für Madonna auf den Leim ging. Sie war infolge eines Sturzes angeblich arbeitsunfähig geworden, bezog eine Erwerbsunfähigkeitsrente und verklagte ihren ehemaligen Arbeitgeber wegen Fahrlässigkeit. Dieser hielt die Behinderung für vorgetäuscht. Mehrere Privatdetektive beschatteten sie, aber sie war vorsichtig, arbeitete nie im Garten, nahm keine neue Arbeit an und tat nie etwas, das ihre Arbeitsunfähigkeit widerlegt hätte.
Mithilfe einer Google-Suche fanden wir ihren Namen in den Gästebüchern von Madonna-Fanseiten. Von hier aus lokalisierten wir ihre MySpace-Seite, eine Hommage an Madonna. Wir schrieben ihr, dass sie einen Preis gewonnen habe: die Chance, mit anderen Gewinnern um einen Auftritt in einem Madonna-Video zu konkurrieren. Wir schickten ihr den Link zu einer Webseite und eine Telefonnummer; unter beiden waren weitere Informationen zu dem Wettbewerb abrufbar. Die Domain war im Ausland privat registriert, ihr Eigentümer also nicht erkennbar, die Gebühr war mit einer Prepaid-Kreditkarte bezahlt, die Telefonnummer war eine Prepaid-Handynummer, es gab also keine Möglichkeit, sie zu unserer kleinen Operation zurückzuverfolgen – nicht einmal, wenn sie darauf gekommen wäre und gewusst hätte, wie man so etwas anstellt.
Die Zielperson nahm bald Kontakt zu uns auf, und wir übermittelten ihr die Regeln und Bedingungen des Madonna-Videowettbewerbs, zu dem ein Versuchslauf gehörte. Am Tag des Vorsprechens traf sie ein und füllte Formulare aus, auf denen sie ihre körperliche Fitness bestätigte und versicherte, physisch in der Lage zu sein, am Dreh teilzunehmen. Beim Vorsprechen ließen wir sie kleine Gewichte heben und ein paar Klappmesser, Rumpfbeugen und Tanzschritte vorführen – alles auf Video aufgezeichnet. Auf Zuruf lächelte sie in die Kamera und nannte ihren Namen. Ihre Klage wurde sofort abgewiesen.
Immer wenn wir Personenfahnder etwas über die Hobbys und Interessen einer Zielperson herausfinden, jubilieren wir. Sie sind der sicherste Weg, ihren Aufenthaltsort zu ermitteln. Ein Bücherwurm wird seine neue Adresse in Costa Rica im Amazon-Prime-Konto eintragen. Eine Filetliebhaberin wird sicherstellen, dass sie die Telefonnummer des besten lokalen Fleischlieferanten parat hat. Sobald wir erfahren, dass jemand eine bestimmte Vorliebe hat, fangen wir an, die Leute und die Firmen anzurufen, die diese Vorliebe bedienen.
Wenn Sie nicht möchten, dass jemand jedes Detail über Sie erfährt, stellen Sie sicher, dass Sie nicht Ihr ganzes Leben im Internet ausbreiten. Es versteht sich eigentlich von selbst, trotzdem wiederhole ich es noch einmal:
Denken Sie nach, bevor sie auf »Posten« oder »Senden« klicken. Selbst wenn Sie Ihr Konto später löschen: Nichts wird im Internet je vergessen.
Ein Klient gab uns einmal den Lebenslauf einer Frau, die sich bei seiner Firma beworben hatte. Wir spürten ihr altes LinkedIn-Profil auf. Darin tauchte ein Job auf, der in ihrem eingereichten Lebenslauf nicht angegeben war, zusammen mit einigen beunruhigend widersprüchlichen Daten. Daraufhin wurde ihr die Stelle nicht angeboten. Nehmen Sie sich die Zeit, die Portale durchzugehen, deren Mitglied Sie waren, selbst wenn Sie glauben, dass Sie Ihren Auftritt dort gelöscht haben.
