VAMPIRE UND ANDERE BLUTSAUGER

Und es wird die Zeit kommen, wo sich Särge und Gruften öffnen, um den Pesthauch des Bösen in die Freiheit zu entlassen. Oh, ihr Ungläubigen, die ihr die Zeichen nicht erkennt! Hütet euch vor dem Bösen, denn es ist stärker als ihr! Was die Jahrhunderte überdauert hat, was weder Kriege noch Verfolgung zerstören konnten, wird euch überschwemmen wie eine riesige Woge. Denn niemand hält sie auf. Die Vampire …

»Der Pfähler«

Sie sind Jason Darks Lieblingsbösewichte. Das hat er nicht nur in zahlreichen Interviews betont, man merkt es den Geschichten auch an, darin sind sich die meisten Fans einig.

Nicht umsonst führt die erste Vampirtrilogie, bestehend aus den Romanen »Der Pfähler«, »Dracula gibt sich die Ehre« und »Die Vampirfalle« (Band 33 bis 35) viele Ranking-Listen an. Dicht gefolgt von der zweiten Vampirtrilogie, in der es Sinclair in die Zeit kurz nach Beendigung des Dreißigjährigen Kriegs verschlägt, während seine Freunde versuchen, in der Gegenwart dem Obervampir Gordon Fariac das Handwerk zu legen (Band 139 bis 141).

Diese Trilogie erschien 1998 auch als Comic. Zunächst als Fortsetzungsgeschichte innerhalb der legendären GESPENSTER -GESCHICHTEN , später dann als Comic-Sonderband Nr. 1 und dann noch ein drittes Mal 2003 als GESPENSTER -GESCHICHTEN -SPEZIAL Nr. 200.

Beiden Dreiteilern merkt man Jason Darks Affinität zu den klassischen Blutsaugern an, die zumindest den älteren Leserinnen und Lesern aus den berühmten HAMMER -Filmen bekannt sein dürften, in denen das Bild des Vampirs vor allem durch Christopher Lees Verkörperung des Grafen Dracula geprägt wurde. Die Darstellung des bleichgesichtigen, spitzzahnigen und nach Blut dürstenden Untoten im schwarzen Umhang mit rotem Innenfutter findet sich auf zahlreichen Titelbildern, die in der Regel alle von dem spanischen Künstler Vicenç Badalona Ballestar (1929–2014) stammen, der das Äußere der Serie in den ersten zehn Jahren maßgeblich prägte und auch später noch zahlreiche Cover beisteuerte.

Auch die Entstehung von Vampiren, ihre Fähigkeiten sowie die Art der Vernichtung entsprechen, wie bereits erwähnt, den von HAMMER aufgegriffenen und weiterentwickelten Mythen, die sich teilweise jedoch erheblich von den Überlieferungen unterscheiden. Bei eingehender Beschäftigung mit dem Vampirglauben fallen dabei vor allem zwei Dinge auf:

Erstens: Vampire oder vampirähnliche Geschöpfe tauchen in so ziemlich jeder Kultur auf, von der Antike bis in die Neuzeit.

Zweitens (und dieser Aspekt ist gewissermaßen die zwangsläufige Folge der vorhergehenden Erkenntnis): Art und Entstehung der Vampire, ihre Erkennung und Bekämpfung wird erheblich von kulturellen und regionalen Gebräuchen beeinflusst.

Daher ist es so gut wie unmöglich, eine vollständige Liste sämtlicher Vampirarten, mit ihren bisweilen reichlich abstrusen Merkmalen und Fähigkeiten, zu erstellen. Bei näherer Betrachtung kristallisieren sich aber dennoch einige Gemeinsamkeiten heraus.

Dem vermeintlichen Auftreten eines Vampirs geht immer eine Seuche voraus, der eine gehäufte Anzahl an Menschen eines Dorfes oder Landstriches zum Opfer fällt.

