Kapitel 4

Die Rolle der Familie

Familie im Wandel

Während früher der Großteil der Kinder von den leiblichen Eltern großgezogen wurde und kinderreiche Familien die Norm waren, gibt es heute eine große Varianz an Familienstrukturen und der Trend bewegt sich immer weiter zum Einzelkind. Letzteres wirkt sich allerdings gar nicht so negativ auf die Entwicklung des Kindes aus, wie noch vor einigen Jahren angenommen. Trotzdem gibt es Hinweise darauf, dass Einzelkinder etwas weniger sozial sind als jene, die mit Geschwistern aufwachsen. Denn Geschwisterkinder haben einen besser entwickelten präfrontalen Kortex, der neben seinen vielen anderen Aufgaben auch für das Erkennen und Einordnen von Emotionen zuständig ist. Das ist essentiell, um anschließend ein moralisches Urteil fällen und angemessen reagieren zu können.

Doch nicht nur die Zahl der Einzelkinder steigt. Auch die Scheidungsrate ist wesentlich höher als noch vor hundert Jahren, als sich die meisten noch an das Motto »bis dass der Tod uns scheidet« hielten. Und obwohl die Anzahl der Scheidungskinder in den letzten Jahren sogar zurückgegangen ist, sind 2022 immer noch über 16.000 Kinder in Österreich von der Trennung ihrer Eltern betroffen gewesen. Sie müssen jetzt einmal pro Woche ihre Taschen packen und von einem Elternteil zum anderen umziehen. Es sei denn, einer von beiden hat das ausschließliche Sorgerecht übernommen, meistens ist es die Mutter. Egal wie es kommt, der Alltag des Kindes verändert sich in jedem Fall schlagartig. Was die einen einigermaßen gut wegstecken, führt bei anderen zu Wutausbrüchen, Depressionen, Schuldgefühlen oder gar apathischen Zuständen. Je jünger die betroffenen Kinder sind, desto radikaler wirkt sich diese Lebensumstellung auf ihr Wohlbefinden aus. Sie zeigen regressives Verhalten, nässen wieder ein oder reden plötzlich wieder in Babysprache. Weiters leiden sie häufig an Schlafstörungen und werden vermehrt krank.

Komplett anders steht es um die Kinder, die bei einer alleinerziehenden Mutter aufwachsen, die sich ganz bewusst für diese Situation entschieden hat. Denn anders als viele unfreiwillig geschiedene Frauen leiden diese Mütter weder an Depressionen, noch befinden sie sich in einer finanziellen Notlage und ihre Gedanken kreisen auch nicht immer um den nächsten Gerichtstermin mit dem Ex-Partner. Bei den Kindern dieser freiwilligen Alleinerziehenden lassen sich interessanterweise im Gegensatz zu Kindern aus klassischen Familienkonstellationen weder Unterschiede im Verhalten noch in der Entwicklung feststellen.

Einige Zeit nach der Trennung, wenn ein Elternteil eine neue Beziehung eingeht, kann es zur Bildung einer neuen Familienkonstellation kommen, die neben einem fremden Erwachsenen auch noch andere Kinder umfassen kann. In den meisten Fällen kommen dann fünf herausfordernde Jahre auf alle Beteiligten zu. So lange dauert es durchschnittlich, bis sich die einzelnen Parteien aufeinander eingestellt haben und anfangen, sich zu einer funktionierenden Patchworkfamilie zu entwickeln. Bis es aber so weit ist, verhalten sich die Heranwachsenden dem neuen Partner gegenüber vermehrt distanziert und die Beziehung unter den Stiefgeschwistern ist anfangs oft von Eifersucht oder Ablehnung geprägt. Und auch sonst gehen solche einschneidenden Veränderungen nicht spurlos an den Kindern vorbei. Sie zeigen vermehrt auffällige Verhaltensweisen und kommen öfter als Gleichaltrige mit der Polizei in Kontakt.

Besser geht es Kindern gleichgeschlechtlicher Elternteile. Noch vor einigen Jahren wurde behauptet, dass Kinder homosexueller Paare psychisch instabiler seien oder sich das Fehlen eines Geschlechts andersartig negativ auf die Entwicklung auswirke. Doch in all diesen Aspekten konnte kein signifikanter Unterschied zu gleichaltrigen Kindern von heterosexuellen Paaren verzeichnet werden. Wenn sie auffällig wurden, dann nur im positiven Sinne. Denn sie sind toleranter, anpassungsfähiger, selbstbewusster und zeigen ein fürsorglicheres Verhalten anderen gegenüber. Diese positiven Effekte haben ihren Grund in der stabileren Eltern-Kind-Beziehung, die von der Forschung bei homosexuellen Paaren beobachtet werden konnte.

