ERWARTUNGEN MANAGEN
MUSST DU DAS WIRKLICH?
A h, Erwartungen managen. Wir managen unaufhörlich Erwartungen, sei es in Beziehungen, unserer Karriere, den übernommenen Projekten oder bei unseren Freizeitaktivitäten. Das Erwartungsmanagement findet sich überall, einschließlich der persönlichen Finanzen und dem Lebensstil. Seine eigenen Erwartungen in diesen beiden Bereichen zu managen, ist ein Rezept zum Unglücklichsein.
Die Erwartungsgleichung
Verzeiht mir die Metapher aus der Wirtschaftsprüfung, aber das Managen von Erwartungen ähnelt stark der Analyse von Finanz- oder Geschäftsergebnissen.
Bei der Finanzergebnisanalyse berechnen wir die Varianz zwischen dem tatsächlichen Ergebnis und dem prognostizierten Ergebnis. Wir verwenden zum Beispiel die folgende Gleichung, um die Spanne, in Prozent gemessen, zwischen Ergebnis und Prognose zu berechnen.
Falls das Ergebnis der Gleichung positiv ist, bedeutet das, dass wir die Verkäufe oder Profitprognosen übertroffen haben. Management und Anteilseigner sind zufrieden, da wir die Erwartungen übertroffen haben. (Wenn wir von Ausgabenkategorien sprechen, ist die Logik genau umgekehrt, es sei denn, zusätzliche Ausgaben generieren einen proportional höheren Ertrag.)
Führungskräfte in Unternehmen sind Meister des Erwartungsmanagements geworden, um Märkte und Investoren zufriedenzustellen.
In unserem Privatleben ist es nahezu das gleiche Prinzip. Nehmen wir ein Beispiel: Eine Frau geht nach Hause. Sie bereitet sich auf einen romantischen Abend vor. Sie duscht, kühlt eine Flasche Wein, kocht ein einfaches Abendessen und zündet Kerzen an.
Ihre Erwartungen steigen. Das Telefon klingelt und ihr Freund sagt, er müsse den Abend mit der Arbeit an einer Akte für den nächsten Tag verbringen (in Seifenopern erfahren wir nie etwas über diese Akte, weil sie für gewöhnlich leer ist). Die Gleichung ist also wie folgt:
Miss die Zufriedenheit. Falls das Ergebnis Null ist, wurden unsere Bedürfnisse befriedigt. Ist es positiv, wurden unsere Erwartungen übertroffen, ist es negativ, wurden sie unterboten.
Es ist schwierig, dem Ergebnis eine Zahl zuzuordnen, aber man kann schätzen, dass der Wert eines Abends vor dem Fernseher geringer ausfällt als der Wert eines romantischen Abends. Die Zufriedenheit ist folglich negativ. Manche Situationen sind einfacher zu quantifizieren – zum Beispiel Gehaltserwartungen oder der Wert eines Hauses.
Möglicherweise denkst du, meine Sichtweise sei zu sehr von der Wirtschaftsprüfung oder Mathematik durchtränkt, aber es ist wie gesagt nur eine Metapher. Werden die Erwartungen so gerade eben erfüllt, beträgt die Varianz zwischen tatsächlichem Ergebnis und Erwartungen Null Prozent. Praktisch gesehen können wir also Glück als das Ausmaß der Erwartungserfüllung definieren. Wir können dieser Zufriedenheit nicht wirklich eine Zahl zuordnen, aber wir können ihr eine Größenordnung zuweisen (gleich, größer als oder kleiner als, besser oder schlechter als die Erwartungen). Wir kontrollieren nicht immer den Zähler in der Gleichung (das tatsächliche Ergebnis), aber wir können uns auf den Nenner konzentrieren, also unsere Erwartungen.
Konkrete Beispiele
Warum diese ganze Enttäuschung? Wegen der schlecht gemanagten Erwartungen. Die erwarteten Ergebnisse waren zu schwer erreichbar. Diese Beispiele zeigen, dass Ziele richtig definiert werden müssen.
Erwartungen und SMART-Ziele
Im Management gibt es einen Weg der Zielformulierung, der sich auch auf unser Privatleben anwenden lässt, vor allem im Hinblick auf das Erwartungsmanagement. Du musst die Ziele kennen, die du erreichen willst.
