Das Restless Legs Syndrom kommt heutzutage etwa so häufig vor wie der Migräne-Kopfschmerz. Hunderttausende Menschen können nachts kaum schlafen, weil die Beine nicht zur Ruhe kommen.
Das Krankheitsbild, unter dem bis zu zehn Prozent der deutschen Bevölkerung leiden, betrifft überwiegend Frauen. Und die Statistik belegt: Mit jeder Geburt steigt das Erkrankungsrisiko an. Vermutet wird hierbei ein Zusammenhang zwischen dem Restless Legs Syndrom und Hormonschwankungen, vor allem bei den Geschlechtshormonen.
Sowohl bei Männern als auch bei Frauen steigt die Häufigkeit des Syndroms mit dem Alter an. Etwa 1,3 Prozent und damit etwa 800.000 Menschen hierzulande leiden unter mittleren bis starken Beschwerden, die behandlungsbedürftig sind. Damit ist das RLS als Erkrankung etwa so häufig wie der Migräne-Kopfschmerz.
Die Erkrankung wurde bereits 1685 von dem englischen Arzt Dr. Thomas Willis sehr zutreffend beschrieben. Die Beschwerden treten vor allem abends und nachts auf: Ziehen, Kribbeln, Brennen und periodisches Zucken in den Beinen sowie ein nicht zu kontrollierender Drang, die Beine zu bewegen, sind die Hauptsymptome, unter denen die Patienten leiden. Ein häufiges Aufstehen und Umhergehen sind die zwangsläufige Folge, an einen erholsamen Schlaf ist oft gar nicht zu denken.
Die Beschwerden können einseitig, beidseitig oder auch wechselnd ausgeprägt sein. Typischerweise treten die tief in den Knochen und Muskeln sitzenden Missempfindungen fünf bis 30 Minuten nach dem Zubettgehen auf.
Die nächtliche Unruhe in den Beinen, selten auch in den Armen, zieht Einschlaf- und Durchschlafstörungen nach sich, die den Patienten tagsüber erschöpft, müde und unkonzentriert machen. Der Schlaf wird ständig unterbrochen, und der Anteil der wichtigen Tiefschlafphasen ist reduziert. Die Schlafqualität und die Erholung durch den Schlaf gehen verloren, die Leistungsfähigkeit nimmt ab.
Neuere Untersuchungen weisen auf Störungen in den Stammganglien des Gehirns und in bestimmten Nervenbahnen zwischen Hirn und Rückenmark hin, die beim Restless Legs Syndrom vorliegen könnten.
Die schwierige Suche nach den Ursachen
Das RLS kann sich als Folgeerscheinung anderer Gesundheitsstörungen entwickeln. Hier kommen vor allem Eisenmangel und auch eine gestörte Nierenfunktion als Ursachen im Hintergrund in Frage. In den Fällen, in denen das RLS als »eigenständige« Erkrankung auftritt, sind die auslösenden Faktoren größtenteils unbekannt.
In der Forschung wird auch über eine erbliche Veranlagung diskutiert, seitdem bekannt ist, dass sich das Erkrankungsrisiko um das Vier- bis Sechsfache erhöht, wenn in der Familiengeschichte bereits Fälle von RLS aufgetreten sind.
Viele Betroffene suchen keinen Arzt auf, denn sie ahnen nicht, dass sich hinter den Symptomen eine ernst zu nehmende Erkrankung verbergen kann. Umgekehrt sind auch viele Ärzte noch nicht mit dem Restless Legs Syndrom vertraut und stehen dem Leiden ihrer Patienten mit einiger Hilflosigkeit gegenüber. Nur allzu häufig werden die Beschwerden als Stressreaktionen und »Nervosität« und/oder Wadenkrämpfe gedeutet und mit Schlaftabletten oder Beruhigungsmitteln behandelt. Damit aber ist den Patienten nicht geholfen, im Gegenteil: Manche dieser Medikamente können die Symptome der unruhigen Beine sogar verschlimmern.