Die Rolle der Mutter

Die Rolle der Mutter und die Mutterschaft haben sich in der Geschichte zweifellos verändert und zu keinem Zeitpunkt legten wir so viel Wert auf die Mutter-Kind-Beziehung wie heute.

Vor gerade einmal 200 Jahren waren die Kinder von Bauernfamilien meist ungeplant und nicht lange herbeigesehnt. Sie stellten eine finanzielle Belastung und keine emotionale Bereicherung dar und statt Verhaltensnormen am Küchentisch zu besprechen, wurden Manieren mit Schlägen in sie hineingeprügelt. Die Mutter war nach dem Wochenbett wieder im Betrieb eingespannt, für die Erziehung beziehungsweise die Züchtigung des Nachwuchses war der Vater zuständig.

Die Mutter gewann in der Erziehung ausschließlich dann an Bedeutung, wenn es um die Einarbeitung der Töchter in gewisse Zuständigkeitsbereiche ging, ansonsten hatte sie nahezu kein Mitspracherecht. Emotionale Bindungen wurden vermieden. Stattdessen wurden die Kinder so bald wie möglich auf dem Feld oder in der Produktion eingesetzt, um wenigstens einen ökonomischen Nutzen durch sie zu erzielen. Vorausgesetzt, sie erreichten überhaupt das arbeitsfähige Alter und starben nicht vorzeitig aufgrund mangelnder Hygiene, Unterernährung oder fehlender medizinischer Versorgung.

Wo in bäuerlichen Familien also bestenfalls ein Arbeitsverhältnis und keine tiefe Verbundenheit entstand, konnten Kinder reicher oder adeliger Bürger gar keine Bindung zu ihren Eltern aufbauen. Denn wenn es finanziell möglich war, wurden Kleinkinder in dieser Epoche frühzeitig abgegeben und wuchsen folglich meist nicht im Hause der Eltern, sondern in der Obhut einer Amme auf.

Erst im neunzehnten Jahrhundert entwickelte sich die Mutterrolle im Bildungs- und Besitzbürgertum hin zur klassischen Hausfrau, die ihre Zeit uneingeschränkt ihren Kindern widmet, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und den Kindsvater aus der Erziehung ausschließt. Frau und Mann wurden von nun an räumlich und ihren Tätigkeitsbereichen nach strikt getrennt. Der Mutter wurde das private Leben im Haus mit den Kindern zugesprochen, während der Vater im öffentlichen Bereich seinen Beruf ausübte. 1811 fand dieses Modell schließlich Einzug ins bürgerliche Gesetzbuch. Von nun an forderte der Staat von den Frauen, sich ganz und gar dem Haushalt und den Kindern hinzugeben. Außer Haus arbeiten durften sie nur, wenn der Mann das für sinnvoll erachtete. Den Arbeitsvertrag seiner Frau konnte er jederzeit rechtskräftig kündigen, da er die volle legale Entscheidungsmacht für beide Parteien trug.

Und auch wenn über die Jahre hinweg immer mehr Frauen ihre Rechte einforderten, änderte sich erst in den 1970ern die gesetzliche Grundlage. Von nun an hatten beide Parteien dasselbe Recht auf Erwerbstätigkeit. Außerdem trugen sie jetzt das gleiche Maß an Verantwortung und Entscheidungsrecht in Bezug auf die Kinder.

Seitdem hat sich der Arbeitsalltag für Frauen stark verändert. Während vor 1960 noch weniger als die Hälfte der österreichischen Frauen erwerbstätig war, sind es heute über zwei Drittel. Doch sie haben nicht nur in der Arbeitswelt Fuß gefasst, auch bei den Hochschulabschlüssen haben sie mittlerweile die Nase vorn.

