DEINE SOCKEN ESSEN
MUSST DU DAS WIRKLICH?
W enn es um persönliche Finanzen geht, müssen nicht nur die Ausgaben kontrolliert werden. Auch das Einkommen und der Wert auf dem Arbeitsmarkt muss gemanagt werden. Möchtest du ein einzigartiges Produkt mit beträchtlichem Mehrwert sein oder möchtest du lieber Socken essen? 42 Manchmal essen Mensch für einen Job oder Vertrag so viele Socken, dass ihr Atem wie eine Mischung aus Wolle und Baumwolle riecht.
Um eine Gelegenheit abzugreifen oder ihre Nische zu finden, entscheiden sich Menschen oft dazu, ihre Socken zu essen, ohne auch nur einen Klecks Ketchup. Anders ausgedrückt: Sie verkaufen sich unter Wert.
Um dich zu profilieren und deinen Wert unter Beweis zu stellen, musst du manchmal einen strategischen Rabatt gewähren. Wenn du den jedoch beibehältst, wirst du als ausgebeutetes Billigprodukt enden. Wenn du im Marketing ein Produkt oder eine Dienstleistung zu einem niedrigen Preis verkaufst, setzt du auf Menge, nicht auf Gewinnspanne. Wenn du aber deine Zeit verkaufst, bedeutet dies, dass du am Ende mehr Stunden für weniger Geld arbeitest.
Ein gutes Beispiel ist der freischaffende Printjournalist. Für eine Veröffentlichung im Portfolio stimmen viele Journalisten zu, einen Artikel 43 inklusive Recherche für 50 Euro oder sogar weniger als den Mindestlohn zu schreiben. Wenn du als Journalist pro Stunde weniger verdienst, als wenn du Burger bei McDonald’s braten würdest, könnte es an der Zeit sein, deinen Basissatz festzulegen, auch wenn dich das Auftraggeber kostet. Du musst am Anfang deiner Karriere einen Mindestsatz festlegen. Dieser Satz wird zu deinem Ankereffekt (siehe »Verhandlungsgeschick« auf S. 35 ) bei Verhandlungen mit zukünftigen Kunden.
Textilhersteller lieben Sockenesser. So lange du weiter schluckst, lassen sie die Webstühle weiterarbeiten. Schließlich kommt der Tag, an dem du Verdauungsbeschwerden hast und ein Machtwort sprechen musst: Du kann nicht für einen Apfel und ein Ei arbeiten . Der einzige Weg, um das Sockenessen zu beenden, besteht darin, deinen professionellen Marktwert zu erzeugen. Du musst dich Folgendes fragen:
Wenn du deinen Mehrwert nicht identifizieren kannst, wie soll das dann ein potenzieller Arbeitgeber? Deine Arbeit zu einem Dumpingpreis anzubieten, kann nicht dein einziges Unterscheidungsmerkmal sein. Wenn dem so wäre, wirst du professioneller Sockenesser: jemand, der viel sät, aber wenig erntet. Je mehr du auf deinen Socken herumkaust, desto schlechter wird die Stoffqualität: von Baumwolle über Wolle endest du dann bei Acryl.
Du musst auch deinen Markt kennen.
Wenn du schon mal dabei bist, solltest du dir noch weitere Fragen stellen:
Manche Menschen werden nach ihrem Studienabschluss unsanft geweckt. Nachdem sie ihren BA oder MA im Sockenessen gemacht haben, beklagen sie sich über ihr armseliges Gehalt, das in Anbetracht ihrer Ausbildung zu niedrig sei. Aber – wie wir wissen – führt ein Master im Polyester-Kauen direkt zu einem langfristigen Sockenkonsum.
Menschen, die keine Socken essen, können mit ihren Füßen wählen: Sie können ihren Job kündigen oder Aufträge ablehnen. Wenn jemand allergisch auf Textilfaser reagiert oder mit seinem Los nicht zufrieden ist, kann er seine Dienstleistungen andernorts anbieten. Aber nur, weil du einen Sockenhersteller verlässt, heißt das nicht, dass du nicht in einem Markt voll ähnlicher Hersteller steckenbleibst.
Bevor du würgst, solltest du dich fragen, ob du in einer Position bist, um ein bestimmtes Einkommen zu verlangen. Aber unabhängig davon verschleißt das Sockenessen dein Gebiss und dörrt deine Zufriedenheit aus. Bevor du also einem anderen Auftrag mit schlechter Bezahlung zustimmst, musst du dich fragen, ob du das wirklich brauchst. Falls ja, musst du dich an die Socken gewöhnen.