Mit Anfang 20 schrieb ich meine Lebensziele auf ein Stück Papier und trug es ein paar Jahre in meiner Brieftasche mit mir herum. Als Zusage an mich selbst hatte ich entschieden, mir Ziele zu setzen, basierend auf meinen Erwartungen, Interessen, Wünschen, Träumen und Fähigkeiten. Die Liste war in verschiedene Kategorien unterteilt, einschließlich:
Wenn du dir keine Ziele setzt, kommt du auch nirgendwo an oder zumindest nicht dort, wo du hinwillst. Zum Beispiel bestand mein Ziel in der Kategorie Ersparnisse darin, jedes Jahr 20 Prozent meines Bruttogehalts zu sparen. Im Bereich Karriere notierte ich verschiedene Ziele, wie »mit 45 Universitätsprofessor sein« und »mit 40 ein Buch geschrieben haben«.
Die Ziele ergaben alle Sinn; sie folgten den Prinzipien aus meinen Managementkursen. Sie waren das, was man als SMART-Ziele bezeichnet. Was sind SMART-Ziele?
S pezifisch. Ein gut definiertes Ziel muss klar und präzise sein. Zum Beispiel ist »ein besserer Mensch werden« vage. Aber »Universitätsprofessor sein« ist klar und präzise.
M essbar. Du musst in der Lage sein, das Ziel zu quantifizieren, um dessen Erreichung zu bestimmen. Wenn mein Ziel zum Beispiel darin besteht »18 Prozent meines Jahresgehalts zu sparen«, ist das messbar. Du kannst am Jahresende messen, ob das Ziel erreicht wurde.
A mbitious (ehrgeizig). Wenn es um das Erwartungsmanagement geht, muss das Ziel ehrgeizig sein, es muss also schwierig genug zu erreichen sein, damit das Erreichen eine Befriedigung ist. Ehrgeiz hängt von den persönlichen Fähigkeiten ab. Zum Beispiel ist es für den Klassenbesten im Alter von 17 Jahren nicht sonderlich ehrgeizig, »das Abitur vor meinem 30. Geburtstag zu haben« – für jemanden, der als Erwachsener wieder die Schulbank drückt, aber schon.
R ealistisch. Ein Ziel muss erreichbar sein. Ein Mangel an Realismus entmutigt nicht nur, sondern kann auch unser Erwartungsmanagement erschweren. So ist es zum Beispiel theoretisch möglich, »mit 25 Präsident eines multinationalen Konzerns zu sein«, wenn du aber schon 24 bist und Hamburger bei MacDonald’s wendest, ergibt dieses Ziel nicht viel Sinn. Oder wenn du als Mitarbeiter 40.000 Euro im Jahr verdienst, ist es genauso unwahrscheinlich, sich mit 40 zur Ruhe setzen zu wollen.
T ime-bound (zeitgebunden). Das Ziel muss zeitlich definiert sein. Um ein Ziel zu erreichen und zu verfolgen brauchst du einen Zeitplan. Sich zum Beispiel »mit 30 ein Renditeobjekt« kaufen zu wollen, ist ein zeitliches Ziel, falls es eine klare Deadline gibt. Wenn du mit 32 immer noch Mieter bist, hinkst in dem zeitgebundenen Teil deines Ziels hinterher .
Wenn du also persönliche oder berufliche Ziele setzt, müssen sie diese fünf Prinzipien einhalten, damit du deine Erwartungen managen kannst. Das Folgende ist ein gut formuliertes Beispiel:
Von 25 bis 65 (zeitgebunden)
spare ich 20 Prozent (messbar, ehrgeizig und realistisch)
meines Bruttojahresgehalts (spezifisch).
Durch das Setzen von SMART-Zielen sorgst du dafür, dass Erwartungen sowohl realistisch als auch ehrgeizig sind. Erwartungsmanagement bedeutet nicht, sich so bescheidene Ziele zu setzen, dass du nicht stolz auf ihr Erreichen sein kannst. Es muss eine Ausgewogenheit zwischen Realismus und Ehrgeiz vorhanden sein.
Die meisten Kanadier zahlen nicht den maximalen Betrag in ihre Altersvorsorge ein. Von daher ist es relativ ehrgeizig für einen Durchschnittsbürger, 18 Prozent seines Vorjahreseinkommens sparen zu wollen, aber es ist realistisch, ein paar Entscheidungen zu treffen, die sich von denen anderer Steuerzahler unterscheiden. Erwartungen und Ziele sind eng miteinander verbunden, dessen solltest du dir bewusst sein.
