Dies war der Abschluss der Zeit des Neukirchener Kalenders im Dritten Reich, die weniger von mutigem Eintreten für die Verfolgten als vielmehr von einem Taktieren geprägt war, so Heinz-Walter Siering: „Hier ist der Kalender – wie auch in den vorhergehenden Zeitabschnitten – ein getreues Spiegelbild der Kirche seiner Zeit.“
Die Ausgabe für 1950 war die erste, die wieder vollständig in Deutschland erschien. Ihr Rückwandbild zeigt einen Regenbogen als Zeichen des Friedens nach einem abziehenden Gewitter, der sich über einen kleinen Jungen und einen alten Mann mit aufgeschlagener Bibel wölbt. Auf den Rückseiten wird es aber noch lange nicht Frieden; noch oft thematisieren sie die Schrecken des Krieges und die Schuld, vor allem die Schuld gegenüber den Juden. Viele Jahre und Jahrzehnte geht es immer wieder um die Auseinandersetzung mit dem Versagen der Kirche im Dritten Reich. Auf theologischer Ebene wurde die Bedeutung Israels für die Kirche neu reflektiert. Immer mehr ging es nun nicht mehr nur um das Heil des Einzelnen, stattdessen rückte die christliche Verantwortung in Gesellschaft und Politik in den Vordergrund. Brennende Themen wie atomare Aufrüstung, Armut und Hunger in Ländern des Südens – damals noch „Dritte Welt“ genannt – oder Umweltfragen wurden behandelt.
In den letzten Jahren waren es auch Themen wie die Wirtschaftskrise, Extremismus, die Verfolgung von Christen weltweit oder soziale Spannungen wie die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, die im Kalender widerklangen, berichtet Ralf Marschner. Auch der Umgang mit Gottes Schöpfung wird behandelt: Eine Rückseite habe er dem Film „Eine unbequeme Wahrheit“ von Al Gore, der sich mit dem Klimawandel befasst, gewidmet.