»Sie können hochkommen«, sagt eine Stimme in der Gegensprechanlage. »Dritter Stock.«
Malou stößt die Tür auf, steigt zu Fuß die Treppe hoch und bleibt vor jener Tür stehen, bei der nichts angeschrieben ist. Sie hört, wie ein erstes Schloss aufgeschlossen wird, dann ein zweites, zuletzt wird ein Riegel weggeschoben. Als sich die Tür endlich öffnet und eine Frau sie hereinbittet, fühlt es sich an, als würde sie einen Hochsicherheitstrakt betreten.
»Ist leider nötig.« Die Frau mit dem langen dunkelroten Haar zuckt mit den Schultern. »Hier laufen immer wieder Männer Amok, die verhindern wollen, dass wir ihre Opfer beraten und ihnen helfen. Ich bin Fernanda.«
Die Opferberatungsstelle erinnert Malou an andere soziale Institutionen. Die Räume sind in Pastell gehalten, Informationsbroschüren liegen aus, der Wartebereich ist mit bequemen Sesseln ausgestattet, in einer Spielecke liegen Holzklötzchen und Malbücher auf einem Tischchen.
»Viele unserer Klientinnen sind Mütter, nicht selten sind die Täter ihre Partner«, sagt Fernanda, als sie Malous Blick folgt. »Polizistinnen hingegen haben wir eher selten zu Besuch.«
»Ich bin beruflich hier.«
»Das habe ich mir gedacht.«
Fernanda führt Malou in ihr Besprechungszimmer. Blumenbilder an den Wänden, womöglich sollen sie eine beruhigende Wirkung haben. Malou ist hier alles auf zu nett und zu schön und zu lieblich getrimmt, als könnte man den Schmerz und den Schrecken der Gewalttat mit Blumen und Pastellfarben lindern.
Malou setzt sich an den Tisch, Fernanda nimmt ihr gegenüber Platz.
»Um welchen Fall geht es?«, will die Sozialarbeiterin wissen.
»Wie viele Sozialarbeiterinnen arbeiten denn hier?« Malou geht nicht auf Fernandas Frage ein.
»Wir sind nur zu zweit. Wir finanzieren unsere Opferberatungsstelle teils mit öffentlichen Geldern, zu einem großen Teil aber auch aus Spenden. Mehr als zwei Vollzeitstellen sind leider nicht drin – obwohl wir notorisch unterbesetzt sind.«
»Sie und Ihre Kollegin begleiten die Klientinnen auch vor Gericht, wenn sie das wünschen?«
»Ja. Das heißt, das mache meistens ich. Meine Kollegin vermeidet es, wenn es möglich ist, es deprimiert sie zu sehr. Sie ist da nicht so hart im Nehmen, und wissen Sie, man muss eine dicke Haut haben, wenn man eine solche Verhandlung durchstehen will.«
Malou nickt nur. »Sagen Ihnen die Namen Jürgen Bräutigam, Bendicht Kerner, Thomas Sahli, Klaus Tanner und Peter Bannholzer etwas?«
»Bräutigam, da klingelt was. Aber die anderen … ich weiß nicht, sollten sie mir etwas sagen?«
»Das sind alles Männer, die wegen Sexualdelikten vor Gericht gestanden haben.«
»Haben Sie mal die Namen der Opfer?«
Malou greift zu ihrem Notizbuch, die Namen der Frauen weiß sie nicht auswendig. Sie muss einen Moment lang blättern, dann liest sie die Liste vor: »Annette Stern, Anna-Barbara Grünig, Klara Meyer, Lisbeth Kronig, Veronika Blatter.«
»Ich erinnere mich an Annette Stern, die unsere Hilfe in Anspruch nahm, sie war eine starke Frau. Auch Lisbeth Kronig habe ich begleitet. Die anderen müsste ich in unserem Archiv suchen. Ich kann mir nicht alle Namen merken. Es sind so viele Fälle – und niemand spricht darüber, dass Frauen in unserem Land tagtäglich Opfer von Gewalt werden.«
»Alle Fälle, die ich Ihnen genannt habe, endeten mit einem Freispruch.«
»Natürlich. Was erwarten Sie denn? Die meisten Verfahren zu Sexualdelikten enden mit einem Freispruch. Im Zweifel für den Angeklagten … obwohl sie es in den meisten Fällen gewesen sind. Nur kann man es ihnen nicht beweisen. Steht Wort gegen Wort, ist die Frau fast immer die Verliererin. Es ist eine Schande.«
Malou hört Fernanda aufmerksam zu, als sie spricht, beobachtet ihr Gesicht, ihre Gestik, die Augen. Sie hört die Bitterkeit in ihrer Stimme, erkennt aber auch das Feuer, das in Fernanda brennt, ihren Gerechtigkeitssinn, der in ihrem Alltag wieder und wieder brutal enttäuscht wird.
