John Sinclair, Inspektor des New Scotland Yard, fünfunddreißig Jahre jung, blond, blauäugig und knapp eins neunzig groß, saß gerade in der Kantine beim Mittagessen, als über den Lautsprecher die Durchsage kam, er solle sich sofort bei seinem Chef melden.
So wird der Serienheld im ersten Roman »Die Nacht des Hexers« eingeführt. Darüber hinaus erfahren wir, dass er sich während seines Studiums unter anderem auch mit Parapsychologie beschäftigt hat, einen silbergrauen Bentley fährt (»den einzigen Luxus, den er sich leistete«) sowie eine Pistole der Marke Beretta verwendet, die damals übrigens noch nicht mit geweihten Silberkugeln geladen war.
Zugegeben, viel ist es nicht, was uns Jason Dark über den Helden der Geschichte verrät, und die wenigen Informationen sind darüber hinaus auch recht oberflächlich. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste der Autor wohl selbst nicht, dass er den wackeren Inspektor noch einmal aus der Versenkung holen würde.
Zu jener Zeit war es in dieser Form der Literatur, die noch heute, bei einem Verkaufspreis von 2,40 Euro, abwertend als »Groschenroman«, »Klolektüre« oder »Trivialliteratur« bezeichnet wird, üblich, dem Helden ein dem damaligen Schönheitsideal angepasstes Erscheinungsbild anzudichten und ihm nicht allzu viel Hintergrund und Tiefe zu verleihen. Letzteres ist nicht nur der Kürze des Textes geschuldet, sondern auch dem Umstand, dass in Heftromanen eher eine handlungsorientierte Geschichte als eine Charakterstudie erwartet wird.
Diese Erwartungshaltung resultierte unter anderem aus den Sehgewohnheiten einschlägiger Unterhaltungssendungen im Fernsehen, in denen die Protagonisten pro Folge ein Abenteuer erlebten, das in der Regel keine Auswirkungen auf spätere Episoden hatte.
Der zumeist männliche Held musste sich also nicht mit den Konsequenzen seiner Handlungen auseinandersetzen, wodurch natürlich keinerlei Entwicklung stattfinden konnte. Zwar gab es Ausnahmen, doch die hatten es am Markt deutlich schwerer, und meist war ihnen auch kein langes Leben beschieden.
Erst in den letzten Jahren haben sich die Seh- und Lesegewohnheiten verändert, zum Beispiel durch das Aufkommen von Streamingdiensten, bei denen Stoffe, die früher (wenn überhaupt) als Film adaptiert worden wären, nun seriell erzählt wurden. Das »Bingen« von Serien ist en vogue . Es ist praktisch unmöglich, sich eine bestimmte Folge herauszupicken, ohne die vorherigen Staffeln und Episoden gesehen zu haben. Diese Form des Konsums übertragen jüngere Generationen, die mit einer solchen Erzählweise aufwachsen, automatisch auch auf andere Medien wie Hörspiele oder Heftromane, während ältere Lesergenerationen weiter an früheren Gewohnheiten festhalten.
Jason Dark ist es mit JOHN SINCLAIR gelungen, die Leserinnen und Leser behutsam und langsam mit auf eine Heldenreise zu nehmen, die im Laufe der Jahre immer fantastischer geworden ist, wobei der Held allerdings nie die Bodenhaftung verloren hat.
Der gelungene Spagat zwischen unabhängig vom Serienverlauf goutierbaren Romanen und sich entwickelnden Handlungssträngen machte die Serie einerseits sehr einsteigerfreundlich, andererseits hielt es die Fans bei der Stange, die unbedingt wissen wollten, wie es weiterging. Nicht umsonst standen bei einer Umfrage über die Leserkontaktseite, deren Ergebnis in Band 97 veröffentlicht wurde, auf den ersten fünf Plätzen der beliebtesten Romane ausschließlich Mehrteiler.
Aber zurück zu Band 1 der eigenständigen Serie, »Im Nachtclub der Vampire«, wo der wackere Held wie folgt die imaginäre Bühne betritt:
Der blondhaarige Passagier mit den blauen Augen war kein anderer als Oberinspektor John Sinclair, von seinen Freunden auch Geisterjäger genannt. Geisterjäger deshalb, weil er einen besonderen Job hatte. John war zwar Beamter bei Scotland Yard, doch in einer ganz bestimmten Funktion. Er beschäftigte sich mit Fällen, die ins Übersinnliche, Dämonische hineinspielten. Mit anderen Worten: John Sinclair hatte Monstern, Vampiren, Werwölfen und Dämonen den Kampf angesagt.