Wichtig ist für die Diagnosestellung vor allem die Beschreibung, die die Betroffenen selbst von ihren Beschwerden geben. Wenn die folgenden vier Aussagen zutreffen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Restless Legs Syndrom vorliegt:
Diese Beschreibungen entsprechen den vier klinischen Kriterien, nach denen die Diagnose gestellt wird:
Das sollte der Patient über RLS wissen
RLS ist eine fortschreitende Erkrankung. Die mit ihr verbundenen Beschwerden machen ab einem gewissen Stadium eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erforderlich.
RLS ist nicht die Vorstufe einer weiteren gravierenden Erkrankung (aus ihr entwickelt sich zum Beispiel nicht die Parkinson-Krankheit, wie manche befürchten).
RLS verkürzt auch nicht die Lebenserwartung.
Die Aktimetrie ist eine Messmethode zur Erfassung von Beinbewegungen, die auch für den Einsatz bei RLS-Patienten geeignet sein kann. Hierfür wurde speziell ein (tragbares) Gerät entwickelt, das über einen Zeitraum von drei bis fünf Nächten die Beinbewegungen der Patienten registriert. An den Füßen angebrachte Senoren melden dem Gerät die Bewegungen, und die Auswertung der Messwerte erfolgt idealerweise im Zusammenhang mit einem »Schlaftagebuch«, das der Patient führen sollte. So lässt sich ein recht zuverlässiger Anhaltspunkt dafür finden, wie stark die messbare Ruhelosigkeit der Beine das Schlafempfinden beeinträchtigt.
Dieses Verfahren ermöglicht es, die Intensität der Störungen zu messen, und kann damit auch zur Kontrolle des Erfolgs einer medikamentösen Therapie gute Dienste leisten.
Der Nervenbotenstoff Dopamin scheint bei der Ausprägung des Restless Legs Syndroms eine Rolle zu spielen; Beobachtungen zeigen, dass bei RLS-Patienten die Dopaminwerte erniedrigt sind. Zur üblichen Therapie der Symptomatik gehört daher die Einnahme eines Medikaments, dessen Wirkstoff im Gehirn zu Dopamin umgewandelt wird. Dieser Wirkstoff wird L-Dopa (abgekürzt für Levodopa) genannt, und seine Wirkung setzt bei den meisten Patienten zu deren großer Erleichterung sofort ein: Schon in der Nacht nach der ersten Einnahme können die Beschwerden der unruhigen Beine ganz verschwinden oder zumindest deutlich geringer ausgeprägt sein.
Wichtig zu wissen
Das Parkinson-Medikament L-Dopa kann vielen RLS-Patienten helfen, aber die Befürchtung, das RLS sei eine Vorstufe zur Parkinson-Krankheit, ist unbegründet.
Bisweilen halten die Patienten L-Dopa fälschlicherweise für ein Schlafmittel, weil sie nach langer Zeit endlich wieder durchschlafen können. Es ist aber ein Medikament, das ursprünglich für die Entwicklung der Parkinson-Krankheit entwickelt wurde.
Dieser Sachverhalt hat in falscher Interpretation immer wieder Anlass zu Befürchtungen gegeben, dass das Restless Legs Syndrom sich zu Parkinson weiterentwickeln werde. Diese Besorgnis ist allerdings unbegründet; das RLS ist keine Vorstufe zur Parkinson-Krankheit.
Auch eine Eisenmangelanämie – volkstümlich ausgedrückt: eine »Blutarmut« durch Eisenmangel –, wie sie zum Beispiel bei Dialyse-Patienten und Schwangeren, aber auch bei Frauen mit starken Menstruationsblutungen auftritt, kann ein RLS auslösen. Allein in Europa sind rund zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter davon betroffen.
Eisen ist der Sauerstofftransporter des Körpers; jede seiner Zellen benötigt das Spurenelement. Für RLS-Patienten wichtig: Der Körper braucht Eisen, um im Gehirn den Nervenbotenstoff Dopamin herzustellen. Deshalb sollte man auch in der Ernährung auf die Zufuhr von Eisen achten. Aber nur durchschnittlich zehn Prozent der mit der Nahrung zugeführten Eisenmenge kann der Körper verwerten.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Eisen aus pflanzlicher Kost vom Darm sehr viel schlechter aufgenommen wird als Eisen aus tierischer Nahrung. Eine rein vegetarische Ernährung kann daher eine Unterversorgung mit Eisen begünstigen. Über den Eisengehalt verschiedener Nahrungsmittel informiert Sie die Tabelle am Ende dieses Kapitels.
