DIE GRIECHISCHE MYTHOLOGIE

Als Poseidon, der lüsterne Gott der Meere, die junge Medusa sah, schleppte er sie in den Tempel der Athene und verführte sie. Aus dieser Verbindung stammte das Wunderpferd Pegasus, von dem in zahlreichen Sagen berichtet wird.

Einige dieser Legenden hatte ich vor Jahren gelesen, damals wusste ich noch nicht, wie gefährlich Pegasus war …

»Im Bann des Pegasus«

Die griechische Mythologie ist für einen Horror-Schriftsteller mit Sicherheit die interessanteste. Frauen mit Schlangenhäuptern, deren Blick Menschen zu Stein erstarren lässt. Dreiköpfige Höllenhunde, blutsaugende Lamien, Harpyien und Zyklopen … das Bestiarium der Griechen scheint unerschöpflich. Sich nicht daran zu bedienen, käme einer sträflichen Vernachlässigung gleich.

Bemerkenswert ist, dass Johns erster Gegner mit einem solchen Hintergrund eigentlich eine Mischung aus zwei verschiedenen mythologischen Gestalten ist, wobei eine davon aus dem antiken Rom stammt. Die Rede ist vom Januskopf , dem doppelgesichtigen römischen Gott, der die Nymphe Cardea überlistete. Bei JOHN SINCLAIR ist »Der Mörder mit dem Januskopf« ein Dämon mit zwei Gesichtern. Eines entspricht dem eines attraktiven blonden Mannes, das andere ist eine steingraue Fratze mit einem Zyklopenauge und Schlangen anstelle von Haaren. Der Anblick der Dämonenfratze lässt Menschen zu Stein erstarren. Es handelt sich also um eine Art männliche Medusa, die einen Mafiaboss dazu anstiftet, den Geisterjäger zu töten. Im Gegenzug will Janus dem Gangster helfen, die Nummer eins in der Londoner Unterwelt zu werden. Der Plan scheitert, und Janus wird Opfer seiner eigene Magie, als ihm John einen Spiegel vor die Nase hält. Und zwar nicht im übertragenen Sinne (Band 5). Zwanzig Bände später greift der Autor Friedrich Tenkrat (alias A. F. Morland) den Fall auf, indem er Janus, dessen Geist in dem Spiegel gefangen wurde, wieder zurückkehren lässt. »Das Geheimnis des Spiegels« ist eines der wenigen Crossover mit Tenkrats Dämonenhasser Tony Ballard (Band 25).

Danach vergeht einige Zeit, ehe es John Sinclair wieder mit einem Monster der griechischen Mythologie zu tun bekommt. Allerdings ist »Der Zyklop aus der Hölle« nicht identisch mit Poseidons Sohn Polyphem, der von Odysseus geblendet wurde. Der einäugige Riese, mit dem der Geisterjäger aneinandergerät, haust auch nicht auf einer Insel im Mittelmeer, sondern treibt sein Unwesen im Teufelsmoor bei Bremen (Band 129).

»Zerberus , der Höllenhund« wird von Asmodis auf die Conollys gehetzt, da Bill in seiner Eigenschaft als Reporter seine Nase mal wieder in Dinge reingesteckt hat, die ihn nichts angehen. Unklar bleibt, ob es wirklich der Höllenhund der griechischen Unterwelt war (Band 325).

Bei der Medusa ist sich John Sinclair dagegen ziemlich sicher, dass es sich zumindest um Abkömmlinge der echten Gorgone handelte. Zum ersten Mal trifft er in einem Spukhaus in der Nähe von Tullham auf eine Medusa, deren Diener die versteinerten Köpfe ihrer Opfer sammelt. John enthauptet die Medusa schließlich mit Desteros Schwert (Band 160 und 161).

