»Er hat mich geleimt«, fluchte Bount wenig später in Junes Vorzimmer. »Mein Gott, hat dieser Bursche uns geleimt!«
»Du hast die Papiere selbst gesehen?«
Bount nickte erschüttert.
»Papiere von einem venezolanischem Winkeladvokaten aus einem Kaff namens Ayacucho. Dort unten kannst du dir für ein paar Peseten doch alles kaufen, was du brauchst.«
»Bolivar«, meinte die March.
»Hä?«
»In Venezuela zahlen sie mit Bolivar. Nicht mit Peseten oder Pesos. Doch in diesem Fall dürften wohl eine Handvoll guter amerikanischer Dollars den Besitzer gewechselt haben. Trotzdem musst du davon ausgehen, dass zumindest die Stempel echt sind. Und nur das zählt. Du weißt doch, wie pingelig unsere Einwanderungsbehörde ist.«
»Und ebenso stempelgläubig«, fügte Reiniger aufstöhnend hinzu. »Ich könnte unseren sämtlichen Bürokraten eins in die Fresse hauen!«
June runzelte die Stirn.
»Seil wann brauchst du dazu einen Anlass?«, fragte sie, unschuldig blinzelnd, fuhr jedoch gleich fort: »Was wusste er über Marija Pavlekovic?«
»Angeblich gar nichts. Er ließ dann diese Jasna kommen. Ein durchtriebenes kleines Luder, wenn du mich fragst. Sie gab vor, kein Wort von mir zu verstehen, und deshalb dolmetschte Novid für sie. Der Teufel mag wissen, was das Mädchen wirklich gesagt hat.«
»Der Name Vlatko de Figuera ist nicht gefallen?«
Bount schniefte. »Seltsamerweise nicht bei ihr. Dabei hab’ ich aufgepasst wie ein Schießhund. Doch bei unserem Mann und seiner sogenannten Übersetzung kam er vor. Dieser Kerl ist von allen Hunden gehetzt. Er weicht Hindernissen und Fallen schon dann aus, wenn er sie noch gar nicht sieht. Er hat sich nach allen Richtungen abgeschottet. Fort Knox dürfte leichter zu knacken sein.«
»Und wie sieht seine Version nun aus?«
Bount schenkte sich ein Glas von Junes Brandy ein. Besucher bekamen ihn aufgetischt, wenn sie auf den »Meister« warten mussten. Wenn das so weiterging, entwickelte er sich noch zum Vormittagssäufer.
»Nach seiner Version wollten Jasna und Marija schon seit Langem von ihrem trostlosen Zuhause ausbüchsen, und sie betrachteten es als einen Glücksfall, an jenem Abend eben jenen de Figuera kennenzulernen. Sie gingen mit ihm auf eine Luxusjacht, schickten sich zu einer Atlantiküberquerung an, und er setzte sie in Maiquetia wieder ab. Das ist der Hafen von Caracas. Die Hauptstadt selbst liegt ja fast tausend Meter hoch. Und dort will Jasna ihre Freundin aus den Augen verloren und Stan Novid kennengelernt haben. Über Marijas Verbleib weiß sie nichts. An Bord der Yacht habe es Streit zwischen ihnen gegeben.«
June hatte inzwischen einen Atlas hervorgeholt und blätterte geschäftig darin herum.
»Und diese schnelle Hochzeit?«
»Vergiss es. Das ist doch eine Farce. Die beiden sind ebenso verheiratet wie du und ich.«
Diesmal seufzte die March. »Ein lausiges Bratkartoffelverhältnis.«
»Eher ein Pommery und Nouvelle-Cuisine-Verhältnis «, knurrte Bount, der horrenden Rechnungen gedenkend, wenn er das ebenso appetitliche wie appetitreiche Minnesota-Girl mal zu Sardis Fresstempel mit seinen drei Michelin-Sternen ausführte.