Obwohl Frauen also karrieretechnisch auf der Überholspur sind, gehört am Ende des Tages für die meisten ein Kind dann doch irgendwie zu einem erfüllten Leben. Da heutzutage jedoch immer häufiger die Karriere vorgezogen wird, gebären Frauen immer später zum ersten Mal und das ist nicht ganz ungefährlich. Denn bereits Schwangerschaften ab dem 35. Lebensjahr gehen mit erhöhten gesundheitlichen Gefahren für Mutter und Kind einher. Für die Mutter bedeutet das, dass ihr Risiko, an den Folgen der Schwangerschaft zu sterben, bis zu zehn Mal höher ist als bei einer 25-jährigen Frau. Für das Ungeborene heißt es, dass seine Wahrscheinlichkeit, mit einer chromosomalen Störung auf die Welt zu kommen, mit jedem Geburtstag der Mutter steigt. So hat das Baby einer 35-jährigen Frau bereits ein vierfaches Risiko, Down-Syndrom zu bekommen, im Vergleich zu dem Baby einer Zwanzigjährigen. Bei Frauen über 45 ist die Wahrscheinlichkeit sogar fünfzig Mal so hoch!

Wenn die Schwangerschaft jedoch normal verläuft und ein gesundes Baby auf die Welt kommt, wollen diese karriereorientierten Frauen oft so früh wie möglich wieder zurück an den Arbeitsplatz. Oft wird ihnen gar keine andere Wahl gelassen. Aber dass es nicht so einfach ist, mit der einen Hand die Aktentasche und mit der anderen die Kinderhand zu umschließen, realisieren die meistens erst, wenn es bereits zu spät ist. In solchen Fällen beobachtet man Frauen, die, egal ob beim Schieben des Kinderwagens, auf der Bank am Spielplatz oder beim Anlegen des Kindes an die Brust, lieber auf ihr Handy als in die Augen ihres Nachwuchses schauen. Die Tätigkeiten, die auf das Baby bezogen sind, geschehen nebenbei, um hier noch schnell einen Termin zu verschieben und dort noch flott einen Auftrag abzuschließen. Was die Mutter macht und warum sie das tut, versteht das Baby nicht. Bei ihm prägt sich schlichtweg ein: »Das Handy ist wichtiger als ich.«

Die Rolle des Vaters

Doch nicht nur die Mutterrolle hat sich verändert, auch die Rolle des Vaters unterzog sich einem Wandel, auch wenn dieser eher schleichend geschah. Denn es war ein langer Weg vom Familienoberhaupt zum Alleinernährer bis zum heutigen Super-Dad, der sein Baby im Tragetuch durch die Innenstadt trägt.

Und auch in dieser Entwicklung war die Emanzipationsbewegung der 1970er ein ausschlaggebender Punkt. Denn seither spielt der Vater eine aktivere Rolle in der Kinderziehung und viele wünschen sich eine Gleichstellung beider Elternteile. Doch wenn es zum Sorgerechtsstreit kommt, geht immer noch meist die Mutter als Siegerin daraus hervor. Denn der Mann ist vom Klischee des Brotverdieners genauso wenig befreit wie die Frau vom Stereotyp der aufopfernden Mutter, auch wenn die junge Generation sich in eine gute Richtung bewegt.

Und weiterhin unterscheidet sich der Vater in seinem Verhalten dem Kind gegenüber eindeutig von dem der Mutter. Denn während die Mutter einen liebevollen und vertraulichen Part bildet, der gern engen Körperkontakt hält, werden vom Vater motorisch anspruchsvollere und spielerische Aktivitäten bevorzugt. Dass das Spielen die Bindung aber genauso stärken kann, beweist das Kuschelhormon Oxytocin, das während dieser Aktion sowohl beim Vater als auch beim Kind vermehrt ausgeschüttet wird – ähnlich wie beim Kuscheln. Außerdem belegen zahlreiche Studien, dass sich Kinder mit Vätern, die um eine enge Bindung zu ihrem Kind bemüht und auf die aktive Beteiligung in der Erziehung bedacht sind, in allen Bereichen günstiger entwickeln. Eine gute Beziehung zum Vater wirkt sich also nicht nur positiv auf die motorischen Fähigkeiten, sondern ebenso auf die kognitiven, emotionalen, sozialen und sprachlichen Kompetenzen aus.

Ebenso wie die Mutter ist der Vater eine wichtige Identifikationsfigur. Die Buben lernen von ihrem männlichen Vorbild Werte und Normen, die ihr zukünftiges Verhalten entscheidend prägen. Und für die Mädchen stellt er die erste nahestehende Person des anderen Geschlechts dar, weshalb sich ein gestörtes Vater-Tochter-Verhältnis nachhaltig auf das spätere Liebesleben der Mädchen auswirken kann.

