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Es war dunkel. Die Luft feucht, warm, stechend. Der Mörder atmete schwer. Scheiße. Dabei hatte sie so leicht ausgesehen! Es war ein ganzes Stück bis zum Wasser und der Weg dorthin schwierig.

Der Mörder hatte mit dem bewusstlosen Mädchen gerade die schlimmsten Hindernisse überwunden. Zum Glück genügte es jetzt, sie den restlichen Weg zu ziehen. Und die Gefahr, entdeckt zu werden, war nun viel geringer. Niemand konnte sie sehen.

Der Körper war schlaff und viel unhandlicher, als wenn das Mädchen schon tot wäre und die Leichenstarre bereits eingesetzt hätte. Es war eine Erleichterung, sie endlich hinter sich herschleifen zu können. Die Plastikfolie kratzte und schabte über den Boden, schimmernd, lebendig. Eine Haut von etwas Unwirklichem und Stumpfem, beinahe metallisch. Die kühle Nachtluft hatte die Folie fester werden lassen, fast steif. Es war schwieriger gewesen, diesen Körper einzupacken als den ersten, damals war es warm gewesen. Dafür war die Sache diesmal besser geplant. Der Mörder wusste genau, was zu tun war, und war auf alle Eventualitäten vorbereitet.

Endlich am Rand. Das Wasser war blaugrün und still. Der Mörder richtete sich auf. Der Rücken schmerzte. „Schweres Stück, du.“ Der Mörder rammte den rechten Fuß in die Plastikfolie. Trat dem Mädchen in die Hüfte.

„Uhhmmm.“

Der Mörder zuckte zusammen. Verdammte Scheiße. Der Laut kam von dem Mädchen, er kroch über ihre geöffneten Lippen, schwach und fern, gedämpft vom Plastik. Ihre Augen bewegten sich! Es war, als ob die Lider zusammengeklebt wären und es enorme Kraft erforderte, sie aufzureißen … aber da!

Sie blinzelte. Einmal, zweimal. Sie versuchte, sich zu bewegen. Aber ihre Hände waren an den Körper gefesselt, ihre Beine an drei Stellen mit Klebeband umwickelt, an den Knöcheln, den Knien, den Oberschenkeln. Die Plastikfolie hüllte sie ein, saugte sich an Mund und Nase fest, als sie versuchte, tief einzuatmen. Panik stieg ihr ins Gesicht.

Die Innenseite der Folie beschlug rasch. Mit aufgerissenen Augen wand sie sich. Aber es hatte keinen Zweck.

Ein Teil des Mörders dachte: Lass sie frei. Tu das nicht. Es ist unmenschlich. Sie stirbt gerade, direkt vor deinen Augen. Das kannst du nicht tun!

Aber dieser Teil siegte nicht. Es war sowieso zu spät. Es gab kein Zurück mehr.

Das Mädchen sagte etwas. Sie beruhigte sich, brachte mühsam ihren Atem unter Kontrolle und schaffte es, etwas zu sagen, das durch die Folie drang wie durch eine Fensterscheibe: „Bitte.“

Der Mörder schüttelte den Kopf.

Das Mädchen wiederholte es, weder lauter oder heftiger noch verzweifelter, sondern in exakt demselben Tonfall: „Bitte.“

Der Mörder schob den Fuß unter ihren Körper und drehte sie herum, rollte sie über den Rand, hinunter ins Wasser.

Sie landete mit dem Gesicht nach unten und trieb auf dem Bauch, ohne jede Chance, sich herumzudrehen. Das war keine Absicht gewesen. Der Mörder überlegte einen Moment, ob es besser war, sie umzudrehen, damit es genauso wurde wie beim ersten Mal, entschied sich aber dagegen.

Vielleicht war es gut, dass sie so lag. Vielleicht ging es so schneller.

Vielleicht war es eine barmherzige Tat.