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Einen besseren Zufluchtsort hätte er nicht finden können, dachte Bount Reiniger ärgerlich.

Bount war hinter Milton Coote her, und der gerissene Verbrecher versuchte, auf dem Rummelplatz von Coney Island im Menschengewühl unterzutauchen.

Es war Abend.

Die Lautsprecher dröhnten. Lichter strahlten und zuckten in allen erdenklichen Farben. Wie jeden Tag waren viele Menschen gekommen, um sich in dieser lärmenden, gleißenden Welt der Illusionen zu amüsieren. Sie wollten Stress und Existenzkampf vergessen, ein paar Stunden fröhlich wie die Kinder sein.

Es knallte und knatterte an den Schießbuden. Auf den Karussells, die sich wirbelnd drehten, kreischten Mädchen. Es roch nach Popcorn und Hotdogs. Bierdosen und Kartoffelchips lagen auf dem Boden.

Hier stand die Welt nicht nur kopf. Hier musste man sich durch Menschengewühl drängen. Auf dem Rummelplatz war Milton Coote eine Stecknadel im Heuhaufen, und Bount musste sie finden.

Im Augenblick hatte der Detektiv keine Ahnung, wo Coote steckte. Der Mann war schnell und wendig wie ein Wiesel, und er schien hier aufgewachsen zu sein, denn er fand sich besser zurecht als Bount. Aber so schnell warf Bount Reiniger die Flinte nicht ins Korn.

Ich kriege ihn!, sagte sich Bount Reiniger grimmig. Er stieß gegen einen vierschrötigen Mann, der seine „Braut“ abknutschte.

„He, du hast sie wohl nicht alle!“, schrie der Kerl sofort wütend.

„Entschuldigung“, murmelte Bount.

„Ich hätte meine Freundin beinahe gebissen.“

„Hier ist auch nicht der richtige Platz für solche Spielchen. Kauft euch eine Wohnung.“

Der breitschultrige Mann, der bestimmt genug Kraft besaß, um Bount Reiniger in seine Bestandteile zu zerlegen, ballte die Hände zu Fäusten, doch Bount ließ sich auf nichts ein. Er eilte weiter.

„Du feiger Hund!“, schrie ihm der Kerl nach. Bount gönnte ihm den Triumph. Das Mädchen hielt den Vierschrötigen jetzt bestimmt für den Allergrößten. Sollte sie. Bount hatte andere Probleme. Er stieg die Stufen hoch, die zur Kasse der Achterbahn hinaufführten. Soeben donnerte ein Wagen zu Tal, und ein vielstimmiges Kreischen gellte auf. Im Wagen saßen Menschen, deren Gesichter von Furcht und Vergnügen verzerrt waren.

Die grauhaarige Frau im Glaskäfig wollte Bount ein Ticket verkaufen, doch er hatte keine Lust auf Bauchkribbeln. Er wollte von hier oben die Menge überblicken. Der Aufstieg lohnte sich. Bount sah seinen „Freund“ wieder. Coote lief gerade an der Holzkugel vorbei, in der die Hell Drivers versuchten, sich den Hals zu brechen.

Coote war ein gut aussehender Bursche, blond, schlank - ein Tennistyp. Sonnengebräunt und schick gekleidet: weißes Hemd, weiße Hose, weiße Schuhe, gelber Pullover. Man sah ihm nicht an, dass er ein Spezialist für krumme Touren war. Aber Bount wusste es. Und deshalb wollte er ihn kriegen.

Der Mann hatte eine ganze Menge auf dem Kerbholz. Kürzlich erleichterte er einen Geschäftsmann, für den Bount schon mal gearbeitet hatte, um seine gesamten Ersparnisse. Angeblich sollte vor den Toren New Yorks ein Ferienparadies geschaffen werden, und wenn man da schnell genug investierte, würde man in absehbarer Zeit an einem riesengroßen Kuchen mitnaschen können.

Die Sache stellte sich als gewaltiger Schwindel heraus. Der geprellte Geschäftsmann wandte sich an Bount Reiniger. Erste Ermittlungen ergaben, dass Coote noch viel mehr Dreck am Stecken hatte. Wenn nicht noch mehr leichtgläubige Menschen durch ihn zu Schaden kommen sollten, musste dieser Übelfinger schnellstens aus dem Verkehr gezogen werden. Und daran arbeitete Bount soeben.

Milton Coote verschwand hinter der Hell-Driver-Kugel. Bount sprang die Stufen hinunter und schlug diese Richtung ein. Wieder war es nicht gerade die feine englische Art, die er anwandte, um so rasch wie möglich vorwärtszukommen, aber wie heißt es so treffend? Der Zweck heiligt die Mittel.

Applaus brandete ihm entgegen. Die Todesfahrer schienen ihr Programm beendet zu haben. Die ersten Zuschauer drängten zum Ausgang. Die einen wirkten beeindruckt, die ändern gelangweilt. Letztere riss wohl nichts mehr vom Hocker.

Bount bog um die Ecke. Ein Betrunkener kam ihm entgegen. Der Mann roch nach Erbrochenem.

„Sag mal, Sportsfreund, hast du hier einen Mann mit weißer Hose und gelbem Pullover durchlaufen sehen?“, fragte der Detektiv.

