„Was sagst du dazu?“, fragte Captain Rogers und stolzierte in Bount Reinigers Büro mit seinen neuen Schuhen auf und ab. „Man muss nur Geduld haben, dann kriegt man, was man haben will, zu einem vernünftigen Preis.“
„Wie viel hast du bezahlt?“, fragte Bount, obwohl er es wusste.
„Fünfzig Dollar. Ich kann verstehen, dass du an deinen Schuhen nun keine Freude mehr hast. Das Ganze wird dir hoffentlich eine Lehre sein. Man kauft eben nicht gleich im erstbesten Geschäft. Man stellt erst mal Preisvergleiche an.“
„Ich danke dir für die Belehrung“, sagte Bount ernst. Dabei hätte er gern gegrinst. Im Vorzimmer läutete das Telefon. Augenblicke später stürzte June March zur Tür herein.
„Bount! Rachel Kidder! Es muss etwas Schreckliches passiert sein. Sie ist kaum zu verstehen.“
Bount eilte zum Telefon. Es war so, wie June sagte. Rachel Kidder weinte herzzerreißend. Sie schluchzte, und die wenigen Worte, die zwischendurch über ihre Lippen kamen, waren abgehackt und verzerrt. Bount unterbrach sie nicht. Er ließ sie reden, versuchte sich auf sie zu konzentrieren und auf ihre dünne, brüchige Stimme einzustellen. Sobald ihm das gelungen war, verstand er sie etwas besser, und was er hörte, sorgte dafür, dass sich seine Nackenhärchen sträubten.
Wenn er richtig verstand, hatte Milton Coote sie gezwungen, seine Komplizin zu sein, und es war ihm gelungen, sich hunderttausend Dollar unter den Nagel zu reißen.
„Dieser Mistkerl!“, knurrte Bount.
„Er hat versprochen, es würde ohne Blutvergießen abgehen“, presste das Mädchen mit tränenerstickter Stimme hervor. „Ich hätte wissen müssen, dass er sich nicht daran halten würde. Meine Naivität hat es Victor zu verdanken, dass er nicht mehr lebt!“
Bount erfuhr, dass Milton Coote das Geld für einen guten Freund brauchte. Dabei konnte es sich nur um Mike McLammon handeln. Der Gangsterboss hatte Coote die Flucht aus dem Gerichtsgebäude ermöglicht, und dieser revanchierte sich dafür mit hunderttausend Dollar, die McLammon jetzt sehr gelegen kamen, weil er Geld in Simon Marshs Gebiet pumpen musste.
Ein weiterer Mord!, dachte Bount Reiniger grimmig. Wie viele Menschen werden noch sterben, bis ich diesen Verbrechern das Handwerk legen kann?
Bount suchte nach tröstenden Worten, aber was sagt man einem Mädchen, das soeben den Mann verloren hat, den es liebte?
Rachel Kidder behauptete, ihr wäre jetzt alles egal, sie hätte keine Angst mehr vor Milton Coote; wenn er wolle, könne er sie auch töten. Aber sie wolle dafür sorgen, dass er für den Mord an Victor Wooland bezahle. Dann nannte sie Bount Reiniger das Versteck des Verbrechers.
„Seit wann wissen Sie das schon?“, fragte Bount verblüfft.
„Seit gestern“, gab Rachel stockend zu. „Wir trafen uns im Battery Park. Ich erzählte Milton von dem Geld, und als er nach Hause fuhr, folgte ich ihm.“
„Rachel, wenn Sie mich sofort angerufen hätten, wäre Victor Wooland noch am Leben. Tut mir leid, aber diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen.“
„Ich weiß, es ist meine Schuld ... Es ist alles meine Schuld ... Oh, Mr. Reiniger, ich bin ja so schrecklich unglücklich ...“ Sie weinte haltlos. Was sie sonst noch stammelte, war nicht mehr zu verstehen. Augenblicke später legte sie auf.
Bount informierte Toby Rogers, und dieser setzte sich unverzüglich mit seinem Stellvertreter in Verbindung, damit dieser sich an den Tatort begab.
„Komm, Bount“, sagte er dann mit finsterem Blick. „Jetzt schnappen wir uns Coote.“