27

April 1944

Ich wache auf, weil Ilse mich schüttelt. Ich zucke zusammen. Keuche. Und setze mich auf. Aber Max ist fort. Niemand sitzt am Fenster.

Sie müssen gegangen sein, als die Krankenschwestern nach Hause gekommen sind. Und dann zucke ich noch einmal zusammen, weil Helena nicht da ist und eine Fremde an meinem Bett steht. Eine Frau, die ich noch nie zuvor gesehen habe.

Ilse sagt etwas auf Deutsch, und die Frau nickt und spricht mich auf Polnisch an. »Ich bin Edith«, sagt sie. »Ich bin eine Krankenschwester von gegenüber und mein Polnisch ist … ein bisschen gut.« Sie lächelt. »Deine Schwester ist im anderen Bett. Karin hat ihr etwas gegeben …« Sie sucht nach dem richtigen Wort. »… etwas … zum Schlafen.«

Ich sehe Helena, friedlich schlafend, aber ganz grün und blau im anderen Bett liegen. Ihr Auge ist zugeschwollen.

Ilse spricht wieder und Edith übersetzt. »Sie wollen wissen, was mit deiner Schwester passiert ist?«

Mir fällt kein Grund ein, weshalb sie es nicht erfahren sollten. »Ich war zu krank, um zu arbeiten, die Fabrik hat die Polizei hergeschickt, und als Helena nicht wusste, wo ich bin, haben sie sie geschlagen.«

Edith runzelt die Stirn und übersetzt für Ilse, dann runzelt Ilse die Stirn und schüttelt den Kopf. Sie tut so, als täte es ihr leid, obwohl sie vor ein paar Wochen fast dafür gesorgt hätte, dass meine Schwester umgebracht wird.

Wir alle hören über unseren Köpfen ein Scharren und Knarzen der Dielenbretter. Edith blickt auf und Ilse sagt: »Ratten.« Sie unterhalten sich kurz, dann wendet sich Edith wieder an mich.

»Sie will wissen, ob du bei einem Arzt warst?«

Ich nicke. »Er hat mir nicht geglaubt.«

Eine neue, längere Unterhaltung entspinnt sich zwischen Edith und Ilse.

Dann sagt Edith: »Ilse will sich für das, was passiert ist, entschuldigen. Karin hat … sie hat … das Wort, das Wort …« Sie überlegt sich eine andere Art, es auszudrücken. »Sie ist besorgt wegen Juden.«

Die Ärmste. Dass sie mit dreizehn von ihnen unter einem Dach leben muss. Ich nicke. Als würde ich das verstehen.

»Sie sagt, sie haben dir Ärger gemacht, und wenn du zu einem deutschen Arzt gehen willst, dann kannst du das jetzt tun, hier gegenüber, dann hast du keine Probleme mit der Arbeit.«

»Würde er mir ein Attest ausstellen, das mich von der Arbeit entschuldigt?«

Edith übersetzt, und Ilse zuckt mit den Schultern und meint: »Ja.«

»Aber was ist mit …« Ich sehe Helena an.

»Sie wird sehr lange schlafen«, sagt Edith. »Karin bleibt hier. Sie ist eine sehr gute Krankenschwester.«

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will Helena nicht allein lassen. Ich will Karin nicht das Haus überlassen. Aber wenn ich dieses Attest nicht bekomme, muss ich nach Deutschland oder werde verhaftet, und wenn das passiert, sterben meine dreizehn. Und vielleicht auch ich. Und Helena.

Ich schätze, ich gebe nicht auf.

Denn ich schwinge meine Beine aus dem Bett.

Langsam überqueren wir die dunkle Straße, und ich frage mich, wann wohl die Sonne untergegangen ist. Edith stützt mich links, Ilse rechts, denn ich bin ja angeblich krank. Dann steigen wir die Stufen hoch und betreten das Krankenhaus.

Ich habe die Frontlinie überschritten. Befinde mich im feindlichen Gebiet.