Manchmal haben Personen mehr als ein LinkedIn-Profil und vergessen es. Stellen Sie sicher, dass Sie keine Duplikate angelegt haben.
Es ist beängstigend, wie viel Schaden eine Webseite anrichten kann und wie lange diese Seiten durchs Internet spuken. Aber noch beängstigender ist der fundamentale Mangel an Kontrolle, die ein Einzelner auf einer sozialen Plattform über seine Seite hat. Selbst wenn Sie dem Netzwerk gar nicht angehören, könnten Ihre Freunde dort Mitglied sein – und unbeabsichtigt etwas Belastendes über Sie veröffentlicht haben.
Das Internet gehört zu den Dingen, die uns kompromittieren können, ganz gleich wie wir uns verhalten. Selbst wenn Sie nichts falsch machen, könnten Ihre Freunde oder Nachbarn online Ihre privaten Informationen veröffentlichen und Sie damit für Leute wie mich angreifbar machen. Wenn Sie mir nicht glauben, besuchen Sie einfach eine Website wie Yasni, Das Örtliche, die Personensuche auf Yahoo! oder die amerikanische Website BirthDatabase.com und schauen Sie, wie viele persönliche Informationen dort gebührenfrei zugänglich sind. Hier finden Sie Adressen, Telefonnummern und zuweilen sogar das Alter von unzähligen Personen, falls diese bei den betreffenden Portalen keinen Antrag auf Unterdrückung solcher Informationen gestellt haben.
Facebook, Twitter und Yahoo! sind alles wohlmeinende Unternehmen, ebenso wie die Versorgungsunternehmen und Telefongesellschaften, die sich in ihrem Wettbewerb um den besten Kundenservice förmlich überschlagen – und dadurch letztlich persönliche Kundendaten in Reichweite eines jeden bringen, der seinen Arm danach ausstreckt. Denken Sie daran: Personenfahnder sind gewandte Plauderer, die geübt darin sind, sich einen Großteil Ihrer persönlichen Informationen durch altmodische Telefonanrufe zu verschaffen. Das bedeutet:
Je freundlicher und netter der Kundenbetreuer eines Unternehmens ist, desto leichter lässt er oder sie sich durch Täuschung Informationen entlocken.
Heutzutage kann man bei den meisten großen Versorgungsunternehmen und Telefongesellschaften anrufen und binnen Minuten eine Adresse erhalten. Wenn ich Namen und Geburtsdatum einer Zielperson habe und mit dem Computer nicht an die gewünschte Information gelange, rufe ich den Kundendienst an, drücke einfach die Null – die magische Taste des Personenfahnders – und unterhalte mich mit einem freundlichen Kundenbetreuer. Die meisten sind eifrig bemüht, einem Anrufer zu helfen, und müssen nicht erst groß dazu ermutigt werden. »Ich habe meine Rechnung nicht bekommen und müsste wissen, ob ich etwas schuldig bin«, würde ich sagen. Die Mitarbeiterin würde ihre Arbeit tun und mir mitteilen, welcher Rechnungsbetrag offen ist.
Ich würde sie dann nach der gespeicherten Rechnungsadresse fragen: »Geht die Rechnung an meine Wohnanschrift oder an mein Postfach?« Die Mitarbeiterin würde antworten: »Hier steht: an Ihre Wohnadresse.«
Ich würde sofort nachhaken, ohne ihr eine Sekunde zum Nachdenken zu lassen: »Ist meine Adresse korrekt geschrieben? Ich habe die Rechnung nicht erhalten.« Fast immer kommen dann die wundervollen Worte: »Hier steht Fantasiestraße 49«, oder: »Ich habe hier Korrektweg 213«, und so weiter.
Das funktioniert in den meisten Fällen. Falls nicht, würde ich gleich einen Schritt weiter gehen und fragen: »Haben Sie meine korrekte Heim- oder Arbeitsplatznummer?« Natürlich würde der Mitarbeiter nicht wissen, ob die gespeicherte Nummer mein Festnetzanschluss oder die Büronummer ist, und sie daher vorlesen.
Die Firma dankt! So viel zum Schutz Ihrer privaten Daten.
