Natürlich hat er das, Herr Trump. Vor allem einen Sieg für das Leben. Weil er nun zum Beispiel das Herzschlag-Gesetz zulässt, das wohl perfideste Gesetz, von dem ich je gehört habe. Dabei gibt es wirklich absurde Gesetze. In der Schweiz ist es zum Beispiel verboten, nach 22 Uhr eine Toilettenspülung zu betätigen. In Florida muss man einen Parkschein lösen, wenn man seinen Elefanten an einer Parkuhr anbindet. In Australien ist es nicht erlaubt, Sex mit einem Känguru zu haben, wenn man nüchtern ist. Wenn man aber eine ausreichende Anzahl an Schnapspralinen isst: kein Ding! Das Unfaire an diesem Gesetz ist ja, dass das Känguru sehr wohl nüchtern sein darf. Es ist eine Unverschämtheit. Dafür darf das Känguru in Texas und Oklahoma die aus diesem Akt flüchtiger Liebe entstandene Schwangerschaft nicht mehr beenden, sobald ein Arzt oder eine Ärztin beim Embryo einen Herzschlag feststellen kann. Womit wir zurück beim Herzschlag-Gesetz sind. Das Schlimme an diesem Gesetz ist, dass unser Gefühl sofort sagt: richtig so!

Ich war vor ein paar Jahren schwanger. Und nein, ich habe nicht abgetrieben. Damals war gerade in Alabama ein Abtreibungsgesetz erlassen worden, das das Beenden einer Schwangerschaft sogar im Fall von Vergewaltigung oder Inzest verbieten sollte. Ein bisschen wie zum Beispiel in Afghanistan. Sie wissen schon, Herr Trump, das ist das Land, in dem Frauen seit einer Weile wieder nur mit Burka vor die Tür gehen dürfen und Mädchen von der Schulbildung ausgeschlossen werden.

Ich war also schon mal schwanger, und ich erinnere mich an den ersten Ultraschall, auf dem ich ein kleines Pünktchen erwartet hatte und sonst nichts. Aber plötzlich pulsierte da etwas, und die Ärztin sagte: «Das ist der Herzschlag.» Das hat mich völlig fertiggemacht. Positiv fertig. Ich dachte: «Ich bin wirklich schwanger, ich werde wirklich Mutter, da ist ein kleiner Mensch in mir drin!» Das Herz ist für uns so emotional besetzt, es ist der Kern von allem, die Quelle unserer Emotionen, es steht für Liebe und Leben, für etwas, das bluten kann und brechen, das uns binden kann an andere Menschen und das uns manchmal besser leitet als unser Kopf. Für einige ist es auch ein faszinierender Mythos, weil sie selbst keins haben.

Nein, wir alle haben eins! Wir können einen Menschen ohne Herz gar nicht denken. Und deshalb können wir auch ein Herz ohne Mensch nicht denken. Weshalb es ziemlich klug ist, dieses Gesetz «Herzschlag-Gesetz» zu nennen. Sofern man Frauen, die selbstbestimmte Entscheidungen über ihren Körper fällen, nur so mittel findet. Denn der Herzschlag ist meist ab der sechsten Schwangerschaftswoche nachweisbar. Da wissen viele Frauen noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Als das Gesetz zum Beispiel in Texas eingeführt wurde, hätte es 85 bis 90 Prozent der bisherigen Schwangerschaftsabbrüche zu illegalen Eingriffen gemacht. Dabei ist das Herz eben nur ein Muskel. Das Schmerzempfinden bildet sich erst vier Monate später aus. Und verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Trump: Ich bin gar nicht dafür, Schwangerschaftsabbrüche bis kurz vor der Geburt zu erlauben. Die Diskussion um Abtreibung erfordert das, was wir Menschen am schlechtesten können: Abwägung. Ich bin unsicher, ob Sie das Wort überhaupt kennen. Abwägung zwischen zwei Leben, einem realen und einem potenziellen und langsam real werdenden. Sie wirft die Frage auf, ab wann der Mensch Mensch ist.

Ich vermute, Herr Trump, dass es kaum eine Frage gibt, die Sie weniger interessiert. Ich möchte Sie trotzdem noch mit ein paar Fakten zu Schwangerschaft und Abtreibung belästigen. Dazwischen streue ich völlig zusammenhanglos ein paar meiner Lieblingsgesetze ein, um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit nicht zu verlieren:

 

Aus dem Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen geht hervor, dass weltweit fast die Hälfte aller Schwangerschaften unbeabsichtigt sind.

 

In Australien darf man nur Heu im Kofferraum transportieren, wenn es sich bei dem Auto um ein Taxi handelt.

 

Jedes Jahr gibt es 121 Millionen ungewollte Schwangerschaften. 60 Prozent davon werden abgetrieben, die Hälfte davon, also ungefähr 35 Millionen, unter unsicheren Bedingungen.

 

In Liverpool ist es Frauen verboten, oben ohne zu arbeiten – außer, sie sind in einem Geschäft für tropische Fische angestellt.

 

Über 20 Prozent vertriebener, also geflüchteter Frauen, erfahren sexualisierte Gewalt, wodurch mehrere Millionen ungewollte Schwangerschaften entstehen.

 

In Großbritannien ist es verboten, im Parlament zu sterben.

 

257 Millionen Mädchen und Frauen haben keinen ausreichenden Zugang zu Verhütungsmitteln.

 

In Bhutan ist Männern Sex vor der Ehe verboten. Allerdings vor der Ehe des älteren Bruders.

 

Ungefähr sieben Millionen Frauen müssen jedes Jahr wegen unsicherer Abtreibungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

 

In Uruguay sind Duelle verboten – außer, beide Duellanten sind Blutspender.

 

Selbstabtreibungen werden zum Beispiel mit Kleiderbügeln oder Stricknadeln versucht und sind eine der Hauptursachen für Müttersterblichkeit.

 

Klar, Mister Trump, Abtreibungsverbote sind ein «Sieg für das Leben». Durch sie sterben zwar vor allem mehr Frauen, aber hey, das sind ja nur Frauen. Es ist ja nicht so, als hätte in ihrer Brust ein Herz geschlagen.