Sie führen mich einen langen Korridor mit blendend weißen Wänden entlang. Krankenschwestern überholen uns und Ärzte in ihren Kitteln. Alles wirkt sehr sauber. Steril. Pedantisch. Das exakte Gegenteil der rattenverseuchten Tatarska Nummer 3. Dann biegen wir in ein Büro mit Schreibtisch und Hitlerbild ab, in dem sich ein kleiner Wartebereich mit Stühlen befindet. Edith sagt »Auf Wiedersehen«, was gar nicht gut ist, denn jetzt weiß ich nicht mehr, was die anderen sagen. Ilse setzt sich zu mir, und dann kommt der Arzt und bringt mich ins Untersuchungszimmer.

Der Arzt spricht ein paar Worte Polnisch, und ich glaube, er versteht in etwa dieselben Lügen, die ich dem ersten Arzt aufgetischt habe. Er hört mein Herz ab. Misst meinen Blutdruck. Dann soll ich mich hinlegen, und er drückt auf verschiedene Stellen meines Bauchs. Ich frage ihn, ob er mir ein Attest für die Arbeit ausstellen kann. Er meint, das könne er wahrscheinlich, aber er müsse sichergehen. Er reicht mir ein Krankenhaushemd und sagt, ich solle mich hinter dem Paravent entkleiden.

Dann muss ich mich wieder auf den Tisch legen, er zieht sich Handschuhe an und untersucht mich. Gründlich. Viel gründlicher als der erste Arzt. Und während er das tut, betreten vier weitere Ärzte den Raum, und er beginnt zu reden. Ich fühle mich gedemütigt. Ein Vortrag auf Deutsch. Ich glaube, er benutzt mich für eine Unterrichtsstunde. Sie hören aufmerksam zu, recken die Hälse, um besser sehen zu können, und machen sich Notizen, während ich erröte. Und der Arzt geht nicht behutsam vor. Mit seiner Hand drückt er fest in meinen Bauch. Ich verziehe das Gesicht. Ich schwitze. Am liebsten würde ich vor ihren kalten, klinischen Blicken davonlaufen und nie mehr stehen bleiben. Er tut mir wirklich weh.

Und ich sitze in der Falle. Ein Versuchsobjekt auf dem Untersuchungstisch.

Der erste Arzt referiert immer noch über mich.

Einer der anderen widerspricht ihm. Worin, weiß ich nicht. Der Arzt diskutiert mit ihm. Streit bricht unter allen Anwesenden aus. Ein Streit, der eher in die Fabrikhalle gepasst hätte. Dann nimmt der Arzt endlich seine Hand weg, und ich atme erleichtert auf. Plötzlich ist Ilse da, die Haare unter einer Haube und eine Schutzmaske im Gesicht. Sie hält ein Tablett mit einer Spritze darauf. Die Nadel ist etwa zweieinhalb Zentimeter lang. Immer noch streiten alle, und mir bricht erneut der Schweiß aus.

Was bin ich für dieses Attest bereit zu tun?

Wenn ich es bekomme, kann ich Max und die anderen vielleicht am Leben halten, bis irgendetwas passiert. Bis der Krieg zu Ende ist. Bis die Russen kommen. Wenn ich es nicht bekomme, bleiben sie allein zurück mit Ilse und Karin, der Judenhasserin.

Ich denke an Izio. Und an Frau Diamant. Was hätte ich getan, um sie zu retten, wenn ich die Chance gehabt hätte?

Was würde ich für Izios Brüder tun? Für die Söhne meiner Babcia?

Was würde ich für Max tun?

Nur ich stehe zwischen ihm und den Deutschen. So wie Helena zwischen uns und der Polizei gestanden hat.

Wenn Helena es ertragen konnte, kann ich es auch.

Ilse tritt neben mich und hält mir die Hände, vielleicht will sie mich auch nur ruhig halten, denn der Arzt treibt die Spritze mitten in mich hinein. Tief. Ein Stich und dann brennt es. Grauenvoll. Ich schreie auf, weil ich nicht anders kann. Dann ist es vorbei, und die anderen vier Ärzte machen sich letzte Notizen und diskutieren miteinander, während ich mit zitternden Beinen zum Anziehen hinter den Paravent geschickt werde.