Nicht alle Kundenbetreuer sind aus dem gleichen Holz.
Wahrscheinlich handle ich mir Ärger ein, wenn ich das sage, aber männliche Kundenbetreuer geben Informationen leichter preis als Frauen. Ältere Damen sind die härtesten Nüsse, junge dagegen weitaus leichter zu beeinflussen.
Manchmal kann ich eine Beziehung zu einer älteren Kundenbetreuerin aufbauen, indem ich sage, sie klinge wie meine liebe, gerade verstorbene Mutter. Nichts wirkt so gut wie der Tod, um jemanden beklommen zu machen und sein Mitleid und seine Hilfsbereitschaft zu wecken.
Vielleicht liegt meine Schwierigkeit mit älteren Kundenbetreuerinnen bloß an der Tatsache, dass ich ein Mann bin. Je unbefangener man mit jemandem plaudern kann, desto leichter ist es, sie oder ihn zu übertölpeln. Alles dreht sich darum, zum Gesprächspartner eine Beziehung herzustellen.
Fast jedes große Unternehmen mit einer Servicenummer wird mindestens ein paar persönliche Informationen preisgeben, wenn ein Schnüffler auf die richtige Weise danach fragt. Kabelfernsehanbieter sind leicht auszutricksen: Wie die Versorger haben sie automatisierte Anrufsteuerungen, über die sich Konten mithilfe einer Kundenkontonummer aufrufen lassen. In den USA ist es noch leichter, weil nach meiner Erfahrung die meisten von ihnen genau wie die dortigen Stromversorger Kontoinformationen in Verbindung mit Telefonnummern speichern, von denen die meisten gültig und aktuell sind. Denn wer eine kostenpflichtige Sendung sehen will, benötigt dafür eine gültige Telefonnummer.
Während meiner Zeit als hauptberuflicher Kopfgeldjäger waren Kabelfernsehanbieter für mich die Reserve für den Fall, dass Telefongesellschaft oder Versorger keine Informationen herausrückten. Meine Mitarbeiter und ich suchten den örtlichen Kabelfernsehanbieter und speisten die Nummer des Gesuchten in die Anrufsteuerung ein. Erzielten wir einen Treffer, drückten wir die Null, um einen Servicemitarbeiter an die Strippe zu bekommen. »Hallo, Pat Brown, Reparaturabfertigung. Bei uns ist das System ausgefallen, ich bräuchte eine Nummer für den Service«, würde ich dann sagen. Sie gaben mir die Nummer mit der zugehörigen Information.
Das Aufspüren von Zielpersonen über ihre Kabelfernsehkonten ist unter meinen Kollegen auch in der Rezession eine bevorzugte Methode geblieben, da Kabelfernsehen das Angebot zu sein scheint, auf das die Leute auch in harten Zeiten nicht verzichten möchten. Wie bei Versorgungsunternehmen gibt es je nach Landesteil zwei bis drei große Anbieter, und falls man nicht im Wald lebt, kommt der Kabelanschluss von einem von ihnen. Nahezu keines der großen Unternehmen rechnet mit Personenfahndern.
Einige Telefon- und Internetanbieter sind so nett, Ihnen Ihr Kontopasswort zu einer beliebigen E-Mail-Adresse zu schicken, falls Sie es »vergessen« haben. Meine Partner und ich nutzten eines dieser Unternehmen, um an die Anruflisten einer TV-Berühmtheit zu gelangen, die ich den »Dicken« nennen möchte. Seinen echten Namen mag ich lieber nicht verraten, denn trotz seiner sanften Art vor der Kamera jagte er mir einen höllischen Schrecken ein. Meine glücklichen Tage wären wohl gezählt gewesen, wenn er jemals herausgefunden hätte, wer seine Konten gehackt hatte.
