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Eins der Mädchen sagt, Katie müsse unbedingt jemanden kennenlernen. „Er kann uns Jobs vermitteln“, sagt sie. „Jetzt, wo du hier im Haus so viel zu sagen hast, solltest du ihn treffen.“

„Wen denn?“, fragt Katie.

Das Mädchen zuckt die Schultern. „Du kennst ihn noch nicht.“

„Wer ist er?“

„Keine Ahnung. Aber er hat Verbindungen.“

„Kein Sex“, sagt Katie. „Da hab ich keinen Bock drauf.“

„Nein, verdammt. So schlau bin ich selbst“, sagt das Mädchen. „Es geht nicht um so was. Er ist kein Zuhälter.“

„Was hast du dann für ihn gemacht?“

„Dies und das.“ Erneutes Schulterzucken. „Sachen ausgeliefert. Infos weitergeben. Wenn du nicht willst …“

„Solange es nicht um Freier geht.“

„Kein Sex.“

„Na, dann.“

Es ist ein schöner, warmer Sommertag. Das Treffen findet im Ostteil von Oslo statt. Der Mann sitzt in einem Straßenrestaurant und trinkt einen Kaffee. Er winkt sie an seinen Tisch.

Katie wundert sich, dass er sich so offen mit ihr treffen will, an einem Ort, wo alle sie sehen können. Aber sie merkt schnell, dass alle tun, als würden sie nichts sehen. Die Leute wenden den Kopf ab, die Blicke sind kalt und undurchdringlich. Und es sitzen fast ausschließlich Männer hier. Langsam geht ihr auf, dass das gesamte Restaurant voll von Männern ist, die so sind wie er.

Leute, die wegschauen und sich gegenseitig nicht verraten.

Aus den Lautsprechern neben der Außenbestuhlung kommt Musik. Nicht besonders laut, aber die Musik klingt hart, mit viel Gitarrengeschrammel. Eine Stimme brüllt Walk this way.

Mit einer Hand trommelt der Mann den Rhythmus auf dem Tisch. Er steht auf, als sie näher kommt. Er lächelt. Er ist groß, blond, gut aussehend. Auf den ersten Blick macht er den Eindruck, als wäre er Ende zwanzig. Aber die Falten um Augen und Mund lassen Katie vermuten, dass er fünf oder zehn Jahre älter ist.

„Hallo“, sagt er und streckt die Hand aus.

Vorsichtig erwidert Katie sein Lächeln. Sie ergreift seine Hand. „Hallo.“

„Nett, dich kennenzulernen“, sagt er. „Ich bin Lucas.“