Da die Gefahr einer Ansteckung innerhalb der Familie ungleich größer war – besonders in ärmeren Gegenden, wo die Mitglieder oft gemeinsam in einem Raum oder gar zusammen in einem Bett schliefen –, entstand der Glaube, dass der Vampir vor allem seine nächsten Angehörigen heimsucht. Dieser Aberglaube wird sehr anschaulich in der Kurzgeschichte »Die Familie des Vampirs« von Alexei Tolstoi thematisiert und findet sich auch in der schlesischen Mär vom Nachzehrer, der in seinem Sarg liegt und sein eigenes Leichenhemd verzehrt, während er nach und nach seine Angehörigen zu sich ins Grab ruft.

Bei JOHN SINCLAIR wird der Glaube an Nachzehrer im Roman »Der Totenbeschwörer« (Band 42) thematisiert. Einige Jahre später steckt auch Sinclairs Patenkind Johnny Conolly »Im Bann des Nachzehrers« (Band 1945). Zwischendurch gab es zwar noch »Die Bande der Nachzehrer« (Band 355), doch dabei handelte es sich eher um Zombies.

Ein weiterer Faktor, den sämtliche Vampir-Mythen gemeinsam haben, außer dass es die untote Brut auf Menschenblut abgesehen hat, ist die Tatsache, dass es Tote sind, die keine Ruhe finden. Das ist übrigens ein weiterer Unterschied zu den Zombies.

Während der Zombie von einem Schwarzmagier oder Dämon aus dem Grab geholt wird, erwacht der Vampir in der Regel von selbst zu seinem untoten Dasein beziehungsweise wird von seinesgleichen dazu gemacht. In einigen Überlieferungen und Erzählungen, unter anderem auch in Bram Stokers »Dracula«, muss das Opfer erst selbst vom Blut des Vampirs trinken, um sich mit dem Vampirkeim zu infizieren. Die Verwandlung geht dabei schleppend voran. Nach tagelangem Siechtum folgt ein qualvoller Tod, und meistens erwachen die Vampire auch erst nach der Beerdigung zu ihrer neuen untoten Existenz.

Das geht bei JOHN SINCLAIR deutlich fixer. In der Regel genügt ein Biss, um das Opfer in einen Vampir zu verwandeln. Je mehr Blut gesaugt wird, desto schneller geschieht die Verwandlung. Da die meisten Vampire ihre Opfer komplett aussaugen, erwachen sie häufig bereits nach wenigen Stunden oder gar Minuten. Es sei denn, der Biss ist kurz vor Sonnenaufgang erfolgt, dann kann schon mal ein Tag vergehen, ehe der neugeborene Vampir sich seinerseits auf die Jagd nach frischem Blut macht.

Die Überlieferung, dass Vampire von Sonnenlicht getötet werden, ist allerdings eine Erfindung der Filmindustrie. Ausnahmsweise ist es nicht Hollywood, sondern eine deutsche Produktion, die diese Legende ins Leben gerufen hat. In Friedrich Wilhelm Murnaus »Nosferatu – eine Symphonie des Grauens« stirbt der Vampir im Licht der aufgehenden Sonne. In erster Linie wohl deshalb, weil den Produzenten zu der damaligen Zeit (1922) eine Pfählung im Film zu brutal erschien. Hollywood hat diese »Schwäche« dankend aufgegriffen, bis sie sich so fest in den Köpfen der Menschen verankert hatte, dass sie selbst in den Romanen von Anne Rice und Stephen King beschrieben wird.

Bei Jason Dark haben sich die Vampire dahingehend längst emanzipiert. Bereits im ersten Band der eigenständigen Serie, »Im Nachtclub der Vampire«, erweisen sich die drei Vampirinnen als immun gegen das Sonnenlicht. Allerdings ist diese Fähigkeit abhängig von der Menge des genossenen Blutes. Wenn überhaupt, so sind es vor allem junge Vampire (jung im Sinne von frisch verwandelt) oder aber sehr alte, ausgemergelte Blutsauger, die sich vor dem Licht der Sonne in Acht nehmen müssen.

