Ich bin im Herzen analog, weshalb ich nichts schöner finde, als mir vor einer großen Tour eine ebenso große Straßenkarte von unserem Urlaubsland zu kaufen. An den Abenden, an denen ich mich im Geiste schon wegträume, aber noch auf dem Sofa sitze, verschwinde ich hinter ausgeklapptem Papier und sammele glückversprechende Orts- und Straßennamen.
Sind wir unterwegs, habe ich mein Kartenmaterial immer griffbereit, trotz Navi und Routenplaner auf dem Handy.
Die meiste Zeit des Jahres aber bleiben wir beim Campen in Wochenendentfernung. Doch ob in der Ferne oder in der Nähe, es kommt unweigerlich der Moment der widerstreitenden Interessen: Man hätte viele Ideen, was man gerade machen könnte, wozu man wirklich Lust hätte. Man kann aber nicht weg. Man ist, sagen wir es vorsichtig, familiär eingebunden.
Manche Männer und Frauen machen sich dann ein Bier auf. Ich suche Vierblättrige. Denn ich bin sehr talentiert darin, stark fokussiert wie Häschen in der Grube auf einer Wiese zu hocken und den Boden abzuscannen. Und Klee wächst fast überall, meist auch dort, wo man ohnehin gerade steht. Einmal habe ich sogar drei Vierblättrige hintereinander gefunden, innerhalb von zehn Minuten, während unsere Tochter neben mir schaukelte, und das auf einem Berggipfel. Mein Mann hat daraufhin sofort selbst gesucht, an derselben Stelle, natürlich erfolglos.
Früher habe ich die Vierblättrigen gerahmt und ins Kinderzimmer gehängt. Heute stecke ich sie in die dicksten Bücher, die ich im Wohnmobil finden kann: einen Stellplatzführer mit Bauernhöfen und den Reiseatlas Europa. Dort trocknen sie dann auf den hinteren Seiten und fallen mir eine Saison später wieder in die Hände. »Deine Mutationen«, nennt mein Mann meine Funde. Ich sage: Das Glück liegt mal auf der Straße, mal auf der Wiese.