Schlussendlich sollten sowohl die Mutter als auch der Vater die ersten engen Bezugspersonen im Leben eines Kindes darstellen. Denn die Bindung, die sie zu ihrem Nachwuchs aufbauen können, ist einzigartig. So einzigartig, dass sie weder von den liebenden Großeltern und erst recht nicht von einer Elementarpädagogin ersetzt werden kann.

Erziehungsstile und ihre Folgen

Auch wenn sich die Rolle und das Verhalten der Eltern grundlegend verändert haben, lässt sich ihr Erziehungsstil meist immer noch einem der drei Grundtypen zuordnen, die bereits im 20. Jahrhundert von dem deutschen Psychologen Kurt Lewin definiert wurden.

Da gibt es zunächst den autoritären Stil, der bis vor wenigen Jahrzehnten noch relativ häufig war, heute aber nicht mehr besonders angesehen ist. Dabei handelt es sich um eine Erziehung, in der sich das Kind an viele Regeln halten und Verbote befolgen muss. Die Autoritätsperson verhält sich distanziert und ist lediglich dafür zuständig, Befehle zu erteilen. Das fördert nicht gerade die Selbstständigkeit oder die Kreativität der Kinder, schließlich müssen sie selten selbst entscheiden, sondern bekommen alles vorgegeben. Das führt dazu, dass sie außerhalb der elterlichen Aufsicht oftmals überfordert sind und gar nicht wissen, wie sie sich in der neu gewonnenen Freiheit verhalten sollen.

Den Gegenpart zum autoritären Stil bildet die Laissez-Faire-Erziehung. Wie der Name schon verrät, lassen die Erwachsenen die Kinder hier einfach machen, was sie wollen. Der Elternteil verhält sich dem Kind gegenüber relativ gleichgültig und in extremen Fällen grenzt sein Handeln sogar an Vernachlässigung. Es gibt keine konkreten Vorgaben und Hilfestellungen werden erst gegeben, wenn das Kind diese auch einfordert. Das Kind hat also keinerlei Struktur und niemanden, an dem es sich so richtig orientieren kann. Das macht aus dem einen Kind einen egoistischen Regelbrecher und aus dem anderen einen hilflosen Hitzkopf.

Den Mittelweg stellt der demokratische Stil dar. Dabei werden Entscheidungen nicht nur von einer Partei, sondern optimalerweise gemeinsam getroffen. Und wenn das nicht möglich ist, wird darauf geachtet, dass das Kind nachvollziehen kann, warum das jetzt so passieren muss. Dadurch wird ihnen ein gewisser Respekt entgegengebracht und ihnen gezeigt, dass sie als vollwertige Menschen wahrgenommen werden. Dadurch entwickeln sie ein höheres Selbstwertgefühl und mehr Selbstbewusstsein. Außerdem sind diese Kinder häufig kritikfähiger, übernehmen mehr Eigenverantwortung und sind gewillter, selbstständig einen Lösungsweg zu erarbeiten.

Arten von Eltern

Abgesehen von den voneinander abweichenden Erziehungsstilen lassen sich auch verschiedene Arten von Eltern unterscheiden.

Da gibt es zunächst die Kumpel-Eltern, die ihren Kindern am liebsten auf einer rein freundschaftlichen Basis begegnen würden. Dieses Phänomen tritt vor allem bei den Eltern der heutigen Generation Alpha auf. Sie lehnen den Erziehungsstil aus ihrer eigenen Kindheit ab und verhalten sich bewusst gegensätzlich zu der Art ihrer Eltern. Daher verhalten sie sich weniger streng und bemühen sich stattdessen um ein humorvolles Auftreten, um sich bei dem eigenen Kind beliebt zu machen.

Und so erstrebenswert eine liebevolle Beziehung zum Nachwuchs auch ist, kommt Eltern immer noch die Aufgabe zu, ihren Kindern Grenzen zu setzen, sie Respekt zu lehren und ihnen eine gewisse Struktur vorzugeben. Ansonsten wird sich das einst so liebe Kindlein schon bald als skrupelloser Tyrann entpuppen.