Die Geschichte fing an, als ein Klient mich anrief und darum bat, ihm die Anruflisten aller vier Handys des Dicken zu beschaffen, weil dessen ebenfalls prominente Frau argwöhnte, dass er sie betrog. All seine vier Mobiltelefone liefen über denselben kundenfreundlichen Anbieter. Uns wurde klar, dass wir auf seine Konten leicht via E-Mail zugreifen konnten, allerdings würde er jedes Mal eine Benachrichtigungsmail darüber erhalten. Das bedeutete, dass wir nur einen Versuch hatten, an die Daten heranzukommen.
Ich hielt es für das Beste, die Einzelverbindungsnachweise um drei Uhr nachts abzurufen, während der Dicke schlummerte und die Benachrichtigung wohl nicht hören würde. Ich ging online, richtete ein paar falsche E-Mail-Konten ein und änderte die Kontoinformationen des Dicken. So würde ich, wenn er aufwachte, einen guten Zeitvorsprung haben, um einen Haufen Verbindungsdaten abzugreifen. Ich bekam sie alle und schickte sie am folgenden Tag meinem Auftraggeber.
Das war das erste Mal, dass ich nachlässig wurde und die Kontoinformationen der Zielperson von meiner eigenen IP-Adresse von zu Hause aus abrief. Ich vergaß außerdem, meine Software für anonymes Surfen zu verwenden – aber wer weiß, vielleicht funktionieren diese Programme sowieso nicht. In jedem Fall traf ich eine schlechte Entscheidung, wodurch ich angreifbar wurde für Ermittler, die nun ihrerseits Jagd auf mich machen konnten.
Glauben Sie, Ihr Mann betrügt Sie? Verschaffen Sie sich Zugang zu seinen Einzelverbindungsnachweisen. Wenn er eine Geliebte hat, stehen die Chancen gut, dass er sie als Erstes anruft, nachdem er am Morgen das Haus verlassen hat, und als Letztes, bevor er abends heimkehrt.
Am folgenden Tag ruft mich mein Kunde an und sagt mit tiefer, düsterer Stimme: »Der Dicke weiß es.« Jetzt mussten wir uns sputen, also gingen wir die Listen durch. Wir fanden den Namen der Geliebten, ihre Adresse und – mittels einer Geheimmethode, die ich mit mir ins Grab nehmen werde – ihr Foto. Es war eine Collegestudentin, und mein Auftraggeber und ich konnten nicht glauben, dass dieses Mädchen wirklich die Geliebte des Dicken war: Im Vergleich zu seiner schönen Frau wirkte es wie ein hässliches Entlein – ein sehr hässliches Entlein.
Es wurde ein Treffen mit dem Dicken und seinen Anwälten und der Kundin meines Auftraggebers und deren Anwälten anberaumt. Der Dicke wollte Köpfe rollen sehen und wissen, wer die Verbindungsnachweise beschafft hatte. Ich war schockiert. Mein Klient, der zufällig einer der härtesten Hunde in der Detektivbranche war, beruhigte mich: »Scheiß auf den fetten Sack, von mir erfährt er nichts.«
Die Anwälte drohten sich wechselseitig mit Klagen, aber mein Auftraggeber starrte den Dicken in Grund und Boden. Schließlich zog er das Foto des hässlichen Entleins aus der Jackentasche und schob es mit dem Gesicht nach unten über den Tisch zu dem Dicken. Der nahm es auf – und die Überraschung seines Lebens war perfekt. Ausgesprochen gefasst erklärte er: »Dieses Treffen ist beendet.« Dann stand er auf und marschierte zur Tür hinaus. Sein Image dürfte schweren Schaden genommen haben, wenn mein Auftraggeber mit dem Foto zur Klatschpresse gegangen wäre.
Nach dem Fall des Dicken beschaffte ich nie wieder Anruflisten. Ich habe erwähnt, dass man dadurch in große Schwierigkeiten kommen kann, und irgendetwas sagte mir, dass meine Tage in diesem Metier gezählt waren. Das war kurz vor dem Helikopterzwischenfall am Kanal in Florida. Es war eine ziemlich paranoide Zeit in meinem Leben.