Was die Vampire bei JOHN SINCLAIR mit Bram Stokers »Dracula« gemeinsam haben, ist jedoch, dass sie in der Nacht über deutlich größere Kräfte verfügen. Dracula kann sich nicht nur in eine Fledermaus verwandeln, sondern auch in einen Wolf und sogar in Nebel. Bei JOHN SINCLAIR jedoch gelingt die Fledermausverwandlung nur sehr alten und mächtigen Vampiren wie Draculas Neffen Kalurac (Band 33 bis 35), Gordon Fariac (Band 139 bis 141) oder auch dem Nachfolger des Königs der Vampire, Dracula II . Diesem sogenannten Supervampir glückt dieses Kunststück allerdings erst, nachdem er den geheimnisvollen Blutstein an sich gebracht hat. Ein Artefakt, das aus dem gestockten Blut Draculas besteht und dem magische Kräfte innewohnen.

Vampiro-del-mar, der Kaiser der Vampire, kann sich ebenfalls in eine Fledermaus verwandeln, auch wenn er nicht allzu oft von dieser Fähigkeit Gebrauch macht. Generell hat er relativ wenige Auftritte zu verbuchen, obwohl er Mitglied der Mordliga und Herr der roten Vampire ist. Letztere existieren übrigens nur in Fledermausgestalt, ebenso wie die schwarzen Vampire des Magiers Myxin.

In einen Wolf oder gar Nebel vermag sich dagegen niemand von Sinclairs vampirischen Antagonisten zu verwandeln, was möglicherweise daran liegt, dass diese Fähigkeiten auch in den HAMMER -Filmen nie thematisiert, geschweige denn gezeigt wurden. Allerdings gibt es durchaus Hybriden aus Werwolf und Vampir, wie Sinclairs rumänischer Freund Marek feststellen muss, als er Jagd auf den Vampirwolf macht (Band 953 und 954).

Dafür hat sich Jason Dark die Abneigung gegen Kreuze und andere christliche Symbole abgeguckt, über die sich schon Roman Polanski in der HAMMER -Persiflage »Tanz der Vampire« (The Fearless Vampire Killers ) amüsiert hat, als der zum Vampir gewordene Gastwirt lachend abwinkt, während ihm die Magd ein Kruzifix entgegenhält. In der deutschen Synchronfassung behauptet er, das wirke nur bei den alten Vampiren, im Original verweist er auf seinen jüdischen Glauben, was natürlich sehr viel mehr Sinn ergibt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Roman Polanski selbst jüdischer Abstammung ist.

Bei JOHN SINCLAIR wird dieses Problem eigentlich nur einmal thematisiert, als Suko und Bill es in Katmandu mit Flugvampiren zu tun bekommen (»Flugvampire greifen an«). Später müssen John und seine Freunde zwar noch öfter gegen Vampire aus anderen Kulturkreisen antreten, doch dort wird das Problem umgangen, indem sie auf Methoden der Vampirabschreckung und -vernichtung zurückgreifen, die universell wirksam sind.

Feuer ist beispielsweise nicht nur bei Zombies ein probates und todsicheres Mittel, genau wie die Enthauptung, die sich oft in Überlieferungen findet. (Beliebt ist auch die vollständige Zerstückelung des Leichnams, wenn man ohnehin schon mal dabei ist.)

Das Mittel der Wahl ist jedoch die Pfählung, die allerdings nichts mit der Hinrichtungsmethode zu tun hat, für die der historische Dracula, Vlad Tepes, bekannt ist. Bei ihm wurde der Delinquent mit dem Anus auf die Spitze eines angespitzten Pfahls gesetzt, der sich durch das Eigengewicht des Opfers durch den Körper wühlte, bis irgendwann auf qualvolle Weise der Tod eintrat.

Die Pfählung eines Vampirs dagegen zielt direkt auf das Herz und erfüllte ursprünglich den Zweck, den Toten im Grab zu halten, ihn aufzuspießen wie einen Schmetterling. Die Riten unterscheiden sich auch hier, je nach Landstrich und Überlieferung. In einigen Fällen reicht es offenbar, einen angespitzten Pfahl in das Grab zu treiben, in anderen muss der Leichnam direkt mit einem Pflock durchbohrt werden. Dass das Werkzeug zwingend aus Holz bestehen muss, war allerdings nicht immer so.