Einige Jahre später wird er im Zuge eines Falles, in dem es um eine Medusen-Statue geht, durch einen magischen Spiegel in das sagenumwobene Land der Mythen und Legenden geschleudert, wo er nicht nur die Stimme des Göttervaters Zeus vernimmt, sondern auch der echten Medusa gegenübertritt (Band 346). Auf der griechischen Insel Hydra treiben weitere Gorgonen-Töchter ihr Unwesen, und in Wien hängt sogar ein Bild von ihr (Sonder-Edition Band 83). In den folgenden Jahren bekommt es der Geisterjäger immer wieder mit verschiedenen Medusen zu tun, darunter »Medusas Tochter« (Band 875) und »Madame Medusa« (Band 1047). »Medusas Vermächtnis« fordert auf der Art Cologne in Köln Opfer (Band 1425) und »Der Schleier der Medusa« wird zum Startschuss für einen wahren Krieg der Götter (Band 2094). Mit dem Schwert des Salomo bricht er »Die Macht der Medusa« (Sonder-Edition Band 226), und »Mister Medusa« legt sich in Stockholm mit einigen Strigen an (Sonder-Edition Band 253). »Das Wappen der Medusa« führt John Sinclair auf die Spur der echten Medusa, und er muss erkennen: »Sie kam aus Atlantis« (Band 1778 und 1779).

Tatsächlich haben viele mythologische Gestalten ihren Ursprung auf dem versunkenen Kontinent, so zum Beispiel die Harpyien , von denen eine dem Maler Javankala hilft, einen Horror-Kalender zu erstellen, dessen Bilder lebendig werden (Band 478). Die Harpyien Kelaino, Aello, Okypete und Podargo gehören zu Lykaons Leibwache. Die beiden zuerst genannten sterben bei dem Versuch, John Sinclair und Fenris zu töten, als diese »Lykaons Erwachen« verhindern wollen. (In dem Roman taucht übrigens auch ein weiterer Januskopf auf [Band 1932].)

Okypete hilft Lykaon später, seine »Armee der Werwölfe« vor John Sinclair und Morgana Layton zu beschützen, ehe es ihr auf der »Hetzjagd der Harpyie« gelingt, die silberne Axt zu erobern (Band 1992 und 1993). Okypete stirbt, als der geheimnisvolle Täufer sie für seinen Masterplan opfert (Band 2014 bis 2016). Die Harpyie Podargo hingegen wird zur Hauslehrerin von Lykaons Tochter Denise und ist dabei, als es zum »Angriff auf die Flammenden Steine« kommt (Band 2167 und 2169). Sie wird während des Werwolf-Kriegs in Alaska von Suko mit der Dämonenpeitsche vernichtet (Band 2174 bis 2176).

In der griechischen Mythologie gibt es Überschneidungen mit den Sirenen, die ebenfalls als Vögel mit Frauenköpfen beschrieben werden. In der Serie findet John Sinclair heraus, dass es sich dabei um ein Experiment von Phorkys handelt. Der Vater der Ungeheuer, eine weitere griechische Sagengestalt, macht dem Geisterjäger lange Zeit das Leben schwer. Phorkys, auch der Alte des Meeres genannt, stammt ebenfalls aus Atlantis. Dort zapfte er zusammen mit seiner Tochter Carnegra den fischschwänzigen Sirenen die Lebensenergie ab und formte sie zu einer Kugel, mit der er die Harpyien schwängerte, woraufhin diese die Vögel mit den Frauenhäuptern gebaren (Band 2028 und 2029). Er ist außerdem der Vater von Lykaon, dessen Werdegang bereits in Kapitel 3 ausführlich beschrieben wurde. Weitere Figuren aus der griechischen Mythologie, auf die John Sinclair im Laufe seiner Karriere trifft, sind »Skylla, die Menschenschlange« (Band 384), der Fährmann Charon, der »Aus den Tiefen des Hades« emporsteigt (Band 2135) sowie Hermes, der für »Atlantis in London« sorgt (Sonder-Edition Band 124). Die Nymphen, die anmutigen Naturgeister, stammen in der Serie dagegen meistens aus Aibon (Band 1314 und 1626).

Mit dem griechischen Gott der Liebe haben »Amors Teufelspfeile« indes nichts zu tun, die gehen nämlich auf das Konto von Asmodis (Band 549). »Im Bann des Pegasus« steht John schließlich, als er auf der Insel Samos in einem Kloster auf die sogenannten Psychonauten trifft, die Loge der Mystiker, die neben Atlantis das Bindeglied zwischen griechischer und ägyptischer Mythologie darstellen.