EINEN JOB
BRAUCHST DU DEN WIRKLICH?
F alls sie nicht gerade der Erbe des Familienvermögens sind, müssen die meisten Menschen schon für ihren Lebensunterhalt arbeiten.
Musst du dein Leben lang denselben Job behalten?
Kannst du irgendwann dein Hobby zu deinem Beruf machen?
Musst du dein Leben lang ein und demselben Beruf nachgehen?
Dieses Kapitel zeigt, wie wichtig es ist, dass du deinen Marktwert erzeugst, sodass du irgendwann den Wechsel vom Arbeiter zum Investor vornehmen kannst. Sobald du Investor bist, kannst du von der Rente träumen. So ist die Finanzstruktur unserer Gesellschaft.
Unser Körper altert und wir gehen über von der aktiven Bevölkerung zur Bevölkerung im Ruhestand. Wenn der Körper nicht mehr mithalten kann und seinen Marktwert verliert, musst du eine Rente aufgebaut haben. Das ist die Realität.
Fang irgendwo an
Juni 1996.
Ich bin fast 17 Jahre alt und in McDonald’s-T-Shirt und -Kappe auf dem Nachhauseweg. Dies ist mein erster richtiger Job; eine Firma war bereit, mich für 6,10 Dollar die Stunde einzustellen. Es dauerte eine Weile, bis ich wirklich produktiv war, aber nach ein paar Schichten hatte ich den Dreh raus. Ich kann nicht sagen, ob ich meine Produktivität gesteigert oder nur einen Weg gefunden habe, gefahrlos schneller zu arbeiten .
Was manche Menschen als Job ansahen, betrachtete ich als Sport: Es gab Regeln, man musste Leistung bringen und man musste lernen. Was habe ich heute gelernt? Das ist die Frage, die ich mir in jedem Job gestellt habe, den ich je hatte, bei jeder Aktivität, der ich nachgegangen bin, und an jedem Schultag. Verschwende ich meine Zeit oder entwickle ich etwas Neues? Wiederhole ich mich oder festige ich mein Wissen?
Dein erster Job ist wichtig: Er hat Einfluss auf die darauffolgenden. Sich für einen anspruchsvollen Job, der auch als solcher wahrgenommen wird, zu entscheiden, ist eine Investition in deinen Lebenslauf. Anfangs arbeitest du für Hungerlöhne. Das Ziel besteht darin, nicht mehr für einen geringen Lohn zu arbeiten. Stattdessen für ein Ergebnis und größeren intrinsischen Wert zu arbeiten, statt nur deine Zeit hineinzustecken. Du musst deine Fähigkeit entwickeln, zum Investor zu werden.
Mein Ziel war es von jeher, eines Tages für den immateriellen Wert, die Kompetenz oder den Marktwert bezahlt zu werden und nicht auf Basis der in den Job investierten Zeit. An sein Leben in Gestalt von Arbeitsstunden zu denken, ist die Sichtweise eines Lohnarbeiters auf den Job.
Zeit in die Tätigkeit zu stecken, verleiht der getanen Arbeit nicht automatisch Wert. Was jedoch Wert hat, ist das, was über einen Zeitraum hergestellt oder geschaffen wurde. Zum Beispiel verleiht die Tatsache, dass du vier Stunden äußerst sorgfältig eine Wand angestrichen hast, dieser Wand in den Augen des Kunden nicht mehr Wert, als wenn dieselbe Wand in 30 Minuten gestrichen worden wäre. Deshalb wollen Kunden nicht nach Stunden bezahlen, sondern lieber auf Basis der Ergebnisse. Der Zeitunterschied zwischen beiden Szenarien verschafft dem Kunden keinen Mehrwert. Wieso also die Mentalität der stundenweisen Bezahlung aufrechterhalten?
Vom Mitarbeiter zum Investor werden: eine notwendige Mischung
Sobald du angefangen hast, zu arbeiten, musst du wie ein Investor denken. Wieso? Weil das Geld schneller ausgegeben wird, als es hereinkommt. Es herrscht eine Kluft zwischen eingegangenen und herausgehenden Geldern. Zu glauben, dass du mit deinem Wochenlohn deinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kannst, kommt einer Ignoranz über dein finanzielles Ziel gleich.
Bestimmte Ausgaben, wie die mit Ausbildung oder Ruhestand verbundenen, müssen geplant werden, was ein weiterer Grund dafür ist, warum du wie ein Investor denken musst: Um zu investieren, musst du Geld sparen.
Der grundlegende Fehler, der jungen Berufstätigen unterläuft, besteht darin, dass sie noch vor der Investition das Geld ausgeben oder sich belohnen. Das läuft darauf hinaus, dass man wie ein armer Mensch denkt, aber das Gegenteil sollte der Fall sein. Ausgegeben werden sollte das, was nach der Investition übrigbleibt.
