Aquavit und Pizza Tonno
Den ganzen Tag über hatte Birger Andresen auf den Anruf gewartet. Das hätte er natürlich niemals zugegeben. Nicht gegenüber Agnes, seiner Partnerin. Und schon gar nicht gegenüber Ole. Aber nachdem er die Meldungen aus Grömitz im Radio gehört hatte, war der bekannte Mechanismus in seinem Kopf sofort wieder angesprungen. Er hatte sogar schon selbst zum Hörer gegriffen, um im Präsidium anzurufen, sich aber im letzten Moment noch zurückgehalten.
Die erste größere Ermittlung ohne ihn.
Während seiner einjährigen Weltreise mit Agnes hatte er die Arbeit komplett ausblenden können. Keinen Gedanken daran verschwendet, ob es vielleicht einen Fall gab, der die Mordkommission an ihre Grenzen brachte. Die ganze Zeit in dem Bewusstsein, dass er zurückkommen würde und alles wieder so wie immer wäre.
Aber so war es nicht gekommen. Mit Solveig Schröder gab es eine neue Polizeipräsidentin, die zwar nicht unsympathisch war, aber mit der er nicht unbedingt auf einer Wellenlänge lag, und auch innerhalb der Mordkommission selbst fand ein Generationswechsel statt.
Da war zum einen Morten. Er mochte ihn, nicht ohne Grund hatte er ihn in den letzten Jahren unter seine Fittiche genommen. Zum anderen war Elif Duman vor einigen Monaten zum Team gestoßen. Sie war eine junge Kollegin, von der er viel hielt. Birger war überzeugt davon, dass die beiden sehr clever waren und mit wachsender Erfahrung hervorragende Ermittler sein würden.
Mit der Tatsache, dass sein Sohn nun mit über dreißig und nach einigen anderen beruflichen Stationen ebenfalls Kriminalkommissar und Teil des Teams geworden war, musste er sich dagegen noch anfreunden. Nicht dass er es ihm nicht zutraute, in seine Fußstapfen zu treten, aber eine unterschwellige Sorge ließ ihn nicht los.
Niemals wäre Birger auf die Idee gekommen, Ole diesen Job ans Herz zu legen. Schließlich verlangte er alles von einem ab. Und zweifellos litt das Privatleben darunter, wie er selbst leidlich hatte erfahren müssen. Tatortbilder und die menschlichen Tragödien hinter den Verbrechen nahmen Kriminalbeamte nun mal mit nach Hause, egal wie sehr sie sich das Gegenteil einredeten. Und dann war da natürlich auch noch die Gefahr, in die sie sich in manchen Einsätzen begaben. Wenn er zurückdachte, hätte es das ein oder andere Mal richtig schiefgehen können – schlimmer als der Bauchschuss, den er erlitten hatte, um damals das Leben des amerikanischen Außenministers zu retten.
Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, dass all das nun auch seinem Sohn bevorstand. Und trotzdem hatte er in der letzten Zeit darauf verzichtet, seine Bedenken zu äußern. Nicht zuletzt, weil ihre Beziehung über viele Jahre so schrecklich kompliziert gewesen war und er nun einfach hoffte, dass sie noch einmal von vorn beginnen konnten. Und dafür war es vor allem notwendig, dass er endlich ein besserer Vater war.
Agnes hatte sich ein paar Tage freigenommen, um eine alte Schulfreundin, die in Kopenhagen lebte, zu besuchen. Und seine Tochter Marlene und ihre Halbschwester Emilie waren bereits zum zweiten Mal in den letzten zwei Monaten für einige Tage bei Wiebke, ihrer Mutter und Birgers ehemaliger Lebensgefährtin, untergekommen. Schon bald sollten die beiden Mädchen wieder dauerhaft bei ihr leben. Birger war froh, dass es Wiebke nach vielen schwierigen Jahren mit schweren psychischen Problemen wieder besser ging.