»Was macht das mit Ihnen, dass die Männer freigesprochen werden? Sie kennen die Opfer, Sie kennen die Taten – und dann werden die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen.«
Fernanda blickt sich um, als wolle sie sicherstellen, dass sich niemand anderes im Raum befindet.
»Soll ich ehrlich sein?«
Malou nickt.
Fernanda zögert. Als sie doch noch zu sprechen beginnt, merkt Malou sofort, dass sie nicht das sagt, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
»Das ist unsere Justiz. Man kann’s leider nicht ändern. Wir können es nur immer und immer wieder versuchen.«
»Um erneut zu scheitern.«
»Wir scheitern nicht immer. Manchmal erzielen wir auch Erfolge. Dann erhalten die Täter die gerechte Strafe.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine vor Gericht. Wie sollte ich das sonst meinen?«
Fernanda reckt das Kinn ein bisschen höher, sodass sie auf Malou herunterblickt. Ihre Augen blitzen provozierend, doch der Moment ist sofort wieder vorbei. In der nächsten Sekunde schaut sie Malou versöhnlich an und lächelt freundlich, als sei sie eine ihrer Klientinnen. Sodass sich Malou nicht mehr sicher ist, ob sie sich den seltsamen Blick gerade eben nur eingebildet hat.
»Können Sie in Ihrem Archiv nachschauen, ob Sie die anderen Frauen ebenfalls betreut haben?«
»Nein.«
Malou stutzt. »Warum nicht?«
»Ich habe Ihnen schon zu viel gesagt. Das alles unterliegt nämlich dem Berufsgeheimnis. Ohne richterlichen Beschluss kann ich Ihnen eigentlich keine Auskunft über unsere Klientinnen geben.«
»In Ordnung. Darf ich Ihnen noch eine letzte Frage stellen?«
»Nur zu, deshalb sind Sie ja hier.«
»Welche Schuhgröße tragen Sie?«
Unwillkürlich blickt Fernanda auf ihre Schuhe, als müsse sie sich erst selbst vergewissern, welche Größe sie trägt.
»Es kommt darauf an«, sagt sie unsicher. »Mal die 38, mal die 39. Und in den Laufschuhen die 40.«
Während Malou im Therapiezimmer der Opferhilfestelle für missbrauchte Frauen auf die Schuhe der Sozialarbeiterin blickt, nimmt Florence in einem Sitzungszimmer im Berner Amtshaus gegenüber einer jungen Beamtin des sicherheitspolizeilichen Einsatzdienstes Platz. Sie trägt Uniform, Waffe und Taser auf sich und schaut Florence interessiert an.
»Du bist Monika Amrein?« Es fühlt sich für Florence seltsam an, eine mögliche Verdächtige zu duzen, aber innerhalb der Polizei sind alle Kolleginnen und Kollegen per du. Plötzlich zum Sie zu wechseln käme beinahe einer Vorverurteilung gleich.
»Ja, das bin ich.«
»Ich bin hier, weil ich im Rahmen einer Ermittlung verschiedene, bereits abgeschlossene Gerichtsfälle noch einmal genauer anschaue.«
»Um was für eine Ermittlung handelt es sich? Geht es um Mord?«
»Dazu kann ich dir im Moment leider nichts sagen.«
»Ah so. Manchmal ist keine Antwort auch eine Antwort.« Monika Amrein grinst Florence verschwörerisch zu. Unter anderen Begebenheiten wäre ihr die junge Frau wahrscheinlich sympathisch. Sie erinnert sie ein bisschen an sie selbst, wie sie mal war, als sie voller Idealismus und Zuversicht in diesen Job gestartet ist.
