Die Möglichkeiten der Yogatherapie können auch bei Behinderungen aller Art ausgeschöpft werden. Das beinhaltet eine individuelle Anpassung an die Bedürfnisse, wenn bestimmte Körperteile auf ihre eigene Weise funktionieren. Yoga hat für jeden Möglichkeiten, egal, wie stark die Behinderung ist.
Asanas
a. Bei Blindheit
Tadasana – der aufrechte Stand
Bei Blindheit oder Sehstörungen kann es zu vielen Verspannungen kommen, da man eventuell in gebückter Haltung läuft, nicht genau weiß, wo man hinläuft, sich klein macht, um nirgends anzustoßen. Bei tadasana wird die Aufrichtung geübt, Verspannungen können sich lösen.
Es ist schrecklich, wenn man sieht, aber keine Vision hat.
Helen Keller
b. Bei Taubheit
Uttanasana – Vorwärtsbeuge
Der Kopf wird durchblutet und daduch werden der Gehörnerv (nervus cochlearis) und der Gleichgewichtsnerv (nervus vestibularis) genährt und vitalisiert. Die inneren Organe werden massiert, Toxine ausgeschieden. Zudem beruhigt die Vorwärtsbeuge und unterstützt das Loslassen von Konzepten.
c. Bei körperlicher Behinderung, im Rollstuhl
Parvatasana im Sitzen – der Berg im Sitzen
Der Berg bringt Ruhe und Stabilität in den Körper. Arme, Nacken, Schultern werden trainiert. Der Rücken aufgerichtet. Wer seine Arme nicht bewegen kann, kann Atemübungen, Visualisationen, Nackenübungen machen.
Pranayamas
OM tönen
Durch das Tönen von OM entsteht eine innere Ruhe und Zufriedenheit. Man sucht nicht mehr so sehr im Außen nach Erfüllung und stärkt die Verbindung mit dem inneren Wesenskern. Man kann erkennen, dass man trotz der Behinderung die Möglichkeit hat, sich zu entfalten.
Anuloma viloma – die Wechselatmung
Hilft, Toxine aus dem Körper auszuscheiden. Reinigt und entschlackt. Beruhigend für das Nervensystem.
Kriyas
Impuls zur Veränderung
Eine Behinderung kann viel Leid erzeugen. Vieles ist erschwert. Man fühlt sich anders als andere, die diese Schwierigkeit nicht haben, und muss auf viele Dinge verzichten. Der Gedanke, abgetrennt und isoliert zu sein, den auch viele Menschen ohne Behinderung haben, wird unter Umständen noch intensiver erlebt. Dieser Gedanke kann noch mehr Leid und Schmerz erzeugen. Dann gilt es, auch dieses Hindernis zu überwinden.
Yogaphilosophie
Patanjalis Yogasutra I.37: Der Kontakt zu Menschen, die Hürden im Leben gemeistert haben, die uns noch unüberwindlich erscheinen, kann eine große Hilfe sein.
Eine wunderbare Möglichkeit, sich inspirieren zu lassen, ist der Kontakt zu Menschen, die Hindernisse wie eine Behinderung überwinden konnten und ihr Leben in eigener Regie gestalten. Auch Biografien können diese Wirkung hervorrufen. Ein besonderes Beispiel ist die blinde und taube Helen Keller gewesen, die in Krisengebiete gereist ist und allen, die im Krieg ihr Augenlicht verloren hatten, Mut zusprach. In ihrem überaus aktiven Leben veränderte sie das Schicksal von Millionen von Blinden und Behinderten auf der Erde. Auch der bekannte amerikanische Yogalehrer Matthew Sanford, der bei einem Unfall gelähmt wurde, ist so ein Beispiel.
Reflexion
Dr. Jayadeva sagte einmal vor vielen Jahren zu einer Frau, die eine auffällige Hautkrankheit hatte und sehr darunter gelitten hat: »There is something deeper in life.« (Es gibt etwas Tieferes im Leben.)
Gesunde Routine
Ayurveda
Ich lag falsch. Mein Herz war nie gebrochen, denn das ist nicht möglich. Das, von dem ich dachte, dass es zerbrochen sei, war eigentlich mein Herz, das mir seine Tiefe enthüllte. Das Herz hat nicht nur eine Neigung zum Haben und Festhalten, sondern auch zu Stille und Verlust. Es hat nicht nur eine Neigung zum Leben, sondern auch zum Sterben. Herzen zerbrechen nicht, nur der Geist. Wir leben und sterben gleichzeitig, und es wird uns Zeit gegeben, die Leichtigkeit, die diese Wahrheit begleitet, zu realisieren.
Matthew Sanford, Yogalehrer im Rollstuhl (nach einem Unfall)
Literaturtipps
Helen Keller, Meine Welt. Blind, taub und optmistisch.
Samuel Koch, Zwei Leben.
Sarah Neef, Im Rhythmus der Stille.
Matthew Sanford, Waking.