DREI JAHRE NACH PINE COTTAGE

Für einen Donnerstagabend war die Bar gerammelt voll. Alle Hocker waren belegt. Die Tische auch. Das Bier für zwei Dollar, und schon fanden sogar die Säufer herein, die kaum noch klar denken konnten. Unablässig kamen leere Bierkrüge und ketchupverschmierte Tellern herein, die Tina ins Spülbecken stellte und spülte, die Hände schon so lange unter Wasser, dass die Finger ganz schrumpelig waren.

Nach Schichtende riss sie sich das Haarnetz vom Kopf und die Schürze vom Leib und stopfte beides in den Wäschekorb an der Hintertür. Dann marschierte sie in den Schankraum, um sich ihr Freigetränk abzuholen, mit dem der Chef den knauserigen Lohn fürs Personal auszugleichen suchte.

Lyle war hinter der Bar. Tina mochte ihn lieber als die anderen. Er hatte einen Schnurrbart wie einen Fahrradlenker, einen sexy Überbiss und dicke haarige Unterarme. Ohne zu fragen, was sie wollte, schenkte er ihr ein. »Und einen Wild Turkey für Miss Tina«, sagte er und genehmigte sich auch einen.

Sie stießen an. »Prost«, sagte Tina und kippte den Whiskey auf ex herunter.

Sofort bestellte sie noch einen. Lyle wollte dafür nichts haben, obwohl sie beteuerte, dass sie genug Kohle hätte, um ihn zu bezahlen. Langsam nippte sie an ihrem Drink und beobachtete die Gäste von ihrem Barhocker aus. Was sie sah, war das Übliche: austauschbare Haarmähnen, Bierbäuche und Säufernasen. Die meisten kannte sie vom Sehen.

Aber dann sah sie jemanden, den sie wirklich kannte. Er saß in einer der Nischen und konnte die Finger nicht von einer Rothaarigen lassen, die darüber sichtlich nicht froh war. Es war ein paar Jahre her, aber er sah noch genauso aus wie damals. Nicht einmal seine lächerliche Männerdauerwelle hatte er abgelegt.

Matt Cromley.

Der Betreuer, der sie und Heather und weiß Gott wie viele andere Frauen in Blackthorn begrapscht hatte. Ihn nach all den Jahren zu sehen, entriegelte die fest verschlossene Schublade mit den schlechten Erinnerungen in ihrem Kopf. Rief ihr all die Male ins Gedächtnis, da er sie in dieses Putzkämmerchen gezerrt, seine Hand in ihre Hose gebohrt und gezischt hatte: Das erfährt aber keiner, ja? Ich kann dafür sorgen, dass du’s hier schwer hast, das weißt du. Verdammt schwer.

Die einzige Person, der sie es erzählt hatte, war Joe. Er wurde so wütend, dass er ihr anbot, den Lustmolch zu erstechen. Wegen einer ähnlichen Sache war er auch nach Blackthorn gekommen. Irgendein Arsch auf dem Community College hatte ihn pausenlos gepiesackt. Joe hatte sich gewehrt, indem er dem Kerl ein Steakmesser zwischen die Rippen getrieben hatte.

Tina hatte sein Angebot damals abgelehnt. Jetzt allerdings wünschte sie, sie hätte es angenommen. Solche Dreckskerle gehörten bestraft.

Deshalb leerte sie nun ihren Drink. Huschte in die Küche und holte sich ein paar Utensilien. Dann glitt sie zu Matt in die Nische, lächelte sirenenhaft und sagte: »Hallo, Fremder.«

Zehn Minuten später standen sie auf einem Stück krautigen Rasen hinter der Bar. Eine von Matts Händen wühlte sich bereits in ihre Jeans, die andere rieb wild seinen jämmerlichen Schwanz.

»Gut, was?«, stöhnte er. »Wie Matty-Boy es dir besorgt.«

Tina nickte, obwohl ihr alles hochkam. Aber sie ertrug es. Es würde nicht lange dauern.

»Wie vielen hast du’s denn so besorgt?«, fragte sie. »Damals in Blackthorn?«

»Weiß nicht.« Er keuchte schon fast, seine Stimme war heiser. »Zehn, elf, zwölf.«

Tina spannte sich an. »Das ist für all diese Frauen.« Und sie rammte ihm den Ellbogen in den Magen.

Er krümmte sich vor Schmerz und wich zurück, seine kalte, schleimige Hand mit ihm. Sie wirbelte herum und hämmerte mit den Fäusten auf ihn ein. In schneller Folge, immer auf die Nase. Bald sank er in die Knie, die Hände über der Nase im Bemühen, das Blut aufzuhalten, das daraus hervorschoss.

Tina trat zu. In den Magen, die Rippen. Zwischen die Beine.

Als er sich vor Schmerz auf dem Boden krümmte, stopfte Tina ihm einen Spüllappen in den Mund. Sie zerrte ihm Jeans und Unterhose vom Leib. Sie riss an seinem Hemd, bis die Nähte nachgaben und es ihm in Fetzen um die Schultern hing. Dann schlang sie Seilstücke, die sie unter der Spüle gefunden hatte, um seine Hand- und Fußgelenke. Sobald er gut verschnürt war, zückte sie den schwarzen abwischbaren Stift, mit dem die Drinks des Tages auf die Tafel hinter der Bar geschrieben wurden. Mit den Zähnen zog sie den Deckel ab und malte drei Worte auf Matt Cromleys nackten Körper.

NOTGEILER PERVERSER DRECKSACK.

Seine Kleider nahm sie mit, als sie ging.