»Ich habe den Einsatzplan über die Wachdienste am Gericht eingesehen«, erklärt Florence. »Ich interessiere mich für fünf Verhandlungen – bei drei dieser Verhandlungen hattest du Dienst.«
Monika Amrein hat einen neugierig-aufmunternden Blick aufgesetzt, als könne sie nicht erwarten, was Florence als Nächstes sagt.
»Es handelte sich um drei Sexualdelikte, die Beschuldigten hießen Jürgen Bräutigam, Thomas Sahli und Klaus Tanner.«
»O-kay.« Die junge Frau zieht das O in die Länge.
»Okay?«
»Also, ja, klar, das ist möglich.«
»Aber du erinnerst dich nicht.«
»Nein, jetzt nicht grad so konkret.«
»Die Fälle liegen alle zwischen vier und acht Monate zurück.«
»Es tut mir leid, ich erinnere mich wirklich nicht. Ich sitze in so vielen Verfahren im Gerichtssaal, da kann ich mich unmöglich an jeden einzelnen Beschuldigten erinnern.«
»Sagen dir die Namen Bendicht Kerner und Peter Bannholzer etwas?«
»Nein. Tut mir leid.«
»Auch sie standen wegen Sexualdelikten vor dem Richter.«
»Okay.«
»Kommt es vor, dass ihr manchmal auch Schichten tauscht, dass also jemand anderes im Gericht sitzt, als auf dem Dienstplan eingetragen ist?«
»Ja, kommt vor.«
»Aber du weißt nicht mehr, ob du gegebenenfalls auch bei den Fällen Kerner und Bannholzer im Gericht Dienst hattest?«
»Nein. Wann soll das denn gewesen sein?«
Florence schlägt rasch die Daten nach, die sie sich notiert hat, und zeigt sie Monika Amrein. Diese zuckt bloß mit den Schultern.
»Kann ich jetzt echt nicht sagen.«
»Vielleicht mal in die Agenda gucken?«
»Das trag ich nicht ein, wenn ich kurzfristig Dienst tausche und einspringe.«
Florence möchte die junge Beamtin am liebsten schütteln. Sie merkt, dass sie so nicht weiterkommt. Also versucht sie es mit einem anderen Ton und mit einer anderen Sprache.
»Schon krass, dass du all die Fälle vor Gericht so intensiv mitkriegst. Macht dich das nicht völlig fertig?«
»Nein, ich finde das spannend. Vor allem, wenn es um schwere Delikte geht. Bei den kleineren Fällen schläft mir manchmal fast das Gesicht ein.«
»Warum die schweren Delikte?«
»Ist doch toll, ist wie ein Real-Crime-Movie. Ich muss nur dasitzen und zuhören und verdiene dabei mein Geld.«
Spätestens jetzt erinnert Florence nichts mehr an der jungen Frau an ihr früheres Ich. Im Gegenteil; jetzt ist sich Florence sicher, dass Monika Amrein nie eine gute Polizistin werden wird. Gleichzeitig beschleicht sie das Gefühl, dass ihr hier womöglich etwas vorgespielt wird. Tut die Frau nur so oder ist sie tatsächlich so? Und falls sie sich verstellt – warum macht sie das?
»Was läuft bei dir ab, wenn du da zuhörst und denkst, der Beschuldigte hat es getan – und dann wird er freigesprochen?«
»Dann kann ich das auch nicht ändern. Wie ist es denn so in der Abteilung Leib und Leben?«
»Anstrengend. Da ist nichts mit nur Dasitzen und Zuhören. Da hagelt es Überstunden ohne Ende.«
Monika Amrein reagiert nicht auf den kleinen Seitenhieb.
