Du Land im Meer, das Erbe des großen Zeus, Atlan geweiht, dem Sterben nah, den Tod vor Augen …
»Alptraum in Atlantis«
Atlantis ist der erste große Themenkomplex, den Jason Dark innerhalb der eigenständigen Serie mit der ersten Trilogie eröffnet hat (Band 16 bis 18). Zunächst geschah das allerdings noch sehr zurückhaltend und diente eigentlich nur als Aufhänger, um dem Schwarzen Tod einen geheimnisvolleren Hintergrund zu verleihen. Gleichzeitig wollte der Autor die Gefährlichkeit dieses Dämons dadurch unterstreichen, dass sich John Sinclair dazu gezwungen sieht, einen sprichwörtlichen Teufelspakt einzugehen, indem er willentlich einen weiteren Dämon erweckt. Mit Myxin, dem Magier, führt Jason Dark einen etwas zwielichtigen Charakter in die Serie ein, der bis heute zu den Lieblingsfiguren zahlloser Fans gehört. Dabei könnte seine Erscheinung nicht gegensätzlicher zu der Gestalt des Schwarzen Tods sein, diesem riesigen ölig schimmernden Gerippe mit der gewaltigen Sense …
Im Sarg lag Myxin, der Magier!
Ich stand am Fußende, sodass ich das Gesicht des Magiers sehen konnte. Es war schmal und hohlwangig, von einer grünen, ungesunden Farbe. Tief in den Höhlen lagen Augen, die wie weiße Glasmurmeln aussahen. Hell, weiß und kalt. Sein Kopf lief seltsam spitz zu, die Ohren waren normal groß, nur die Gestalt kam mir klein vor.
Der Magier war von zwergenhaftem Wuchs. Die Füße lagen knapp hinter der Mitte des Sarges. Myxin trug ein dunkelgrünes Gewand, das die lange Zeit überstanden hatte, ohne Schaden zu nehmen. Die Arme hatte er auf der Brust gekreuzt. Ich sah lange Finger, die mich an Spinnenbeine erinnerten.
Auf dem Kopf trug Myxin eine Art Kappe, die sein Haar verdeckte. Die Kappe war aus schwarzem Stoff und mit Goldfäden durchwebt. Dies war also einer der mächtigsten Männer von Atlantis.
»Das Dämonenauge«
Erweckt wurde Myxin in der Ägäis, nahe der Kykladen-Insel Delos. Damit ist klar, dass sich Jason Dark auf die Beschreibungen von Platon beruft, der als Erster das sagenumwobene Inselreich erwähnte. Laut Platon soll Atlantis zirka 9600 v. Chr. innerhalb eines Tages und einer Nacht in Folge einer Naturkatastrophe untergegangen sein. Tatsächlich ist auch bei JOHN SINCLAIR die Rede davon, dass Atlantis zehntausend Jahre vor unserer Zeit unterging. Nur trägt daran keine Naturgewalt die Schuld, sondern der Schwarze Tod.
John Sinclair erlebt die Katastrophe sogar selbst mit, als es ihn durch eine Zeitreise in das alte Atlantis kurz vor dem Untergang verschlägt. Für ihn – und natürlich auch die Bevölkerung – wird es der »Alptraum in Atlantis« (Sonder-Edition Band 5), für die Leserinnen und Leser hingegen ein wahres Freudenfest, schließlich hat man John in einem derartigen Setting bislang noch nicht erlebt.
Jason Darks Atlantis erinnert mit seinen von Säulen getragenen Tempeln und weisen Männern in weißen Gewändern nicht zufällig an das antike Griechenland. Einigen wenigen Überlebenden soll schließlich die Flucht zum Festland geglückt sein.
Aber auch in anderer Hinsicht sind die alten Atlanter der Serie ihrer Zeit weit voraus. So können sie bereits Eisen schmieden und bearbeiten und sogar gewaltige Armbrüste herstellen, die mit Bolzen geladen werden, deren Spitzen aus Silber bestehen. Mit ihnen verteidigen sich die Bewohner gegen die Flugechsen des Schwarzen Tods, auf denen ebenfalls schwarze Gerippe mit flammenden Peitschen reiten.