Sich verändernde Ziele und Erwartungen
Ein weiteres wichtiges Prinzip beim Managen von Erwartungen ist die Erkenntnis, dass Ziele und Erwartungen im ständigen Wandel sind. Sie müssen angepasst werden, wenn das Leben verschiedene Wendungen nimmt – sei es zum Besseren oder Schlechteren.
Was im Alter von 20 realistisch gewesen sein mag, ist es mit 35 oder 45 nicht länger. Im Laufe der Zeit können sich Interessen und Ziele verändern. Ich wollte zum Beispiel Universitätsprofessor werden und wurde CEGEP(College)-Lehrer. Ich habe am Ende mein berufliches Ziel erreicht, nur eben auf einer anderen Ebene.
Mit der Zeit erkannte ich, dass diese Wende in meinem Berufsweg von Vorteil für mich war. Die Veränderung meiner Erwartungen trug zu meiner persönlichen Zufriedenheit bei.
Überprüfen und Maßnahmen ergreifen
Privat- und Berufsleben haben eine Gemeinsamkeit: Wenn du keine Entscheidungen triffst, werden andere sie für dich treffen und dir deinen Weg vorgeben.
Ich verwende gern die Metapher von einem Segelboot auf dem Meer. Wenn der Kapitän kein Ziel hat, wird das Boot von den Wellen herumgetragen und fährt im Kreis, steuert in die günstigste Richtung. Aber ein Kapitän mit einem Ziel wird alles dafür tun, um dieses zu erreichen, auch wenn der Wind ungünstig steht.
Deshalb musst du dich regelmäßig fragen: »Wo stehe ich im Hinblick auf meine persönlichen und beruflichen Ziele?« und »Was brauche ich, um sie zu erreichen?« Als ich einmal ein bisschen Zeit zur Verfügung hatte und alles aufschob, fragte ich mich, was ich an jenem Tag oder im vergangenen Jahr für meine Zielerreichung getan hatte.
Von Zeit zu Zeit eine Bestandsaufnahme deiner Ziele zu machen, bedeutet, dass du dir der verstreichenden Zeit bewusst bist und deinen Kurs wenn nötig anpassen kannst.
Ziel: Im Alter von 65 mit einem jährlichen Einkommen zur Ruhe setzen, das 70 Prozent deines Gehalts entspricht.
Überprüfung des Ziels:
Maßnahmen: Du hast vielleicht immer von einem Jobwechsel geträumt, stattdessen schlägst du Wurzeln in deiner Büronische, erledigst seit 20 Jahren einfache Aufgaben, ohne dich irgendwie aus dieser Trägheit zu befreien. Wie meine Mutter zu sagen pflegte: »Gott hilft denen, die sich selbst helfen.«
Wir warten gern darauf, dass das Gute vom Himmel fällt, um das lebensverändernde Angebot zu erhalten, ohne dass wir uns dafür anstrengen müssen. Wenn du dich in dieser Büronische festsetzen lässt, werden deine »Festsetzer« ihr Verhalten nicht ändern. Was musst du also tun, um dein Ziel zu erreichen oder um dich umzuorientieren, damit du es erreichst ?
Das Erwartungsmanagement bezüglich Glück und Gesundheit
Das Management von Erwartungen ist eng mit den Zielen verknüpft, die wir uns in jedem Lebensbereich setzen.
Keine Erwartungen zu managen und keine konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung zu ergreifen, bedeutet, sich mit Unzufriedenheit zu begnügen.
Ich definiere Glück gern als den Punkt exakt zwischen »ohne Bedauern« und »ohne Reue«. Du musst sicher sein, dass du dein Nichtstun nicht bedauern und die getroffenen Entscheidungen nicht bereuen wirst. Das Managen der Erwartungen schränkt Bedauern ein und verhindert Reue.
Ich weiß, vernünftiges Erwartungsmanagement ist leichter gesagt als getan. Aber um zu verhindern, dass man als Passagier auf dem Beifahrersitz des eigenen Lebens landet, braucht man einen Plan.
Erwartungen managen: Brauchst du das wirklich? Frage gestellt, Frage beantwortet.