Aufmerksame Leserinnen und Leser werden bemerkt haben, dass John in der Zwischenzeit befördert worden ist (übrigens der einzige nennenswerte Sprung in seiner nun mittlerweile knapp fünfzig Jahre andauernden Karriere), darüber hinaus bleibt die Beschreibung aber auch weiterhin sehr vage. Hinzu kommt lediglich, dass der Geisterjäger Raucher ist und sich gern mal ein »Stäbchen« anzündet oder einen »Glimmstängel« qualmt.
Interessanter ist da schon die Sicht der Protagonistin des Romans:
Marina Helds Gedanken waren bei John Sinclair. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie solch einen faszinierenden Mann kennengelernt. Sie war beeindruckt von der Ruhe und der Sicherheit, die der Geisterjäger ausströmte. Eine Frau, die diesen Mann bekam, durfte sich wohl glücklich schätzen.
Geschickt wird der Heros aus der Sicht einer Abiturientin mit einem Hauch jugendlicher Schwärmerei beschrieben. Nichtsdestotrotz bleibt kein Zweifel daran, dass John Sinclair ein in allen Belangen überaus integrer, um nicht zu sagen tadelloser Held ist, der in jeder noch so aussichtslosen Situation die Ruhe bewahrt und die Kontrolle behält. Ein Frauenschwarm, wie er im Buche steht, der dadurch aber auch wenig als Idol für kleine dicke Jungs taugte, die die Romane im SPAR -Markt mit einem Marmeladenbrot in der Hand verschlangen – von seiner Vorbildfunktion in Sachen Rauchen und Trinken ganz zu schweigen.
Das reichhaltige Konsumieren von Alkohol oder Tabak galt in den 1970er-Jahren übrigens noch nicht als Laster oder gar Schwäche, sondern gehörte zum damaligen Lebensgefühl dazu, verströmte eine Aura von Unabhängigkeit, Freiheit und Männlichkeit. Protagonisten, die abstinent lebten, so wie der Chinese Suko, haftete stets ein Hauch von Exotik an. Oder um es anders zu formulieren: Normal war das nicht. Auch hier wandelte sich das Bild im Laufe der Jahre, und mittlerweile ist John Sinclair Nichtraucher geworden, obwohl ihn in bestimmten Situationen noch der Wunsch nach einer Zigarette überkommt.
Ende der Siebzigerjahre gehörten solche Laster jedoch zum guten Ton, ebenso wie der obligatorische Whisky, der zum Teil wie Wasser getrunken wurde. Heute gönnt sich der Geisterjäger höchstens mal ein Feierabendbier. Ebenso hat sich die Sicht auf Gefühle wie Unsicherheit, Angst oder gar Panik geändert. Wie oben bereits erwähnt, erwartete man damals von einem Heftromanhelden eine gewisse Überlegenheit, die ihn von der Masse abhob.
Umso überraschender war es, als Jason Dark seinen Helden im ersten Zweiteiler der Serie einer Situation aussetzte, die John Sinclair an den Rand der Verzweiflung brachte: Er wurde von Handlangern seines damaligen Erzfeindes, dem Schwarzen Tod, lebendig begraben. (So auch der Titel des zweiten Teils der sogenannten Zarcadi-Legende.)