Er hat nicht einmal gesagt, was mir fehlt. Das Schreckliche ist ja, dass mir gar nichts fehlt.

Der Rückweg dauert noch länger als der Hinweg, weil ich nun echte Schmerzen habe und es kaum schaffe, die Beine zu heben.

Aber das ärztliche Attest steckt fest in meiner Faust.

Helena und ich wachen am nächsten Morgen gleichzeitig auf. Sie ist ganz steif und wund, kann nur mit einem Auge sehen und hat gar nicht mitbekommen, dass ich weg war. Sie spricht nicht; sie klammert sich nur an mir fest wie am Vortag. Sie will getragen werden. Aber ich kann sie nicht tragen. Da ist eine seltsame Schwellung in meinem Unterleib. Als hätte ich eine ganze Orange verschluckt. Ich kann mich nicht aufrichten. Kaum laufen. Ich kann nicht auf die Toilette gehen. Also bleiben wir im Bett, und ich lasse sie ihre Puppe halten und streichle ihr Haar, aber mit einer Hand klammert sie sich immer fest. In meinen Haaren. An meinem Nachthemd.

Irgendwann kommt Ilse und sieht sich Helenas Auge an, dann zieht sie die Decken weg und betastet meinen Bauch. Ich schreie, und sie macht ts-ts und bringt uns beiden etwas Aspirin und Wasser.

Die gute Nachricht ist, dass ich nun wirklich krank bin und ein Attest habe.

Die schlechte Nachricht ist, dass ich es nicht schaffe, es zum Amt zu bringen.

Die andere schlechte Nachricht ist, dass niemand Essen oder Wasser auf den Dachboden gebracht hat und die Hühner nicht gefüttert wurden.

Ich habe nichts, das ich den Hühnern geben könnte.

Ich habe kaum etwas, was ich den Menschen geben könnte.

Als Ilse und Karin weg sind und Helena schläft, quäle ich mich aus dem Bett und steige unter Schmerzen die Leiter hoch. Max späht wie immer aus dem Guckloch, ein Brett bewegt sich und ein struppiger Schopf erscheint. »Was ist los?«, fragt er. »Wie geht es Helena?«

»Wir sind beide krank.«

»Was fehlt dir?«

»Nichts.«

Ich kann es ihm nicht erzählen. Womöglich kann ich es ihm niemals erzählen.

»Komm runter, solange du kannst, und hol, was ihr braucht«, sage ich.

Es gibt nicht viel zu holen, weil kaum Essen übrig ist. Aber sie nehmen, was da ist.

Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis sie verhungern.

Auch am nächsten Tag ist es nicht besser. Ich sorge dafür, dass Helena eine Hand an mir hat, bevor sie aufwacht. Sie hat immer noch kein Wort gesprochen.

Ich habe kein Einkommen mehr. Ich habe nichts verkauft. Und es gibt nichts zu essen.

Aber ich habe das Geld von Dr. Hirsch.

»Hela«, flüstere ich. »Wir müssen Essen besorgen, nicht wahr?«

Sie nickt, eine Hand in meinem Haar.

»Willst du lieber hier im warmen Bett bleiben und auf mich warten, oder willst du lieber mit mir kommen?«

Sie zuckt mit den Schultern. Das ist keine Antwort.

»Kannst du mir sagen, was dir lieber ist?«

Sie schüttelt den Kopf. In Ordnung, ich muss also eine Frage stellen, die sie mit ja oder nein beantworten kann.

»Willst du hierbleiben?«

Sie schüttelt den Kopf.

»Willst du mit mir zum Arbeitsamt und auf den Markt gehen?«

Sie schüttelt den Kopf. Dann nickt sie.