Heute würde ich meinen Seelenfrieden auf gar keinen Fall mehr gegen eine zweite Karriere in der illegalen Kopfgeldjagd eintauschen. Aber das bedeutet nicht, dass es da draußen nicht genügend Leute gibt, die noch immer fröhlich das Gesetz brechen, wenn der Preis stimmt.
An diesem Punkt sind auch Sie vielleicht ein bisschen paranoid geworden. Ich möchte Ihnen nicht Ihren Tag vermiesen, aber Fakt ist: Falls Sie keine speziellen Vorkehrungen getroffen haben, um Ihre Privatsphäre zu schützen und persönliche Daten zu verbergen, sind diese wahrscheinlich bereits da draußen, wo sie irgendjemand aufspüren und gegen Sie verwenden kann. Wenn Sie sich wirklich in Luft auflösen wollen, müssen Sie genauso kreativ und mutig sein wie die gewieften Schnüffler.
L… mich, Kurt Dust
Ein Kumpel von mir namens Kurt Dust ist einer der besten Ermittler weit und breit. Wir haben beide einen boshaften Sinn für Humor, und ab und zu spielen wir uns einen Streich.
Als die Klatschpresse begann, mich mit der Ermittlung der Telefonnummern von Prominenten zu beauftragen, dachte ich mir einen großartigen neuen Streich für Kurt aus.
Es war damals die Zeit der Piepser oder Pager. Ich hatte gerade Nick Noltes Nummer herausgefunden und piepste ihn an, damit er meinen Freund Kurt anruft. Dann schickte ich ihm noch eine Meldung, dann wieder eine, insgesamt so an die zehn. Alle zehn Sekunden piepste der Pager von Nick Nolte wie verrückt mit dieser ihm unbekannten Telefonnummer. Als er schließlich zurückrief, war er wütend: »Verdammte Kacke, wer zum Teufel ist das?«, rief er anscheinend aus.
»Das würde ich gern mal wissen, wer hier verdammt noch mal anruft!«, erwiderte Kurt.
»Was soll das heißen, ›Wer hier verdammt noch mal anruft‹?! Hier ruft der verdammte Nick Nolte an. Wer, verdammt noch mal, spricht da?« Anscheinend brüllten sie sich in dieser Weise noch eine Weile an.
Als Kurt den Streich begriff, mich anrief und wüst zu beschimpfen begann, lachte ich. Das Ganze wiederholte ich etwas später mit der Pagernummer der Schauspielerin Anna Nicole Smith. Kurt schwor, dass er es mir heimzahlen würde, aber das nahm ich nicht ernst.
Lange Zeit später saß ich an einem spektakulär sonnigen Morgen in meinem Büro in New Jersey, als das Telefon klingelte. Ich griff zum Hörer, da begann ein Mann mit einer tiefen, knurrenden Stimme mir eine Heidenangst einzujagen: »Du mieses Arschloch, ich weiß, wer du bist, ich weiß, was du tust, ich komme dich holen.« Ich hatte keine Ahnung, wer es war.
Ich knallte den Hörer auf die Gabel und wirbelte herum. Als Erstes rief ich Eileen und alle anderen an, die für uns arbeiteten, und wies sie an, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und wachsam zu sein, weil ich befürchtete, dass jemand sie angreifen könnte.
Als Nächstes war es an der Zeit, das Büro zu zerstören. Ich schnappte mir ein paar Müllsäcke, warf die meisten Dinge hinein, zertrümmerte die Bürocomputer, rannte aus der Vordertür und kündigte meinen Mietvertrag. Unter keinen Umständen würde ich jemals wieder an diesen Ort zurückkehren.
Einmal sicher in meinem Auto angelangt, verbrachte ich den ganzen Tag damit, langsam, sehr langsam um den Block zu kurven und nach möglichen Jägern Ausschau zu halten. Wo versteckte sich dieser Kerl? Was sollte ich machen? Ich rastete aus.
Später an jenem Abend klingelte wieder mein Telefon. Ich wäre fast nicht rangegangen, bis ich sah, dass es Kurt war. Er fragte mich, ob mir sein kleiner Anruf vom Vormittag gefallen habe.
»Was?!«, fragte ich.