In einigen Fällen wurden beispielsweise Eisenstäbe verwendet, denn auch Eisen soll, sofern es rein ist, Dämonen und Hexen abwehren können. Da Eisen gerade in ärmeren Gegenden, wo der Vampirglaube in der Regel stärker grassierte, ein rares Gut war, wurde sich oft mit Eisennägeln begnügt, die dem Toten in Stirn, Schläfen oder Brust getrieben wurden. Auch hier wird davon ausgegangen, dass dem Brauch die Vorstellung zugrunde liegt, der Leichnam müsse an der Erde festgenagelt werden.

Der Effekt war natürlich derselbe: Fäulnisgase, die dem verwesenden Leichnam für kurze Zeit ein frischeres, aufgedunsenes Aussehen verliehen, konnten entweichen. Manchmal sickerte sogar Blut aus Mund, Nase oder Augen. Der Vampir fiel in sich zusammen und war tot.

In der Regel wurde der Leichnam anschließend enthauptet und/oder verbrannt.

Anderswo verwendete man das Holz von Esche, Weißdorn (auch Hagedorn genannt), Wacholder oder Espe. John Sinclairs unermüdlicher Freund und Vampirjäger Marek, der Pfähler, verlässt sich dagegen lieber auf Eichenholz, und auch der Geisterjäger lädt seine Druckluftpistole mit Bolzen aus dieser robusten Holzart.

Ein weiteres sehr effektives Mittel gegen Vampire ist (geweihtes) Silber, das eben nicht nur für Werwölfe gefährlich ist.

Deutlich kurioser ist dagegen die Vernichtung von Vampiren durch fließendes Wasser, was bei SINCLAIR häufiger praktiziert wird. So erledigt der Geisterjäger die letzte der drei Vampirschwestern aus dem Shocking Palace (Band 1 »Im Nachtclub der Vampire«) in der Bäderabteilung eines Krankenhauses mit einem Wasserschlauch.

Die Vampirin schrie. Sie wusste um die Kraft des fließenden Wassers. Denn ihr hatten die Untoten nichts entgegenzusetzen. Lara setzte alles auf eine Karte. Sie wollte an John Sinclair vorbeihetzen und versuchen, zur Tür zu gelangen. John riss den Schlauch hoch.

Der Wasserstrahl traf voll.

[…]

Die Vampirfrau hockte auf der Erde. Sie jammerte und greinte. John sah durch den rauschenden Wasservorhang nur ihre Umrisse. Sie schlug verzweifelt mit den Armen, doch dann wurden ihre Bewegungen kraftlos. Lara fiel in sich zusammen. Das Wasser löste sie auf.

Hin und wieder sah John einen bleichen Skelettknochen schimmern, doch auch der zerfiel zu Asche, die sofort in Richtung Abfluss gespült wurde.

In »Die Hexenmühle« (Band 18) treibt Mrs Hiller ihre untoten Tochter Marion in den Mühlbach, und auch der Seelenvampir Tarrasco findet sein Ende in den Klippen von Cornwall (Band 244). Bevor es zum »Horror-Trip zur Schreckensinsel« kommt, gelingt es Sir James, einen zum Vampir mutierten Rechtsmediziner mit einem Feuerwehrschlauch zu erledigen, und auch die Vampirameisen, die sich an den Resten des Blutsteins laben, werden hinweggeschwemmt.

Wasser ist generell für Vampire sehr gefährlich, da es, ähnlich wie Feuer, eine reinigende Wirkung hat und alles Böse und Schmutzige fortspült. Diese Eigenschaft des Wassers spielt daher auch bei der Hexenprobe eine wichtige Rolle, auf die später noch genauer eingegangen wird.

In vielen Überlieferungen wird jedoch lediglich von einer abschreckenden Wirkung des fließenden Wassers berichtet, das weder Vampire noch Geister oder Dämonen überqueren können. Dass es Vampiren den Tod bringen kann, ist allerdings keine Erfindung von Jason Dark. Wahrscheinlicher ist, dass auch dieses Detail aus den HAMMER -Filmen stammt. Genauer gesagt aus dem zweiten Dracula-Film mit Christopher Lee, »Blut für Dracula« (1965), wo der König der Vampire in das eisige Wasser des Burggrabens fällt. Etwas skurriler kommt da schon der Dracula-Nachfolger Johnny Alucard in »Dracula jagt Minimädchen« (1972) zu Tode. Er stürzt in eine Badewanne und betätigt dabei versehentlich den Hahn der Duschbrause. Dumm gelaufen, Johnny.