Schon am Ende des ersten Teils, der den reißerischen Titel »Der Irre mit der Teufelsgeige« trägt, überkamen John erste Selbstzweifel, als er von den Bewohnern eines Dorfes, die von der Musik des Teufelsgeigers Professor Zarcadi (hinter dem sich natürlich kein Geringerer als der Schwarze Tod verbarg) in willenlose Marionetten verwandelt worden waren, überwältigt wurde: »Der berühmte Geisterjäger hatte versagt!«
Zu diesem Zeitpunkt bekommt er aber noch schnell die Kurve: »Gleichzeitig war die andere Stimme in mir: Mensch, reiß dich zusammen, John! Stell dich nicht an wie eine Memme!«
Trotzdem überkommt ihn Panik, als er kurz darauf einen Sarg mit seinem Namen auf dem Deckel sieht:
»Zwei Männer hoben den Deckel an. Ich sah die weiße Seide der Innenverkleidung. Mein Magen krampfte sich zusammen. Panik wollte mich überfallen.«
Doch sosehr sich John auch wehrt, er kann das Unvermeidliche nicht verhindern, und so wird er tatsächlich lebendig begraben. Ein einschneidendes Erlebnis, das Jason Dark sehr eindringlich und plastisch in Szene zu setzen verstand:
Das ruhmlose Ende eines Geisterjägers. Nicht einmal vierzig Jahre alt war ich geworden. Ich ertappte mich dabei, wie ich zurückdachte. Kindheit, Jugend, Universität …
Das Gesicht meiner Mutter tauchte auf. Beinahe spürte ich ihre streichelnden Hände an meinen Wangen. Sie schien mir beruhigend zuzusprechen. Warm fühlte ich es an meinem Gesicht herablaufen. Tränen …
Der Sarg kam zur Ruhe. Er stand jetzt auf dem Boden des Grabes. Etwas fiel auf den Deckel. Kurz hintereinander. Es waren die Seile. Die Träger hatten sie ins Grab geworfen. Ich drehte mich in meinem Gefängnis herum. Dann begann ich zu schreien. Brüllte all meine Not und Angst hinaus. […] Etwas polterte auf den Sargdeckel. Das Geräusch ließ mich zusammenzucken. Sie warfen Lehm hinab, begruben mich endgültig. Wieder prallte harte Erde auf den Sargdeckel. Zwei Sekunden später abermals eine Schaufel voller Dreck. [… ] Ebenso rasch wuchs die Angst vor dem Tod. Vor dieser endlosen erschreckenden Dunkelheit, vor dem kalten Nichts …
Ohne es eigentlich zu wollen, faltete ich die Hände. Es war wohl das Letzte, was mir noch blieb …
Ich verrate sicher nicht zu viel, wenn ich sage, dass John Sinclair seinem Grab entkommt. Trotzdem durchlebt er das Martyrium bis zum bitteren Ende, was tiefe Spuren in seiner Seele hinterlässt. Immer wieder blitzt die Angst vor dem erlittenen Trauma wieder auf – auch weil die Erinnerung im Laufe seiner Karriere durch ähnliche Erlebnisse aufgefrischt wird, zum Beispiel in dem Zweiteiler »Die Werwolf-Sippe« und »Lupinas Todfeind«, wo ihn die Königin der Werwölfe in einem gläsernen Sarg in einem Swimmingpool versenkt.
Jahre später wird John Sinclair im »Gasthaus zur Hölle« in Salzburg in eine Grabkammer eingesperrt. Über zehn Jahre sind seit seinem traumatischen Erlebnis vergangen, doch die erlittene Angst und Hilflosigkeit bleiben seine ständigen Begleiter.
Erinnerungen stießen in mir hoch. Vor Jahren hatte man mich lebendig begraben. Die Enge des Sargs hatte mich noch oft in meinen Träumen begleitet. Damals hatte ich zum ersten Mal erlebt, was es heißt, Todesangst zu haben.
Ein weiteres Erlebnis, das John Sinclair nachhaltig geprägt hat – vielleicht sogar noch mehr als die Erfahrung, lebendig begraben zu werden –, ist die Verwandlung seiner Freundin Jane Collins in eine Hexe, die dem Teufel und dessen Dienerin Wikka hörig ist.
Geschildert wird dies in einem weiteren Zweiteiler, der 1982 als Band 216 »Der Ripper kehrt zurück« und Band 217 »Die Hexeninsel« erschien. Der Geist des Serienmörders Jack the Ripper, mit dem es John Sinclair und Jane Collins bereits in einem früheren Fall zu tun hatten, fährt in den Körper der Privatdetektivin, die sich daraufhin der Oberhexe Wikka anschließt. Für John Sinclair bricht in diesem Augenblick eine Welt zusammen. Und nicht nur für ihn, auch zahlreiche Fans sind wie vor den Kopf geschlagen, denn am Ende des Romans ist eben nicht alles wieder wie zuvor: »Für mich ging eine Ära zu Ende. Die Ära Jane Collins«, lautet der Schlusssatz des Zweiteilers.
Doch damit ist es noch nicht vorbei. Im Gegenteil, es scheint jetzt erst richtig loszugehen, denn auch Wikka und Asmodis (der Teufel) wissen, welchen Trumpf sie mit Jane Collins in Händen halten. Auf einer winzigen Insel in einem See, mitten im Ashdown Forest, kommt es schließlich zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen John Sinclair und seiner früheren Freundin. Zunächst erkennt er sie gar nicht, da sie als schwarzer Henker verkleidet ist, einem Dämon, gegen den der Geisterjäger schon einmal gekämpft und ihn auch vernichtet hat. Es muss also jemand anderes unter der Kapuze des Henkers stecken. Doch der Schock sitzt tief, als John herausfindet, dass es Jane Collins ist, die zwei blutige Morde auf ihr Gewissen geladen hat.