Mit Kara, der Schönen aus dem Totenreich, und dem Eisernen Engel betreten überdies zwei weitere schillernde Charaktere aus dem versunkenen Kontinent die imaginäre Bühne. Beiden begegnet John ebenfalls während des »Alptraums in Atlantis«.
Zunächst aber verbünden sich Kara und Myxin, der nach der Vernichtung des Schwarzen Tods zum Verräter abgestempelt wird. Asmodina nimmt ihm einen Großteil seiner Kräfte und lässt ihn in einer Arena um sein Leben kämpfen (Band 103). Zwar gelingt es John Sinclair, ihn zu befreien, doch Myxin ist klar, dass der Geisterjäger nicht ständig auf ihn aufpassen kann, und so erweckt er »Die Schöne aus dem Totenreich« (Band 143). Gemeinsam beziehen sie ein kleines Tal in Mittelengland, in dem sich vier magisch aufgeladene Stelen aus Atlantis befinden, die Flammenden Steine (auch flaming stones ). Durch diese Steine erhält Myxin einen Teil seiner alten Macht zurück und kämpft fortan zusammen mit Kara an Johns Seite, zuerst gegen Asmodina und die Mordliga, später gegen die Großen Alten, die nach Asmodinas Vernichtung und der Zerschlagung der Mordliga zur ultimativen Bedrohung werden.
John erfährt, dass die Großen Alten vom Planeten der Magier stammen. Ihre Gräber liegen in der sogenannten Leichenstadt (Sonder-Edition Band 25). Ähnlichkeiten mit dem sagenumwobenen R’lyeh aus Lovecrafts Cthulhu-Mythos sind reiner Zufall und gewiss nicht beabsichtigt. Die Großen Alten selbst haben mit denen von Howard Phillips Lovecraft kaum mehr als den Namen gemein. Bei JOHN SINCLAIR handelt es sich zwar ebenfalls um finstere Dämonen-Gottheiten, die im Kampf gegen andere, ältere Götter unterlegen sind, doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon.
Zu SINCLAIR s Großen Alten gehören Kalifato, der in Gestalt einer riesigen Spinne in Erscheinung tritt, der gläserne Götze Gorgos, der Krakendämon Krol sowie Hemator, von dem lediglich zwei gigantische Hände zu sehen sind. Ferner zählt noch der Namenlose dazu, um dessen Identität lange Zeit ein Geheimnis gemacht wurde, bis Kara herausfindet, dass es sich bei ihm um den Spuk handelt. Darüber hinaus nehmen John und seine Freunde an, dass der Dämon Arkonada, der ihnen zum ersten Mal in Gestalt von Gregg, »Des Satans Tätowierer«, begegnet (Band 265), ebenfalls einer der Großen Alten ist. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei Arkonada jedoch lediglich um einen mächtigen Diener der Götzen. Er ist auch der Hüter des Orakels von Atlantis, das mit dem Würfel des Unheils identisch ist (Sonder-Edition Band 30).
Arkonadas Schicksal ist eng mit dem Planeten der Magier verknüpft, der vor über zehntausend Jahren die Erde beziehungsweise Atlantis umkreiste und mit dem Kontinent explodierte. Einige Teile von ihm schlugen in der Mongolei und der Ostsee ein. Doch der Planet existiert in den Träumen der Menschen weiter. Er ist nicht nur die Geburtsstätte der Großen Alten und des Schwarzen Tods, sondern auch die der Ghouls.
Mit Myxins Hilfe gelingt es Arkonada schließlich, seine Feinde John Sinclair, Suko, Kara, die Hexe Jane Collins und Wikka auf den Planeten der Magier zu locken, um sie dort zu vernichten. Dank Suko gelingt ihm das jedoch nur bei Wikka. Myxins vermeintlicher Verrat war dagegen nichts weiter als eine Finte, um Arkonada in Sicherheit zu wiegen und die Totenmaske aus Atlantis in seinen Besitz zu bringen, mit der der Dämon besiegt wird (Band 310 bis 312).