Investiere in deine Ausbildung, damit du nicht das Gefühl von Arbeit hast
Wenn du noch am Anfang stehst, investierst du vielleicht in dein Studium. Aber steigerst du wirklich deinen Marktwert, indem du in dem von dir ausgewählten Bereich studierst? Ich kann förmlich einen bestimmten Philosophieprofessor von mir hören, der mich als Utilitarier bezeichnete, weil ich neoliberale Interessen verfolgte. Ich ließ ihm seinen Spaß und einen Schatten auf meinen Weg werfen: Auch als Philosophiedozent ist man nicht frei von fadenscheinigen Argumenten.
Ergibt es heutzutage noch Sinn, für das Wissen zu studieren? Bedeutet nicht die weithin zugängliche Information, dass wir nicht länger Professoren für das Nachplappern von Bücherinhalten bezahlen müssen? Zum Beispiel brauche ich keinen Bachelorabschluss in Philosophie, um John Rawls’ Eine Theorie der Gerechtigkeit zu lesen, vor allem, wenn ich nicht vorhabe, das Thema zu unterrichten.
Im Grunde genommen ist es so: Wenn du ein Fach studierst, bei dem der Abschluss andere nicht wissen lässt, dass du nützliche Fachkompetenz besitzt, brauchst du diesen Abschluss dann wirklich? Wissen ist nie nutzlos. Aber ein Abschluss ist eine Beglaubigung, es ist ein Zeugnis deiner Qualifikationen und Fähigkeiten. Wenn du es nicht vorhast oder dir die Möglichkeit des beruflichen Nutzens fehlt, brauchst du es dann wirklich?
Die Frage läuft immer wieder auf dasselbe hinaus: Wie wird diese Investition meinen Wert und mein Glück steigern? Verlier dabei nicht das Ziel aus den Augen, vom Arbeiter zu jemandem mit Privatvermögen überzugehen. Trägt meine Ausbildung dazu bei?
Einige mag die Frage überraschen, aber ist es eine gute Idee, jahrelang an der Universität ein Fach zu studieren, in dem die Zukunftsaussichten geradewegs an denselben Ort führen wie auch ein Kurs im Schreibmaschineschreiben? Im Hinblick auf finanzielle Investitionen ergibt es keinen Sinn.
Manche werden sagen: »Ja, aber im Leben geht es um mehr als nur Geld!« Das ist völlig richtig. Aber es bedarf des Gelds – und zwar viel davon –, um bestimmte Erfahrungen genießen zu können. Ein Studium zu absolvieren, ohne darüber nachzudenken, wohin es führen wird, ist eine fragwürdige Investition mit gravierenden finanziellen Konsequenzen.
Wenn ich höre, wie sich Akademiker über ihre Arbeitslosigkeit beschweren, wo sie doch einen Masterabschluss haben, frage ich mich immer, warum sie sich für ihr Studienfach entschieden haben. Jeder kann – und sollte – sich die Beschäftigungsstatistik zu jedem Studienangebot ansehen.
Wenn du nicht glaubst, dass du in einem bestimmten Fachgebiet der Beste sein oder für dich eine Nische finden wirst, warum dann derart beträchtliche finanzielle Ressourcen dafür aufwenden? Geld in eine Ausbildung zu investieren, ist eine Investition in dein Bildungskapital.
Natürlich gibt es immer Menschen, die die Ausnahme von der Regel sind und ihren Abschluss auf unübliche Weise nutzen. Nehmen wir mal das Beispiel des bekannten kanadischen Illusionisten Luc Langevin. Er nutzt sein Wissen im Bereich der Physik, um Zaubertricks (oder optische Täuschungen) durchzuführen. Es ist ihm gelungen, seinen Abschluss in Naturwissenschaften mit seinen künstlerischen Bestrebungen zu vereinen, auch wenn das nicht der übliche Pfad ist, den jemand mit seiner Art von Ausbildung einschlagen würde.
Es ist wichtig, einen Bereich zu finden, der zu dir passt und dich das tun lässt, was du liebst. Ich rede nicht davon, sich etwas Einfaches auszusuchen, sondern eine Fachrichtung, für die du Leidenschaft hegst. Im Alter von 18 oder 20 ist das jedoch kein Kinderspiel.
Wenn du einen Weg findest, für den du Leidenschaft hegst, wird sich deine Arbeit nicht wie Arbeit anfühlen. Danach zu streben, die eigene Tätigkeit zu lieben, ist immer noch ein lobenswertes und realistisches Ziel. Für viele Menschen ist es die vergebliche Suche nach dem Nirwana¸ für andere ist es nicht verhandelbar.
Den Sprung schaffen
Die Schule bringt uns bei, wie man zum Mitarbeiter wird. Ich liefere den Arbeitgebern meine Arbeitskraft. Wenn du mit Berufsberatern redest oder auf Jobmessen gehst, werden dir offene Stellen, Gehälter und Arbeitsbedingungen verkauft.
Ich kann mich nicht erinnern, während der Schulzeit vielen Unternehmern begegnet zu sein. Unternehmer zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig, dass man mit etwas handelt. George Clooney, Beyoncé und Drake sind auf ihre eigene Weise alle Unternehmer: Sie haben aus ihrem Wissen und ihrem Ideenreichtum kulturellen Wert geschaffen.