Für viele Fans war dadurch der Point of no Return erreicht. Nach der Lektüre des Taschenbuchs »Der lächelnde Henker« drohten sogar einige damit, die Serie nicht mehr zu lesen. Für viele Fans gehörten John und Jane einfach zusammen.
Und der Held selbst? Nie zuvor hat er sich hilfloser und verlassener gefühlt.
In diesen schlimmen Augenblicken konnte mir auch niemand helfen. Damit musste ich allein fertig werden. Egal, welchen Rat mir auch der beste Freund geben würde, er war sicherlich immer falsch. Wenn du schießt, hast du alles hinter dir! Da war die eine Stimme in meinem Hirn. Gleichzeitig hörte ich eine zweite. Damit stellst du dich auf eine Stufe mit deinen Gegnern, John Sinclair.
Ich kam mir vor wie ein Mensch mit einem zweigeteilten Gewissen. Die Beretta in meiner Hand war plötzlich zu einer Last für mich geworden. Ich tat mich schwer, sie zu halten. Ein Zittern konnte ich nicht vermeiden …
Herrgott, wenn mir doch jemand einen Rat geben würde.
Jane Collins entkommt einmal mehr. Erst nach über einem Jahr – und nachdem sie von Wikka verstoßen und als Verräterin abgestempelt wird – soll es John und seinen Freunden gelingen, den Geist des Rippers aus Janes Körper zu vertreiben. Allerdings zu einem hohen Preis, denn zuvor schneidet ihr ein Teufelsdiener das Herz aus dem Leib. Dass Jane dennoch überlebt, verdankt sie einem magischen Artefakt, dem Würfel des Unheils, auf den ich später noch einmal näher eingehen werde. Solange sie diesen Würfel bei sich trägt, kann Jane auch ohne Herz überleben, doch es ist klar, dass dies keine Dauerlösung sein kann. Und so wird Jane Collins nach San Francisco zu einem Herzspezialisten gebracht, der ihr ein künstliches Organ einpflanzen soll. Erzählt wird die Geschichte in einer Trilogie, die mit Band 361 »Satans Trucker« beginnt, in Band 362 »Der Zombie-Apache« fortgeführt wird und schließlich mit Band 363 »Der Gnom mit den sieben Leben« endet.
Um es vorwegzunehmen: Die Operation gelingt. Eigentlich könnte also alles wieder so sein wie früher, doch am Ende der Trilogie gibt Jane dem Geisterjäger unmissverständlich zu verstehen, dass für sie eine Rückkehr in ihr altes Leben nicht infrage kommt.
Diese Erfahrung sorgt dafür, dass sich Johns Ruf als eingefleischter Junggeselle weiter festigt. Er entwickelt eine Bindungsangst, die fortan keine feste Beziehung zulässt. Obwohl er während Janes Hexendasein eine Affäre mit seiner Sekretärin Glenda Perkins beginnt und später noch mit anderen Frauen intim wird – darunter übrigens auch mit Jane Collins –, lässt er sich nie wieder auf eine engere Bindung ein. Dazu trägt sicherlich auch der Umstand bei, dass sich eine seiner Liebschaften, Jessica Long, als Dämonin entpuppt. Ein weiterer Schicksalsschlag unter vielen.
Mindestens ebenso schwer wie Janes Verwandlung in eine Hexe ist für John der Tod seiner Eltern. Er leidet im wahrsten Sinn des Wortes »Höllenqualen«, so auch der Titel des Romans, der zu einem siebenbändigen Zyklus gehört, in dem es um die Suche nach der sagenumwobenen Bundeslade geht. Gefesselt an das geheimnisvolle Rad der Zeit muss er miterleben, wie seine Mutter Mary und sein Vater Horace F. Sinclair von Geistern ermordet werden.
Dieses Erlebnis ist in Johns Leben so einschneidend, dass ihm Jason Dark zwei eigene Romane widmete, die sich an den Zyklus anschlossen. Es handelt sich um die Bände 1007 »Totenwache« und 1008 »Endloser Schrecken«, in denen John erfährt, dass sein Vater sein Leben lang ein düsteres Geheimnis gehütet hat: Er war Mitglied eines Geheimbundes, der Loge des Lalibela.
»Denn der Tod lieb gewordener Menschen gehört ebenfalls zum Leben.«
So endet der siebenteilige Zyklus, der 1997 erschien. Und obwohl er nicht so kontrovers aufgenommen wurde wie das Schicksal von Jane Collins, hatte er trotzdem eine nachhaltige Wirkung auf die Fans, denn er konfrontierte sie mit einem Stück Realität. Schließlich gehört der Verlust der eigenen Eltern tatsächlich zum Leben dazu. Dass dieser Tod bei John Sinclair ungleich dramatischer verläuft, als es bei den meisten Leserinnen und Lesern der Fall sein dürfte, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.