Diese Totenmaske wurde von den Stummen Göttern erschaffen, den Schöpfern des Eisernen Engels. Der Fluch der Großen Alten verbannte sie in die »Schlucht der Stummen Götter«, an deren Wänden ihre Gesichter zu sehen sind. Erst mit der Vernichtung des letzten der Großen Alten können sie aus ihrer Verbannung zurückkehren (Band 222). Das ist umso tragischer, da auch einer ihrer eigenen Söhne, der Zwillingsbruder des Eisernen Engels, sich den Großen Alten angeschlossen hat, sodass dieser sich gezwungen sieht, den Abtrünnigen zu köpfen. Schließlich gelingt es den Gefährten in einer gigantischen Schlacht einen Großen Alten nach dem anderen zu vernichten.
Nur der Spuk überlebt und geht mächtiger denn je aus dem Kampf hervor (Band 350 bis 353).
Nach der Vernichtung der Götzen wird es ein wenig ruhiger um Atlantis. Andere Themenkomplexe wie die Templer und Aibon rückten in den Vordergrund. Trotzdem ruft sich der versunkene Kontinent immer wieder ins Gedächtnis.
Auf der Suche nach weiteren Überlebenden von Atlantis begegnet Myxin seiner Mutter Macha Rothaar, der Königin der Gesichtslosen (Band 356 und 357). Serena, eine ehemalige Geliebte von Myxin, versucht die Flammenden Steine zu übernehmen (Band 437), und Kara trifft auf ihren verschollen geglaubten Bruder Larcos (Band 537), und zwar lange bevor sie es mit ihrer grausamen Schwester Roya zu tun bekommt, der Sirene aus Atlantis (Band 863 und 864). John und Suko müssen gegen Semerias, den ersten Werwolf von Atlantis, antreten (Band 691 und 692), Myxin begegnet seinem Henker (Band 719), und der Eiserne Engel bekämpft »Die Monster-Strige« (Sonder-Edition Band 178). Einem Kaliber wie dem Schwarzen Tod kann jedoch keiner dieser Gegner das Wasser reichen, sodass die Begegnungen mit ihm in der Vergangenheit stets Höhepunkte in der Seriengeschichte darstellen. Eine dieser Begegnungen wird in »Karas Reich« geschildert, wo die Schöne aus dem Totenreich gegen den Superdämon antreten muss (Sonder-Edition Band 137).
Eine weitere wiederkehrende Gegnerin aus der Frühzeit von Atlantis ist die Mutter der Monster, Carnegra, eine kannibalisch veranlagte Gestaltwandlerin, auf die John Sinclair während einer Zeitreise in die Jungsteinzeit trifft. Damals hat Carnegra gemeinsam mit ihrem Vater Phorkys den Lebensatem der Sirenen erschaffen. Während seiner Reise erfährt John Sinclair, dass auch die Harpyien und Mantikore aus Atlantis stammen. Unwissentlich nimmt er schließlich Carnegra in Gestalt einer Sirene mit in die Gegenwart, wo sie ihm und seinen Freunden für eine lange Zeit das Leben schwermacht (Band 2028 und 2029).
Allerdings tauchen in der Serie nicht nur immer neue Gegner auf, sondern auch neue Verbündete kommen zu Johns Team hinzu. So gelingt es dem Eisernen Engel nicht nur, seine frühere Geliebte Sedonia, »Die Prinzessin aus Atlantis«, zu befreien, die vom Schwarzen Tod geblendet wurde (Band 978), sondern sie erlangt sogar ihr Augenlicht zurück (Sonder-Edition Band 216).
Die Staatsanwältin Purdy Prentiss und der Leibwächter Eric La Salle müssen erkennen, dass sie beide schon einmal als Krieger in Atlantis gelebt haben (Sonder-Edition Band 220). Während Eric jedoch »Bellas blutige Rückkehr« (Sonder-Edition Band 264) nicht überlebt, gehört Purdy mittlerweile zum festen Serien-Ensemble dazu und wird dabei immer wieder mit den Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Obwohl Atlantis vor zehntausend Jahren untergegangen ist, hält das versunkene Inselreich jede Menge Überraschungen parat. Die Leserinnen und Leser dürfen also zu Recht gespannt sein, welche Monster und Dämonen noch den Untergang überstanden haben, zumal es immer wieder zu Überschneidungen mit anderen Welten und Dimensionen kommt. Unter anderem mit dem Paradies der Druiden, dem Fegefeuer, besser bekannt unter dem Namen …