Wir packen uns warm ein, denn obwohl schon April ist, sieht es nach Schnee aus, und der eisige Wind schneidet durch die Kleider wie ein scharfes Messer. Ich wickle Helena meinen Schal um den Kopf, um sie vor der Kälte zu schützen und einige ihrer Blutergüsse zu verstecken, und sie hält meine Hand, als ich mich wie eine Hundertjährige die Tatarska-Straße hinunterschleppe.

Mir ist kalt. Ich bewege mich zu langsam, als dass mir warm würde. Und als wir endlich am Fuß des Hügels ankommen, wartet schon der Mann mit der Augenbraue im Schutz des Kathedraleneingangs auf uns. Heute trägt er einen Pelzhut.

Na, folge mir nur, wenn du nichts Besseres zu tun hast. Es wird bestimmt lustig, mit anzusehen, wie du das anstellst, wenn ich so langsam bin.

Wir humpeln durch Przemyśl zum Arbeitsamt. Meiden Soldaten. Die SS. Und die Polizei. Alles, was in einer Uniform steckt. Und mein Schatten verbringt viel Zeit damit, im Kreis zu laufen und so zu tun, als würden ihn die Schaufenster interessieren. Als wir es die Treppen hinauf und ins richtige Büro geschafft haben, müssen wir warten. Natürlich. Auf den Deutschen hinter dem Schreibtisch. Mit seinen Papierstapeln. Die unvermeidliche Brille sitzt nicht auf seiner Nase, aber ich entdecke sie auf dem Schreibtisch. Griffbereit.

Ich erkläre meine Situation. Und reiche ihm das Attest vom Arzt.

Der Mann macht ts-ts. Er seufzt. Und setzt seine Brille auf.

Und sagt, dass er mein Attest nicht annehmen kann.

Weil es von einem Militärarzt stammt. Von einem Armeekrankenhaus. Das wird nicht akzeptiert. Und warum nicht? Weil das Attest vom städtischen Krankenhaus ausgestellt werden muss. So sind die Regeln, und nein, er weiß nicht, weshalb es diese Regel gibt, aber die Regeln sind zu befolgen. Auf Wiedersehen und eine gute Reise nach Deutschland.

Als wir das Büro verlassen, sind meine Schmerzen so stark, dass ich mich am liebsten auf das Pflaster setzen und weinen würde.

Nur haben wir für so etwas keine Zeit. Wir alle müssen essen.

Weil es nach Schnee oder Graupel aussieht, sind die Marktstände unter einer Überdachung hinter dem Platz aufgebaut; so ist es hier wärmer als ganz draußen. Ich suche und suche nach etwas Nahrhaftem, während die Augenbraue immer wieder in der Menge untertaucht. Für ein Viertel des Geldes kaufe ich Hafermehl und Kascha. Helena trägt den Kaschasack, und wir beginnen den langsamen Aufstieg zur Tatarska.

Ich stehe am Fuß der letzten Anhöhe und blicke hinauf. Schweigend und gebeugt unter dem Gewicht des Kaschasacks hält Helena meine Hand und wartet darauf, dass ich weitergehe.

Ich bin müde. Mir ist kalt. Ich fühle mich gebrochen und besiegt.

Und als ich nach unten sehe, blute ich auf den frisch gefallenen Schnee.

Jetzt muss ich auch noch Wäsche waschen.

Dann höre ich eine Stimme. »Kann ich Ihnen helfen, Fräulein?«

Ich vermute, dass es der Mann mit der Augenbraue ist. Aber ich täusche mich. Da steht ein Polizist an der Straßenecke. Ein polnischer Polizist.

An meiner Seite schrumpft Helena in sich zusammen. Beim Versuch, sich hinter mir zu verstecken, wirft sie mich fast um. Aber es ist nicht der Mann, der sie geschlagen hat. Das erkenne ich an seiner Stimme. Und ich habe ihn auch nie im Ghetto gesehen.

»Sind Sie Fräulein Podgórska?«, fragt er.

Es wäre unsinnig, es zu leugnen.