»Ich will da auch hin und Morde aufklären.« Sie hält inne, scheint nachzudenken. »Warum stellst du diese Fragen? Sind die Kerle, die du genannt hast, tot?«
»Dazu kann ich nichts sagen.«
»Du bist bei Leib und Leben, natürlich geht es hier um Mord.«
»Wie gesagt, dazu kann ich keine weiteren Ausführungen machen.«
»Warte mal. Sie wurden freigesprochen und dann umgebracht?«
»Bitte …«
»Denkst du etwa … ihr meint, ich hätte was damit zu tun?«
»Es geht hier nur darum, ob du an diesen Tagen Dienst hattest.«
»Ich fasse es nicht. Kommst hierher und machst voll auf Kollegin und sagst mit keinem Wort, dass ihr gegen mich ermittelt!«
»Wir ermitteln nicht gegen dich.«
»Ah nein, und warum bist du dann hier?«
Dieser Punkt geht an sie, denkt Florence, die sich schon zum zweiten Mal in diesem Fall leicht überfordert fühlt. Thomas Sahli wollte gar nicht erst mit ihr reden, weil sie eine Frau ist, und Monika Amrein kriegt sie überhaupt nicht zu fassen. Sie kann sie nicht einschätzen. Es ist möglich, dass sie hier eine Show abzieht, weil sie etwas zu verbergen hat – oder aber sie ist tatsächlich weder mit Sympathie noch mit Intelligenz großzügig ausgestattet worden.
»Ich habe nur noch eine Frage.« Florence versucht einen versöhnlichen Ton anzuschlagen.
»Ich beantworte keine Fragen mehr.« Alle Neugierde und Freundlichkeit ist weg.
»Ich möchte nur wissen, was du für eine Schuhnummer trägst.«
»Ich sage kein Wort mehr ohne einen Anwalt.«
Zur gleichen Zeit, nur wenige Hundert Meter entfernt, diskutieren Polizeichef Sandro Bandini, Kommunikationschef Emilio Livingstone, Staatsanwalt Kai Langenberger und der forensische Psychiater Franz Maniuk, wie sie mit dem Fall um die roten Stöckelschuhe an die Öffentlichkeit treten wollen. Es geht darum, wie viel sie preisgeben sollen, was sie bewusst unter Verschluss halten, und wie sie am geschicktesten schummeln, um die Täterin direkt anzusprechen und in die Falle zu locken.
»Wir dürfen auf keinen Fall sagen, dass wir von einer Täterin ausgehen. Sprechen wir von einem Täter, gibt ihr das ein Gefühl von Sicherheit«, erklärt Franz Maniuk. »Überdies würde ich den gesuchten Täter mit ein paar negativen Attributen ausstatten – denn unsere Täterin ist eitel und narzisstisch veranlagt. Gut möglich, dass sie das nicht auf sich sitzen lassen wird. Sie hat mit der Inszenierung ihrer Opfer gezeigt, dass sie mit uns kommunizieren will. Wenn wir sie mit Unwahrheiten herausfordern, ist es möglich, dass sie direkt reagiert.«
»Negative Attribute?«, fragt Kai Langenberger.
»Wir haben mal mit einem Phantombild nach einem Mörder gesucht. Wir zeichneten ihm ein paar Pickel ins Gesicht und schrieben, er sei ungepflegt, unrasiert und habe eine unreine Haut. Das hat er gar nicht gut vertragen: Er schrieb uns einen Brief, in dem er uns widersprach – daraufhin haben wir seine Handschrift veröffentlicht, und jemand hat sie wiedererkannt. So haben wir ihn schließlich überführt.«
»Ich erinnere mich«, sagt Sandro. »Gute Idee, aber dieses Mal haben wir kein Phantombild.«
»Wir könnten schreiben, dass der Täter einer unteren Bildungsschicht angehört und nicht sehr intelligent vorgeht«, schlägt Maniuk vor.