Eisen kann auch zuverlässig in Form von Arzneimitteln, die es rezeptfrei in Apotheken gibt, zugeführt werden. Eisenpräparate sind neben Chininsulfat häufig Bestandteil insbesondere naturheilkundlich orientierter Behandlungsformen.
Über die Ursachen des Restless Legs Syndroms ist nach wie vor wenig bekannt, und somit ist auch eine kausale Therapie bis heute nicht möglich. Vermutlich spielt beim RLS ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Mechanismen der Nervenreizübertragung eine Rolle – im Endergebnis kommt es bei den Betroffenen zu einer Übererregbarkeit der die Muskeln steuernden Nerven.
Berechtigte Hoffnungen für RLS-Patienten weckt die Anwendungsstudie zu einem Arzneimittel mit dem Wirkstoff Chininsulfat, die auf den Seiten 63–65 im Hinblick auf das Fibromyalgie-Syndrom vorgestellt wurde. Neben Muskelschmerzen und Wadenkrämpfen sprachen auch die Restless-Legs-Symptome gut auf diese Arznei an. Gleichzeitig verbesserte sich der Nachtschlaf – ein Faktor, der insbesondere bei Restless-Legs-Patienten erheblich zur Lebensqualität beiträgt.
Linsen haben einen hohen Eisenanteil. Unser Körper kann aber Eisen aus tierischen Nahrungsmitteln besser verwerten.
Diese Tabelle soll Hinweise für RLS-Patienten geben, die durch eine entsprechende Ernährung ihre Eisenversorgung verbessern wollen. Da für die Nahrungsmittel aber auch jeweils der Gehalt an Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten angegeben ist, kann die Tabelle auch all denen gute Dienste leisten, die sich im Interesse ihrer Gesundheit um eine bewusste, ausgewogene Ernährung bemühen.
Nahrungsmittel |
Eisen |
Eiweiß |
Fette |
Kohlenhydrate |
FLEISCH UND WURSTWAREN je 100 g enthalten: |
||||
Blutwurst |
6,4 |
12,1 |
29,0 |
0,1 |
Bratwurst, fein |
2,7 |
12,8 |
26,7 |
0,5 |
Huhn |
0,7 |
19,9 |
9,6 |
− |
Kochschinken |
2,3 |
22,5 |
3,7 |
– |
Lammkotelett |
2,2 |
14,9 |
32,0 |
– |
Mettwurst |
3,1 |
23,3 |
28,3 |
– |
Mortadella |
1,3 |
12,4 |
32,8 |
– |
Pute |
1,5 |
22,4 |
6,8 |
– |
Schweineleber |
15,8 |
20,7 |
4,9 |
0,5 |
Schweineschnitzel |
1,7 |
22,2 |
1,9 |
– |
Rinder-/Schweinehackfleisch |
2,4 |
20,0 |
10,0 |
– |
Rinderfilet |
2,3 |
21,2 |
4,0 |
– |
Rinderleber |
7,0 |
19,7 |
3,1 |
5,3 |
Blumenkohl |
0,6 |
2,5 |
0,3 |
2,3 |
weiße Bohnen |
6,2 |
21,3 |
1,6 |
40,1 |
Brokkoli |
1,3 |