Sturmfreie Bude, hatte er lächelnd gedacht, während er am Fenster stand und nach draußen blickte, wo die Welt gerade unterzugehen schien. Im Hintergrund hatte die Nachrichtensprecherin im Radio von den schweren Sturmschäden in Schleswig-Holstein berichtet, ehe sie ihre Stimme noch weiter gesenkt hatte und auf ein Tötungsdelikt in Grömitz zu sprechen gekommen war. Offenbar war dort ein Ehepaar in seinem Haus ermordet worden. Die Hintergründe seien bislang noch vollkommen unklar.
Aber dann hatte sie etwas erwähnt, das ihn stutzig gemacht hatte. Aufgrund der besonderen Tatumstände würde die Polizei am frühen Nachmittag eine Pressekonferenz geben. Nicht die Tatsache, dass man sich den Fragen der Medien stellen wollte, hatte ihn irritiert, sondern die besonderen Tatumstände. Eine Formulierung, die sie bei der Kripo immer dann wählten, wenn entweder die Opfer öffentlich bekannt waren und deshalb nicht zu viel nach außen dringen sollte. Oder aber, wenn die Tat besonders grausam war.
Immer und immer wieder hatte er im Laufe des Tages Nachrichten gehört oder im Internet nach Neuigkeiten gesucht, doch es drang wenig durch. Gespannt hatte er schließlich den Livestream der Pressekonferenz verfolgt. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, Ida-Marie zu sehen, wie sie versuchte, möglichst wenig preiszugeben und gleichzeitig über ein Verbrechen zu berichten, das aufsehenerregend genug war, um weit mehr als ein Dutzend Medienvertreter anzulocken, die der neuen Leiterin der Mordkommission ihre Mikros unter die Nase hielten.
Birger versuchte, sich zu erinnern. Es mussten sechs oder sieben Jahre vergangen sein, seitdem Ida-Marie diesen Posten zum ersten Mal innegehabt hatte. Damals war die Situation zwischen ihnen viel schwieriger gewesen als heute. Er war einerseits enttäuscht gewesen, nicht selbst zum Kommissariatsleiter ernannt worden zu sein. Gleichzeitig hatte die kurze Affäre mit ihr vieles kompliziert gemacht. Es war vor allem der Anfang vom Ende seiner Beziehung mit Wiebke gewesen. Er erinnerte sich nur ungern an diese Phase seines Lebens. In dieser Zeit war viel kaputtgegangen, auch was das Verhältnis zu seinen Kindern betraf.
Es war schon dunkel, und der Sturm hatte kurzzeitig etwas nachgelassen, als sein Handy schließlich klingelte. Ole meldete sich und fragte, ob er später auf ein Glas Wein vorbeikommen könne. Er würde auf dem Weg auch zwei Pizzen holen, wenn bei dem Wetter denn überhaupt ein Restaurant geöffnet hatte.
Klar könne er kommen, sagte Birger. Er sei gespannt, was er zu berichten habe. Ole ging darauf allerdings gar nicht ein, tat vielmehr so, als wollte er einfach nur seinen alten Herrn besuchen.
Aber selbstverständlich durchschaute Birger ihn. Sein Sohn kam nur selten vorbei, er hatte keinen Zweifel daran, dass er seinen Rat suchte, wenn er ausgerechnet an dem Tag, an dem er in seinem ersten großen Fall ermittelte, auf ein Glas Wein vorbeikommen wollte.
Birger recherchierte so viel wie möglich über die Opfer, ein Ehepaar namens Clasen aus Grömitz. Nicht in den Quellen, über die die Kripo verfügte, dazu fehlten ihm hier zu Hause die technischen Voraussetzungen. Er bemühte ganz einfach das Internet, was bereitwillig einiges über die beiden ausspuckte. Allerdings würde er sein Wissen nicht offenbaren, schließlich sollte Ole nicht glauben, dass er den ganzen Tag an nichts anderes als an diesen Doppelmord hatte denken können.
Als es klingelte, erfasste Birger direkt wieder diese unterschwellige Nervosität, die er immer empfand, wenn er seinen Sohn traf, seitdem dieser mit achtzehn von zu Hause ausgezogen war. Es schwang immerzu ein schlechtes Gewissen mit. Aus vielerlei Gründen, angefangen damit, dass die Ehe mit Oles Mutter Rita nicht gehalten hatte. Sie waren keine guten Eltern gewesen. Später dann war er nicht da gewesen, als sein Sohn auf eigenen Füßen stand und gelegentlich Hilfe benötigt hätte.