»Das machen wir. Veröffentlichen wir auch das Foto der Überwachungskamera?«
»Ja. Wir suchen den Mann, sagen aber nicht, warum. Wir schreiben, dass er womöglich etwas beobachtet haben könnte, etwas in der Art.«
»Okay.«
»Wichtig ist, dass klar wird: Es besteht eine Gefahr. Wir tun unser Bestes. Aber: Der Polizeischutz musste aufgrund mangelnder Kapazitäten wieder aufgehoben werden. Die Täterin soll glauben, dass sie wieder freies Spiel hat.«
»Geht klar.« Emilio Livingstone schreibt sich alles auf. »In einer halben Stunde lege ich dir den Text vor, wenn er in Ordnung ist, lassen wir ihn raus. Bist du für Nachfragen zu haben?«
Sandro schüttelt den Kopf. »Wir sagen, dass es zurzeit aus ermittlungstaktischen Gründen keine weiteren Informationen gibt.«
»Verstanden.«
Sandros Handy klingelt. Er schielt auf das Display, sieht, dass es Milla ist, und klickt den Anruf weg. Sekunden später kommt eine Textnachricht herein. Er klickt sie an.
Superdringend. Absoluter Notfall. Wir sind auf dem Weg zu dir.
Im gleichen Moment, als Sandro verstört auf sein Handy blickt, sitzt sein Kollege Bernard Blanc auf dem Sofa in Thomas Sahlis Wohnung und versucht, nicht die Geduld zu verlieren. Zwei Mal hat er Sahli alles ausführlich erklärt, zwei Mal ist er mit ihm alle Eventualitäten durchgegangen, doch jetzt stellt er die gleiche Frage noch ein drittes Mal.
»Sie sind hundertprozentig sicher, dass nichts passiert?«
»Hundertprozentig sicher.«
Bernard Blanc versucht, ihn zu beruhigen, was offensichtlich nur teilweise gelingt. Thomas Sahli nagt an der Unterlippe, bis sie blutet. Beinahe würde er Bernard leidtun. Beinahe, wenn der junge Mann nicht derart frauenfeindlich denken würde. Als er ihm den Vorschlag unterbreitet hat, in seine Wohnung zurückzukehren und dort den Lockvogel zu spielen – Bernard hat dafür natürlich andere Worte verwendet, inhaltlich läuft es aber aufs Gleiche hinaus –, hatte Sahli den starken Typen rausgehängt, der sich vor nichts fürchtet, schon gar nicht vor einer Frau. Jetzt aber wirkt er eingeschüchtert und geradezu geschrumpft, wie er da auf seinem Sofa kauert. Bernard betrachtet Thomas Sahli und denkt, dass er in diesem Augenblick genauso aussieht, wie er wirklich ist: ein unsicherer, blasser Jugendlicher, der seinen Platz im Leben als Erwachsener noch nicht gefunden hat. In seiner Verletzlichkeit lässt er die Wut an den Frauen und der ganzen Welt aus, weil es für ihn zu schamhaft wäre, die Fehler bei sich selbst zu suchen. Doch sein Getue ist zum größten Teil Fassade. Und die bröckelt gerade.
»Hier.« Bernard hat einen Plan des Hauses und der Umgebung auf den Tisch gelegt und zeigt auf eine Stelle. »Und hier und hier sind unsere Leute platziert. Wenn etwas ist, sind sie innerhalb von Sekunden bei Ihnen.«
»Und wenn das zu spät ist?«
»Wir werden nicht zu spät sein. Sie gehen wie gewohnt zur Arbeit, kehren wie gewohnt nach Hause zurück, wir werden immer bei Ihnen sein. Das Mikrofon tragen Sie am Körper, dazu den kleinen Knopf im Ohr, damit bleiben wir in Verbindung. Wenn etwas ist, wenn etwas Sie verunsichert, wenn Sie Angst kriegen, dann melden Sie sich jederzeit.«
»Ich werde keine Angst haben.«
Bernard erkennt die Lüge in den Augen des jungen Mannes. Er macht sich schon jetzt fast in die Hose. Sie hätten nicht ihn als Lockvogel aussuchen sollen, das war eine Fehlentscheidung. Sahli ist zu labil. Aber jetzt ist es nicht mehr zu ändern. Alles ist durchdacht und organisiert. Wenn die Täterin auftaucht, wird Thomas Sahli nichts passieren. Stattdessen werden sie sie kriegen. Daran zweifelt Bernard nicht eine Sekunde. Die Frage ist nur: Kommt sie oder kommt sie nicht?