Keine Rolle spielte bei SINCLAIR bislang der Zählzwang, der Vampiren vor allem in Osteuropa nachgesagt wird, und der sich beispielsweise in der Figur von Graf Zahl (im Original auch »Count von Count« genannt) wiederfindet. Einigen frisch Verstorbenen, bei denen man fürchtete, sie könnten als Untote wiederauferstehen, wurden Sesam-, Reis- oder Senfkörner in den Sarg geschüttet, damit der Vampir so lange mit Zählen beschäftigt ist, bis die Sonne aufgeht.

Dafür spielt die sexuelle Anziehungskraft der Vampire durchaus immer wieder eine Rolle – ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zum Zombie, der dann doch mehr etwas für nekrophil veranlagte Menschen ist. Die Bezeichnung »Vampirkuss« wird bei JOHN SINCLAIR häufiger verwendet, obwohl Jason Darks Vampire nicht wählerisch sind, was das Geschlecht ihrer Opfer angeht – zumindest Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre keine Selbstverständlichkeit.

Titel wie »Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!« (Band 841) und »Mein Flirt mit der Blutfrau« (Sonder-Edition 88) sind an Eindeutigkeit kaum zu übertreffen.

Wie schon erwähnt hat jede Kultur ihre eigene, spezielle Art von Untoten hervorgebracht. So berichten die Aschanti in Ghana und Togo von Asanbosam, einem Vampir mit eisernen Zähnen und hakenartigen Fortsätzen an den Beinen, mit denen er sich in Baumkronen hängt, um sich ahnungslose Wanderer zu schnappen. In Griechenland kennt man die Lamien und Empusen, weibliche, blutsaugende Schreckgespenster. Besonders kreativ aber war man in Malaysia. Dort kursieren Legenden über Flaschenvampire (Polong), Flugvampire (Langsuir) und mardergestaltige Blutsauger, die von ihren Meistern mit Milch und Eiern gefüttert werden müssen, ehe man sie auf verhasste Menschen hetzen kann (Bajang).

Mit solch speziellen Unterarten hat es John Sinclair (noch) nicht zu tun gehabt, wohl aber mit dem slowakischen Nelapsi, einem besonders mächtigen Vampir, der allein mit seinem Blick töten kann. Auf diese Weise hat er angeblich schon ganze Landstriche entvölkert. Gemeinsam mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke jagt Sinclair ein solches Geschöpf in dem Taschenbuch »Brandmal«.

Derartige Fälle sind jedoch die Ausnahme. Bei SINCLAIR sind die menschlichen, bleichgesichtigen Untoten die Regel, obschon es auch hier durchaus zu innovativen Weiterentwicklungen kommen kann. Vor allem Dracula II experimentiert gern und lässt bereits kurz nach seiner eigenen Entstehung »Vampir-Katzen« (Band 584) auf seinen Erzfeind los. Mit »Feuer, Asche, altes Blut« (Band 852) erschafft er einen Blutsauger, der sich vollständig in Feuer verwandeln kann. »Draculas Blutuhr« (Band 689) geht ebenso auf sein Konto wie »Der Robot-Vampir« (Band 889) oder »Das Vampirwelt-Monster« (Band 1630), das er aus Teilen untoter Körper zusammensetzt. Mindestens genauso kreativ ist Loretta, »Die Köpferin«, eine Art weiblicher Golem, erschaffen aus der Asche vernichteter Vampire (Band 1597). Kurz vor seiner eigenen Vernichtung versucht Dracula II , sich eine Armee aus Halbvampiren aufzubauen. Dabei handelt es sich um normale Menschen ohne typische Vampirattribute, dafür aber mit einem unstillbaren Durst nach Blut (Band 1644 »Angriff der Halbvampire« und Band 1645 »Blutsturm«).