All diese Schicksalsschläge und Niederlagen tragen dazu bei, John Sinclair authentischer und menschlicher zu machen, obwohl er doch eigentlich ein Auserwählter ist – ein Narrativ, dem sich die Autoren solcher Romane gern bedienen, um ihren Protagonisten übernatürliche Kräfte oder sogar Unsterblichkeit zu verleihen. Doch darauf hat Jason Dark verzichtet. Zwar erfährt John Sinclair im Laufe seiner Karriere, dass er mehrere Male wiedergeboren wurde und unter anderem schon als Hesekiel, Richard Löwenherz, Hector de Valois (einem fiktiven Großmeister der Templer) und vermutlich sogar als König Salomo gelebt hat, aber das hat keinerlei Auswirkungen auf seine Identität als Geisterjäger John Sinclair.
Viele Informationen bekommen die Fans gewissermaßen häppchenweise serviert. Unter anderem, dass Johns Wurzeln in Schottland liegen und sein Vater als Anwalt gearbeitet hat, der zunächst bei einer Londoner Bank angestellt war, bevor er sich mit einer eigenen Kanzlei selbstständig machte. Obwohl er es gern gesehen hätte, dass sein einziger Sohn in seine Fußstapfen tritt, hatte er nichts dagegen, dass John nach seinem Studium (Jura und Psychologie) zur Polizei ging – eine Entscheidung, die unter anderem durch seine erste Begegnung mit einem Untoten im Kohlenkeller seiner damaligen Hauswirtin Gilda Osborne forciert wurde.
Zu diesem Zeitpunkt lernte John auch seinen späteren besten Freund Bill Conolly kennen und entschied sich, noch ein weiteres Fach auf seinen Lehrplan zu setzen: Parapsychologie. Nachzulesen ist dies in der Bonusstory »Mein erster Fall«, die erstmals in dem Paperback »Hexenküsse« abgedruckt wurde.
Als Johns Vater, Horace F. Sinclair, in Pension ging, kehrten seine Eltern in ihr Heimatdorf Lauder, in Schottland, zurück. John blieb in London, wo er bis heute, wenig feudal und anders als viele gut betuchte Heftroman-Kollegen, in einem Hochhaus am Rande von Soho lebt.
War sein silbergrauer Bentley anfangs noch sein einziges Hobby, wurde er später deutlich genügsamer, was seinen fahrbaren Untersatz betrifft. Nachdem sein zweiter Bentley von einem Diener des Dämons Baphomet per Flammenwerfer in einen Haufen verkohlten Schrott verwandelt wurde, begnügte er sich jahrelang mit diversen Dienstwagen der Marke Rover, ehe ihm von Scotland Yard ein Audi A6 C8 zur Verfügung gestellt wurde, den er noch heute fährt.
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass John Sinclair in seiner Eigenschaft als Geisterjäger auf dem gesamten Globus eingesetzt wird. Neben seiner Muttersprache Englisch spricht er fließend Deutsch und Französisch und beherrscht sogar ein paar Brocken Italienisch.
Nur das Alter ist ein Thema, über das er nicht gern spricht und das den Fans seit Jahren Kopfzerbrechen bereitet. Jason Dark verzichtete seinerzeit darauf, eine Erklärung abzuliefern, warum John Sinclair nicht wie im realen Leben altert, entsprechend müsste der Geisterjäger inzwischen fünfundachtzig Jahre alt sein und damit ein Alter erreicht haben, in dem man selbst nach der neuesten Rentenreform längst im wohlverdienten Ruhestand angekommen sein dürfte.
Als literarische Figur genießt er jedoch das Privileg, wie seine Kollegen Jerry Cotton und Lassiter im Übrigen auch, »zwischen den Zeilen zu altern«, wie sein Schöpfer in Interviews gern proklamiert. Beziehungsweise deutlich langsamer, alle zehn Jahre um ein Jahr. Demnach zählt John Sinclair mittlerweile vierzig Lenze, ist also im besten Alter, um noch viele Jahre auf Dämonen- und Geisterjagd zu gehen.
Der Wandel vom stereotypen Helden zu einem authentischen Charakter mit menschlichen Schwächen ist auch dem Zeitgeist geschuldet. Denn ebenso wie wir, ist auch der Protagonist von politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen betroffen, denen er Rechnung tragen muss.