3,3 |
0,2 |
2,5 |
Champignons |
1,2 |
2,7 |
0,3 |
0,6 |
Erbsen |
1,8 |
6,6 |
0,5 |
12,3 |
Feldsalat |
2,0 |
1,8 |
0,4 |
0,7 |
Grünkohl |
1,9 |
4,3 |
0,9 |
3,0 |
Karotten |
2,1 |
1,0 |
0,2 |
4,8 |
Kohlrabi |
0,9 |
1,9 |
0,1 |
3,7 |
Kopfsalat |
0,3 |
1,3 |
0,2 |
1,1 |
Oregano |
7,4 |
1,8 |
1,7 |
8,2 |
Paprika |
0,8 |
1,2 |
0,3 |
2,9 |
Petersilie |
5,5 |
4,4 |
0,4 |
7,4 |
Rosenkohl |
1,1 |
4,5 |
0,3 |
3,8 |
Salzkartoffeln |
0,4 |
1,8 |
0,1 |
15,4 |
Spinat |
3,0 |
2,5 |
0,3 |
0,6 |
Zucchini |
1,5 |
1,6 |
0,4 |
2,0 |
Fischstäbchen |
0,4 |
13,1 |
9,5 |
17,4 |
Hering |
1,5 |
16,5 |
16,0 |
– |
Karpfen |
0,7 |
18,0 |
4,8 |
– |
Lachs |
1,0 |
20,0 |
13,6 |
– |
Miesmuscheln |
5,1 |
9,8 |
1,3 |
– |
Rollmops |
2,6 |
16,0 |
15,0 |
1,1 |
Sardellen |
4,3 |
17,5 |
2,0 |
– |
Tiefseegarnelen |
5,0 |
20,8 |
1,2 |
– |
MILCH, MILCHPRODUKTE UND EIER je 100 g enthalten: |
||||
Butterkäse |
0,5 |
21,1 |
28,8 |
– |
Hühnerei |
2,1 |
12,9 |
11,2 |
0,7 |
Joghurt |
0,1 |
3,9 |
3,8 |
5,4 |
Kuhmilch |
0,1 |
3,3 |
3,5 |
4,5 |
Quark |
0,4 |
10,7 |
13,0 |
2,1 |
GETREIDEPRODUKTE je 100 g enthalten: |
||||
Mais |
1,4 |
8,5 |
3,8 |
66,6 |
Naturreis |
0,7 |
2,7 |
0,8 |
27,3 |
Nudeln |
0,7 |
5,3 |
0,8 |
32,0 |
Cornflakes |
2,0 |
7,2 |
0,6 |
79,7 |
Getreideflocken |
3,4 |
10,1 |
3,6 |
61,4 |
Haferflocken |
4,6 |
12,5 |
7,0 |
63,3 |
Müsli mit Nüssen |
4,4 |
12,3 |
11,7 |
55,2 |
Müsli mit Trockenobst |
3,5 |
9,3 |
5,4 |
61,2 |
Baguette |
1,6 |
7,8 |
1,4 |
51,0 |
Knäckebrot |
3,6 |
11,8 |
2,3 |
55,8 |
Pumpernickel |
1,9 |
6,8 |
0,9 |
36,5 |
Roggenbrot |
2,5 |
6,2 |
1,0 |
45,7 |
Vollkornbrötchen |
2,8 |
8,1 |
1,5 |
43,5 |
Weizenbrot |
1,0 |
7,6 |
1,2 |
48,8 |
FRÜCHTE je 100 g enthalten: |
||||
Äpfel |
0,5 |
0,3 |
0,6 |
11,4 |
Bananen |
0,5 |
1,2 |
0,2 |
20,0 |
Birnen |
0,3 |
0,5 |
0,3 |
12,4 |
Erdbeeren |
1,0 |
0,8 |
0,4 |
5,5 |
Kiwis |
0,8 |
1,0 |
0,6 |
9,1 |
Orangen |
0,4 |
1,0 |
0,2 |
8,3 |
Weintrauben |
0,5 |
0,7 |
0,3 |
16,1 |
Backobst |
2,5 |
2,9 |
0,9 |
56,6 |
Feigen, trocken |
3,3 |
3,5 |
1,3 |
55,0 |
Rosinen |
0,3 |
2,5 |
0,6 |
63,9 |
NÜSSE je 100 g enthalten: |
||||
Haselnüsse |
3,8 |
12,0 |
61,6 |
10,5 |
Walnüsse |
2,5 |
14,4 |
62,5 |
10,6 |
geröstete Cashewnüsse |
6,0 |
20,5 |
50,9 |
18,8 |
geröstete Erdnüsse |
2,0 |
25,6 |
49,4 |
9,4 |
geröstete Pistazien |
6,7 |
19,0 |
49,5 |
15,5 |