Ole sah erschöpft aus. Birger versuchte immer wieder, sich selbst in dessen Gesicht zu erkennen, aber optisch gab es kaum Ähnlichkeiten zwischen ihnen. Ole war einen halben Kopf größer als er, und seine Nasen- und Mundpartie war viel kantiger als seine. Und dennoch strahlte sein Sohn etwas Offenes und Sympathisches aus. Attribute, die auf Birger nicht immer zutrafen, dessen war er sich bewusst.
Die Erschöpfung, die Ole nicht kaschieren konnte, kannte er jedoch. Von sich selbst genauso wie von Kollegen, die bei einem schweren Verbrechen einen langen und oftmals frustrierenden Tag am Tatort verbracht hatten.
»Könntest du mir die Pizzen abnehmen?«, durchbrach Ole seine Gedanken.
»Natürlich, tut mir leid. Ich musste gerade daran denken, wie es mir ging, wenn ich beruflich einen anstrengenden Tag hatte. Du siehst aus, als könntest du nicht nur ein Glas Wein vertragen.«
»Wenn du einen eisgekühlten Aquavit hast, bin ich dabei.«
»Zufälligerweise ja.« Birger ging rüber in die offene Küche, legte die Pizzen auf dem Tisch ab und holte eine Flasche aus dem Eisfach im Kühlschrank. Dann schenkte er zwei Schnapsgläser großzügig ein, und sie tranken, noch bevor sie irgendein sinnvolles Wort miteinander gewechselt hatten.
»Wie war dein Tag?«, fragte Birger schließlich.
»Willst du eine ehrliche Antwort?«
»Ja.«
»Scheiße.«
»Ich habe nichts anderes erwartet.« Birger klopfte seinem Sohn väterlich auf die Schultern. »Setzen wir uns und essen. Dann erzählst du mir in Ruhe, was passiert ist.«
»Du weißt es also bereits?«, fragte Ole mit vollem Mund, als sie an dem Teakholztisch, den Birger und Agnes vor ein paar Wochen gekauft hatten, saßen, um die vorgeschnittenen Pizzastücke zu essen.
»Ich hatte das Gefühl, dass es im Radio heute nur zwei Themen gab. Den Sturm und euren Einsatz in Grömitz. Ich habe Ida-Marie im Video gesehen.«
»Ja, das hat sie gut gemacht. Es ging vor allem darum, nicht zu viel zu verraten und gleichzeitig zu informieren. Auch in der Hoffnung, Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten.«
»Und, gab es schon welche?«
»Nichts Konkretes.«
»Dann war die PK vielleicht doch nicht so gut.«
»Weißt du, ich bin nicht gerade in Jubel ausgebrochen, als ich gehört habe, dass Ida-Marie die Leitung der Mordkommission übernimmt«, sagte Ole, ohne auf Birgers Kommentar einzugehen. »Ihr Name löst bei mir noch immer ungute Erinnerungen aus, aber ich habe mich mit ihr arrangiert. Vor allem, weil ich sie wirklich nett finde. Und ich bin mir sicher, dass sie eine gute Chefin ist.«
»Ich glaube, du hast das falsch verstanden«, winkte Birger ab. »Ich habe gar kein Problem mit Ida-Marie. Wir haben in den letzten Jahren sehr gut zusammengearbeitet, bevor sie in Elternzeit gegangen ist. Aber mein Eindruck war, dass sie vor der Presse etwas unsicher wirkte. Mir scheint, dieser Fall setzt euch ziemlich zu. Was ist denn geschehen?«
»Wenn du die PK gesehen hast, weißt du ja, wer die Opfer sind. Alexander und Maren Clasen, ein nicht gerade unbekanntes Ehepaar an der Küste.«
»Ich habe von den beiden vorher nie gehört, aber jetzt weiß ich, wer sie sind.«
»Du hast dich informiert?«
Birger sagte nichts. Es hatte keinen Sinn, Ole vorzumachen, dass die Sache ihn nicht bereits beschäftigte. Es juckte ihn längst in den Fingern. Und jeder, der ihn besser kannte, würde das sofort erkennen. Selbstverständlich auch Ole.
