Die Behandlung aus der Sicht der Yogatherapie
Obwohl der primäre Anspruch von Yoga nicht das Heilen von Krankheiten ist, so haben doch Yogis zu allen Zeiten versucht, das Leiden der Menschen zu erleichtern. So war es auch mit dem Lehrer von Sri Yogendraji, Paramahansa Madhavadasaji, der gewöhnlich Patienten in seinem ashram in Malsar heilte. Während Sri Yogendraji, der Vater von Jayadeva Yogendra, bei seinem Meister im ashram war, von 1916 bis 1918, war er auch in die therapeutische Arbeit involviert. Das Lernen bestand darin, das Beispiel des Lehrers zu beobachten, es zu verstehen und das, was er gelernt hatte, seinen eigenen Fähigkeiten gemäß anzuwenden. Von dieser Zeit gibt es zahlreiche Geschichten, die seine intuitiven Fähigkeiten und seine empathische, selbstlose Verhaltensweise zeigen. Hier legte er das Fundament für das, was er später entwickelte und als »rationale Yogatherapie« systematisierte.
Die meisten Menschen kommen erst zum Yoga, wenn sie ein gesundheitliches Problem haben, für das es keine befriedigenden Resultate durch die medizinische Behandlung gibt. Dies trifft auf chronische Krankheiten zu, die oft aufgehalten, aber nicht geheilt werden können, sowie auf psychosomatische, die mit den gewöhnlichen medizinischen Methoden schwer zu behandeln sind, eben weil psychische Faktoren eine Rolle spielen. Was kann die Yogatherapie diesen Patienten anbieten?
Der theoretische und praktische Ansatz zu Krankheiten oder zur Person, die an einer Krankheit leidet, unterscheidet sich bei der Yogatherapie sehr von dem der medizinischen Wissenschaft. Die Medizin versucht, den pathogenen Faktor – einen Mikroorganismus, eine giftige Substanz, ein metabolisches Problem – zu isolieren und zu eliminieren. Natürlich hat dieses System seinen Wert, aber es versagt und ist letztlich unbefriedigend, wenn die Ursache unbekannt bleibt.
Yoga jedoch, obwohl hier auch die wissenschaftliche Erklärung von Krankheiten Beachtung findet, betrachtet die Krankheit von einem anderen Gesichtspunkt aus: der Persönlichkeit des Patienten. Wenn er krank ist, so muss es einen tieferen Grund dafür geben – eine Krankheit kommt nicht zufällig. Es gibt ein Ungleichgewicht, eine Störung im gesamten Körper-Geist-System, die diese Krankheit kreiert. Die Symptome, die pathogenen Faktoren, der Name der Krankheit sind nicht die Hauptsache – die Ursachen liegen woanders.
Im Yoga wird die Meinung vertreten, dass es vom Individuum abhängt, ob er oder sie krank oder gesund ist. Derselbe Umstand, der die Krankheit verursacht hat, kann sie auch heilen. Was als natürliche Heilkraft bezeichnet wird, ist nichts anderes als das. Es ist nichts Mystisches von außen, sondern eine innere Fähigkeit. Alles, was es dazu braucht, ist, diese Fähigkeit nicht zu behindern. Yogatherapie versucht, durch verschiedene Methoden dieses innere Gleichgewicht wieder herzustellen, vom Grobstofflichen bis hin zum Feinstofflichen.
a. Auf der physischen Ebene
Hier geschieht es durch
asanas,
kriyas,
pranayamas,
Ernährung,
natürliche Heilmethoden (Wasser, Luft, Sonne und einfache Prozesse wie Massage, Dampfbad etc.).
b. Auf der mentalen Ebene
Die zweite Ebene der Therapie ist die Arbeit mit dem Geist. Mentale Störungen wie Ängste, Verwirrung, Instabilität sind die Faktoren, die am öftesten eine Krankheit verursachen. Deshalb gibt es verschiedene Techniken, die helfen, einen positiven Gemütszustand zu entwickeln:
Entspannung,
Konditionierung (Meditation),
Bhavanas. Dabei wirkt eine innere Haltung von tiefer Reflexion so auf den Geist, dass er sich auf etwas Bestimmtes ausrichten kann. Kontemplation.
Der gesamte achtfache Pfad des klassischen Yoga dient dazu, das Körper-Geist-System zu reinigen. Dies sind einige der Techniken, die genutzt werden können. Der technische Aspekt ist jedoch von geringer Wichtigkeit im Vergleich zum primären Ziel: einen Zustand herzustellen, in dem der Patient ermutigt wird, einen freien Zugang zu seinen inneren Kräften zu finden. Wenn er dies erfolgreich tut, können die Ergebnisse überraschend sein. Wenn nicht, ist die Yogatherapie an ihren Grenzen – sie kann nur mit der Natur zusammenarbeiten, nicht gegen sie.