XV

Meine erste Begegnung mit E. – dem Fotografen – begann damit, dass er sich auf dem Beifahrersitz niederließ. Ich weiß noch, dass er über die Pappeln sprach, die sich entlang den von der Landstraße abzweigenden Wegen aneinanderreihten, und über das Fotografieren. Ein gutes Schwarz-Weiß-Foto, sagte E., weise die gesamte Bandbreite an Grautönen auf, die zwischen diesen beiden Polen existieren. Das Licht sei imstande, die Dinge zum Vorschein oder aber zum Verschwinden zu bringen.

Das Licht.

Irgendwann forderte er uns auf, anzuhalten, und stieg aus, um die Pappeln zu fotografieren. Anders als wir schien E. über alle Zeit der Welt zu verfügen.

D. und ich nutzten die Gelegenheit, um uns eine Zigarette anzuzünden. E. gehörte zu den Menschen, die den anderen durch ihre bloße Anwesenheit das Gefühl vermitteln, sie könnten sich völlig ungezwungen verhalten. Menschen, die weder erwarten, dass man pünktlich ist, noch dass man, wenn man schließlich eintrifft, etwas Wichtiges zu sagen hat. Menschen, die jeder Art von Ordnung misstrauen und eben deshalb, wo auch immer sie auftauchen, für ein wenig Chaos sorgen.

Als er endlich mit den Bäumen fertig war, zeigte E. mir seine Kamera. Es war eine Canon FTb – mit genau diesem Modell hatten die Kriegsreporter in Vietnam ihre Aufnahmen gemacht.

Das Licht, das imstande war, die Dinge zum Vorschein oder aber zum Verschwinden zu bringen.

Die Spuren.

Darauf hatte E. es abgesehen.

»Mit dieser Kamera gehe ich auf Gespensterjagd.«

»Und wie sehen die Gespenster aus?«

»Sie sind weiß und in Laken mit Gucklöchern gehüllt.«

E. wusste allerdings nicht, dass auch er wenige Monate später ein Gespenst sein würde. Die Städte waren damals voll von Gespenstern.

Das wusste E., er suchte sie, rief nach ihnen und sollte schließlich ein Teil ihrer Familie werden.

Ich weiß noch, dass wir ihn an diesem Tag in dem Dorf absetzten und am Nachmittag wieder abholten, um gemeinsam in die Stadt zurückzufahren.

»Und, hast du welche gefunden?«

»Was meinst du mit ›welche‹?«

»Gespenster.«

»Nein, heute habe ich kein Glück gehabt.«

»Dann eben beim nächsten Mal.«

»Warte, eins habe ich, glaube ich, doch gefunden. Schau mal her.« Klick.

Das Foto, das E. damals von mir machte und mir bei unserer nächsten gemeinsamen Fahrt übergab, ist eine meiner wenigen Erinnerungen an diese Zeit. Ich sitze lächelnd und mit übertrieben weit aufgerissenen Augen auf der Rückbank des R4.

Ein Schwarz-Weiß-Foto mit der gesamten Bandbreite an Grautönen, die zwischen diesen beiden Polen existieren.