»Wie läuft das eigentlich, wenn man Berater der Mordkommission auf Abruf ist?«, fragte Ole. »Musst du offiziell angefordert werden? Und wenn ja, von wem?«
»Keine Ahnung«, antwortete Birger lächelnd. »Wir haben das noch gar nicht so genau festgelegt. Vielleicht sollte ich mal mit Solveig sprechen.«
»Wir sind wirklich ein gutes Team im Kommissariat«, sagte Ole und wandte den Blick von seinem Vater ab, während er von einem weiteren Stück Pizza Tonno abbiss. »Aber die Zusammensetzung ist nicht optimal. Ich erinnere mich an einen Moment in meiner Ausbildung. Wir waren zu viert und hatten in einer praktischen Übung die Aufgabe, in einer ausweglosen Situation –«
»Ich kenne die Übung«, unterbrach Birger seinen Sohn. »Erstaunlich, dass sie immer noch zur Anwendung kommt.«
»Dann weißt du auch, was im Ergebnis dabei herauskommt. Ziel soll es sein, dass erfahrene Kriminalpolizisten Seite an Seite mit jungen Kollegen arbeiten, mit einer klaren Hierarchie, aber dennoch der Möglichkeit für jeden, sich einbringen zu können.«
»Funktioniert nicht«, entgegnete Birger. »Reines Wunschdenken, so ticken Menschen nicht.«
»Das befürchte ich auch, uns fehlen einfach grundsätzlich die Leute, die dieses System umsetzen können. Ida-Marie als einzige erfahrene Person, das ist einfach zu wenig.«
»Morten hat viel dazugelernt in den letzten Jahren, aber ich verstehe, was du meinst. Ich bin ja auch noch da. Mir ging es nie darum, mich komplett zurückzuziehen, auch wenn ich die letzten Wochen vielleicht diesen Eindruck vermittelt habe.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell an diesen Punkt komme, und ich kann auch nicht gerade behaupten, dass es mir leichtfällt, dich zu fragen, aber ich denke, es wäre wirklich gut, wenn … du weißt schon, was ich meine.«
»Kein Problem, ich stehe bereit.« Birger spürte sofort wieder das Kribbeln von früher, wenn die Ermittlungen in einem Fall begannen und er die Person im Raum war, auf die alle schauten. Ich muss mich bremsen, ermahnte er sich.
»Das weiß ich«, sagte Ole. »Aber dir sollte klar sein, dass es für dich anders sein wird als früher. Du wirst nicht den Ton angeben können.«
»Damit muss ich wohl klarkommen. Im Gegenzug mache ich allerdings auch nur das, was mir sinnvoll erscheint.«
»Hast du das nicht schon immer getan?«
Birger blickte seinen Sohn an. Natürlich hatte er recht. Wenn er Ermittlungen geleitet hatte, war es fast immer so gelaufen, wie er es für richtig hielt. Aber immer mit dem Ziel, einen Fall aufzuklären und dafür bis an seine körperlichen und mentalen Grenzen zu gehen. Ein Hauptgrund, weshalb er nun vor einigen Monaten kürzergetreten war.
»Ich bin jederzeit bereit zu helfen, wenn ihr mich braucht«, sagte er. »Zumindest das war mit Ida-Marie und Solveig abgesprochen.«
»Bevor du morgen früh einfach im Präsidium auftauchst, solltest du vielleicht kurz mit Ida-Marie telefonieren und ihr deine Hilfe anbieten.«
»Wäre es nicht besser, wenn du sie bittest? Ich möchte mich nicht aufdrängen.«
»Es ist meine erste Ermittlung.« Ole klang unschlüssig, als zierte er sich, Klartext zu reden.