Lange Zeit steht Assunga, die Vampirhexe, an seiner Seite, die sich mit ihrem Zaubermantel nicht nur an jeden beliebigen Ort der Welt teleportieren kann, sondern auch in der Lage ist, Zeit- und Dimensionsreisen zu unternehmen. Nachdem sich Assunga von Dracula II emanzipiert hat, verbündet er sich mit Justine Cavallo, der sogenannten blonden Bestie. Eigentlich ist Justine eine Figur aus dem Independent-Film »Kinder der Nacht 2«, in dem Jason Dark persönlich die Rolle des Vincent van Akkeren übernommen hat (ebenfalls eine Figur aus dem schier unerschöpflichen Fundus von Sinclairs Widersachern). Gespielt wird Justine Cavallo übrigens von dem Erotiksternchen Kelly Trump.

Auch Justine verlässt Dracula II irgendwann, nachdem dessen Vampirwelt vom Schwarzen Tod annektiert wurde. (Dazu später mehr.) Daraufhin schließt sich Justine dem Sinclair-Team an, indem sie nicht nur John, sondern auch Jane Collins das Leben rettet und für gar nicht mal so kurze Zeit bei der Detektivin einzieht. Mittlerweile ist sie zwar wieder ausgezogen, hilft Sinclair aber weiterhin ab und zu. Obwohl dieser über das Arrangement nicht unbedingt glücklich ist, hat er doch eingesehen, dass Justine mitunter eine große Hilfe sein kann.

Ebenfalls etwas Besonderes ist Iovan Raduc. Der ehemalige römische Legionär wurde von dem Erzdämon Astaroth zum Vampir gemacht und kann von den Toten auferstehen, sobald ein Mensch von seinem Blut trinkt.

Dass Vampire nicht zwingend auf das Blut von Menschen angewiesen sind, beweist »Mandraka, der Schwarzblut-Vampir« (Band 296). Der aus Aibon stammende Rog hat sich hingegen auf Elfenblut spezialisiert.

Ein Kapitel über Vampire wäre nicht vollständig, würden nicht auch die Strigen Erwähnung finden. Dabei handelt es sich um aus Skandinavien, insbesondere Norwegen stammende Dämonen in Eulengestalt, daher auch ihr Beinamen »Bluteulen« oder »Satans-Eulen«. Ihr Kopf ist in der Regel skelettiert.

Der Begriff Strige leitet sich von dem lateinischen Wort für Eule (Strix) ab und findet sich in zahlreichen Abwandlungen in vielen Kulturen als Synonym für Vampire oder Hexen: strega (italienisch Hexe), strigoi (rumänisch Vampir), strzyga (polnisch Vampir, vor allem in Schlesien gebräuchlich) oder auch shtria (europäisch-jüdisch).

In der römischen Mythologie wird die Strix beziehungsweise Strigae als vogelartige Blutsaugerin beschrieben, die es insbesondere auf Kinder abgesehen hat.

Bei SINCLAIR treten die Strigen nicht in menschlicher Gestalt auf, können aber durch einen Biss beziehungsweise Schnabelhieb den Strigenkeim an ihre Opfer weitergeben, die sich dann ebenfalls in Bluteulen verwandeln (Sonder-Edition 17 »Satans-Eulen«). Ursprünglich wurden sie von dem Dämon Strigus mit einer Schnee-Eule gezeugt, die auf den Lofoten in Norwegen auf einem Schädelthron sitzt (Band 247). Die Strigen sind die Todfeinde der roten Vampire und damit von Vampiro-del-mar. Die Strigen gelten bei JOHN SINCLAIR als ausgestorben, nachdem zuerst die Schnee-Eule unter den Silberkugeln von Lady X ihr Leben aushauchte und schließlich auch ihr Anführer Strigus vernichtet wurde. Letzterer stirbt bei einem Kampf mit Suko auf den Schären bei Stockholm. Dort beendet John Sinclairs Freund den »Strigen-Terror« mit einigen Schlägen seiner Dämonenpeitsche (Band 1634).

Ob die Strigen damit restlos vernichtet sind, muss die Zukunft zeigen, denn gerade Vampire sind ja dafür bekannt, dass sie nur äußerst schwer totzukriegen sind.