ES GIBT ZWEI ARTEN VON SOCKENESSERN: MITARBEITER UND SELBSTSTÄNDIGE
DER MITARBEITER
Hierbei handelt es sich um einen traditionellen Sockenesser. Der Mitarbeiter arbeitet hart, schuftet in seiner Ecke und schafft sich schließlich ein Plätzchen für sich. Den ersten Job bekommt er aufgrund guter Schulnoten oder eines beeindruckenden Lebenslaufs, der feiner gewebt ist als der seiner Klassenkameraden.
Eine glückliche Kombination beider ist natürlich eine noch bessere Erfolgsgarantie. Das Einstiegsgehalt und die Steuerung seiner Karriere wird die Gehaltsentwicklung bestimmen.
Er wird während seines gesamten Berufslebens darum kämpfen, dass sein Wert anerkannt wird und sein Gehalt wettbewerbsfähig bleibt. Das Anfangsgehalt in einem Job ist die Kraft des Krieges.
Manchmal muss man für einen Gehaltssprung in eine andere Firma wechseln oder um in den Genuss von Wettbewerbsbedingungen zu kommen. Mitarbeiter sind Kämpfer bei Verhandlungen (siehe »Verhandlungsgeschick« auf S. 35 ). Wenn er kampflos bleibt, ist er dazu verdammt, zu einem niedrigen Preis an seiner Wollsocke zu ersticken.
DER SELBSTSTÄNDIGE
Vergütung für Selbstständige spiegelt in der Regel den Lebenszyklus eines Unternehmens wider.
Einführungsphase – Die selbstständige Person, zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt, bietet ihre Dienstleistungen an. Es gibt zwei Strategien. Die erste besteht darin, einen Preis unter dem der Wettbewerbskonkurrenz anzubieten, während man von der Auftragsmenge profitiert und, als Folge, Socken isst.
Die zweite besteht darin, ein Unterscheidungsmerkmal anzubieten, sodass ein höherer Preis ausgehandelt werden kann. Trotz des Mangels an Erfahrung versucht diese selbstständige Person nun, einen unterscheidenden Wert zu finden: die Arbeitsqualität, eine seltene Fähigkeit, ein sich unterscheidendes Produkt oder eine sich unterscheidende Dienstleistung, ein schneller Turnaround, zusätzlicher Service und so weiter.
Wachstumsphase – Die selbstständige Person etabliert sich. Ihr Name macht die Runde und sie investiert für das Wachstum in ihre Firma. Soweit nötig investiert sie in Anlagegegenstände, aber flüssige Mittel sind noch eine große Herausforderung. An dieser Stelle muss sie ihre Preise erhöhen: Ihr Bekanntheitsgrad steigt langsam und Anfragen kommen herein. Sie muss bei der Auftragsauswahl Urteilsvermögen beweisen und gleichzeitig versuchen, Kundenloyalität aufzubauen.
Reifephase – Die selbstständige Person isst in dieser Phase nicht länger Socken, weil ihre Glaubwürdigkeit etabliert ist. Sie hat ihren Maximalpreis erreicht. Sie segelt auf dem Ruf, den sie sich während der Wachstumsjahre erarbeitet hat. Sie hält ihr Serviceangebot aufrecht. Wenn sie an diesem Punkt immer noch Socken isst, liegt das daran, dass sie sich gern ausnehmen lässt, oder weil die Qualität ihrer Dienstleistungen keine höheren Sätze als die der Konkurrenz rechtfertigt.
Abschwungphase – Im Vorruhestand ist die selbstständige Person vielleicht nicht mehr ganz so verfügbar und von ihrer Arbeit getrieben oder nicht mehr so anpassungsfähig wie die Newcomer auf dem Markt. Es wird immer Menschen geben, die jünger und verrückter sind und nur auf ihre Chance warten.
Ob du nun selbstständig oder angestellt bist, musst du deinen besonderen Wert beweisen. Wenn es um persönliche Finanzen geht, liegt der Schlüssel nicht nur im Ausgabenmanagement, sondern auch im intelligenten Einkommensmanagement. Es ist eine Kunst, seinen eigenen fairen Marktwert auszuhandeln. Versetz dich in die Position eines Kunden oder Arbeitgebers und frage, warum dieser diesen Preis zahlen sollte.
Was ist dein besonderer Wert? Falls dir nichts einfallen sollte, hoffe ich sehr, dass du Wolle oder Polyester magst. Möchtest du WIRKLICH dein Leben lang Socken essen?
Falls die Antwort darauf nein lautet: Was tust du, um das Faserverdauen zu stoppen? Du musst dich für eine Seite entscheiden: Ich persönlich wähle die Seite der Nicht-Sockenesser.