»Du willst dir nicht die Blöße geben, Ida-Marie um Hilfe durch deinen Vater zu bitten?«
»Würde nicht den besten Eindruck machen, oder?«
»Ich hätte gedacht, dass es dich noch mehr Überwindung kosten würde, hier aufzutauchen und mich direkt zu fragen.«
»Kannst mir glauben, dass ich gerne darauf verzichtet hätte, aber dieser Fall könnte wirklich kompliziert werden, und unser Team –«
»Worum genau geht’s hier eigentlich?«, unterbrach Birger seinen Sohn. »Kann es sein, dass es noch einen anderen Grund gibt, weshalb du mich um Hilfe bittest?«
»Was für einen anderen Grund denn?«
»Zum Beispiel, dass du mit den anderen im Team noch nicht so gut klarkommst und dir erhoffst, dass ich deine Position stärke?«
Oles Blick wanderte hin und her zwischen seinem Schnapsglas und Birgers Augen. Aber ihm schien keine passende Antwort einzufallen. Offenbar hatte Birger richtiggelegen.
»Was genau ist das Problem?«, bohrte er nach. »Ich habe in den letzten dreißig Jahren genug erlebt, um Verständnis für alle möglichen Konflikte zu haben, egal wie unnötig sie sind.«
»Es gibt keinen Konflikt«, sagte Ole mit Vehemenz. »Es ist nur so, dass …« Er suchte wieder nach den richtigen Worten. »Morten und Elif arbeiten sehr eng zusammen. Es ist schwierig für mich, wenn ich das Gefühl habe, wir sollten unsere Ermittlungen besser in eine andere Richtung lenken.«
»Du bist also der Meinung, die anderen sind auf dem Holzweg. Was sagt denn Ida-Marie dazu?«
»Sie schlägt sich auf keine Seite«, antwortete Ole. »Wir sollen vorerst nichts ausschließen und jeder Spur nachgehen.«
»Das ist das Einmaleins der Ermittlungsarbeit«, sagte Birger und blickte seinen Sohn fragend an. »Stellst du das in Frage?«
»Weißt du, was mir heute Nachmittag zum ersten Mal so richtig bewusst geworden ist?«, fragte Ole mit einem merkwürdigen Lächeln auf den Lippen.
Birger zog die Augenbrauen hoch und sah ihn argwöhnisch an.
»Dass ich dein Sohn bin.« Ole gab selbst die Antwort. Und Birger verstand sofort, worauf er hinauswollte. Sie waren sich viel ähnlicher, als sie beide all die Jahre gedacht hatten. Vielleicht hatte Ole erst Kriminalpolizist werden müssen, um das festzustellen. Wobei Birger es auch schon früher hätte bemerken können, wenn er genauer hingesehen hätte.
Ole war klug und zielstrebig, wenn er für eine Sache brannte. Und soweit Birger es beurteilen konnte, war sein Sohn bei seinen Mitmenschen sehr beliebt. Das unterschied sie wohl am meisten voneinander. In der Familie hatte Birger ihn immer als Teamplayer und Verbindungsglied wahrgenommen, aber natürlich hatte Ole auch seinen ganz eigenen Kopf. Und offenbar machte sich der bereits nach wenigen Wochen im Team der Mordkommission deutlich bemerkbar.
»Ich rate dir, keine Alleingänge zu machen«, sagte er schließlich. »Du wirst immer Leute im Team haben, die anders denken als du. Aber du musst mit ihnen zurechtkommen. Und du wirst sehen, dass manchmal auch die anderen im Recht sind.«
»Was glaubst du, mit was für einem Täter haben wir es zu tun?«, fragte Ole plötzlich, ohne auf die gut gemeinten Ratschläge einzugehen.
»Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht«, antwortete Birger ehrlich. »Was meinst du denn?«
»Weshalb macht sich jemand die Mühe, seine Opfer qualvoll zu ersticken und zu erwürgen, indem er ihnen transparente Plastiktüten über den Kopf zieht? Und dem Tatort nach zu urteilen, musste das zweite Opfer den ersten Mord mitansehen.«
»Das klingt nicht gut«, sagte Birger.
»Eben.«
»Etwas Persönliches. Jemand, der sich rächen wollte.«
»Ganz genau«, sagte Ole. »Ich wusste, dass wir beide ähnlich denken. Und das ist auch der Grund, weshalb ich möchte, dass du mir hilfst.«