»Du mieses Arschloch!«, rief er mit demselben tiefen Knurren aus, das ich schon einmal an jenem Tag gehört hatte. Dann schüttelte er sich vor Lachen.
Ich muss zugeben, der Streich war ihm ziemlich gut gelungen.
Als Personenfahnder übernahm ich des Öfteren Suchaufträge, bei denen es darum ging, eine Zielperson ausfindig zu machen, die irgendjemandem eine hohe Geldsumme schuldete. Einmal suchte ein norwegischer Klient nach einem Motivationstrainer, der auch ein paar mittelmäßige Ratgeber zu dem Thema geschrieben hatte. Unser Trainer hatte sich einen großen Betrag von einer Investorengruppe geliehen und sich damit aus dem Staub gemacht. Auch die Strafverfolgungsbehörden waren hinter ihm her.
Wenn man eine Zielperson jagt, ist alles, was man braucht, ein kleines kostbares Informationshäppchen, um dann so lange daran zu arbeiten, bis daraus ein Puzzlestück wird. In den meisten Fällen führt dieses Puzzlestück zu einem weiteren. Dann besteht Hoffnung, dass ein konkreter Anhaltspunkt wie eine Adresse oder eine Kontaktnummer dabei herausspringt. Der Trainer war ziemlich clever darin, sich zu verstecken. Jeder kleine Hinweis, den ich aufstöberte, führte zu einer toten Telefonnummer oder einem gekündigten Postfach.
Da kam mir die Idee, den Trainer aus seinem Versteck zu locken, indem ich mich als französischer Verleger ausgab, der daran interessiert war, einige seiner Bücher ins Französische zu übersetzen. Ich bastelte eine Webseite und bestückte sie mit einem Haufen Buchtitel und den Namen einiger Angestellter. Innerhalb einer Stunde sah der Auftritt der »Éditions François Beaumont« ziemlich authentisch aus.
Ich schrieb dem alten Verleger des Motivationstrainers und fragte nach, ob er dessen Kontaktdaten oder die seines Agenten habe. Der Verleger nahm daraufhin Fühlung zum Trainer auf, der sich auch sofort bei mir meldete. Ich erklärte, dass Editions François Beaumont Interesse daran habe, seine Bücher in Frankreich herauszubringen. Gierig, wie er war, wollte er sofort direkt mit mir einen Deal aushandeln, ohne einen Agenten einzuschalten. Also vereinbarte ich mit dem Trainer einen Termin in Paris.
Wir trafen uns in einer Hotellobby, stellten einander vor und begaben uns zum Mittagessen in ein Restaurant. Ich erläuterte ihm im Einzelnen, wie seine Bücher übersetzt würden und dass wir, falls die Auflagen eine bestimmte Marke überschritten, später gegebenenfalls einen neuen Titel von ihm erbitten würden. Ich reichte ihm ein paar Verträge und einen Fragebogen, auf dem er seine Bankdaten für die Überweisungen eintragen sollte. Der Motivationstrainer blätterte die Verträge flüchtig durch und unterschrieb zwischen Krabben-Cocktail und Coq au Vin auf der gepunkteten Linie, wir gaben uns die Hand und gingen unserer Wege.
Ich übergab die Information meinen Auftraggebern, die daraufhin das Bankkonto des Trainers pfänden ließen. Die Polizei begrüßte den Trainer in seinem Haus und verhaftete ihn wegen versuchten Betrugs.
Wenn Sie untergetaucht sind und sich eine Situation ergibt, in der Sie sich aus der Deckung begeben müssen, sollten Sie vorher intensiv recherchieren. Wenn dabei ein sehr verlockendes Angebot im Spiel ist, rechnen Sie immer damit, dass es ein Köder sein könnte. Hätte sich der Motivationstrainer drei Minuten Zeit genommen und nachgeforscht, so hätte er entdeckt, dass der Domain-Name, den ich für meine falsche Webseite benutzt hatte, gerade einmal dreißig Tage alt war.
Wenn es zu gut scheint, um wahr zu sein, dann ist es das für gewöhnlich auch!