Als Unternehmer musst du arbeiten. Jede Minute, die du deiner Arbeit widmest, verfeinert deine unternehmerische Vision und steigert deren Wert. Sei jedoch vorsichtig, falls du überlegst, ins Restaurantgewerbe einzusteigen. Es sieht besser aus, als es ist: verrückte Arbeitszeiten, starker Wettbewerb und ein beträchtliches Risiko, damit zu scheitern.
Es ist keine gute Idee, nur um der Sache willen zum Existenzgründer zu werden. Du musst davon überzeugt sein, dass dein Angebot Wert besitzt, und dass du diesen Wert langfristig beschützen und zu Gewinn machen kannst.
Unternehmertum eignet sich nicht für jeden, aber eine Investition in Zeit und Geld ist für die meisten erforderlich. Man muss das Investieren lernen, über die Mentalität als Zahlender hinauszukommen und die Mentalität eines Empfängers entwickeln. Was uns zurück zum Kern der Sache bringt: Ist es notwendig, dein eigener Chef zu werden, um Investor zu werden?
Im Schlaf Geld verdienen
Wenn du am Aktienmarkt oder in ein Privatunternehmen investierst, besteht das Ziel darin, einen Ertrag zu generieren, während du Zeit mit etwas anderem verbringst. Investor zu werden, bedeutet, Geld im Schlaf zu verdienen. Falls du ein Renditeobjekt zu einem fairen Preis erworben hast, so generiert dieses praktisch auch über Nacht Wert. Die Mieter schlafen, aber sie bezahlen dich währenddessen für die Nutzung dieses Orts.
Das Gleiche gilt für Investments am Aktienmarkt: Während du andere Sachen machst, arbeitet dein Geld für dich. Im Alter von 16 Jahren scheint das außer Reichweite zu liegen, aber mit 50 wird es zur Norm und mit etwa 65 oder 70 ist es faktisch eine Pflicht. Und nein, Ruhestand ist keine Zeit zum Ausruhen. Es ist eine Zeit, in der sich die meisten Menschen vom Arbeitnehmer zum Investor wandeln. Unser Verstand und unser Körper mögen zwar nicht länger für Geld arbeiten, aber unser Geld arbeitet immer noch für uns .
Arbeit: ein Konzept im Wandel
Also, musst du noch weiterarbeiten? Ja, wenn du nie zum Investor geworden bist. Das scheint offensichtlich, aber es ist eine Lebensaufgabe, sich zum richtigen Zeitpunkt vom Arbeitnehmer zum Investor zu wandeln. Viele Menschen nehmen das leider nicht ernst.
Falls du das Investieren hinausschiebst, zahlst du auf ganzer Linie dafür. Spaß über Investitionen zu stellen, ist ein Fehler, weil das Geld, das du in jungen Jahren für dein Vergnügen ausgibst, negative Auswirkungen auf deine Lebensqualität in den nächsten Jahrzehnten haben wird. Ein in deinen Zwanzigern gekaufter Sportwagen steht für eine Anzahlung auf ein Haus, wenn du Anfang 30 bist. Vergiss nicht: Unser Besitz hat Folgen.
In einem Bericht von 2014 über RRSP-Beiträge, also Rentenbeiträge in Kanada, schrieb Statistics Canada: »Landesweit betrug der mittlere Beitrag 2.930 Dollar, eine Steigerung um 3,5 Prozent gegenüber 2011. Der Mittelwert ist der Punkt, an dem die Hälfte der Beitragszahlenden mehr als 2.930 Dollar gezahlt haben und die andere Hälfte weniger.« 21
In Anbetracht des Niveaus der Beiträge zu diesen Rentensparplänen können die Kanadier den Wechsel vom Arbeitnehmer zum Investor vollziehen? Eher nicht. Mit niedrigen Erträgen auf dem Aktienmarkt benötigt man mehr Kapital, um zum Vollzeitinvestor zu werden, wenn man sich zur Ruhe setzt. Und das steht einer stetig steigenden Lebenserwartung gegenüber. Die heutigen Investoren haben drei Prioritäten: Sie müssen
  1. mehr Kapital sparen , weil in der Zukunft die Erträge niedriger sein werden als in der Vergangenheit, aber die Ruhestandsdauer vermutlich länger sein wird;
  2. mehr Risiken eingehen , um Erträge in vergleichbarer Höhe mit der der Vorgängergeneration zu erzielen; und
  3. über einen längeren Zeitraum investieren.
Einen Job, brauchst du den wirklich? Wenn du nicht investieren und dein Geld für dich arbeiten lassen willst, dann lautet die Antwort ja.
Ich forciere hier keineswegs die Idee, reich zu werden, sondern nur, dass du das Beste mit dem anfängst, was du hast. Sobald du Investor bist, kann dich nichts davon abhalten, nur noch zum Spaß zu arbeiten, wenn du im Ruhestand bist, sei es zum Zeitvertreib oder um die Brötchen zu verdienen. Das ist doch wahre Freiheit, oder?
Aber du solltest eine andere Frage stellen: Was lässt dich denken, dass du mit 65, 70 oder 75 immer noch arbeitsfähig bist? Kanadier lieben es ganz sicher, Russisch Roulette zu spielen …