„Hast du ’nen Glimmstängel für mich, Kamerad?“, fragte der Betrunkene zurück.

Bount drückte ihm seine Pall Mall Packung in die Hand. „Hier. Kannst du behalten.“

„Da lang, Amigo. Und viel Glück.“

Die Investition lohnte sich. Bount erblickte Milton Coote zwischen dicken Verstrebungen. Wäre der Verbrecher nicht so hell gekleidet gewesen, wäre er in den schwarzen Schatten, die dort lasteten, nicht aufgefallen.

Coote eilte weiter und schlüpfte durch eine schmale Tür in die undurchdringliche Finsternis einer Geisterbahn. Jetzt gibt es dort drinnen eine Attraktion mehr, dachte Bount und hatte es eilig, ebenfalls in die Geisterbahn zu gelangen.

Sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, konnte er die Hand nicht mehr vor den Augen sehen. Er hörte das Rattern eines Wagens. Eine Sirene heulte ohrenbetäubend, Spotlights flammten auf, und einem moosbewachsenen Brunnen entstieg eine grauenerregende Gestalt. Natürlich handelte es sich um eine mechanische Puppe, die in den Brunnen zurücksackte, sobald der kleine Wagen, mit zwei Personen besetzt, vorbei war.

Einen Moment brannte das Licht noch. Bount sah, wie sich im Wagen das Mädchen an den Freund schmiegte. Und noch etwas fiel dem Detektiv in dieser winzigen Zeitspanne auf: Milton Coote.

Der Verbrecher hockte etwa einen Meter hinter dem Brunnen. Bount startete, als es dunkel wurde. Wenn er Glück hatte, rührte sich Coote vorerst nicht von der Stelle. Etwas knallte gegen Bounts Schienbein. Ein glühender Schmerz durchraste sein Bein. Er presste die Kiefer zusammen und legte die nächsten Schritte humpelnd zurück.

Obwohl es stockdunkel war, tappte Bount bald nicht mehr wie blind auf den Verbrecher zu. Er sah nicht viel, eigentlich nur einen schwach wahrzunehmenden Fleck: Cootes Pullover. Nach dem orientierte er sich. Als sich Milton Coote vorsichtig aufrichtete, fiel es Bount auf.

Ob der Gangster ihn sah, wusste Bount nicht. Vielleicht war es nur Cootes Instinkt, der ihn vor einer Gefahr warnte. Jedenfalls wollte der Bursche ausrücken, aber Bount fasste hinein in die dichte Schwärze und packte den Pullover, in dem Milton Coote steckte. Der Mann stieß einen überraschten Laut aus. Aber er war nicht so überrascht, dass er vergaß, seine Fäuste zu gebrauchen.

Der Schlag raste aus der Finsternis mitten in Bount Reinigers Gesicht. Bount sah Sterne. Und er schlug zurück. Ein dumpfer Laut war zu hören, dann ein Würgen. Bount packte mit beiden Händen zu und rammte Coote gegen ein Metallgerüst. Sie verloren beide den Halt und fielen auf die Schienen.

Ein Wagen rollte heran. Bount spürte die Schienen unter seinem Körper vibrieren. Kunststoffknochen klapperten, Ketten klirrten und rasselten. Und wieder gruselten sich zwei Menschen auf der Fahrt durch die unheimliche Dunkelheit. Indessen versuchte Bount Reiniger verbissen, Milton Coote endlich dazu zu bringen, aufzugeben.

Immer näher kam das kleine Gefährt. Bount Reiniger und Milton Coote wälzten sich auf den Schienen. Coote schlug zu, sobald er über dem Detektiv war, aber seine Faust verfehlte Bounts Kopf. Er drosch mit ganzer Kraft auf die abgefahrene Schiene ein und brüllte vor Schmerz auf. Das Pärchen im Geisterbahnwagen dachte wohl, das Gebrüll gehöre hierher.

Jetzt schwenkte das Gefährt auf Bount und den Verbrecher ein. In wenigen Augenblicken würden die Spotlights aufflammen. Bount stach mit einer Geraden zu, und er hatte das Quäntchen Glück, das er brauchte, um mit Coote endlich fertig zu werden. Der Körper des Gangsters erschlaffte jäh. Bount krallte seine Finger in die Kleidung seines ausgeknockten Widersachers und zerrte ihn von den Schienen.

Die Beine des Mannes lagen noch auf dem öligen Metall, als es hell wurde. Mit einem kraftvollen Ruck riss Bount seinen Gegner an sich, dann rumpelte das Gefährt an ihnen vorbei. Wieder quälte sich die unheimliche Gestalt aus dem Brunnen. Sie lenkte die Aufmerksamkeit der Wageninsassen auf sich, wodurch der Detektiv und der Verbrecher unbemerkt blieben.

Sobald es wieder finster war, stand Bount auf. Er zerrte Milton Coote hoch. Da der Mann selbst nicht stehen konnte, lud er ihn sich auf die Schulter und begab sich zu der schmalen Hintertür, durch die sie in die Geisterbahn gelangt waren.

Die Jagd war zu Ende. Bount atmete erleichtert auf. Er hatte es wieder mal geschafft. Doch leicht hatte es ihm Milton Coote bei Gott nicht gemacht.