20. März

Liebe Joan,

gerade habe ich Charles den Hügel hinunter zur Arbeit gehen sehen, und er wirkt sehr verhärmt. Ich habe versucht, dich anzurufen, aber es geht niemand ans Telefon. Nun befürchte ich, dass du vielleicht ernsthaft krank bist, und ich will nur zu gerne tun, was ich kann, außer dienstags-, mittwochs- und freitagsvormittags, wenn ich bei meinen Sterbenden bin, und mittwochnachmittags, da habe ich Frauenzirkel. Dort werde ich dir wohl kaum über den Weg laufen, wie du von Beginn an klargestellt hast!! Gleich bei unserer zweiten Begegnung hast du mir mit deiner herrlich unumwundenen Art deutlich gemacht, was du von all den braven »Gattinnen« hältst. Du wolltest nichts davon wissen, als ich dir erklärt habe, dass unsere netten Treffen keineswegs nur für die Ehefrauen von erfolgreichen Männern sind, sondern für alle, die nicht voll im Berufsleben stehen und fest daran glauben, dass die Aufgabe der Frau das Heim ist, und Gott und die Ehe und das Stellunghalten — was du natürlich tust. Alle haben immer gesagt, du seist unheimlich gut darin, »dranzubleiben«. Dein Garten ist unkrautfrei und dein Hund immer wunderschön sauber — genau wie dein Auto. Und du bist eine so gute Freundin und Nachbarin, und Mutter natürlich, ein Gebiet, das mir vollkommen fremd ist.

Ich habe für dein Bein gebetet, Joan, und hoffe, dass ich dich mit meinem ersten Brief, falls du ihn bekommen hast, nicht verärgert habe. Ich bin ja leider sehr unverblümt. Bei uns im Zirkel heißt es immer, ich sei »unverblümter als ein Steingarten« — du siehst, wir haben hier ein paar ganz gewitzte Damen —, und ja, ich nenne das Kind beim Namen. Sogar im Hospiz. Aber du kannst dir sicher sein, es würde mich überhaupt nicht stören, Joan, wenn du dich deshalb aufregtest. Die Patienten regen sich oft über mich auf. Neulich hat einer gesagt: »Noch so ein Spruch, und ich rufe nach Schwester Phyllida.« Aber ich verkrafte alles, Joan, alles, was du sagen willst, bei der Liebe unseres Herrn, der all unsere Sünden auf sich genommen hat. Und bitte versteh mich richtig, ich will gar nicht ausschließen, dass dein Bein dir zu schaffen macht. Psychosomatische Erkrankungen sind oftmals schmerzhaft. Natürlich weiß ich das nur vom Hörensagen, ich hatte so eine Krankheit noch nicht, tatsächlich war ich in meinem ganzen Leben noch nie krank, aber ich bete, dass dies meiner Authentizität (wie man heute sagt) keinerlei Abbruch tut, geschweige denn der Sympathie, die ich stets für meine kranken Freundinnen empfunden habe, zu denen auch du zählst, liebe Joan. Deine Abwesenheit in den letzten Wochen hat mich wirklich traurig gemacht. Ich denke ständig daran. Es bestärkt mich nur umso mehr in meinem Wunsch, dir zu helfen.

Deine liebevolle Freundin E

PS: Anne Robin hat mir gestern erzählt, sie hätte dich neulich von weitem im Armyshop gesehen, ich weiß also, dass du immerhin auf den Beinen bist. Henry hat mir versprochen, Charles heute im Finanzministerium anzurufen, da ihr keinen Anrufbeantworter habt und niemand reagiert, wenn man anruft oder an die Tür klopft. Wir möchten euch gern zum Essen einladen. Bitte sagt zu — und lass dich nicht von mir ärgern. Ich habe mich sogar schon gefragt, ob du mich vielleicht mal begleiten und dich ein wenig mit den Sterbenden befassen möchtest? Ich bin sicher, Mutter Ambrosine hätte nichts dagegen, nur müsstest du vielleicht die Beinschiene unter einer Hose oder einem langen Rock verstecken.

Oder mittags mal auf einen Drink? Oder Lunch im Little Greek?

Herzlich E

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