Kapitel 6
IN DIESEM KAPITEL
An dieser Stelle geht es um die Grundlagen eines Elektroautos. Damit werden Sie in späteren Kapiteln leichter verstehen, warum ein E-Auto im Winter öfter aufgeladen werden muss als im Sommer und warum Sie den Akku nicht immer randvoll laden sollten.
Ein Elektroauto ist in vieler Hinsicht genauso aufgebaut wie herkömmliche Autos mit Verbrennungsmotoren. Manche können Sie auf den ersten Blick nicht einmal von Letzteren unterscheiden. Sie haben vier Räder, fahren vor und zurück, können lenken und so weiter. Das heißt: Chassis, Innenausstattung und Fahrwerk sind im Prinzip identisch mit Verbrennervarianten. Die großen Unterschiede liegen in Motor, Antriebsstrang und Energiequelle.
Werfen Sie mal gedanklich folgende Komponenten aus einem herkömmlichen Wagen heraus:
Folgende Komponenten werden trotzdem weiterhin in gleicher oder ähnlicher Form gebraucht:
Diese Komponenten kommen ganz neu hinzu:
Der schwere Akku wird in ausschließlich für den E-Motor konzipierten Fahrzeugen im Unterboden zwischen den Achsen platziert. Das wird als Skateboard-Architektur bezeichnet. Dadurch ergibt sich eine optimale Gewichtsverteilung und der Schwerpunkt des Wagens liegt möglichst tief – was die Straßenlage begünstigt. Sprich: Der Wagen kippt in Kurven nicht so stark zur Seite.
Der oder die relativ kleinen Motoren werden an den Achsen angesiedelt. Der Innenraum lässt sich im Vergleich zu Verbrennern günstiger einteilen beziehungsweise vergrößern, weil vor den Vordersitzen kein großer Motorblock im Wege ist – manche Autos warten sogar mit einem zusätzlichen Stauraum unter der Vorderhaube auf. Auch eine Mittelkonsole ist nicht unbedingt erforderlich, weil große Getriebeeinheiten entfallen.
»Wie so ein E-Auto produziert wird, sagt Ihnen erstmal niemand. Das behandeln die Unternehmen streng geheim.«
Christian Bauer, Wissenschaftler am Labor für Energiesystemanalyse am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen/Schweiz
Unter Hybriden versteht man Mischformen, also Fahrzeuge, die sowohl einen konventionellen Verbrennungsmotor besitzen als auch parallel dazu die Komponenten eines E-Fahrzeugs: E-Motor und Akku. Dabei handelt es sich gar nicht um eine neue Erfindung: Schon die Autobauer-Pioniere experimentierten um das Jahr 1900 mit gemischten Antrieben.
In der Regel sind Hybrid-Antriebe so aufgebaut, dass sowohl Verbrennungs- als auch E-Motor ihre Kraft entweder einzeln oder gleichzeitig auf den Antriebsstrang übertragen können – also in einem Paket mit Kupplung und Automatikgetriebe. Die Leistungen beider Motoren addieren sich. Man spricht von parallelen Hybriden (parallel: nebeneinander).
Wirklich wiederbelebt wurden diese Techniken erst wieder ab Ende der 1990er Jahre mit Autos, die neben den Überschüssen der Lichtmaschine auch Teile der Bremsenergie in der Starterbatterie speichern und diese Energie beim Beschleunigen wieder in das Antriebssystem zurückgeben (Boost-Funktion) – also den Verbrennungsmotor lediglich unterstützten, das aber durchaus effektiv und kraftstoffsparend in ungünstigen Drehzahlbereichen. Solche Autos nennt man heute Micro-Hybride (vom griechischen mikrós: klein).
Bei sogenannten Mild-Hybriden (mild englisch: ein bisschen) kommt ein eigener, größerer Akku hinzu, auch ein größerer E-Motor ist im Einsatz – der dient dem ganzen Antriebssystem gleichzeitig als Generator, der Strom erzeugt. Mit so einem Wagen lassen sich auch gewisse Strecken allein mit elektrischem Strom zurücklegen, während der Verbrennungsmotor mal ausgeschaltet bleibt. Toyota hat recht früh diese Hybridtechnik im Prius zur Perfektion gebracht und war Vorbild für viele andere.
Allein mit Bremsenergie und Überschüssen aus dem Stromgenerator kommt man aber nicht sehr weit. Will man größere Distanzen elektrisch zurücklegen, braucht es nicht nur noch größere Akkus, sondern auch die Möglichkeit, nachzuladen, wenn der Wagen parkt – also Ladeklappe und Leistungselektronik. Solche Autos nennt man Plug-in-Hybride (plug englisch: Stecker). Sprich: Sie können an einer Ladestation oder an einer normalen haushaltsüblichen Schuko-Steckdose aufgeladen werden.
Es gibt aber auch serielle Hybride (seriell: hintereinander). Dabei treibt der Verbrennungsmotor (oder ein Motor mit anderer Energiequelle) einen Stromgenerator an, der wiederum den Akku des Autos speist. Der Antrieb erfolgt dann rein elektrisch ausschließlich aus dem Akku. Der Vorteil ist, dass der Verbrennungsmotor dauerhaft im optimalen Drehzahlbereich laufen kann – nur dafür ist er dann dimensioniert. Somit dient der Verbrennungsmotor quasi nur als fortwährende Energiequelle des Akkus eines im Prinzip reinen E-Autos – als Range Extender (englisch: Reichweitenerweiterer). Ein bekanntes Beispiel ist der BMW i3 mit optionalem Range Extender.
Kombinierte oder sogenannte Mischhybride schaffen es, die Betriebsart umzustellen: mit dem Verbrennungsmotor Strom generieren, Akku aufladen und E-Motor antreiben (seriell) oder Antriebswelle mechanisch direkt antreiben – gegebenenfalls mit Unterstützung des E-Motors aus dem Akku (parallel).
Wir können es kurz machen: Ein Wasserstoffauto ist keine völlig andere Technik, sondern nichts anderes als ein serieller Hybrid mit einer Strom erzeugenden Brennstoffzelle als Range Extender. Das heißt: Es ist ein Elektro-Auto mit allem Pipapo, Vor- und Nachteilen – eben mit E-Motor und Lithium-Ionen-Akku. Nur wird der Akku zur Reichweiten-Erweiterung ständig durch die Brennstoffzelle nachgeladen. So sind je nach Wasserstofftank-Größe Fahrten von 500 bis 700 Kilometern möglich.
Das Prinzip ist uralt, Christian Friedrich Schönbein hat es 1838 entdeckt: In der Brennstoffzelle wird chemische Energie in elektrischen Strom gewandelt – quasi in einer umgekehrten Elektrolyse, also bei einem chemischen Prozess. Als Brennstoff eignet sich unter anderem Wasserstoff (H2). Der oxidiert zusammen mit dem Sauerstoff (O2) aus der Luft zu Wasser (H2O), die frei werdenden Elektronen erzeugen die nutzbare elektrische Spannung.
Der E-Motor im Auto kann allerdings direkt von einer Brennstoffzelle nicht optimal mit Strom versorgt werden. Denn diese kann nicht sehr schnell in der Leistung rauf- oder herunterreguliert werden, ein Akku ist als Puffer unverzichtbar. Jedoch kann dieser kleiner ausfallen als in einem reinen E-Auto: Bei den derzeit verfügbaren Fahrzeugen mit Brennstoffzelle liegen die Akkukapazitäten bei unter 10 Kilowattstunden.