»Dann sind Sie diejenige, nach der ich suche. Warten Sie, ich helfe Ihnen beim Tragen.«

Ich weiß nicht, was meine dreizehn wohl denken, wenn ein Polizist in die Tatarska Nummer 3 kommt. Mal wieder. Er heißt Wachtmeister Antoni. Und er trägt unsere Einkäufe und lässt zu, dass ich die Schlafzimmertür hinter mir zumache, mich umziehe und ins Bett lege. Helena lässt mich keine Sekunde los, nicht einmal, als ich das Kleid ausziehe. Dann kommt sie zu mir ins Bett. Wachtmeister Antoni klopft, nimmt sich einen Stuhl und setzt sich zu uns.

Er ist gekommen, weil die Minerwa-Fabrik erneut die Wache verständigt hat, um zu überprüfen, weshalb ich nicht zur Arbeit komme. Ich erkläre, dass ich ein Attest brauche, aber niemand mir eines geben will. Er fragt nach meinen Eltern. Er fragt, was mit Helena passiert ist, und er wirkt wütend, als er es erfährt. Er möchte das Attest vom Armeekrankenhaus sehen. Er findet das alles lächerlich. Der Arzt sagt, ich sei krank. Das sei auch offensichtlich. Sie sollten Mädchen wie mir helfen, anstatt sie in fremde Länder zu verfrachten.

Ich solle ihm die Sache überlassen, sagt er. Er werde noch einmal zum Arbeitsamt gehen. Oder seine Vorgesetzten würden es tun.

»Du armes, kleines Lämmchen«, sagt er und versucht Helenas Knie zu tätscheln. Aber sie lässt es nicht zu. »Nicht alle Polizisten sind böse. Vergiss das nicht.«

»Aber woher soll ich wissen, ob ich ein gültiges Attest habe?«, frage ich.

»Sie erhalten einen Brief.«

Ich seufze. Meiner Erfahrung nach lassen solche Briefe lange auf sich warten.

Eine Woche später, als das Essen fast aufgebraucht ist, brechen Helena und ich wieder zu einem langsamen Marsch auf den Markt auf. Ich gebe ein weiteres Viertel von Hirschs Geld aus.

Wir essen nur winzige Portionen, und manchmal lasse ich eine Mahlzeit aus. Ilse untersucht meinen Bauch, macht ts-ts und schließt sich in ihrem Zimmer ein, um mit ihrem Nazi-SS-Freund namens Rolf Kuchen zu essen, während meine dreizehn in aller Stille über ihrem Kopf verhungern.

Zwei Wochen später machen wir uns erneut auf den Weg, dieses Mal schon ein wenig schneller. Einen Brief habe ich nicht erhalten. Aber die Polizei ist nicht wieder aufgetaucht, und es steigt kein Rauch mehr aus den Schornsteinen des Minerwa-Gebäudes. Mein Freund, die Augenbraue, stößt auf dem Markt zu uns, und ich gebe die Hälfte von dem, was noch von Hirschs Geld übrig ist, aus. Ich mache ein neues Loch in den Gürtel meines Kleides.

Eine weitere Woche später gebe ich den Rest aus, und in der Woche darauf brauche ich nicht mehr zum Markt zu gehen, denn das Geld des alten Dr. Hirsch ist weg.

Aber es geht mir besser. Die Schwellung in meinem Bauch ist zurückgegangen, und manchmal kann ich sogar Helena tragen, wenn sie es sich wünscht. Meistens schaffe ich es nicht, und dann klammert sie sich an meine Arme, meine Taille. Meine Kleider. Sie spricht immer noch nicht, und wenn Rolf in seinen glänzenden Stiefeln durch das Haus stampft, zuckt sie jedes Mal zusammen. Es ist wärmer geworden, richtig mild. Jedes Mal, wenn ich jemanden in Uniform sehe, frage ich mich, ob sie nun doch kommen, um mich nach Deutschland zu bringen.

Ich kann mich keine Sekunde entspannen. Nachts, wenn es still wird, finde ich vor Angst keinen tiefen Schlaf mehr.

Mein Körper heilt, aber ich bin müde.

Und dann schlittert Max die Leiter hinunter.

»Frau Bessermann hat Typhus.«