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Wilson Packer lag im Kofferraum verstaut.

Dort war genügend Platz, denn Pele Mirador fuhr einen 68er Cadillac Fleetwood. Der Wagen stand da wie nagelneu, weil er erstens penibel gepflegt wurde und er zweitens Mexico City noch nie gesehen hatte. Wenn Dolores’ Onkel in die Stadt musste, benützte er einen Chevy Pickup mit einem Metallrahmen, so massiv wie die Rinderfänger bei den alten Lokomotiven im Wilden Westen.

Die Nichte saß neben ihm. Sie hatten Acapulco vor etwa zwei Stunden verlassen, aus dem Radio jazzte spritzige Unterhaltungsmusik.

Und aufs Neuerliche gespritzt - diesmal mit einem starken Barbiturat - war auch der Graveur, von dem sie so große Dinge erwarteten. Der Mann würde keinen ernsthaften Widerstand mehr leisten können. Da waren sich beide ganz sicher, und deshalb sprachen sie auch nur über Belangloses. Der zum Paket verschnürte Gringo mit der ausgerenkten Schulter kümmerte sie im Moment wenig bis gar nicht.

Sie näherten sich gerade Toluca, einer Stadt ziemlich genau zwischen dem Pazifik und dem Popocatépetl, als unter dem Armaturenbord ein orangerotes Licht aufleuchtete und plötzlich ein unüberhörbares Summen ertönte.

Es gab zwei Hörer auf der Mittelkonsole. Einen fürs Autotelefon und einen für das Funkgerät. Weil das mexikanische Telefonnetz Löcher hatte. So groß wie die Wüste von Sonora. Den Hörer vom Funkgerät hob die Narranta ab.

»Ja?«

»Zapata hier.«

Der Mann klang zerknirscht.

»Du bist im Lande?«

»Si. Seit gestern Nacht schon.«

Dann berichtete er, dass der Anschlag auf den Privatdetektiv missglückt sei und schilderte auch die näheren Umstände seiner Flucht.

»Der Boden ist mir zu heiß unter den Füßen geworden«, schloss er. »Ich musste das Motorrad liegen lassen, und über diese Maschine könnten sie mich identifizieren. Wenn sie clever sind. Natürlich hätte ich auch behaupten können, sie sei mir gestohlen worden. Doch dieses Risiko wollte ich dann doch nicht eingehen.«

Die Narranta war friedlich. Sie war sogar gut gestimmt. Ein kurzes Stück hinter ihr lag das große Geld. Sie hatte Wilson Packer endgültig im Sack. Ihn überleben zu lassen war nicht geplant. Sie wollte ja nicht uferlos gierig sein und ihn noch andere Blüten neben dem 1000-Peso-Schein machen lassen. Zehn oder vielleicht auch zwanzig Millionen Dollar reichten ihr schon ...

»Reiniger ist clever«, sagte sie. Wie alle Mexikaner und wie überhaupt achtundneunzig Prozent der Weltbevölkerung hielt sie von der Polizei nur wenig. »Wir müssen damit rechnen, dass er sich an deine Fersen heftet.«

»Mist!«

»Ach, lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen. - Warte mal ’nen Moment.«

Dolores Narranta dachte nach. Ihr Blick wurde verschleiert, und in die Mundwinkel kerbte sich eine scharfe Falte, die man sonst nicht bei ihr sah.

»Vielleicht ist das gar nicht so schlecht«, fuhr sie dann fort. »Ich weiß von unseren New Yorker Partnern, dass ihnen dieser Mann schon lange ein Dorn im Auge ist. Sie hassen ihn wie die Pest. Wenn wir ihnen ein Foto von seinem Kopf schicken, mit dem Rumpf daneben, dann kann das unsere Position nur stärken.«

»Ich soll ihn köpfen?«

Miguel Zapata hörte sich nun interessiert an.

In der Rolle eines Scharfrichters hatte er sich schon von jeher gefallen. Die Machete war sein Instrument. Er ging virtuos mit ihm um.

»Ja. Aber nicht in der Stadt. Kann er deine Adresse herausfinden? - Nun mach schon. Keine Scheu. Ich bin dir nicht böse.«

»Höchstens eine uralte. Die von Nezahualcoyotl. Sie steht in meinen Papieren.«

»Dann findet er auch die jetzige. Ganz gut. Prima.«

Anschließend erklärte sie Miguel Zapata, dem »Schlächter«, was er zu tun hatte. Aus dem Radio klang wehmütig Vaya con dios.