Helikopter-Eltern wollen sich am liebsten gar nicht von ihren Kindern trennen. Aber nicht, um mit ihnen lustige Dinge zu erleben oder um als Kumpel wahrgenommen zu werden, sondern um sie vor etwaigen Gefahren beschützen zu können. Doch diese übertriebene elterliche Fürsorge schirmt nicht nur jede Gefahr, sondern auch jede Chance auf die kindliche Weiterentwicklung ab. Denn wer nie etwas falsch macht, kann sich auch nie verbessern. Und wer nie mit Verlusten umgehen musste, wird auch im späteren Leben nur schwer mit frustrierenden Situationen umgehen können. Außerdem erleben Kinder von Helikopter-Eltern häufig eine verzögerte Sozialisierung, da sie auch beim Spielen mit Gleichaltrigen immer ihre Mutter im Rücken haben, die zur »Not« eingreifen kann.

Sogar noch eine Schippe drauf legen die Schneepflug-Eltern. Anstatt ihre Kinder dauerhaft im Blick zu haben, um auf mögliche Gefahren schnellstmöglich reagieren zu können, räumen diese alle Stolpersteine aus dem Weg, bevor ihre Kinder überhaupt damit konfrontiert werden. So ist der Streit mit dem Nachbarsjungen bereits geschlichtet, bevor das Kind überhaupt davon mitbekommt und der Pädagogin wird schon im Vorhinein klar gemacht, wie sie sich dem Sprössling gegenüber zu verhalten hat. Damit ebnen die Eltern zwar kurzfristig die nächste Lebensetappe des Kindes, aber auf lange Sicht verstellen sie ihm damit ein Leben voller Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein. Denn diese Kinder werden später für jeden kleinen Schritt externe Anweisungen verlangen und nur mit viel Zeit- und Energieaufwand anfangen, auf sich selbst und ihre Fähigkeiten zu bauen.

Ebenfalls ein Problem mit ihrem Selbstwertgefühl haben wider Erwarten die Kinder, die von ihren Eltern für jeden noch so kleinen Erfolg mit Lob überschüttet werden. Dem Umgang mit Anerkennung entsprechend, werden diese Eltern als Gießkannen-Eltern bezeichnet. Während ernst gemeinte und der Situation angemessene anerkennende Worte das Kind beflügeln und es zu neuen Herausforderungen motivieren, führen diese übertriebenen Lobpreisungen nur zu noch mehr Selbstzweifeln. Diese Kinder lernen nie, auf ihre eigenen Verdienste stolz zu sein und sind auch im späteren Leben stets auf positive Rückmeldungen von Außenstehenden angewiesen. Außerdem definieren sie sich nur über ihre Leistungen und sie vertrauen auch nicht auf die bedingungslose Liebe ihrer Eltern, sondern machen sie vom Ausmaß des Lobes abhängig.

Wenn alles gut läuft, ist vom nächsten Eltern-Typ nichts zu sehen. Die U-Boot-Eltern tauchen nämlich erst auf, wenn es zum Äußersten kommt. Dem Kind bei den Hausaufgaben behilflich zu sein oder sich beim Elternsprechtag nach dem aktuellen Notenstand zu erkundigen, steht bei diesen Eltern nicht auf der Tagesordnung. Doch sobald sie Wind davon bekommen, dass die Versetzung ihres Kindes in Gefahr sein könnte, treten sie der Lehrperson drohend gegenüber und erwarten von ihr eine umgehende Lösung des Problems.

Autoritäres Verhalten weisen auch die Tiger-Eltern auf. Allerdings treten sie damit nicht anderen Erwachsenen, sondern ihren eigenen Kindern gegenüber. Sie erwarten von ihnen durchgehend Höchstleistungen und sind sich dafür keiner noch so boshaften Methode zu schade. Sie schreien ihre Kinder an, gönnen ihnen keine Pause, behandeln sie herabwürdigend, sprechen eine Drohung nach der anderen aus und drillen sie wie es sonst nur beim Militär üblich ist. Die Folgen können von Unselbstständigkeit durch die ständigen Anweisungen bis hin zu Depressionen oder sogar Angststörungen reichen.

Ganz anders gehen die Delfin-Eltern mit ihren Kindern um. Sie finden eine gesunde Balance zwischen liebevoller Fürsorge und autoritärem Auftreten. Sie geben ihrem Kind den nötigen Freiraum, um sich zu entfalten und verpassen es gleichzeitig nicht, ihm gesellschaftlich wichtige Regeln nahezubringen. Und sie gewähren ihrem Kind ein gewisses Mitspracherecht und lassen es trotzdem nicht zu, dass es ihnen auf der Nase herumtanzt.