Dresden, 5. November 1956,
später Abend

»Sag doch was, da komm ich mit. Stattdessen rennst du wieder allein in der Gegend rum«, beschwerte sich Oldenbusch leise.

»Das geht in Ordnung. Besser du bist ausgeruht!« Gemeinsam saßen sie wieder im Wagen und starrten in die Nacht.

»Ach, und du wohl nicht?«

Heller winkte ab. »Ich habe auch geschlafen. Von zwölf bis achtzehn Uhr.«

Oldenbusch schniefte. Bestimmt kam er sich übergangen vor.

»Na, komm.« Heller gab ihm einen freundschaftlichen Ellbogenstoß.

»Wenn du den Hübner im Auge hast, sollten wir ihn nicht den Opfern gegenüberstellen? Ich denke schon, dass wenigstens eine Frau ihn erkennen würde. Fräulein Wuttke zum Beispiel.«

»Ich will sehen, wie er jetzt auf meinen Besuch reagiert. Wir haben noch keine Anhaltspunkte. Die Nixdorfs glauben, er könnte die Wohnung nicht verlassen und betreten, ohne dass sie es hörten. Er wurde lange überwacht. Zuerst von den Sowjets, das weiß ich von Saizev, dann vom MfS. Anderthalb Jahre lang. Erst vor vier, fünf Monaten ließen sie ab von ihm. Also, eine ganze Zeit, bevor die Vergewaltigungen begannen.«

»Und wie gehen wir damit um?«

Heller deutete vage nach vorn, die Kesselsdorfer Straße hinauf, wo Frau Schöneich bald in ihr Blickfeld kommen sollte. »Wir machen weiter wie gehabt. Hübner wird beobachtet, das habe ich veranlasst. Die Sowjets suchen nach ihren eigenen Leuten. Eine Gegenüberstellung werde ich veranlassen, wenn wir etwas gegenüberzustellen haben.«

Für sich selbst hatte er sich auch etwas vorgenommen. Davon musste Werner nichts wissen, und Karin würde es verstehen müssen. Es war etwas, das er früher immer gemacht hatte, als man noch sehr auf seinen Instinkt angewiesen war, einem Verbrecher auf die Spur zu kommen.